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Kategorie: Steuern: Alle Steuerzahler

  • Verspätungszuschlag bei Steuerbescheid mit Steuererstattung

    Verspätungszuschlag bei Steuerbescheid mit Steuererstattung

    Bei verspäteter Abgabe einer Steuererklärung ist grundsätzlich die Festsetzung eines Verspätungszuschlags vorgesehen. Ergibt sich aus dem Steuerbescheid aber eine Erstattung, so steht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags im Ermessen des Finanzamts. Bei der Ermessensausübung sind neben dem Verschulden des Steuerpflichtigen auch weitere Kriterien wie z.B. die Dauer und Häufigkeit der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Hintergrund: Bei verspäteter Abgabe einer Steuererklärung droht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags. Der Gesetzgeber sieht in bestimmten Fällen zwingend die Festsetzung eines Verspätungszuschlags vor, in anderen Fällen steht die Festsetzung im Ermessen des Finanzamts, z.B. im Fall einer Steuererstattung. Sachverhalt: Die durch einen Steuerberater vertretenen Kläger gaben ihre Einkommensteuererklärung für 2020 erst am 29.3.2023 ab, obwohl die Abgabefrist am 31.8.2022 geendet hatte. Der Einkommensteuerbescheid für 2020 vom 24.5.2023 führte zu einer Erstattung in Höhe von ca. 9.000 €. Das Finanzamt setzte einen Verspätungszuschlag in Höhe von 175 € fest und begründete dies damit, dass für jeden der sieben Monate Verspätung der Mindestzuschlag von 25 € pro Monat zugrunde gelegt worden sei, also insgesamt 175 €. Die Kläger hätten die Abgabe der Steuererklärung verschuldet. Die Kläger wandten sich gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags. Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Zwar lagen die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags vor. Die Kläger hatten die Steuererklärung für 2020, zu deren Abgabe sie verpflichtet waren, sieben Monate verspätet abgegeben. Die Verspätung war nicht entschuldbar. Die Kläger haben ihren Steuerberater erstmals zum 9.3.2023 beauftragt; zu diesem Zeitpunkt war die Abgabefrist, die am 31.8.2022 geendet hatte, längst abgelaufen. Eine etwaige Arbeitsüberlastung des Steuerberaters im Zeitraum bis zum 9.3.2023 kann damit nicht ursächlich für die Verspätung gewesen sein, da er bis zu diesem Zeitpunkt nicht beauftragt worden war. Das Finanzamt hat jedoch sein Ermessen, ob es einen Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Entschließungsermessen), fehlerhaft ausgeübt. Da sich aus dem Steuerbescheid für 2020 eine Erstattung ergab, stand die Festsetzung eines Verspätungszuschlags im Ermessen des Finanzamts. Bei seiner Ermessensausübung muss das Finanzamt die Dauer und Häufigkeit der Fristüberschreitung, den Umstand einer Erstattung sowie das Verschulden berücksichtigen. Im Streitfall hat sich das Finanzamt allein auf die Verspätung und auf das Verschulden der Kläger gestützt. Es hat aber weder berücksichtigt, dass die Steuerfestsetzung zu einer Erstattung geführt hat, noch hat es die Dauer und Häufigkeit der aktuellen Fristüberschreitung sowie der bisherigen Fristüberschreitungen in seine Erwägungen einbezogen. Hinweis: Ein Verspätungszuschlag wird vermieden, wenn eine Fristverlängerung beantragt und gewährt wird. Die Fristverlängerung wird allerdings nicht gewährt, wenn den Steuerpflichtigen oder seinen Steuerberater ein Verschulden an der Verspätung trifft. So gilt Arbeitsüberlastung nach Auffassung der Finanzverwaltung als Verschulden. Fristen können auch rückwirkend verlängert werden. Allerdings setzt dies ebenfalls fehlendes Verschulden voraus. Quelle: FG Münster, Urteil vom 14.6.2024 – 4 K 2351/23; Revision zugelassen, jedoch nicht eingelegt; NWB

  • Abriss eines formaldehydbelasteten Einfamilienhauses als außergewöhnliche Belastungen

    Abriss eines formaldehydbelasteten Einfamilienhauses als außergewöhnliche Belastungen

    Der Abriss eines formaldehydbelasteten Einfamilienhauses, das den zulässigen Grenzwert geringfügig überschreitet, und der anschließende Neubau führen nicht zu außergewöhnlichen Belastungen, wenn der Abriss nicht notwendig war, sondern die Belastung mit Formaldehyd durch weniger aufwendige Maßnahmen hätte beseitigt werden können.Hintergrund: Zu den außergewöhnlichen Belastungen gehören Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen. Typische Beispiele hierfür sind Krankheitskosten oder Wiederbeschaffungskosten nach dem Untergang des Hausrats durch Feuer oder Hochwasser. Sachverhalt: Der Kläger erwarb vor 2002 ein Grundstück, das mit einem Einfamilienhaus bebaut war, zum Kaufpreis von 565.000 DM. Das Einfamilienhaus nutzte der Kläger zu 73,85 % zu eigenen Wohnzwecken und vermietete es im Übrigen. Im Jahr 2017 ließ der Kläger das Haus baubiologisch untersuchen. Der Gutachter stellte im Rahmen eines sog. Kurzberichts eine Formaldehydkonzentration von 0,112 ppm fest, die über dem Grenzwert von 0,1 ppm lag. Der Gutachter schlug verschiedene Reduzierungsmaßnahmen wie z.B. Abdichtungen vor. Der Kläger entschied sich jedoch für den Abriss des Hauses und ließ einen Neubau errichten. Ihm entstanden hierbei Kosten für den Abriss und Neubau in Höhe von ca. 260.000 €, die er im Umfang der Selbstnutzung von 73,85 % als außergewöhnliche Belastungen geltend machte. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an. Entscheidung: Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Zwar können Aufwendungen für die Beseitigung einer konkreten Gesundheitsgefährdung, die von einem existenznotwendigen Gegenstand wie einem Einfamilienhaus ausgehen, außergewöhnliche Belastungen sein. Hierzu kann auch die Beseitigung einer Belastung durch Formaldehyd gehören. Die vom Steuerpflichtigen getroffenen Maßnahmen müssen aber notwendig sein, um die Formalaldehydbelastung zu beseitigen. An der Notwendigkeit fehlte es im Streitfall. So war bereits nicht erkennbar, ob die Belastung mit Formaldehyd vom gesamten Haus oder nur von einzelnen Bauteilen ausging, etwa von den Holzbalken oder den Spanplatten. Zudem hatte der Gutachter nur Minimierungsmaßnahmen empfohlen, um die Belastung mit Formaldehyd unter den zulässigen Grenzwert von 0,1 ppm zu senken. Zu den empfohlenen Maßnahmen gehörten die Abdichtung von Fugen und Öffnungen sowie eine Verbesserung der Ent- und Belüftung. Einen Abriss und Neubau hatte der Gutachter nicht vorgeschlagen. Hinweis: Der Kläger hatte noch ein ärztliches Attest vorlegt, das dem FG aber nicht konkret genug war, da detaillierte Angaben zum zeitlichen Verlauf und zur Schwere der Krankheiten, zu den bereits eingetretenen Gesundheitsschäden sowie zum Zusammenhang zwischen den Symptomen und der Formaldehydkonzentration fehlten. Das FG lehnte es auch ab, die Kosten, die bei Durchführung der vom Gutachter vorgeschlagenen Minimierungsmaßnahmen entstanden wären, als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Denn der Besteuerung darf nur der tatsächlich verwirklichte Sachverhalt zugrunde gelegt werden. Hätte das FG den Abriss und Neubau für notwendig erachtet, wäre ein Abzug „neu für alt“ erforderlich geworden. Der Kläger hätte sich also die bei einem Neubau ergebende Wertverbesserung im Wege des sog. Vorteilsausgleichs anrechnen lassen müssen. Quelle: FG Baden-Württemberg, Urteil vom 1.2.2024 – 1 K 1855/21; NWB

  • Verzicht auf Darlehensforderung bei Abschluss des Darlehensvertrags vor 2009

    Verzicht auf Darlehensforderung bei Abschluss des Darlehensvertrags vor 2009

    Der sich aus einem Verzicht auf eine zum Privatvermögen gehörende Darlehensforderung ergebende Verlust ist steuerlich nicht absetzbar, wenn der Darlehensvertrag vor dem 1.1.2009 zustande gekommen ist. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens an. Hintergrund: Verluste aus dem Verkauf oder aus dem Ausfall einer Darlehensforderung, die zum Privatvermögen gehört, sind steuerlich bei den Einkünften aus Kapitalvermögen absetzbar. Hierzu gehört auch der Verlust, der sich aus einem Verzicht auf die Darlehensforderung ergibt. Nach dem Gesetz setzt die Berücksichtigung entsprechender Verluste aber voraus, dass die Forderung nach dem 31.12.2008 angeschafft oder begründet worden ist. Streitfall: Die Klägerin als Darlehensgeberin schloss mit der Q-Limited am 1.1.2008 einen Darlehensvertrag über einen Höchstbetrag von 150.000 € ab. Die Q-Limited sollte das Darlehen jederzeit abrufen können. Die einzelnen Zahlungsbewegungen und -zeitpunkte zwischen der Klägerin und der Q-Limited stehen nicht fest. Die Darlehensforderung belief sich am 31.12.2018 auf ca. 112.000 € und gehörte zum Privatvermögen der Klägerin. Am 31.12.2018 verzichtete die Klägerin auf die Darlehensforderung und machte den sich hieraus ergebenden Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das Finanzamt erkannte den Verlust steuerlich nicht an, weil es davon ausging, dass die Darlehensforderung bereits am 1.1.2008 und damit vor dem 1.1.2009 begründet worden sei. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Die steuerliche Berücksichtigung von Darlehensverlusten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen setzt nach dem Gesetz voraus, dass die Darlehensforderung nach dem 31.12.2008 angeschafft oder begründet worden ist. Eine Darlehensforderung wird begründet, wenn der Darlehensvertrag wirksam zustande kommt. Bei einer Darlehensforderung handelt es sich nämlich um einen vertraglich begründeten Anspruch, so dass es auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrags ankommt. Mit dem Abschluss des Darlehensvertrags erwirbt der Darlehensgeber auch den Rückzahlungsanspruch. Es kommt nicht auf den Zeitpunkt der Auszahlung des Darlehens an. Denn dann wäre eine einfache und rechtssichere Anwendung des Gesetzes nicht möglich, weil in jedem Einzelfall ermittelt werden müsste, wann die vereinbarte Darlehenssumme ausgezahlt worden ist. Im Streitfall ist der Darlehensvertrag am 1.1.2008 und damit vor dem 1.1.2009 zustande gekommen, so dass ein Darlehensverlust steuerlich nicht berücksichtigt werden kann. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Q-Limited das Darlehen zwischenzeitlich vollständig getilgt habe und die Klägerin anschließend erneut Geld an die Q-Limited ausgezahlt habe, so dass ein neuer Darlehensvertrag zustande gekommen sei – und zwar nach dem 31.12.2008 – ist dem nicht zu folgen, weil der Darlehensvertrag durch eine vollständige Rückzahlung nicht erloschen wäre; vielmehr hätte die Q-Limited dasselbe Darlehen nach zwischenzeitlicher Tilgung erneut in Anspruch genommen. Hinweis: Der Darlehensverlust wäre hingegen steuerlich absetzbar gewesen, wenn die Darlehensforderung zum Betriebsvermögen der Klägerin gehört hätte.Der BFH hat die Annahme eines Kontokorrentkontos, bei dem die einzelnen Ein- und Auszahlungen miteinander verrechnet werden und am Ende des vereinbarten Zeitraums (z.B. Quartals) ein Saldo festgestellt wird, abgelehnt. Es fehlte nämlich bereits im Darlehensvertrag vom 1.1.2008 eine entsprechende Vereinbarung; außerdem war nicht feststellbar, dass die Vertragspartner den Saldo des Kontos tatsächlich festgestellt haben. Hätte es sich bei der Darlehensvereinbarung um ein Kontokorrent gehandelt, wäre der Streitfall wegen der zwischenzeitlichen Tilgung des Darlehens möglicherweise anders entschieden worden.Quelle: BFH, Urteil vom 18.6.2024 – VIII R 25/23; NWB

  • Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen

    Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen

    Der X. Senat des BFH hält ebenso wie der XI. Senat auch weiterhin die Höhe von Säumniszuschlägen, die 1 % monatlich bzw. 12 % jährlich betragen, für verfassungskonform. Zwar ist der VIII. Senat des BFH von der Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge ausgegangen; dies erfolgte aber in einem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, so dass eine Anrufung des Großen Senats des BFH nicht geboten ist. Hintergrund: Bei einer verspäteten Zahlung von Steuern werden für jeden Monat Säumniszuschläge in Höhe von 1 % des rückständigen Betrags verwirkt (jährlich 12 %). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr 2021 die Höhe des Zinssatzes von 6 % für Nachzahlungszinsen für Zeiträume ab 1.1.2019 für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber hat deshalb rückwirkend ab 1.1.2019 den Zinssatz auf 0,15 % monatlich bzw. 1,8 % jährlich gemindert. Für Säumniszuschläge bleibt es aber bei dem Satz von 1 % pro Monat. Ob diese Höhe verfassungskonform ist, ist umstritten. Der BFH hat bislang überwiegend die Verfassungsmäßigkeit bestätigt; die einzelnen Entscheidungen sind jedoch von unterschiedlichen Senaten getroffen worden. Sachverhalt: Die Klägerin war überschuldet und zahlungsunfähig und konnte daher ihre Steuern nicht zahlen. Das Finanzamt verlangte von ihr Säumniszuschläge in Höhe von ca. 3.700 €. Auf Antrag erließ das Finanzamt die Hälfte der Säumniszuschläge. Die Klägerin wandte sich gegen den verbleibenden Betrag mit der Begründung, die Säumniszuschläge seien verfassungswidrig. Nachdem das Finanzgericht ihre Klage abgewiesen hatte, erhob sie beim BFH eine Nichtzulassungsbeschwerde.Entscheidung: Der X. Senat des BFH hält die Höhe der Säumniszuschläge für verfassungskonform und hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen: Der BFH verweist auf die bisherigen Entscheidungen zur Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge. Danach ist geklärt, dass Säumniszuschläge verfassungskonform sind. Dies gilt sowohl für Zeiträume bis zum 31.12.2018, als die Nachzahlungszinsen noch 6 % jährlich betrugen, als auch für Zeiträume ab dem 1.1.2019, in denen für Nachzahlungszinsen ein Zinssatz von 1,8 % jährlich gilt. Säumniszuschläge sind nicht mit Nachzahlungszinsen vergleichbar. Bei Säumniszuschlägen geht es nämlich vorrangig um die Sanktionierung einer verspäteten Zahlung, während bei Zinsen die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen im Vordergrund steht. Zwar geht der VIII. Senat des BFH von der Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge aus; dabei handelte es sich aber um einen Beschluss im Rahmen eines Verfahrens über den vorläufigen Rechtsschutz, also nicht um ein Urteil. Daher ist es nicht geboten, zur Vermeidung einer uneinheitlichen Rechtsprechung den Großen Senat des BFH anzurufen. Eine Divergenz gäbe es nur, wenn der VIII. Senat in einem Urteil, also in einer abschließenden Entscheidung, von der Verfassungswidrigkeit der Säumniszuschläge ausgegangen wäre. Hinweis: Eine abschließende Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge kann nur vom Bundesverfassungsgericht gefällt werden. Im Fall einer Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit werden Säumniszuschläge in der Regel zur Hälfte verlassen, weil sie ihre Funktion als Druckmittel verlieren. Ihre weitere Funktion als Ausgleich für die verspätete Zahlung (Zinsfunktion) bleibt hingegen auch bei einer Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit erhalten, so dass die verbleibende Hälfte – wie im Streitfall – bezahlt werden muss. Säumniszuschläge fallen bei einer verspäteten Zahlung an. Wird hingegen die Steuererklärung verspätet abgegeben, wird ein Verspätungszuschlag festgesetzt, dessen Höhe grundsätzlich 0,25 % der festgesetzten Steuer beträgt. Quelle: BFH, Beschluss vom 17.7.2024 – X B 79/23; NWB

  • Meldepflichten bei internationalen Steuergestaltungen vom Europäischen Gerichtshof gebilligt

    Meldepflichten bei internationalen Steuergestaltungen vom Europäischen Gerichtshof gebilligt

    Der Europäische Gerichtshof hat die europarechtlichen Meldepflichten bei internationalen Steuergestaltungen für Steuerpflichtige und für sog. Intermediäre, die derartige Steuergestaltungen entwickeln oder vermarkten, als europarechtskonform gebilligt. Damit hat ein Begehren der Vereinigungen der belgischen Rechtsanwälte und Steuerberater keinen Erfolg.Hintergrund: Die EU hat im Jahr 2018 Meldepflichten für Steuerpflichtige und sog. Intermediäre eingeführt, die internationale Steuergestaltungen durchführen, bei denen z.B. Einkünfte in niedrig besteuerte Staaten verlagert werden. Intermediäre sind Berater, die derartige Steuergestaltungen für eine Vielzahl von Fällen entwickeln oder vermitteln. Diese EU-Regelungen sind im Jahr 2019 in Deutschland umgesetzt worden. Sachverhalt: Die Vereinigungen der belgischen Rechtsanwälte und Steuerberater wenden sich vor dem belgischen Verfassungsgerichtshof gegen die europarechtlichen Meldepflichten für Intermediäre, weil sie die Meldepflichten für europarechtswidrig hielten. Der belgische Verfassungsgerichtshof hat den EuGH angerufen. Entscheidung: Der EuGH hält die europarechtlichen Meldepflichten bei internationalen Steuergestaltungen für europarechtskonform: Die Regelungen über die Meldepflichten sind hinreichend bestimmt genug und auch klar. Insbesondere wird der mit der Meldepflicht verbundene Eingriff in das Privatleben des Intermediärs und des Steuerpflichtigen bezüglich der Informationen, die dem Finanzamt in der Meldung mitgeteilt werden müssen, hinreichend genau bestimmt. Die Meldepflicht beinhaltet einen verhältnismäßigen und gerechtfertigten Eingriff in das Recht auf Achtung des Privatlebens. Hinweise: Die abschließende Entscheidung muss nun noch der belgische Verfassungsgerichtshof treffen, der aller Voraussicht nach der Begründung des EuGH folgen wird. Die Meldepflichten treffen zwar grundsätzlich nur den Intermediär, nicht den Steuerpflichtigen selbst. Ist der Intermediär aber der Bevollmächtigte des Steuerpflichtigen und wird der Intermediär nicht von der Verschwiegenheitspflicht befreit, dann kommt es zu der rechtlich ungewöhnlichen Situation, dass der Steuerpflichtige als Mandant die Meldepflicht des Bevollmächtigten erfüllen muss. Der Gesetzgeber in Deutschland wollte vor kurzem die Meldepflichten auch auf nationale Steuergestaltungen, die also nur Deutschland betreffen, ausweiten. Dieses Gesetzgebungsvorhaben ist allerdings vorerst nicht umgesetzt worden. Ob die bisherigen Meldepflichten tatsächlich etwas bringen und die Steuergestaltungen eindämmen, wird von zahlreichen Fachleuten bezweifelt. In jedem Fall ist der bürokratische Aufwand erheblich. Quelle: EuGH, Urteil vom 29.7.2024 – C-623/22 „Belgian Association of Tax Lawyers u.a.”; NWB

  • Höhe der Aussetzungszinsen möglicherweise verfassungswidrig

    Höhe der Aussetzungszinsen möglicherweise verfassungswidrig

    Der VIII. Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) hält die derzeitige Regelung zur Höhe der Aussetzungszinsen für verfassungswidrig. Da das Gericht nicht selbst über die Verfassungswidrigkeit einer Norm entscheiden kann, hat der BFH das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Klärung der Rechtsfrage angerufen. Im konkreten Fall geht es um den Aussetzungszinssatz in Höhe von 0,5 %, der für den Zeitraum vom 1.1.2019 bis zum 15.4.2021 erhoben wurde.Hintergrund: Einspruch und Klage haben im Steuerrecht grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung, d.h. die Erhebung einer Abgabe wird nicht aufgehalten und der Steuerpflichtige muss die festgesetzte Steuer zunächst zahlen. Die aufschiebende Wirkung von Einspruch und Klage kann aber in einem summarischen Verfahren auf Antrag bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids von Finanzamt oder Finanzgericht gesondert durch die Aussetzung der Vollziehung (AdV) angeordnet werden. Für den Steuerpflichtigen bedeutet das einerseits, dass er die Steuer zunächst nicht zahlen muss. Andererseits droht ihm eine Belastung mit Zinsen, wenn sein Rechtsmittel endgültig ohne Erfolg bleibt und er die Steuer „nachträglich“ zahlen muss. Er hat dann nämlich für die Dauer der AdV und in Höhe des ausgesetzten Steuerbetrags Zinsen in Höhe von 0,5 % pro Monat, also 6 % pro Jahr zu entrichten (sog. Aussetzungszinsen).Sachverhalt: Der Kläger hatte seinen Einkommensteuerbescheid 2012 angefochten. Dessen Vollziehung setzte das Finanzamt auf Antrag des Klägers aus. Die Klage war erfolglos. Aussetzungszinsen von 0,5 % wurden für 78 Monate festgesetzt, u.a. für den Zeitraum von 1.1.2019 bis zum 15.4.2021. Der Kläger wandte sich gegen die Zinsfestsetzung, in erster Instanz ohne Erfolg.Entscheidung: Die Richter BFH dagegen halten den Zinssatz im Zeitraum vom 1.1.2019 bis zum 15.4.2021 für gleichheitswidrig und mit dem Grundgesetz unvereinbar: Zumindest während einer anhaltenden strukturellen Niedrigzinsphase ist der gesetzliche Zinssatz der Höhe nach evident nicht (mehr) erforderlich, um den durch eine spätere Zahlung typischerweise erzielbaren Liquiditätsvorteil abzuschöpfen. Es besteht eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung zwischen Steuerpflichtigen, die eine Aussetzung der Vollziehung (AdV) in Anspruch nehmen und solchen, die den streitigen Steuerbetrag direkt leisten. Zudem werden Steuerpflichtige, die Zinsen schulden, weil sie die Steuer nach AdV nicht bezahlt haben, und Steuerpflichtige, die Nachzahlungszinsen entrichten müssen, weil ihre Steuerfestsetzung zu einem Unterschiedsbetrag geführt hat und sie die materiell-rechtlich von Anfang an geschuldete Steuer deshalb erst später zahlen müssen, ungleich behandelt. Denn Nachzahlungszinsen werden seit dem 1.1.2019 lediglich mit einem Zinssatz von 0,15 % für jeden Monat, also mit 1,8 % pro Jahr berechnet. Auch diese Zinssatzspreizung ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Darüber hinaus haben Steuerpflichtige in der Regel keinen Einfluss auf die Dauer des Verfahrens und damit einhergehend auch nicht auf die Höhe der Aussetzungszinsen.Hinweis: Erfahrungsgemäß ziehen sich Verfahren vor dem BVerfG über Jahre hin. Bis zu einer Entscheidung kann gegen Zinsbescheide, die Aussetzungszinsen für Zeiträume ab 2019 betreffen, Einspruch eingelegt und das Ruhen des Verfahrens beantragt werden.Quelle: BFH, Beschluss vom 8.5. 2024 – VIII R 9/23; NWB

  • Grundsteuerreform: Finanzverwaltung reagiert auf Rechtsprechung zum Nachweis eines niedrigeren Grundsteuerwertes

    Grundsteuerreform: Finanzverwaltung reagiert auf Rechtsprechung zum Nachweis eines niedrigeren Grundsteuerwertes

    Die Finanzverwaltung gewährt Aussetzung der Vollziehung der Grundsteuerwertbescheide, die für die neue Grundsteuer maßgeblich sind, wenn der Steuerpflichtige schlüssig darlegt, dass der festgestellte Grundsteuerwert den Verkehrswert des Grundstücks um mindestens 40 % übersteigt. Damit reagiert die Finanzverwaltung auf die neue Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), der in derartigen Fällen bereits Aussetzung der Vollziehung gewährt hat.Hintergrund: Im Rahmen der Grundsteuerreform werden ca. 36 Mio. Grundstücke neu bewertet. Die Bewertung erfolgt schematisch anhand der Bodenrichtwerte, einer fingierten Restnutzungsdauer und eines typisierten Reinertrags. Der Nachweis eines niedrigeren Wertes durch Vorlage eines Gutachtens ist gesetzlich nicht vorgesehen. Dennoch hat der BFH vor kurzem in zwei Fällen Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuerwertbescheides gewährt, in denen der Steuerpflichtige geltend gemacht hat, dass der Verkehrswert seines Grundstücks erheblich niedriger ist als der vom Finanzamt festgestellte Grundsteuerwert. Wesentlicher Inhalt des Schreibens der obersten Finanzbehörden der Länder: Die Finanzverwaltung gewährt die Aussetzung der Vollziehung eines Grundsteuerwertbescheids, wenn und soweit der Steuerpflichtige schlüssig darlegt, dass der Grundsteuerwert den Verkehrswert um mindestens 40 % übersteigt. Für die Gewährung der Aussetzung der Vollziehung ist die Vorlage eines Gutachtens noch nicht erforderlich, sondern es genügen substantiierte Angaben des Steuerpflichtigen zur entsprechend niedrigeren Höhe des Verkehrswertes. Allerdings soll die Aussetzung der Vollziehung befristet werden und der Steuerpflichtige innerhalb der Frist zum Nachweis des niedrigen Verkehrswertes, z.B. durch Vorlage eines Gutachtens, aufgefordert werden. Hinweise: Die Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuerwertbescheids führt verfahrensrechtlich im Ergebnis zu einer anschließenden Aussetzung der Vollziehung des Grundsteuermessbescheids sowie des Grundsteuerbescheids, so dass die Grundsteuer zunächst nicht gezahlt werden muss, soweit der Verkehrswert erheblich unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegt. Das Gesetz sieht den Ansatz eines niedrigeren Verkehrswertes (gemeinen Wertes) nicht vor. Der BFH hat jedoch das verfassungsrechtliche Übermaßverbot als Begründung dafür herangezogen, dass der Steuerpflichtige die Möglichkeit haben muss, erhebliche Abweichungen vom festgestellten Grundsteuerwert geltend zu machen. Die Finanzverwaltung folgt dieser Begründung im Ergebnis und stützt sich auf eine verfassungskonforme Anwendung der gesetzlichen Vorschriften. Der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Wertes kann durch ein Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses oder aber durch ein Gutachten eines amtlich bestellten und vereidigten Bausachverständigen erbracht werden. Alternativ kann auch ein Kaufpreis, der ein Jahr vor oder nach dem Feststellungszeitpunkt erzielt worden ist, als Nachweis dienen, wenn die maßgeblichen Verhältnisse unverändert geblieben sind. Quelle: Oberste Finanzbehörden der Länder vom 24.6.2024 – S 3017, BStBl. I 2024, 1073; NWB

  • Vorsicht Falle: Betrügerische E-Mails im Namen von ELSTER

    Vorsicht Falle: Betrügerische E-Mails im Namen von ELSTER

    Erneut versuchen Betrüger per E-Mail im Namen des Online-Finanzamts ELSTER oder über gefälschte Webseiten mit ELSTER-Bezug an Informationen von Bürgerinnen und Bürgern zu gelangen. Hierauf macht das Thüringer Finanzministerium aufmerksam.Zu den Details: Mit E-Mailadressen wie „elstersportall@t-online.de“ und unter dem Betreff „Infosteuer 2023 Finanzamt“ lotsen sie Bürgerinnen und Bürger auf gefälschte Webseiten mit ELSTER-Bezug. Es ist offensichtlich, dass es sich nicht um offizielle E-Mail-Adressen des ELSTER-Online-Portals handelt, denn diese enden immer auf elster.de und nicht auf den Namen eines freien E-Mailanbieters (z.B. t-online.de). Die offiziellen E-Mailadressen enthalten zudem keine Rechtschreibfehler. Die genannte Beispieladresse ist grammatisch nicht korrekt (die Buchstaben s und l sind zu viel). Die Betrüger nutzen auch einen E-Mailverteiler (verborgene_empfaenger) zum Versand der E-Mail. Auch daran wird deutlich, dass ein- und derselbe Betrugstext an viele Steuerpflichtige gleichzeitig versendet wird. Offizielle E-Mails über das ELSTER-Portal gehen dagegen immer nur an das individuelle E-Mailpostfach des einzelnen Betroffenen. In der falschen E-Mail wird den Empfängern erklärt, dass für das Jahr 2023 noch keine Rückzahlung berechnet werden und auf dem Postweg niemand erreicht werden konnte. Es wird darum gebeten, ein Formular unter einer falschen ELSTER-Webseite auszufüllen, damit der Betrag berechnet werden kann. Der Link zu der Webseite steht nicht in Zusammenhang mit der wahren ELSTER-Plattform. Auf diese Weise versuchen die Betrüger per E-Mail an Anmeldedaten sowie Konto- und/oder Kreditkarteninformationen von Steuerzahlern zu gelangen und / oder Viren bzw. Trojaner auf dem Computer zu installieren. Die Finanzverwaltung und ELSTER warnen ausdrücklich davor, auf diese Betrugs-E-Mails zu reagieren bzw. die Links in den E-Mails zu öffnen. Die Steuerverwaltung versendet Steuerdaten oder Rechnungen nie in Form eines E-Mail-Anhangs und fordert auch keine persönlichen Informationen per E-Mail an. Weitere Informationen zu Betrugs-E-Mails erhalten Sie auf der Seite von ELSTER zur IT-Sicherheit.Hinweis: Betroffene sollen sich in solchen Fällen an die örtliche Polizeidienststelle wenden. Quelle: Thüringer Finanzministerium, Pressemitteilung v. 22.8.2024; NWB

  • Adoptionskosten nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar

    Adoptionskosten nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar

    Die Kosten eines Ehepaares für die Adoption zweier Kinder sind nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, auch wenn das Ehepaar ungewollt kinderlos ist und medizinische Kinderwunschbehandlungen keinen Erfolg hatten. Adoptionskosten sind nämlich keine Krankheitskosten, sondern beruhen auf einer freiwilligen Entscheidung.Hintergrund: Zu den außergewöhnlichen Belastungen gehören Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen. Typische Beispiele hierfür sind Krankheitskosten oder Wiederbeschaffungskosten nach dem Untergang des Hausrats durch Feuer oder Hochwasser. Streitfall: Die Kläger konnten aufgrund einer Zeugungsunfähigkeit des Ehemanns keine Kinder bekommen. Medizinische Kinderwunschbehandlungen waren erfolglos geblieben. Im Jahr 2022 adoptierten die Kläger zwei im Ausland geborene Mädchen. Die Adoption wurde von einer staatlich anerkannten Adoptionsvermittlungsstelle begleitet. Die Kläger machten die Kosten für die Adoption als außergewöhnliche Belastungen geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab.Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) wies die Klage ab: Bei den Adoptionskosten handelt es sich nicht um Krankheitskosten, weil die Krankheit, nämlich die Sterilität des Ehemanns, nicht geheilt bzw. nicht überwunden wird. Eine Adoption kann einer medizinischen Behandlung nicht gleichgestellt werden. Denn sie ist in erster Linie ein Mittel der Fürsorge für elternlose und verlassene Kinder, um in einer Familie aufwachsen zu können. Die Annahme einer medizinischen Behandlung würde auch gegen die Menschenwürde des adoptierten Kindes verstoßen, weil diese Annahme das Kind zu einem bloßen Objekt, das der Linderung einer Krankheit dient, herabwürdigen würde. Die Adoptionskosten waren auch nicht aus sonstigen Gründen, die nichts mit einer Krankheit zu tun haben, zwangsläufig. Denn die Entscheidung, ein Kind zu adoptieren, ist freiwillig. Dies gilt auch dann, wenn es um die Verwirklichung eines Kinderwunsches geht. Hinweis: Das Urteil entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Der Streitfall weist die Besonderheit auf, dass die Kläger den Entschluss zur Adoption erst nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung gefasst haben. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.Die Kosten für eine künstliche Befruchtung oder einen künstlichen Befruchtungsversuch werden als medizinische Behandlungskosten und damit als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Hiervon ist allerdings noch die sog. zumutbare Eigenbelastung abzuziehen, die von der Einkommenshöhe abhängig ist. Quelle: FG Münster, Urteil vom 25.6.2024 – 14 K 1085/23 E (Rev. zugelassen, jedoch nicht eingelegt); NWB

  • Kein Anspruch auf Akteneinsicht nach bestandskräftiger Veranlagung

    Kein Anspruch auf Akteneinsicht nach bestandskräftiger Veranlagung

    Nach bestandskräftiger Veranlagung hat der Steuerpflichtige keinen Anspruch mehr auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung auf Akteneinsicht in die Steuerakten, wenn die Einsicht dazu dient, Schadensersatzansprüche gegen den früheren Steuerberater geltend zu machen. Der Steuerpflichtige hat aber einen Anspruch auf Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten. Hintergrund: Im Veranlagungs- und Einspruchsverfahren besteht kein Anspruch auf Akteneinsicht, sondern nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute und wurden für das Jahr 2015 veranlagt; der Bescheid war mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen. Nach Bestandskraft der Bescheide, d.h. nach Ablauf der Einspruchsfrist, beantragten sie beim Finanzamt die Einsicht in ihre Steuerakten. Sie machten geltend, dass sie gegen ihren früheren Steuerberater Schadensersatzansprüche prüfen wollten. Das Finanzamt lehnte eine Akteneinsicht ab. Während des Klageverfahren beim Finanzgericht (FG) beantragten die Kläger auch eine Auskunft nach datenschutzrechtlichen Vorschriften; diesem Antrag gab das FG ebenso statt wie dem allgemeinen Antrag auf Akteneinsicht. Gegen das Urteil legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Entscheidung: Der BFH lehnte ein allgemeines Akteneinsichtsrecht ab, bestätigte aber einen Auskunftsanspruch nach datenschutzrechtlichen Vorschriften: Das Gesetz sieht weder im Veranlagungsverfahren noch im Einspruchsverfahren einen Anspruch auf Einsicht in die Steuerakten vor. Es gibt nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, Akteneinsicht zu gewähren. Dieser Anspruch besteht allerdings nur während des Veranlagungs- und Einspruchsverfahrens. Im Streitfall war das Veranlagungsverfahren jedoch schon beendet, und es gab kein Einspruchsverfahren. Dass der Bescheid für 2015 vorläufig war, genügt nicht, zumal die Kläger nicht vorgetragen haben, dass sie die Akteneinsicht benötigen, um den Vorläufigkeitsvermerk zu überprüfen. Ein Anspruch auf Akteneinsicht ergibt sich auch nicht aus Treu und Glauben. Die Kläger können vom Finanzamt keine Treuepflicht einfordern, sie bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber ihrem früheren Steuerberater zu unterstützen. Allerdings haben die Kläger einen Auskunftsanspruch nach datenschutzrechtlichen Vorschriften, der darauf gerichtet ist, eine Bestätigung über die personenbezogenen Daten zu erlangen, die das Finanzamt verarbeitet hat. Hinweise: Der datenschutzrechtliche Anspruch dürfte den Klägern wenig nutzen, wenn sie Ansprüche gegen ihren früheren Steuerberater geltend machen wollen. Denn sie erfahren nur, welche personenbezogenen Daten das Finanzamt verarbeitet hat. Soweit sie auf der Grundlage dieses Auskunftsanspruchs noch eine Kopie von Auszügen einzelner Dokumente aus den Steuerakten erlangen wollen, müssten sie darlegen, welche konkreten Datenschutzrechte sie ausüben wollen und weshalb hierfür Kopien von Akten mit personenbezogenen Daten erforderlich sind. Im Klageverfahren gibt es nach dem Gesetz einen Anspruch auf Einsicht in die Steuerakten. Quelle: BFH, Urteil vom 7.5.2024 – IX R 21/22; NWB