Aktuelles
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Strafverteidigerkosten bei Untreueverdacht als Werbungskosten abziehbar
Entstehen einem Geschäftsführer, gegen den wegen Untreueverdachts ermittelt wird, Strafverteidigerkosten, kann er diese als Werbungskosten absetzen, wenn sich der Untreueverdacht nicht bestätigt. Die Kosten sind beruflich veranlasst, weil der Untreueverdacht mit der Geschäftsführertätigkeit zusammenhängt. Hintergrund: Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung von Einnahmen sind als Werbungskosten abziehbar.Sachverhalt: Der Kläger war in drei Konzerngesellschaften der X-AG als Geschäftsführer und angestellter Syndikusanwalt tätig. Im Jahr 2012 wurde gegen den Kläger wegen des Verdachts auf Untreue ermittelt, weil der Kläger nachteilige Verträge für die Konzerngesellschaften abgeschlossen haben soll, die den U begünstigt haben sollen, der wiederum den Kläger bestochen haben soll. Im Jahr 2019 wurde das Ermittlungsverfahren gegen den Kläger eingestellt. Dem Kläger entstanden für die Strafverteidigung Kosten in Höhe von ca. 67.000 €, die er in seiner Einkommensteuererklärung 2019 als Werbungskosten geltend machte. Das Finanzamt erkannte die Werbungskosten nicht an. Entscheidung: Das Finanzgericht Düsseldorf (FG) gab der Klage statt: Die Strafverteidigerkosten waren als Werbungskosten absetzbar, da sie durch die berufliche Tätigkeit des Klägers als Geschäftsführer und Syndikusanwalt veranlasst waren. Zwar wird nach der Rechtsprechung die berufliche Veranlassung von Strafverteidigungskosten nur dann bejaht, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit begangen worden ist, weil er z.B. einen Einkäufer seines Arbeitgebers bestochen hat. Wurde die Straftat hingegen nur bei Gelegenheit der beruflichen Tätigkeit begangen, werden die Strafverteidigerkosten nicht als Werbungskosten anerkannt; dies ist etwa der Fall, wenn der Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber schädigt und Waren stiehlt, um sich privat zu bereichern. Diese Grundsätze gelten im Streitfall jedoch nicht, weil es tatsächlich gar keine Straftat gab, sondern nur einen Tatverdacht, der sich nicht bestätigt hat. Es kommt daher entscheidend darauf an, ob der Tatverdacht einen Bezug zur beruflichen Tätigkeit hat. Dies war vorliegend zu bejahen, weil dem Kläger ein berufliches Fehlverhalten beim Abschluss von Verträgen seiner Arbeitgeberin vorgeworfen wurde. Hinweise: Dem FG zufolge ist entscheidend, dass es keine Straftat des Klägers gab. Eine private Bereicherung, die es bei einer Straftat bei Gelegenheit der beruflichen Betätigung gibt, schied damit aus. Hätte der Kläger hingegen die ihm vorgeworfene Untreue tatsächlich begangen, wäre dies aufgrund der privaten Bereicherung des Klägers eine Straftat bei Gelegenheit der beruflichen Tätigkeit gewesen – und nicht in Ausübung der beruflichen Tätigkeit –, so dass die Strafverteidigerkosten nicht als Werbungskosten absetzbar gewesen wären. Sofern ein Werbungskostenabzug ausscheidet, kann geprüft werden, ob ein Abzug der Strafverteidigerkosten als außergewöhnliche Belastung möglich ist. Allerdings verlangt das Gesetz für die Abziehbarkeit von Prozesskosten (einschließlich Anwaltskosten), dass der Steuerpflichtige ohne den Prozess Gefahr laufen würde, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Diese Voraussetzung für den Abzug von Strafverteidigerkosten ist grundsätzlich nicht erfüllt. Quelle: FG Düsseldorf, Urteil vom 22.3.2024 – 3 K 2389/21 E, rechtskräftig; NWB
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Steuerabzug für ausländische Künstler
Eine ausländische Konzertdirektion, die ausländische Künstler für Auftritte in Deutschland engagiert, ist gesetzlich zum Steuerabzug (im Streitjahr waren dies 25 %) verpflichtet und muss die Steuer vom Honorar einbehalten und abführen. Die Verpflichtung kann nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass das ausländische Künstlerensemble keine Gewinnerzielungsabsicht habe, weil es ohne Subventionen nicht tätig werden könne, und daher in Deutschland nicht steuerpflichtig sei. Hintergrund: Treten Künstler, die in Deutschland weder einen Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt haben, in Deutschland auf, sind sie aufgrund ihres Auftritts in Deutschland beschränkt steuerpflichtig. Der Auftraggeber, der sog. Vergütungsschuldner, ist gesetzlich verpflichtet, vom Honorar eine Steuer in Höhe von grundsätzlich 15 % zuzüglich Solidaritätszuschlag von 5,5 % auf die Steuer einzubehalten. Sachverhalt: Die Klägerin war eine in Österreich ansässige Konzertdirektion, die im Zeitraum 1996 bis 1999 ausländische Künstler für Auftritte in Deutschland engagierte. Nachdem die Klägerin den Steuerabzug nicht vorgenommen hatte, erließ das Finanzamt im Jahr 1999 Haftungsbescheide und schätzte den Steuerabzug. Die Klägerin machte anschließend Angaben zu den gezahlten Honoraren, die zu einer Reduzierung des Steuerabzugs führten. Sie klagte gleichwohl gegen den Haftungsbescheid mit der Begründung, die Künstler bzw. Künstlergruppen seien ohne Gewinnerzielungsabsicht aufgetreten. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Der Haftungsbescheid ist grundsätzlich rechtmäßig, wenn der Vergütungsschuldner (die Klägerin) keinen Steuerabzug im Zeitpunkt der Zahlung des Honorars vornimmt. Die Verpflichtung zum Steuerabzug besteht auch für einen Vergütungsschuldner, der in Deutschland weder seinen Sitz noch eine Betriebsstätte hat. Es genügt, wenn er Honorare an Künstler für einen Auftritt in Deutschland zahlt. Der Inlandsbezug ergibt sich also aus der Tätigkeit des Künstlers in Deutschland. Die engagierten Künstler bzw. Ensembles waren aufgrund ihrer Auftritte in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, da sie mit Gewinnerzielungsabsicht tätig waren. Die Gewinnerzielungsabsicht kann nicht deshalb verneint werden, weil die Künstler staatliche Subventionen erhalten haben könnten. Denn Subventionen führen grundsätzlich zu steuerpflichtigen Einnahmen. Es war auch ermessensfehlerfrei, die Klägerin in Anspruch zu nehmen und nicht die Künstler; denn die Klägerin hatte die Künstler zunächst nicht genannt, so dass das Finanzamt deren Identität nicht feststellen konnte. Die fünfjährige Zahlungsverjährung war noch nicht eingetreten. Denn das Finanzamt hatte auf Antrag der Klägerin bereits unmittelbar nach Erlass der Haftungsbescheide im Jahr 1999 eine Aussetzung der Vollziehung gewährt, die die Verjährung unterbricht und die erst mit Erlass der Einspruchsentscheidung im Jahr 2019 endete. Damit begann mit Ablauf des 31.12.2019 erneut eine fünfjährige Zahlungsverjährung. Hinweise: Das Verfahren hat ungewöhnlich lange gedauert, hierfür gab es jedoch Gründe. So wartete das Finanzamt auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu der Frage, ob die Haftung des Vergütungsschuldners mit dem europäischen Recht vereinbar ist. Der EuGH hat dies im Jahr 2006 bejaht, und der BFH hält in der aktuellen Entscheidung die Haftung ebenfalls für vereinbar mit der europäischen Dienstleistungsfreiheit sowie mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Grundgesetzes. In der Folgezeit wollte die Klägerin auch noch abwarten, bis die Finanzverwaltung zur Rechtsprechung des EuGH Stellung nimmt, und so erging die Einspruchsentscheidung erst im Jahr 2019. Der Steuerabzug ist auch dann vorzunehmen, wenn die Einkünfte des Künstlers nach einem sog. Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei sind. Der Künstler kann aber eine Freistellungsbescheinigung beim Bundeszentralamt beantragen und sich die ggf. einbehaltene und abgeführte Steuer erstatten lassen. Von der Bemessungsgrundlage (Honorar) können unter bestimmten Voraussetzungen die Betriebsausgaben des Künstlers, die dieser nachweist, abgezogen werden. In diesem Fall beläuft sich der Steuerabzug auf 30 %, wenn der Künstler eine natürliche Person, anderenfalls auf 15 %, wenn der Künstler eine Kapital- oder Personengesellschaft ist.Quelle: BFH, Urteil vom 25.10.2023 – I R 35/21; NWB
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Rückwirkende Verschmelzung zweier Personengesellschaften
Bei einer rückwirkenden Verschmelzung einer Personengesellschaft auf eine andere Personengesellschaft kann nur das im Rückwirkungszeitraum erzielte Einkommen der übertragenden Personengesellschaft mit dem Einkommen der übernehmenden Personengesellschaft verrechnet werden. Es kann aber nicht der Verlust der übertragenden Gesellschaft, der bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag erzielt worden ist, mit dem Gewinn der übernehmenden Gesellschaft, den sie bis zum steuerlichen Übertragungsstichtag erzielt hat, verrechnet werden. Hintergrund: Umwandlungen können steuerlich mit Rückwirkung vorgenommen werden. Es wird dann ein Übertragungsstichtag in der Vergangenheit gewählt, der höchstens acht Monate zurückliegen darf. Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG. Neben der Klägerin gab es noch die H-GmbH & Co. KG, an der dieselben Gesellschafter beteiligt waren wie an der Klägerin. Mit notariellem Vertrag vom 3.7.2015 wurde das Vermögen der H-GmbH & Co. KG auf die Klägerin rückwirkend zum 31.12.2014 verschmolzen; die Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister erfolgte am 30.7.2015. Die Klägerin gab für 2014 eine Erklärung über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften ab; in dieser verrechnete sie ihren Gewinn, den sie im Jahr 2014 erzielt hatte, mit dem Verlust der H-GmbH & Co. KG, den diese im Jahr 2014 erzielt hatte. Das Finanzamt stellte hingegen nur den Gewinn der Klägerin fest, ohne diesen mit dem Verlust der H-GmbH & Co. KG des Jahres 2014 zu verrechnen. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Es fehlt eine Rechtsgrundlage für die Verrechnung des Gewinns der Klägerin mit dem Verlust der H-GmbH & Co. KG im Jahr 2014. Zwar ist die Verschmelzung rückwirkend zum 31.12.2014 erfolgt. Die Rückwirkung führt aber lediglich dazu, dass das von der H-GmbH & Co. KG im Rückwirkungszeitraum erzielte Einkommen vom 1.1.2015 bis 29.7.2015 – dies war der Tag vor der Eintragung im Handelsregister, an dem die Verschmelzung zivilrechtlich wirksam wurde – bereits der Klägerin zuzurechnen ist. Die Rückwirkung führt nicht dazu, dass das Einkommen vor Ablauf des Übertragungsstichtags (31.12.2014, 24.00 Uhr) der übernehmenden Personengesellschaft (Klägerin) zugerechnet wird. Der bis zum Ablauf des Übertragungsstichtags erzielte Verlust der H-GmbH & Co. KG ist daher noch der H-GmbH & Co. KG zuzurechnen. Hinweise: Der BFH macht deutlich, dass es erst mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags, d.h. mit Ablauf des 31.12.2014, und damit ab dem handelsrechtlichen Übertragungsstichtag (1.1.2015), der dem steuerlichen Übertragungsstichtag folgt, zu einer Ergebniszurechnung kommt. Bedeutung hat der steuerliche Übertragungsstichtag aber für die Entstehung des Einbringungsgewinns und ggf. eines Einbringungsfolgegewinns. Diese Gewinne muss die übernehmende Personengesellschaft im Jahr des steuerlichen Übertragungsstichtags, also 2014, versteuern. Quelle: BFH, Urteil vom 14.3.2024 – IV R 6/21; NWB