Aktuelles

Autor: g.weecke@wbml.de

  • Außergewöhnliche Belastungen von Prozesskosten bei Rückabwicklung einer Schenkung

    Außergewöhnliche Belastungen von Prozesskosten bei Rückabwicklung einer Schenkung

    Die Aufwendungen für einen zivilrechtlichen Prozess wegen einer drohenden Rückabwicklung der Schenkung eines Forstbetriebs sind als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, wenn die Rückabwicklung die Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen gefährden würde. Diese Gefährdung ist anzunehmen, wenn der Verlust von mindestens 85 % des ertragbringenden Vermögens zu befürchten ist. Hintergrund: Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen. Typische Beispiele hierfür sind Krankheitskosten oder Wiederbeschaffungskosten nach dem Untergang des Hausrats durch Feuer oder Hochwasser. Nach dem Gesetz sind Prozesskosten vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, dass der Steuerpflichtige Gefahr läuft, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Sachverhalt: Der Kläger war ursprünglich angestellter Forstwirt. Seine Arbeitgeberin war die N, die ihm den Forstbetrieb zum 1.1.2015 unentgeltlich gegen Altenteilleistungen übertrug. Auf den Nutzflächen befanden sich noch drei Einfamilienhäuser. Der Kläger führte den Forstbetrieb fort und vermietete die Einfamilienhäuser. Außerdem kaufte der Kläger im Februar 2015 von N noch deren Pferdehof. Im Jahr 2018 verlangte N, vertreten von ihrem Betreuer, die Rückübertragung des Forstbetriebs und des Reiterhofs mit der Begründung, N habe bei der Übertragung an Demenz gelitten. Es kam hinsichtlich der Klage bezüglich des Reiterhofs zu einer Klageabweisung, und hinsichtlich des Forstbetriebs zu einem Vergleich, so dass der Kläger den Forstbetrieb zwar behalten durfte, aber die drei Einfamilienhäuser zurückgegeben musste; dies erfüllte er dann durch Zahlung eines Ablösebetrags. Dem Kläger entstanden im Streitjahr 2018 Prozesskosten für seinen Rechtsanwalt sowie für einen Gutachter in Höhe von insgesamt ca. 18.000 €, die er als außergewöhnliche Belastungen geltend machte. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an und begründete dies damit, dass Prozesskosten grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen seien. Entscheidung: Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Die Aufwendungen für das Gerichtsverfahren waren dem Kläger zwangsläufig entstanden und daher als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Hätte der Kläger den Prozess nicht geführt, wäre er Gefahr gelaufen, seine Existenzgrundlage, den Forstbetrieb, zu verlieren. Existenzgrundlage ist die materielle Lebensgrundlage, die den wesentlichen Teil des ertragbringenden Vermögens ausmacht. Eine Gefährdung liegt vor, wenn ein Verlust von mindestens 85 % des ertragbringenden Vermögens des Steuerpflichtigen droht. Eine Quote von 85 % wird auch in anderen Rechtsgebieten anerkannt, etwa bei der Einwilligung des Ehegatten bei Verpflichtungen über das Vermögen im Ganzen, so dass eine Verpflichtung zur Übertragung des Vermögens zustimmungsfrei ist, wenn mindestens 15 % Restvermögen verbleiben. Der Forstbetrieb machte den wesentlichen ertragbringenden Teil des Vermögens des Klägers aus. Der Kläger erzielte nämlich im Wesentlichen Einkünfte aus dem Forstbetrieb. Seine übrigen Einkünfte, die nicht von einer Rückabwicklung betroffen wären, beliefen sich auf lediglich 3.647 € und betrugen nur ca. 2,5 % der gesamten Einkünfte. Das nicht vom Rückübertragungsanspruch betroffene ertragbringende Vermögen verblieb somit unterhalb einer Restvermögensquote von 15 %. Hinweise: Der Anerkennung als außergewöhnliche Belastungen steht nicht entgegen, dass es um eine Schenkung ging. Denn die Schenkung betraf die materielle Lebensgrundlage des Klägers, der seine Angestelltentätigkeit für N nicht mehr ausüben konnte, nachdem er ihren Forstbetrieb übernommen hatte. Das Gericht folgte nicht der Argumentation des Finanzamts, dass die materielle Existenzgrundlage in Deutschland aufgrund der sozialen Sicherungssysteme stets gewährleistet sei. Dem Steuerpflichtigen ist es nämlich zuzugestehen, seine Lebensgrundlage selbst zu erwirtschaften, ohne auf Sozialleistungen angewiesen zu sein. Dem FG zufolge kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, die Schenkung angenommen zu haben. Immerhin hatte der beurkundende Notar keine Mängel der Geschäftsfähigkeit der N festgestellt, obwohl er Zweifel an der Geschäftsfähigkeit in der Schenkungsurkunde hätte festhalten müssen. Quelle: Niedersächsisches FG, Urteil vom 15.5.2024 – 9 K 28/23, Rev. beim BFH: Az. VI R 22/24; NWB

  • Steuerliche Berücksichtigung von Kindern beim paritätischen Wechselmodell

    Steuerliche Berücksichtigung von Kindern beim paritätischen Wechselmodell

    Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird bei getrennt lebenden Eltern nur einem Elternteil gewährt, nicht aber aufgeteilt. Kinderbetreuungskosten können nur bei demjenigen Elternteil berücksichtigt werden, der sie auch getragen hat. Hintergrund: Der Gesetzgeber sieht verschiedene steuerliche Entlastungen vor, wenn der Steuerpflichtige minderjährige Kinder hat. So können z.B. Kinderbetreuungskosten abgezogen werden. Außerdem können alleinerziehende Elternteile einen Entlastungsbetrag geltend machen. Schließlich wird für die Kinder Kindergeld gezahlt; allerdings wird eine sog. Günstigerprüfung durchgeführt, bei der geprüft wird, ob es für den Steuerpflichtigen günstiger ist, wenn von seinem Einkommen ein Kinderfreibetrag abgezogen wird. Ist dies der Fall, wird der (höhere) Kinderfreibetrag steuerlich abgezogen und das (niedrigere) Kindergeld wieder dem Einkommen hinzugerechnet. Sachverhalt: Der Kläger wohnte bis zum 5.9.2015 mit seinem minderjährigen Kind und der Kindesmutter in einem gemeinsamen Haushalt. Die Kindesmutter zog am 5.9.2015 aus. Bis zum Dezember 2015 wohnte das Kind, das nun bei beiden Eltern gemeldet war, wechselseitig eine Woche bei seiner Mutter und eine Woche beim Kläger (sog. paritätisches Wechselmodell). Die Kindesmutter erhielt das Kindergeld.Der Kläger machte für den Zeitraum September bis Dezember 2015 einen hälftigen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 636 € geltend. Außerdem machte er Aufwendungen für Kinderbetreuung (Kindergarten- und Hortgebühren) in Höhe von 690 € als Sonderausgaben geltend; allerdings hatte die Mutter die Gebühren an den Kindergarten überwiesen. Schließlich beantragte der Kläger noch den Abzug des Kinderfreibetrags für einen Elternteil in Höhe von 3.576 €. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Beträge und Aufwendungen nicht an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Der Kläger kann keine Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben geltend machen, weil er die Kosten nicht getragen hat. Denn die Gebühren für den Kindergarten und Hort wurden von der Mutter überwiesen. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der den hälftigen Betrag der Kindesmutter erstattet hat oder dass er unmittelbar die Hälfte der Kosten an den Kindergarten und Hort überwiesen hat. Der Kläger hat auch nicht nachgewiesen, dass er im Wege der Aufrechnung die Hälfte der Kosten getragen hat. Dem Kläger steht auch nicht der hälftige Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu. Der Entlastungsbetrag wird nur einem Elternteil gezahlt und nicht aufgeteilt. Grundsätzlich kommt es darauf an, in wessen Haushalt das Kind gemeldet war. War es in beiden Haushalten gemeldet wie im Streitfall, können die Eltern festlegen, wer von ihnen den Entlastungsbetrag erhalten soll. Treffen die Eltern keine derartige Bestimmung, erhält der Elternteil den Entlastungsbetrag, an den auch das Kindergeld ausgezahlt wird. Im Streitfall haben der Kläger und die Kindesmutter keine Bestimmung dahingehend getroffen, dass der Kläger den Entlastungsbetrag erhalten soll; daher war der Entlastungsbetrag der Kindesmutter, die das Kindergeld erhalten hat, zu gewähren. Schließlich war dem Kläger auch nicht der einfache Kinderfreibetrag zu gewähren, da sich das hälftige Kindergeld für ihn vorteilhafter ausgewirkt hat. Zwar hat der Kläger das Kindergeld nicht erhalten; der Kläger kann das hälftige Kindergeld aber auf seine Barunterhaltsverpflichtung anrechnen.Hinweise: Der BFH hält es nicht für verfassungswidrig, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nicht aufgeteilt, sondern nur einem Elternteil gewährt wird. Es dient nämlich der Vereinfachung, eine Aufteilung zu vermeiden. Dies gilt auch beim paritätischen Wechselmodell. Der Kläger, der den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nun nicht erhält, ist dennoch nicht schutzlos. Er kann z.B. seine Zustimmung zur Kindergeldberechtigung der Kindesmutter nur dann erteilen, wenn diese sich verpflichtet, das Kindergeld zur Hälfte an ihn auszuzahlen. Alternativ kann er der Auszahlung des Kindergelds an die Kindesmutter nur unter der Bedingung zustimmen, dass er den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erhält. Denkbar ist es auch, dass er einen zivilrechtlichen Anspruch auf (teilweise) Auszahlung des Kindergelds geltend macht, solange es an einem unterhaltsrechtlichen Gesamtausgleich zwischen den unterhaltspflichtigen Eltern fehlt.Quelle: BFH, Urteil vom 10.7.2024 – III R 1/22; NWB

  • Recht

    Mindestlohn und Minijobs 2025

    Die Minijob-Zentrale informiert über bevorstehende Änderungen beim Mindestlohn und den Minijobs. Der Mindestlohn wird im Jahr 2025 auf 12,82 € pro Stunde angehoben. Damit steigt auch die hieran gekoppelte Verdienstgrenze bei den Minijobs von bisher 538 € auf 556 € pro Monat.Die Verdienstgrenze im Minijob legt fest, wie viel ein Minijobber durchschnittlich pro Monat verdienen darf. Die monatliche Verdienstgrenze ist dynamisch und orientiert sich am Mindestlohn. Wenn der gesetzliche Mindestlohn steigt, wird auch die Minijob-Grenze entsprechend angepasst.Durch die Erhöhung des Mindestlohns auf 12,82 € pro Stunde steigt die Verdienstgrenze ab Januar 2025 von 538 € auf 556 € monatlich. Die Jahresverdienstgrenze liegt damit bei 6.672 €.Trotz der Erhöhung des Mindestlohns bleibt die maximale Anzahl der Arbeitsstunden für Minijobber gleich. Bei einer Verdienstgrenze von 556 Euro pro Monat ergibt sich eine maximale Arbeitszeit von etwa 43 Stunden im Monat. Verdient der Beschäftigte mehr als den Mindestlohn, dann verringert sich die maximal mögliche Arbeitszeit im Minijob.Hinweis: Weitere Infos zum Thema hat die Minijob-Zentrale auf ihrer Homepage veröffentlicht. So geht die Minijob-Zentrale u.a. darauf ein, wie die Verdienstgrenze berechnet wird und was die neue Minijob-Grenze für Arbeitnehmer bedeutet.Quelle: Minijob-Zentrale, Newsletter 10/2024; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Oktober 2024

    Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Oktober 2024

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Oktober 2024 bekannt gegeben. Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2024 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.Quelle: BMF, Schreiben vom 1.11.2024 – III C 3 – S 7329/19/10001 :006 (2024/0962673); NWB

  • Finanzverwaltung veröffentlicht Schreiben zu elektronischen Rechnungen ab 2025

    Finanzverwaltung veröffentlicht Schreiben zu elektronischen Rechnungen ab 2025

    Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat das finale Schreiben zur Einführung der elektronischen Rechnung (E-Rechnung) bei der Umsatzsteuer veröffentlicht. Das Schreiben ist für Finanzämter verbindlich, nicht aber für die Finanzgerichte. Hintergrund: Grundsätzlich müssen inländische Unternehmer, die ab dem 1.1.2025 Leistungen an andere inländische Unternehmer ausführen, eine E-Rechnung ausstellen (zu den Übergangsregelungen s. Hinweis unten). Dabei handelt es sich nicht um die elektronische Übermittlung einer Rechnung, sondern um ein sog. strukturiertes elektronisches Format, das auf einer bestimmten EU-Richtlinie beruht. Eine derartige E-Rechnung kann elektronisch ausgelesen und in einem europäischen Meldesystem erfasst werden, das zur Bekämpfung von Umsatzsteuerhinterziehung eingerichtet wird. Ausgenommen von der E-Rechnungspflicht sind Rechnungen über bestimmte steuerfreie Leistungen, Kleinbetragsrechnungen bis 250 € sowie Fahrausweise. Ferner sollen auch Kleinunternehmer von der Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung befreit werden. Diese geplante Gesetzesänderung ist zurzeit jedoch noch nicht umgesetzt worden.Wesentlicher Inhalt des aktuellen Schreibens des BMF: Zulässige inländische elektronische Formate sind etwa das sog. ZUGFeRD-Format oder die X-Rechnung. Allerdings kann der Unternehmer auch europäische E-Rechnungsformate wie z.B. Factur-X aus Frankreich verwenden. Die mehrfache Übersendung ein und derselben Rechnung ist unschädlich, solange es sich um dieselbe Rechnung handelt.Hinweis: Die mehrfache Übersendung ein und derselben E-Rechnung löst also keine Pflicht zur mehrfachen Abführung der Umsatzsteuer aus. Ist eine E-Rechnung fehlerhaft oder unvollständig, kann sie berichtigt werden. Allerdings muss die Berichtigung ebenfalls im elektronischen Format erfolgen. Die Rechnungsberichtigung wirkt dann auf den Zeitpunkt der ersten, fehlerhaften Rechnung zurück, so dass der Rechnungsempfänger rückwirkend die Vorsteuer geltend machen kann. Soll ein Vertrag über eine Dauerleistung (z.B. Mietvertrag) als Rechnung dienen, genügt es, wenn bei einem neu abgeschlossenen Vertrag für den ersten Teilleistungszeitraum (z.B. für den ersten Monat bei einem Mietvertrag) eine E-Rechnung ausgestellt wird und der Vertrag als Anhang beigefügt wird.Hinweis: Ist vor dem 1.1.2027 – dies ist der Zeitpunkt, ab dem die Übergangsregelung endet (siehe Hinweis unten) – eine Dauerrechnung als sonstige Rechnung erteilt worden, muss keine zusätzliche E-Rechnung ausgestellt werden, solange sich die Rechnungsangaben nicht ändern. Wird gegen die Pflicht zur Ausstellung einer E-Rechnung verstoßen, kann der Rechnungsempfänger grundsätzlich keine Vorsteuer aus der Rechnung geltend machen. Der Rechnungsaussteller kann aber eine E-Rechnung nachträglich ausstellen und auf diese Weise die Rechnung berichtigen. Der Vorsteuerabzug wird ohne Berichtigung anerkannt, wenn der Rechnungsempfänger davon ausgehen konnte, dass der Rechnungsaussteller noch unter die bis zum 31.12.2026 oder 31.12.2027 geltende Übergangsregelung fällt (siehe Hinweis unten). Hinweis: Auch ohne Berichtigung kann die Vorsteuer abgezogen werden, wenn das Finanzamt aus der formell fehlerhaften Rechnung alle Angaben, die für den Vorsteuerabzug erforderlich sind, entnehmen kann. Ein Vorsteuerabzug darf nämlich grundsätzlich nicht allein aus formellen Gründen versagt werden. Für die Praxis empfiehlt sich jedoch eine Berichtigung durch den Rechnungsaussteller, um Streit mit dem Finanzamt zu vermeiden. Für alle inländische Unternehmer besteht ab dem 1.1.2025 die Pflicht, E-Rechnungen empfangen zu können. Hierfür genügt es, wenn der Rechnungsempfänger ein E-Mail-Postfach bereitstellt. Hierbei muss es sich nicht um ein gesondertes Postfach nur für den Empfang von E-Rechnungen handeln. Für die Pflicht, E-Rechnungen ab dem 1.1.2025 zu empfangen, gilt keine Übergangsfrist.Hinweis: Das BMF-Schreiben gilt für alle Umsätze, die nach dem 31.12.2024 ausgeführt werden. Der Gesetzgeber hat für die Verpflichtung zur Ausstellung einer E-Rechnung Übergangsregelungen eingeführt. So kann der Unternehmer noch bis zum 31.12.2026 das bisherige Rechnungsformat (z.B. Papier oder E-Mail mit Rechnungsanhang) verwenden. Für Unternehmer, deren Umsatz im Vorjahr maximal 800.000 € betragen hat, gilt eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2027.Quelle: BMF-Schreiben vom 15.10.2024 – III C 2 -S 7287 – a/23/10001 :007; NWB

  • Außergewöhnliche Belastungen bei ärztlich verordneten Nahrungsergänzungsmitteln

    Außergewöhnliche Belastungen bei ärztlich verordneten Nahrungsergänzungsmitteln

    Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel, die aufgrund einer Krebserkrankung ärztlich verordnet worden sind, können nicht als außergewöhnliche Belastungen steuerlich berücksichtigt werden. Denn es handelt sich trotz der ärztlichen Verordnung nicht um Arzneimittel, sondern um Kosten der privaten Lebensführung. Hintergrund: Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen. Typische Beispiele hierfür sind Krankheitskosten oder Wiederbeschaffungskosten nach dem Untergang des Hausrats durch Feuer oder Hochwasser. Aufwendungen für Diätverpflegung sind nach dem Gesetz vom Abzug ausgeschlossen. Sachverhalt: Der Kläger war seit 2015 an Krebs erkrankt und hatte eine Lebenserwartung von fünf bis sieben Jahren. Er unterzog sich einer Operation sowie einer Chemotherapie, die zu starken Nebenwirkungen führte. In den Streitjahren 2019 und 2020 machte er Aufwendungen für Nahrungsergänzungsmittel in Höhe von jeweils ca. 10.000 € als außergewöhnliche Belastungen geltend. Die Nahrungsergänzungsmittel waren ihm ärztlich verordnet worden, weil er wegen der Krebserkrankung, die bereits die Knochen und Lymphdrüsen befallen hatte, spezielle Präparate benötigte. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen an. Entscheidung: Das Finanzgericht München (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Die Aufwendungen für die Nahrungsergänzungsmittel waren keine Krankheitskosten, sondern nicht abziehbare Diätkosten. Das Abzugsverbot für Diätkosten gilt selbst dann, wenn die Diät eine medikamentöse Behandlung ersetzt. Denn auch dann tritt die Diätverpflegung an die Stelle üblicher Nahrungsmittel, die zu den Kosten der privaten Lebensführung gehören. Zur Diätverpflegung gehört jede Form der Ernährung, die auf die Bedürfnisse des Patienten und auf die Therapie der Erkrankung abgestimmt ist. Die Diät kann in einer Einschränkung der gesamten Ernährung bestehen, aber auch in der Vermeidung oder Vermehrung bestimmter Nahrungsanteile. Nicht zur Diätverpflegung gehören Arzneimittel, die als Krankheitskosten abgesetzt werden können. Die streitigen Nahrungsergänzungsmittel waren jedoch nicht als Arzneimittel zugelassen. Es genügt nicht, dass sie ärztlich verordnet waren. Die Einnahme der Nahrungsergänzungsmittel kann auch nicht als Behandlungsmethode, die wissenschaftlich nicht anerkannt ist, angesehen werden. Denn wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden werden steuerlich nur dann anerkannt, wenn es ein vorab erstelltes amtsärztliches Gutachten oder aber eine vorab erstellte Bescheinigung des medizinischen Dienstes über die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen gibt. Hinweise: Das Urteil ist hart für den schwer erkrankten Kläger. Denn die Nahrungsergänzungsmittel waren durch die Krebserkrankung veranlasst und zudem ärztlich verordnet, da sie die Folgen der Krebserkrankung mildern sollten. Für das Gericht war ausschlaggebend, dass die Nahrungsergänzungsmittel nicht als Arzneimittel zugelassen waren. Das Finanzgericht hat allerdings die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, so dass dort die abschließende Entscheidung über den Fall zu treffen ist. Quelle: FG München, Urteil vom 25.7.2024 – 15 K 286/23, Rev. beim BFH: Az. VI R 23/24; NWB

  • Recht

    Bürokratieentlastungsgesetz beschlossen

    Der Bundesrat hat am 18.10.2024 dem „Vierten Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie“ zugestimmt. Das Gesetz wurde am 29.10.2024 im Bundesgesetzblatt verkündet.Ziel des Gesetzes ist es, Abläufe und Regeln zu vereinfachen und der Wirtschaft, insbesondere Selbständigen, Unternehmerinnen und Unternehmern mehr Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben zu verschaffen, heißt es in der Gesetzesbegründung. Die Bundesregierung, auf die das Gesetz zurückgeht, erwartet finanzielle Entlastungen in Höhe von 944 Millionen Euro pro Jahr.Zu den beschlossenen Maßnahmen gehören u.a.: kürzere Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege – diese müssen nur noch acht statt bisher zehn Jahre aufbewahrt werden, eine zentrale Vollmachtsdatenbank für Steuerberater, so dass Arbeitgeber ihren Steuerberatern nicht mehr schriftliche Vollmachten für die jeweiligen Sozialversicherungsträger ausstellen müssen, keine Hotelmeldepflicht mehr für deutsche Staatsangehörige, mehr digitale Rechtsgeschäfte per E-Mail, SMS oder Messenger-Nachricht ohne das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift, digitale Arbeitsverträge, so dass Arbeitgeber auch per E-Mail über die wesentlichen Vertragsbedingungen informieren können – dies hatte der Bundesrat in seiner Stellungnahme vom 26. April 2024 zum ursprünglichen Regierungsentwurf gefordert, Erleichterungen bei Hauptversammlungen börsennotierter Unternehmen, indem zukünftig die Unterlagen online zur Verfügung gestellt werden können sowie digitale Steuerbescheide.Hinweis: Das Gesetz tritt zu einem großen Teil am Tag nach der Verkündung in Kraft.Quelle: BundesratKOMPAKT, Meldung v. 18.10.2024, BGBl. 2024 I Nr. 323; NWB

  • Hinzuschätzung bei formellen und materiellen Buchführungsmängeln

    Hinzuschätzung bei formellen und materiellen Buchführungsmängeln

    Weist die Buchführung eines Unternehmers formelle und materielle Buchführungsmängel auf, darf das Finanzamt eine Hinzuschätzung vornehmen. Sofern im konkreten Einzelfall eine Hinzuschätzung im Wege einer Nachkalkulation oder mit Hilfe der Richtsatzsammlung nicht möglich ist, kann das Finanzamt eine Hinzuschätzung durch Ansatz eines Unsicherheitszuschlags von maximal 20 % auf die erklärten Umsätze vornehmen. Hintergrund: Das Finanzamt ist zu einer (Hinzu-)Schätzung u.a. dann berechtigt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er führen müsste, nicht vorlegen kann oder wenn die Buchführung der Besteuerung wegen Mängeln nicht zugrunde gelegt werden kann. Sachverhalt: Der Kläger war Inhaber eines Kiosks, zu dem auch eine Lotto-Toto-Annahmestelle sowie eine Verkaufsstelle für Nahverkehrstickets gehörte. Er ermittelte seinen Gewinn durch Bilanzierung. Für seine Kassenführung nutzte er eine elektronische Registrierkasse; für die Lotto- und Totoscheine verwendete er eine separate Lottokasse. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Prüfer formelle und materielle Buchführungsmängel fest und schätzte 5 % auf die Umsätze hinzu. Entscheidung: Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Die Buchführung war formell fehlerhaft, weil der Kläger die Anleitungen zur Kassenbedienung und -programmierung sowie die Programmierungsprotokolle nicht aufbewahrt hatte. Er konnte auch nicht die Tagesendsummenbons lückenlos vorlegen. Zudem war die Kassensturzfähigkeit nicht gegeben, weil die Kassenberichte nicht ordnungsgemäß geführt wurden. Die Buchführung enthielt auch materielle Mängel. So ergaben sich Abweichungen zwischen den einzelnen Aufzeichnungen und Unstimmigkeiten bei der Abrechnung der Lottogelder. Das Finanzamt war daher zu einer Hinzuschätzung berechtigt. Eine Nachkalkulation (sog. innerer Betriebsvergleich) war jedoch nicht möglich, weil die hierfür erforderlichen Unterlagen wie z.B. Preislisten und detaillierte Warenumsatzberichte nicht vorhanden waren. Eine Schätzung anhand der in der sog. Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung veröffentlichten Richtsätze (sog. äußerer Betriebsvergleich) schied ebenfalls aus, weil diese zu einem höheren Schätzungsergebnis geführt hätte. Da weder ein innerer Betriebsvergleich noch ein äußerer Betriebsvergleich möglich waren, war somit der Ansatz eines Unsicherheitszuschlags möglich. Dabei ist u.a. das Maß der Verletzung der Mitwirkungspflichten durch den Steuerpflichtigen zu berücksichtigen; die Obergrenze für einen Unsicherheitszuschlag liegt nach der Rechtsprechung bei 20 %. Der Ansatz eines Unsicherheitszuschlags von 5 % im Streitfall war nicht zu beanstanden, da es sich bei dem Kiosk um einen bargeldintensiven Betrieb handelte und sich der Prozentsatz von 5 % eher am unteren Rande der Bandbreite für einen Zuschlag von bis zu 20 % bewegte. Hinweise: Bei der Anwendung der Richtsatzsammlung, die von der Finanzverwaltung herausgegeben wird, werden die Rohgewinnaufschlagsätze bzw. Rohgewinnsätze vergleichbarer Betriebe derselben Branche als Schätzungsgrundlage herangezogen. Allerdings ist derzeit zweifelhaft, ob die Richtsatzsammlung überhaupt als Schätzungsgrundlage geeignet ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat deutliche Zweifel in einem derzeit anhängigen Revisionsverfahren geäußert und das Bundesfinanzministerium aufgefordert, das Zustandekommen der einzelnen Rohgewinnaufschlagsätze bzw. Rohgewinnsätze näher zu erläutern. Quelle: FG Düsseldorf, Urteil vom 11.6.2024 – 11 K 2308/19 U; NWB

  • <div>Vorsteuerabzug für „Mieterstrom“</div>
    Steuern: Vermieter

    Vorsteuerabzug für „Mieterstrom“

    Ein Vermieter, der umsatzsteuerfrei vermietet, kann die Vorsteuer aus dem Erwerb einer Photovoltaikanlage geltend machen, wenn er den mit der Photovoltaikanlage produzierten Strom an seine Mieter verkauft. Der Verkauf des Stroms ist nämlich umsatzsteuerpflichtig, da die Lieferung des Stroms keine unselbständige Nebenleistung der umsatzsteuerfreien Vermietung, sondern eine selbständige umsatzsteuerpflichtige Leistung ist.Hintergrund: Erbringt ein Unternehmer umsatzsteuerfreie Leistungen, steht ihm grundsätzlich kein Vorsteuerabzug zu. Die Vermietung von Wohnraum ist umsatzsteuerfrei, so dass ein Vermieter von Wohnungen in der Regel keine Vorsteuer geltend machen kann. Sachverhalt: Der Kläger vermietete Wohnungen umsatzsteuerfrei. Er ließ im Jahr 2018 Photovoltaikanlagen auf seinen Miethäusern installieren. Den hiermit erzeugten Strom bot er seinen Mietern gegen Entgelt an. Entschloss sich der Mieter zum Kauf des Stroms, schloss der Kläger mit dem Mieter eine Zusatzvereinbarung ab, die unabhängig vom Mietvertrag war und auch unabhängig vom Mietvertrag gekündigt werden konnte. Im Fall einer Kündigung musste der Mieter jedoch die Umbaumaßnahmen der Zähleranlagen tragen. Der Stromverbrauch wurde mit jedem Mieter, der die Zusatzvereinbarung abschloss, individuell abgerechnet. Der Kläger machte die Vorsteuer aus dem Erwerb der Photovoltaikanlagen geltend. Das Finanzamt ließ den Abzug der Vorsteuer nicht zu.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Der Kläger konnte die Vorsteuer geltend machen, da er umsatzsteuerpflichtige Umsätze erbrachte. Er lieferte nämlich umsatzsteuerpflichtig Strom an seine Mieter. Zwar war die Vermietung der Wohnungen an seine Mieter umsatzsteuerfrei. Diese Umsatzsteuerfreiheit galt aber nicht für die Stromlieferungen. Denn die Stromlieferungen waren keine unselbständigen Nebenleistungen der umsatzsteuerfreien Vermietung, so dass die Stromlieferungen ebenfalls umsatzsteuerfrei gewesen wären; vielmehr stellten die Stromlieferungen selbständige Lieferungen dar, für die es nach dem Gesetz keine Umsatzsteuerfreiheit gibt. Die Selbständigkeit der Stromlieferung ergibt sich daraus, dass über die Stromlieferungen Zusatzvereinbarungen abgeschlossen wurden, die unabhängig vom Mietvertrag waren und auch unabhängig vom Mietvertrag gekündigt werden konnten. Im Fall der Kündigung musste der Mieter zwar die Umbaukosten tragen; dies machte eine Kündigung aber nicht unmöglich, sondern erschwerte sie lediglich. Für die Selbständigkeit der Stromlieferung sprach außerdem, dass der verbrauchte Strom mit jedem Mieter individuell abgerechnet wurde. Hinweise: Der Abschluss getrennter Zusatzvereinbarungen war im Übrigen auch gesetzlich erforderlich, weil der Gesetzgeber ein sog. Kopplungsverbot von Miet- und Energieversorgungsverträgen geregelt hat. Bei einem Verstoß gegen das Kopplungsverbot ist der Stromlieferungsvertrag nichtig. Dies zeigt, dass Mietvertrag und Stromlieferungsvertrag auch umsatzsteuerlich gesondert zu behandeln sind.Das Urteil ist in allen Fällen der umsatzsteuerfreien Vermietung relevant. Erfolgt die Vermietung umsatzsteuerpflichtig, weil der Vermieter an einen Unternehmer vermietet und zur Umsatzsteuerpflicht optiert, bestehen ohnehin keine Zweifel an der Abziehbarkeit der Vorsteuer. Der BFH widerspricht mit seinem Urteil der Auffassung der Finanzverwaltung, die die Stromlieferung des Vermieters als Nebenleistung zum Mietvertrag ansieht und deshalb die Stromlieferung ebenfalls als umsatzsteuerfrei behandelt mit der Folge, dass der Vorsteuerabzug ausscheidet. Anders ist die Rechtslage, wenn ein Wohnungsvermieter eine Heizungsanlage anschafft. Hier steht dem Vermieter kein Vorsteuerabzug zu, weil die Lieferung der Wärme und des warmen Wassers eine Nebenleistung zur umsatzsteuerfreien Vermietung darstellt. Denn ein Vermieter schuldet nach dem Mietrecht die Versorgung des Mieters mit Wärme und warmen Wasser; er schuldet jedoch nicht die Lieferung von Strom. Quelle: BFH, Urteil v. 17.7.2024 – XI R 8/21; NWB

  • Recht

    Bundesrat stimmt Wirtschafts-Identifikationsnummer-Verordnung zu

    Der Bundesrat hat am 27.9.2024 der Wirtschafts-Identifikationsnummer-Verordnung zugestimmt. Die Veröffentlichung der Verordnung im BGBl. ist ebenfalls erfolgt. Damit wird mit der Erteilung der Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) ab November 2024 begonnen.Hintergrund: Zur eindeutigen Identifizierung wird künftig jedem wirtschaftlich Tätigen durch das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) eine sog. Wirtschafts-Identifikationsnummer (W-IdNr.) zugeteilt. Die W-IdNr. bleibt für die Dauer der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit bestehen und ändert sich nicht. Dies gilt auch bei Adress- oder Namensänderungen. Die Identifikationsnummer (IdNr.), Steuernummer und Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-IdNr.) bleiben neben der W-IdNr. bestehen.Die W-IdNr. wird stufenweise und auf unterschiedlichen Wegen erteilt: Öffentliche Mitteilung per Bekanntmachung im BStBl. für wirtschaftlich Tätige, denen bis zum 30.11.2024 eine Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erteilt wurde. Mitteilung über ELSTER für wirtschaftlich Tätige, die zwar umsatzsteuerlich erfasst oder Kleinunternehmer sind und die bis zum 30.11.2024 über keine USt-IdNr. verfügen. Allen anderen wirtschaftlich Tätigen wird eine Wirtschafts-Identifikationsnummer ab 1.7.2025 ebenfalls über ELSTER mitgeteilt.Hinweise: Eine Mitteilung der W-IdNr. per E-Mail oder Telefon ist aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht möglich.Ausführliche Informationen zur W-IdNr. hat das BZSt auf seiner Homepage veröffentlicht. Quellen: u.a. BGBl. 2024 I Nr. 293 vom 2.10.2024 sowie BR-Drucks. (Beschluss); NWB