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Autor: g.weecke@wbml.de

  • Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters bei Fortführung des Unternehmens durch den Verwalter

    Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters bei Fortführung des Unternehmens durch den Verwalter

    Führt der Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Unternehmen fort, richtet sich der Umfang des Vorsteuerabzugs aus der Rechnung des Insolvenzverwalters nach dem Verhältnis der vom Insolvenzverwalter getätigten umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zum Gesamtumsatz während des Insolvenzzeitraums. Unerheblich ist das Verhältnis der zur Insolvenztabelle angemeldeten unternehmerischen Insolvenzforderungen zu dem angemeldeten Gesamtforderungsbetrag, in dem auch private Insolvenzforderungen enthalten sind.Hintergrund: Der Vorsteuerabzug setzt grundsätzlich voraus, dass der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt. Tätigt der Unternehmer sowohl umsatzsteuerpflichtige als auch umsatzsteuerfreie Umsätze, muss die Vorsteuer aufgeteilt werden. Sie ist nur in dem Umfang abziehbar, in dem der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt. Sachverhalt: U war selbständiger IT-Administrator. Über sein Vermögen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Zur Insolvenztabelle wurden sowohl private als auch unternehmerische Insolvenzforderungen angemeldet; dabei betrug der Anteil der unternehmerischen Insolvenzforderungen zu dem angemeldeten Gesamtforderungsbetrag lediglich rund 17 %. Der Kläger führte als Insolvenzverwalter das Unternehmen des U fort und erzielte während des Insolvenzverfahrens Umsätze in Höhe von ca. 250.000 €. Der Kläger erzielte dabei überwiegend (ca. 97 %) umsatzsteuerpflichtige Umsätze und nahm nur in geringfügigem Umfang Verwertungshandlungen vor, bei denen er Wirtschaftsgüter veräußerte, um die Gläubiger zu befriedigen. Der Kläger berechnete für seine Insolvenzverwaltertätigkeit eine Vergütung von ca. 21.000 € zzgl. ca. 4.000 € Umsatzsteuer und machte die Umsatzsteuer im Umfang von 97 % als Vorsteuer des U geltend. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug hingegen nur im Umfang von 17 % an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Die Vorsteuer ist zwar nicht vollständig abziehbar, weil nicht ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt wurden. Der Vorsteuerabzug ist aber im Umfang von 97 % möglich, weil der Kläger als Insolvenzverwalter während des Insolvenzverfahrens ganz überwiegend umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt hat. Maßgeblich für den Umfang des Vorsteuerabzugs ist das Verhältnis der vom Kläger im Insolvenzzeitraum ausgeführten umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zum Gesamtumsatz. Denn der Kläger hat das Unternehmen des U fortgeführt, da er in erheblichem Umfang Umsätze aus der bisherigen Tätigkeit im IT-Bereich erzielt und so gut wie keine Verwertungshandlungen vorgenommen hat. Der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz im Insolvenzzeitraum betrug ca. 97 %, so dass der Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters in diesem Umfang möglich war. Hinweise: Anders wäre die Entscheidung ausgefallen, wenn U sein Unternehmen bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingestellt hätte. In diesem Fall wäre es auf das Verhältnis der bis zur Einstellung getätigten umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zu dem bis dahin getätigten Gesamtumsatz angekommen. Für die Annahme der Unternehmensfortführung spricht neben der eigentlichen Fortführung der bisherigen Tätigkeit, wenn das Vermögen nicht verwertet wird oder wenn in einem Insolvenzplan eine Regelung zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Quelle: BFH, Urteil vom 23.10.2024 – XI R 20/22; NWB

  • Kein Werbungskostenabzug für Umzug zur Begründung eines häuslichen Arbeitszimmers

    Kein Werbungskostenabzug für Umzug zur Begründung eines häuslichen Arbeitszimmers

    Die Kosten eines Arbeitnehmers für den Umzug in eine größere Wohnung, um dort erstmals ein häusliches Arbeitszimmer begründen zu können, sind nicht als Werbungskosten absetzbar. Denn ein Umzug in eine größere Wohnung ist stets auch privat veranlasst. Hintergrund: Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen sind als Werbungskosten abziehbar. Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute und als Arbeitnehmer in Hamburg beschäftigt. Sie lebten mit ihrer fünf Jahre alten Tochter in einer 65 qm großen Drei-Zimmer-Wohnung, in der es kein häusliches Arbeitszimmer gab. Zum 30.6.2020 wechselte der Kläger den Arbeitgeber. Um auch von zu Hause aus arbeiten zu können, zogen die Kläger zum Juli 2020 in eine ca. 110 qm große Fünf-Zimmer-Wohnung um, in der sie zwei häusliche Arbeitszimmer einrichteten. Die Kläger machten die Umzugskosten in Höhe von ca. 4.200 € als Werbungskosten geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Grundsätzlich sind Umzugskosten privat veranlasst und daher nicht als Werbungskosten abziehbar. Ausnahmsweise können Umzugskosten jedoch als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der entscheidende Grund für den Umzug die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers ist und wenn private Umstände eine allenfalls untergeordnete Rolle spielen. Dies ist etwa der Fall, wenn sich aufgrund des Umzugs die tägliche Fahrzeit zur Arbeit um mindestens eine Stunde verkürzt. Auch der Auszug aus einer Dienstwohnung bzw. der Einzug in eine Dienstwohnung können hierzu gehören. Die berufliche Veranlassung muss sich aber auf objektiv feststellbare Umstände stützen lassen. Dies erfordert das Gebot der Rechtssicherheit. Allein die Absicht, erstmals über ein häusliches Arbeitszimmer verfügen zu können, genügt nicht, weil die Wahl einer Wohnung auch vom Geschmack, von den Lebensgewohnheiten, den finanziellen Mitteln und der familiären Situation abhängig ist. So konnten die Kläger jetzt z.B. ihr neues Wohnzimmer ausschließlich für private Zwecke nutzen und mussten es nicht mit einer oder gar zwei Arbeitsecken ausstatten. Daher sind die entstandenen Umzugskosten der privaten Lebensführung zuzuordnen und nicht als Werbungskosten abziehbar. Hinweise: Abziehbar waren im Streitfall jedoch die Kosten für die häuslichen Arbeitszimmer.Die Entscheidung des BFH ist nicht unproblematisch, weil sich die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer seit der Corona-Krise geändert haben. Zunehmend wird von Arbeitnehmern erwartet, dass sie im häuslichen Arbeitszimmer arbeiten. Dies galt insbesondere im Streitjahr 2020, als die Corona-Krise begann. Der BFH sieht in seiner aktuellen Entscheidung diese Problematik durchaus, verneint aber dennoch eine maßgebliche berufliche Veranlassung des Umzugs. Quelle: BFH, Urteil vom 5.2.2025 – VI R 3/23; NWB

  • Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters bei vorheriger Unternehmenseinstellung

    Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters bei vorheriger Unternehmenseinstellung

    Stellt der Insolvenzverwalter dem in Insolvenz geratenen Unternehmer eine Rechnung für die Insolvenzverwaltertätigkeit aus, ist die Vorsteuer, die sich aus der Rechnung ergibt, in dem Umfang abziehbar, in dem der Unternehmer bis zur Einstellung seiner Tätigkeit umsatzsteuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat. Es kommt also nicht auf den während des Insolvenzverfahrens erzielten Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz an. Hintergrund: Der Vorsteuerabzug setzt grundsätzlich voraus, dass der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt. Tätigt der Unternehmer sowohl umsatzsteuerpflichtige als auch umsatzsteuerfreie Umsätze, muss die Vorsteuer aufgeteilt werden und ist nur in dem Umfang abziehbar, in dem der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt. Sachverhalt: U war Bauunternehmer und stellte aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage sein Unternehmen ein. Über das Vermögen des U wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Bis zur Unternehmenseinstellung betrug der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze des U an seinem Gesamtumsatz 45 %. Der Kläger als Insolvenzverwalter begann nun mit der Abwicklung der noch nicht abgeschlossenen Bauvorhaben, schloss mit den Auftraggebern Aufhebungsvereinbarungen und verwertete das Vermögen, um die Gläubiger des U zu befriedigen; der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz in der Zeit des Insolvenzverfahrens betrug nur 1,43 %. Anschließend stellte der Kläger seine Insolvenzverwaltertätigkeit dem U in Rechnung (ca. 90.000 € zzgl. ca. 17.00 € Umsatzsteuer) und gab für U eine Umsatzsteuererklärung ab, in der er die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer von 17.000 € zu 45 % als Vorsteuer geltend machte. Das Finanzamt erkannte die Vorsteuer nur im Umfang von 1,43 % an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und erkannte die Vorsteuer zu 45 % an: Für den Umfang des Vorsteuerabzugs kommt es auf den Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz an. Hat der Unternehmer seine unternehmerische Tätigkeit bereits vor der Insolvenzeröffnung eingestellt, ist es sachgerecht, auf das Verhältnis der Umsätze aus der Zeit bis zur Unternehmenseinstellung abzustellen. Es besteht dann nämlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger, die aus der Zeit bis zur Unternehmenseinstellung begründet worden sind. Auf die Umsätze des Insolvenzverwalters aus den Verwertungshandlungen während des Insolvenzverfahrens kommt es nicht an. Daher mindern umsatzsteuerfreie Grundstücksverkäufe des Insolvenzverwalters nicht den Umfang des Vorsteuerabzugs. Hinweise: Anders wäre der Fall zu entscheiden gewesen, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen des U fortgeführt hätte. Entscheidend wäre dann das Verhältnis der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze des Insolvenzverwalters zum Gesamtumsatz aus der Zeit der Insolvenz gewesen. Dem Kläger als Insolvenzverwalter ging es aber nicht um die Fortführung des Unternehmens des U, sondern um die Befriedigung der Gläubiger, da er das Vermögen verwertete und die bereits angefangenen Aufträge nicht zu Ende führte, sondern Aufhebungsvereinbarungen mit den Auftraggebern schloss. Ob eine Unternehmensfortführung durch den Insolvenzverwalter beabsichtigt ist, kann sich insbesondere aus einem Insolvenzplan ergeben. Quelle: BFH, Urteil vom 23.10.2024 – XI R 8/22; NWB

  • Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge seit Beginn des Kriegs in der Ukraine

    Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge seit Beginn des Kriegs in der Ukraine

    Die Höhe der Säumniszuschläge von 1 % pro Monat bzw. 12 % pro Jahr ist verfassungsgemäß, da jedenfalls seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Marktzinsen deutlich und dauerhaft gestiegen sind. Hintergrund: Bei einer verspäteten Zahlung von Steuern werden für jeden Monat Säumniszuschläge in Höhe von 1 % des rückständigen Betrags verwirkt (jährlich 12 %). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr 2021 die Höhe des Zinssatzes von 6 % für Nachzahlungszinsen für Zeiträume ab 1.1.2019 für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber hat deshalb rückwirkend ab 1.1.2019 den Zinssatz auf 0,15 % monatlich bzw. 1,8 % jährlich gemindert. Für Säumniszuschläge bleibt es aber bei dem Satz von 1 % pro Monat. Ob diese Höhe verfassungskonform ist, ist umstritten. Sachverhalt: Der Antragsteller erhielt einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2017, aus dem sich eine Nachzahlung in Höhe von ca. 190.000 € ergab. Er beantragte zunächst mit Erfolg die Aussetzung der Vollziehung, so dass keine Säumniszuschläge verwirkt wurden. Das Finanzamt widerrief jedoch mit Wirkung zum 19.3.2022 die Aussetzung der Vollziehung und machte die weitere Gewährung der Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 108.000 € abhängig. Hierzu teilte es dem Antragsteller mit, dass die Aussetzung der Vollziehung weiterhin ab Fälligkeit ausgesetzt werde, sofern die Sicherheitsleistung erbracht werde. Nach längeren Verhandlungen zwischen dem Antragsteller und dem Finanzamt wurde am 20.12.2022 eine Grundschuld auf einem Grundstück zugunsten des Finanzamts eingetragen. Das Finanzamt gewährte nun erneut eine Aussetzung der Vollziehung, aber nur mit Wirkung ab dem 20.12.2022. Dies führte dazu, dass der Antragsteller Säumniszuschläge für den Zeitraum vom 19.3.2022 bis zum 19.12.2022 in Höhe von ca. 17.000 € zahlen sollte. Er beantragte einen Abrechnungsbescheid und anschließend die Aussetzung der Vollziehung des Abrechnungsbescheids. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Abrechnungsbescheids statt: Zwar ist die Höhe der Säumniszuschläge verfassungsgemäß. Denn selbst wenn man annehmen würde, dass Säumniszuschläge auch eine Gegenleistung für den Liquiditätsvorteil für den Steuerpflichtigen darstellen, wäre die Höhe von 12 % pro Jahr nicht unverhältnismäßig. Denn jedenfalls seit Beginn des Kriegs, den Russland gegen die Ukraine führt, ist die Niedrigzinsphase beendet worden. So sind z.B. die Zinssätze für private Überziehungskredite von 6,95 % im Februar 2022 auf 8,33 % im Dezember 2022 gestiegen. Ein im Säumniszuschlag enthaltener Gegenleistungsanteil wäre daher nicht mehr realitätsfremd. Es bestehen aber ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids, insbesondere hinsichtlich des Beginns der gewährten Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt hat die erneute Aussetzung nämlich erst mit Wirkung ab dem 20.12.2022 ausgesprochen. Allerdings spricht einiges dafür, dass die (erneute) Aussetzung der Vollziehung weiterhin ab Fälligkeit, also rückwirkend ab Fälligkeit, gewährt wurde, so dass keine Säumniszuschläge verwirkt wurden. Denn das Finanzamt hat beim Widerruf der Aussetzung der Vollziehung selbst ausgeführt, dass die Vollziehung weiterhin ab Fälligkeit ausgesetzt wird, sofern die Sicherheitsleistung erbracht wird. Da die Sicherheitsleistung durch Eintragung einer Grundschuld erbracht wurde, ist von einer rückwirkenden Aussetzung der Vollziehung auszugehen. Hinweise: Über die Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen kann abschließend nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Der BFH geht bislang überwiegend von einer Verfassungsmäßigkeit aus. Hierzu passt auch das aktuelle Urteil, in dem der BFH nun erstmalig auf die gestiegenen Zinsen seit Beginn des Kriegs in der Ukraine hinweist. Geht man davon aus, dass in den Säumniszuschlägen keine Gegenleistung für den Liquiditätsvorteil des Steuerpflichtigen enthalten ist, stellt der Säumniszuschlag nur ein Druckmittel dar, um den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung zu bewegen. Auf die Höhe der Zinsen am Markt und auf ein etwaiges Ungleichgewicht zwischen der Höhe des Säumniszuschlags und der Marktzinsen kommt es dann nicht an. Quelle: BFH, Beschluss vom 21.3.2025 – X B 21/25 (AdV); NWB

  • Unterschiedliche Sterbetafeln für Männer und Frauen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer

    Unterschiedliche Sterbetafeln für Männer und Frauen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer

    Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass bei der Bewertung lebenslanger Nutzungen und Leistungen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterschiedliche Sterbetafeln für Männer und Frauen verwendet werden. Dies dient einer realitätsgerechten Bewertung, da Frauen länger leben als Männer. Hintergrund: Für die Bewertung lebenslanger Nutzungen und Leistungen wie z.B. von Nießbrauchsrechten, die dem Nießbrauchsberechtigten bis zum Tod zustehen sollen, muss ein Kapitalwert ermittelt werden. Hierfür wird ein Jahreswert der Nutzung ermittelt und mit einem Vervielfältiger multipliziert. Dieser Vervielfältiger wird anhand der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes ermittelt. Die Sterbetafel unterscheidet zwischen Männern und Frauen. Sachverhalt: Ein 74 Jahre alter Vater übertrug seinen drei Kindern, einem Sohn (Kläger) und zwei Töchtern, im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge GmbH-Anteile, behielt sich aber einen lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch vor. Das für die GmbH zuständige Finanzamt bewertete die Anteile mit einem Wert von ca. 780.000 €. Das für die Besteuerung des Sohns (Klägers) zuständige Finanzamt zog hiervon den Wert des Nießbrauchs in Höhe von ca. 350.000 € ab, so dass sich für den Sohn ein Wert der Schenkung in Höhe von ca. 430.000 € ergab. Bei der Bewertung des Nießbrauchs wandte das Finanzamt die Sterbetafel für Männer an und gelangte zu einem Vervielfältiger von 8,431 (verbleibende Lebenserwartung für 74 Jahre alte Männer 11,21 Jahre). Der Kläger machte geltend, dass sich nach der Sterbetafel für Frauen ein höherer Vervielfältiger und damit ein höherer Abzug ergeben würde (verbleibende Lebenserwartung für 74 Jahre alte Frauen: 13,28 Jahre). Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage des Sohnes ab: Die unentgeltliche Übertragung der GmbH-Anteile vom Vater auf den Sohn war schenkungsteuerbar. Der Wert der übertragenen GmbH-Anteile wurde von dem für die GmbH zuständigen Finanzamt mit 780.000 € festgestellt. Dieser Wert wurde durch den Nießbrauch des Vaters gemindert. Bei der Bewertung des Nießbrauchs waren die Sterbetafeln für Männer anzusetzen, da der Vater ein Mann war. Zwar führen die Sterbetafeln zu einer geschlechterbedingten Ungleichbehandlung. Diese Ungleichbehandlung ist aber verfassungsrechtlich gefertigt; denn die unterschiedlichen Sterbetafeln für Männer und Frauen ermöglichen eine gleichheitsgerechte Belastung der Steuerpflichtigen, weil so die Werte der geschenkten Vermögensgegenstände zutreffend und realitätsgerecht abgebildet werden können; denn Männer leben nicht so lange wie Frauen, so dass sie die ihnen eingeräumte Nutzung und Leistung nicht so lange nutzen können wie eine Frau. Hinweise: Frauen leben etwa fünf Jahre länger als Männer. Daher ist es gerecht, einen Nießbrauch, der einer Frau lebenslang eingeräumt wird, höher zu bewerten als einen Nießbrauch, der einem Mann lebenslang eingeräumt wird. Denn ein 74 Jahre alter Mann wird den Nießbrauch statistisch gesehen fünf Jahre weniger nutzen. Die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen kann sich für den Steuerpflichtigen mal günstiger und mal ungünstiger auswirken. Wird ein Nießbrauch einer Frau lebenslang zugewendet, muss diese einen höheren Kapitalwert versteuern als ein Mann, der einen Nießbrauch bis zum Lebensende erhält. Im Streitfall wirkte es sich aber zum Nachteil des Klägers aus, dass der Schenker ein Mann war und sich einen lebenslangen Nießbrauch vorbehielt. Dafür wird der Kläger die GmbH-Anteile statistisch betrachtet fünf Jahre früher unbelastet nutzen können. Würde der Nießbrauch bei dem 74 Jahre alten Vater nicht länger als fünf Jahre bestehen, könnte die Schenkungsteuerfestsetzung nach dem Gesetz auf Antrag berichtigt werden. Fällt der Nießbrauch weg, ist ein Antrag nicht erforderlich. Quelle: BFH, Urteil vom 20.1.2024 – II R 38/22; NWB

  • Höhe des verrechenbaren Verlustes bei einer KG nach Bildung eines Investitionsabzugsbetrags

    Höhe des verrechenbaren Verlustes bei einer KG nach Bildung eines Investitionsabzugsbetrags

    Wird nach Bildung eines Investitionsabzugsbetrags die Investition durchgeführt und der Investitionsabzugsbetrag außerbilanziell hinzugerechnet, mindert diese außerbilanzielle Hinzurechnung nicht den verrechenbaren Verlust des Kommanditisten. Denn die außerbilanzielle Hinzurechnung wirkt sich nicht auf das Kapitalkonto des Kommanditisten aus, das für die Höhe des verrechenbaren Verlustes maßgeblich ist. Hintergrund: Der Gesetzgeber schränkt den Verlustausgleich von Kommanditisten ein, da diese nur beschränkt in Höhe ihrer Einlage haften. Ein Verlustanteil aus der KG-Beteiligung ist mit anderen positiven Einkünften nur so lange uneingeschränkt ausgleichsfähig, wie das Kapitalkonto des Kommanditisten positiv ist. Soweit sein Kapitalkonto negativ ist oder durch den Verlustanteil negativ wird, ist der Verlustanteil grundsätzlich nur verrechenbar und kann nur mit künftigen Gewinnanteilen aus der KG verrechnet werden. Unternehmer können unter bestimmten Voraussetzungen einen Investitionsabzugsbetrag für künftige Investitionen in Höhe von 50 % der künftigen Anschaffungskosten gewinnmindernd bilden. Wird die Investition dann durchgeführt, kann der Unternehmer den Investitionsabzugsbetrag wieder gewinnerhöhend hinzurechnen und anschließend eine Abschreibung in dieser Höhe auf das Wirtschaftsgut vornehmen. Im Ergebnis handelt es sich bei dem Investitionsabzugsbetrag also um eine vorgezogene hohe Abschreibung. Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, deren alleiniger Kommanditist B war. Die Klägerin hatte im Jahr 2015 einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 16.000 € für die künftige Anschaffung eines Pkw gebildet, den sie im Streitjahr 2018 erwarb. Die Klägerin rechnete den Investitionsabzugsbetrag im Jahr 2018 außerbilanziell in Höhe von 16.000 € wieder hinzu und kürzte anschließend die Anschaffungskosten für den Pkw sowie für weitere angeschaffte Wirtschaftsgüter in Höhe von insgesamt 16.000 €. Für das Streitjahr 2018 ergab sich aus der Bilanz der Klägerin ein Verlust, der durch die außerbilanzielle Hinzurechnung um 16.000 € gemindert wurde. Bei der Berechnung des verrechenbaren Verlustes berücksichtigte das Finanzamt aber nicht die außerbilanzielle Hinzurechnung des Betrags von 16.000 €. Im weiteren Streitjahr 2019 geschah das Gleiche, diesmal aber aufgrund der Hinzurechnung eines im Jahr 2016 gebildeten Investitionsabzugsbetrags, der im Jahr 2019 nach Durchführung der Investition außerbilanziell hinzugerechnet wurde; auch hier berücksichtigte das Finanzamt die außerbilanzielle Hinzurechnung nicht bei der Ermittlung des verrechenbaren Verlustes. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Zu Recht hat das Finanzamt die außerbilanzielle Hinzurechnung des Hinzurechnungsbetrags in den Streitjahren 2018 und 2019 nicht bei der Ermittlung des verrechenbaren Verlustes berücksichtigt. Die Hinzurechnung in Höhe der jeweiligen Investition minderte nicht die Höhe des verrechenbaren Verlustes. Die Hinzurechnung hat sich nämlich weder in der Steuerbilanz noch beim steuerlichen Kapitalkonto des Kommanditisten B ausgewirkt, sondern ist nur außerbilanziell vorgenommen worden. Durch den jeweiligen Hinzurechnungsbetrag ist der Kommanditist B auch nicht wirtschaftlich belastet worden, so dass unter diesem Gesichtspunkt eine Minderung des verrechenbaren Verlustes und damit eine Erhöhung des ausgleichsfähigen Verlustes gerechtfertigt wäre. Denn aufgrund der Hinzurechnung änderte sich weder der Haftungsumfang des Kommanditisten, noch erhöhte sich sein Ausfallrisiko. Hinweise: Im Gegenzug wirkte sich aber auch die Bildung des Investitionsabzugsbetrags in den Jahren 2015 und 2016 nicht nachteilig auf die Höhe des verrechenbaren Verlustes des Kommanditisten aus. Denn auch der Investitionsabzugsbetrag wurde nur außerbilanziell erfasst, da er keine handels- oder steuerrechtliche Bilanzposition darstellt. Die Bildung bzw. Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags führt daher stets zu einem insoweit ausgleichs- und abzugsfähigen Verlust. Auch wenn das Kapitalkonto negativ ist, kann der Verlust des Kommanditisten als ausgleichsfähig anerkannt werden – und nicht nur als verrechenbar –, soweit für den Kommanditisten nämlich eine Hafteinlage im Handelsregister eingetragen ist, die seine geleistete Einlage übersteigt. Der Kommanditist haftet in diesem Umfang nach außen und kann insoweit auch seinen Verlustanteil mit anderen positiven Einkünften ausgleichen.Ein weiterer Streitpunkt im aktuellen Verfahren war eine „Einlage“ des Kommanditisten B auf einem neu eingerichteten Kapitalkonto III. Diese Einlage sollte nach den Vorstellungen des B sein Kapitalkonto und damit auch den ausgleichsfähigen Verlust erhöhen. Allerdings sah der BFH das Kapitalkonto III im konkreten Fall nicht als Kapitalkonto an, weil B frei über das Guthaben auf dem Kapitalkonto III verfügen konnte, während ein echtes Kapitalkonto einer gesamthänderischen Bindung unterliegt, z.B. durch Teilhabe an Verlusten oder durch Berücksichtigung bei der Berechnung des Abfindungsguthabens beim Ausscheiden des Gesellschafters; hierzu war im Gesellschaftsvertrag aber keine Regelung getroffen worden.Quelle: BFH, Urteil vom 16.1.2025 – IV R 28/23; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse April 2025

    Umsatzsteuer-Umrechnungskurse April 2025

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat April 2025 bekannt gegeben. Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2025 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.Quelle: BMF, Schreiben vom 2.5.2025 – III C 3 – S 7329/00014/007/038 (COO.7005.100.4.11913919); NWB

  • Körperschaftsteuerliche Organschaft mit atypisch stiller Beteiligung

    Körperschaftsteuerliche Organschaft mit atypisch stiller Beteiligung

    Eine körperschaftsteuerliche Organschaft zwischen einem Organträger und einer Organgesellschaft wird auch dann anerkannt, wenn der Organträger an der Organgesellschaft atypisch still beteiligt ist. Denn auch dann führt die Organgesellschaft ihren ganzen Gewinn an den Organträger ab. Hintergrund: Bei einer körperschaftlichen Organschaft verpflichtet sich die Organgesellschaft (Tochtergesellschaft) in einem Gewinnabführungsvertrag, ihren ganzen Gewinn an den Organträger (Muttergesellschaft) abzuführen. Das Einkommen ist dann dem Organträger zuzurechnen und auch vom Organträger zu versteuern.Bei einer atypisch stillen Beteiligung beteiligt sich ein Gesellschafter am Handelsgewerbe eines anderen, ohne nach außen in Erscheinung zu treten, also still. Die stille Gesellschaft ist atypisch, wenn der stille Gesellschafter auch an den Verlusten des Inhabers des Handelsgewerbes beteiligt ist. Der atypisch stille Gesellschafter wird dann steuerlich wie ein Mitunternehmer behandelt.Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH; ihre Alleingesellschafterin war die X-GmbH & Co. KG. Die Klägerin und die X-GmbH & Co. KG schlossen im Jahr 1991 einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag, in dem sich die Klägerin zur Abführung ihres gesamten Gewinns an die X-GmbH & Co. KG verpflichtete. Im Jahr 1992 beteiligte sich die X-GmbH & Co. KG im Umfang von 10 % als atypisch stille Gesellschafterin an der Klägerin. Das Finanzamt erkannte die körperschaftsteuerliche Organschaft in den Streitjahren 2005 bis 2008 nicht an, weil die Klägerin aufgrund der atypisch stillen Beteiligung nicht ihren gesamten Gewinn an die X-GmbH & Co. KG abgeführt habe, sondern lediglich 90 %; die weiteren 10 % habe die X-GmbH & Co. KG als atypisch stille Gesellschafterin erhalten. Das Finanzamt erfasste die Ergebnisabführung von 90 % an die X-GmbH & Co. KG als verdeckte Gewinnausschüttung bei der Klägerin.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft waren in den Streitjahren 2005 bis 2008 erfüllt. Insbesondere hat die Klägerin ihren ganzen Gewinn an die X-GmbH & Co. KG abgeführt. Die Frage, welcher Gewinn abzuführen ist, richtet sich nach dem Zivilrecht, weil das Steuerrecht hierauf verweist. Nach dem Zivilrecht, zu dem auch das Handelsrecht gehört, stellt der Gewinnanteil des stillen Gesellschafters (X-GmbH & Co. KG) Aufwand der, der den Gewinn mindert. Dieser geminderte Gewinn ist somit der „ganze Gewinn“ und wird an den Organträger abgeführt. Der Anteil der X-GmbH & Co. KG als (atypisch) stille Gesellschafterin in Höhe von 10 % war somit Aufwand der Klägerin und minderte ihren Gewinn. Der verbleibende Gewinn war folglich der „ganze Gewinn“, den die Klägerin an die X-GmbH & Co. KG abführte. Auf den steuerrechtlich ermittelten Gewinn kam es somit nicht an.Hinweise: Der BFH bejaht in seinem aktuellen Urteil die Frage, ob an einer Organgesellschaft eine atypisch stille Beteiligung bestehen kann. Damit widerspricht er der Finanzverwaltung. Die X-GmbH & Co. KG erhält nach dem Urteil 10 % des Gewinns als (atypisch) stille Gesellschafterin und die verbleibenden 90 % als Organträger; diese 90 % stellen den ganzen Gewinn der Klägerin dar, weil die weiteren 10 % als Anteil für die (atypisch) stille Gesellschafterin Aufwand waren und den Gewinn der Klägerin minderten. Quelle: BFH, Urteil vom 11.12.2024 – I R 33/22; NWB

  • Freiberufliche Tätigkeit einer Ärzte-Partnerschaft

    Freiberufliche Tätigkeit einer Ärzte-Partnerschaft

    Eine zahnärztlich tätige Partnerschaft, an der sieben Zahnärzte beteiligt sind, erzielt freiberufliche Einkünfte, auch wenn sich einer der Zahnärzte ganz überwiegend um die kaufmännische Führung der Partnerschaft kümmert und nur äußerst geringfügig zahnärztlich tätig wird. Hintergrund: Freiberufliche Einkünfte unterliegen nicht der Gewerbesteuer. Zu den Freiberuflern gehören insbesondere Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure und Architekten.Sachverhalt: M war Zahnarzt und Partner einer zahnärztlich tätigen Partnerschaftsgesellschaft, die aus insgesamt sieben Zahnärzten bestand. M nahm vor allem die kaufmännischen Angelegenheiten der Partnerschaft wahr und kümmerte sich um die Instandhaltung der medizinischen Geräte. Im Streitjahr 2010 beriet M lediglich fünf Patienten; am Behandlungsstuhl wurde er nicht tätig. Das Finanzamt stellte den Gewinn der Partnerschaft als gewerblich fest und begründete dies damit, dass M nicht freiberuflich tätig geworden sei. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage der Partnerschaft statt: Eine Personengesellschaft ist freiberuflich tätig, wenn sämtliche Gesellschafter Freiberufler sind, also die persönliche Berufsqualifikation eines freien Berufs erfüllen, und eine freiberufliche Tätigkeit tatsächlich ausüben. Dies setzt nicht voraus, dass jeder Gesellschafter der Partnerschaft in allen Unternehmensbereichen leitend und eigenverantwortlich tätig ist und an jedem Auftrag mitarbeitet. Vielmehr genügt es, wenn ein Gesellschafter in Form der Mit- und Zusammenarbeit mit seinen Kollegen freiberuflich tätig wird. Bei einem größeren Zusammenschluss von Ärzten gehört auch die kaufmännische Führung und Organisation der Personengesellschaft zur freiberuflichen Tätigkeit. Daher kann auch ein überwiegend kaufmännisch tätiger Zahnarzt freiberuflich tätig sein. Weitere Voraussetzung ist aber, dass jeder Gesellschafter zumindest geringfügig zahnärztlich tätig wird. Diese Voraussetzung erfüllte M, weil er fünf Patienten im Streitjahr beriet. Hinweise: Da auch die sechs Kollegen des M freiberuflich tätig waren, waren an der Partnerschaft nur Freiberufler beteiligt und auch freiberuflich tätig. Damit erzielt die Partnerschaft selbständige Einkünfte, nicht aber Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sodass ein Gewerbesteuermessbescheid gegenüber der Partnerschaft nicht ergehen kann.In der Praxis sollte darauf geachtet werden, dass jeder Gesellschafter auch freiberuflich aktiv wird, also z.B. zumindest einige Patienten behandelt, um den Anforderungen einer „zumindest äußerst geringfügigen“ freiberuflichen Tätigkeit zu genügen. Der M hatte sich auf eine Beratung beschränkt und keinen einzigen Patienten zahnärztlich behandelt. Dem BFH hat dies zwar genügt; es ist aber nicht auszuschließen, dass Finanzgerichte den Begriff der „äußerst geringfügigen“ freiberuflichen Tätigkeit strenger auslegen und eine ärztliche Behandlung verlangen. In jedem Fall sollte die „äußerst geringfügige“ freiberufliche Tätigkeit dokumentiert werden. Quelle: BFH, Urteil vom 4.2.2025 – VIII R 4/22; NWB

  • Anscheinsbeweis für private Nutzung eines betrieblichen Kfz

    Anscheinsbeweis für private Nutzung eines betrieblichen Kfz

    Grundsätzlich spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass ein Einzelunternehmer einen zu seinem Betriebsvermögen gehörenden Pick-up auch privat nutzt. Dieser Anscheinsbeweis kann erschüttert werden. Hierfür genügt jedoch nicht die bloße Behauptung, dass der Pick-up während der Arbeits- und Betriebszeiten nicht privat genutzt werden konnte.Hintergrund: Die Privatnutzung eines betrieblichen Kfz wird als Entnahme besteuert. Der Unternehmer kann entweder ein Fahrtenbuch führen, um den privaten Nutzungsanteil zu ermitteln, oder er versteuert die Privatnutzung nach der sog. 1 %-Methode, d.h. mit monatlich 1 % Prozent des Bruttolistenpreises zuzüglich Sonderausstattung.Sachverhalt: Der Kläger war in den Streitjahren 2015 und 2016 als Einzelunternehmer tätig. Sein Betrieb befand sich neben seinem Wohnhaus. Zu seinem Betriebsvermögen gehörte ein BMW sowie ein Pick-up, dessen Bruttolistenpreis sich auf ca. 44.000 € belief. Weiterhin befand sich ein weiteres Kfz im Betriebsvermögen, das er seinem Vorarbeiter als Dienstwagen überlassen hatte. Zum Privatvermögen des Klägers gehörten zwei Kleinwagen, die seine Kinder nutzten. Der Kläger setzte für die Privatnutzung des BMW eine Entnahme nach der sog. 1 %-Methode an, nicht aber für den Pick-Up. Das Finanzamt setzt auch für den Pick-up eine Entnahme nach der 1 %-Methode an. Hiergegen wehrte sich der Kläger u.a. mit dem Argument, dass der Pick-Up als Zugmaschine diene und insoweit den Mitarbeiten arbeitstäglich permanent zur Verfügung stehen müsse. Für eine private Mitbenutzung bleibe so kein Raum. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Für eine Privatnutzung des Pick-ups spricht der sog. Anscheinsbeweis. Es gibt nämlich einen Erfahrungssatz, dass Fahrzeuge, die ihrer Art nach typischerweise zum privaten Gebrauch geeignet sind und die für Privatfahrten zur Verfügung stehen, regelmäßig auch privat genutzt werden. Dieser Anscheinsbeweis kann erschüttert werden. Hierzu muss der Unternehmer substantiiert einen Sachverhalt darlegen und ggf. auch nachweisen, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehens ergibt. Ein sog. Vollbeweis des Gegenteils ist nicht erforderlich. Der Kläger hat den Anscheinsbeweis, der für eine Privatnutzung des Pick-ups spricht, nicht erschüttert. Hierfür genügte nicht der Vortrag, dass er den Pick-up während der Betriebszeiten und während seiner Arbeitszeiten nicht privat nutzen konnte. Denn eine Privatnutzung war morgens und abends, am Wochenende und während der Ferien möglich; während dieser Zeiten stand ihm der Pick-up uneingeschränkt zur Verfügung. Der Anscheinsbeweis wurde auch nicht durch die Existenz der beiden Kleinwagen im Privatvermögen erschüttert. Denn die beiden Kleinwagen hatten einen geringeren Status und Gebrauchswert als der Pick-up und wurden zudem von den Kindern des Klägers genutzt.Hinweise: Der Ansatz einer Entnahme, die nach der sog. 1 %-Methode bewertet wurde, war damit rechtmäßig. Die Fahrtenbuchmethode war nicht anwendbar, da der Kläger kein Fahrtenbuch geführt hatte. Der Kläger konnte den Anscheinsbeweis auch nicht dadurch erschüttern, dass er den Pick-up mit Werbefolien beklebt hatte. Eine derartige Werbung hindert die private Benutzung des Fahrzeugs nicht. Im Gegenteil: Denn je mehr Fahrten der Kläger mit dem Pick-up unternahm, desto höher war die Werbewirkung. Quelle: BFH, Urteil vom 16.1.2025 – III R 34/22; NWB