Aktuelles
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Übernahme einer Pensionsverpflichtung durch neuen Arbeitgeber
Stellt ein Arbeitgeber einen neuen Arbeitnehmer ein und übernimmt er die Pensionsverpflichtung des bisherigen Arbeitgebers gegen Übernahme von Vermögenswerten, kann dies zu einem bilanziellen Gewinn führen. Dieser Gewinn kann durch eine Rücklagenbildung zeitlich verteilt werden, indem die Rücklage im Jahr ihrer Bildung und in den folgenden 14 Jahre zu je 1/15 gewinnerhöhend aufgelöst wird. Hintergrund: Nach dem Gesetz können sogenannte Übernahmegewinne, die z.B. bei der Übernahme von Pensionsverpflichtungen gegen Übernahme von Vermögenswerten (z.B. Zuzahlungen) entstehen, durch eine Rücklage abgemildert werden. Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH, die im Jahr 2014 den R als Arbeitnehmer anstellte. Der bisherige Arbeitgeber hatte dem R eine Pensionszusage erteilt, die die Klägerin anlässlich des Arbeitsplatzwechsels des R übernahm; die Pensionsverpflichtung war von der Klägerin in Höhe von ca. 430.000 € zu passivieren. Dafür übertrug der bisherige Arbeitgeber des R auf die Klägerin mehrere Vermögenswerte wie z.B. eine Lebensversicherung und mehrere Forderungen gegenüber R im Wert von ca. 510.000 €. Hieraus ergab sich ein sog. Übernahmegewinn in Höhe von ca. 80.000 €. Die Klägerin stellte den Übernahmegewinn in eine Rücklage, die sie im Streitjahr 2014 und in den 14 Folgejahren zu je 1/15 gewinnerhöhend auflöste bzw. auflösen wollte. Das Finanzamt hielt die Rücklagenbildung für unzulässig. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Der Gesetzgeber ermöglicht die Bildung einer Rücklage für Übernahmegewinne, die sich aufgrund der Übernahme einer Pensionsverpflichtung ergeben. Zwar verweist die Rücklagenregelung nicht auf den speziellen Fall der Übernahme einer Pensionsverpflichtung unter gleichzeitiger Übernahme von Vermögenswerten. Bei dieser speziellen Regelung handelt es sich aber nur um eine Bewertungsvorschrift, nicht aber um eine der Fallgruppen der Übernahme von Verpflichtungen, für die eine Rücklagenbildung ausdrücklich vorgesehen ist. Der Streitfall betrifft die Übernahme einer Verpflichtung. Die Übernahme einer Verpflichtung wird im Gesetz geregelt, und im Gesetz wird für den Fall der Übernahme einer Verpflichtung eine Rücklagenbildung zugelassen. Es ist daher unschädlich, dass die Regelung über die Rücklagenbildung nicht auf die Bewertungsvorschrift, die speziell bei der Übernahme von Pensionsverpflichtungen greift, Bezug nimmt. Für die Bildung einer Rücklage spricht auch der Gesetzeszweck; denn der Gesetzgeber wollte die Übertragbarkeit von Versorgungszusagen nicht erschweren und hat deshalb die Möglichkeit eingeräumt, einen Übernahmegewinn zeitlich zu verteilen. Hinweise: Der Übernahmegewinn resultiert daher, dass die übernommene Pensionsverpflichtung nur mit einem relativ niedrigen Wert passiviert werden darf, während die übernommenen Vermögenswerte mit einem „normalen“ und damit höheren Wert zu aktivieren sind. Das Urteil ist für Unternehmer, die Pensionsverpflichtungen übernehmen, erfreulich, weil es die zeitliche Verteilung eines etwaigen Übernahmegewinns auf insgesamt 15 Jahre ermöglicht. Quelle: BFH, Urteil vom 23.10.2024 – XI R 24/21; NWB
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Grunderwerbsteuer bei nachträglichen Sonderwünschen für Hausbau
Äußert ein Grundstückskäufer, der einen Kauf- und Werkvertrag über ein vom Veräußerer zu errichtendes Gebäude abgeschlossen hat, nach Beginn der Rohbauarbeiten Sonderwünsche, die er gesondert bezahlen muss, unterliegt das Entgelt für diese Sonderwünsche ebenfalls der Grunderwerbsteuer. Hierüber ist ein gesonderter Grunderwerbsteuerbescheid zu erlassen. Hintergrund: Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach dem Entgelt. Der Grunderwerbsteuer unterliegen nach dem Gesetz aber auch Zahlungen, die der Erwerber dem Veräußerer zusätzlich gewährt. Sachverhalte: Der Bundesfinanzhof (BFH) musste über zwei ähnlich gelagerte Fälle entscheiden. Die jeweiligen Kläger erwarben ein Grundstück, das der Veräußerer noch bebauen musste. Die Art und Qualität der zu errichtenden Gebäude war im Einzelnen geregelt. Sonderwünsche mussten jedoch extra bezahlt werden. Beide Kläger äußerten jeweils Sonderwünsche und bezahlten die entsprechenden Bauleistungen dem jeweiligen Veräußerer. Das Finanzamt unterwarf die Zahlungen für die Sonderwünsche der Grunderwerbsteuer und erließ jeweils einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid. Hiergegen wehrten sich die Kläger. Entscheidung: Der BFH wies die Klagen – wie auch die Vorinstanzen – in Bezug auf die Besteuerung der Sonderwünsche ab: Die Grunderwerbsteuer bemisst sich nach der Gegenleistung (Entgelt). Zur Gegenleistung gehören auch Zahlungen des Käufers, die er dem Veräußerer zusätzlich leistet. Es handelt sich dabei um nachträglich gewährte zusätzliche Leistungen. Nachträglich gewährte zusätzliche Leistungen setzen voraus, dass bereits ein Kaufvertrag über das Grundstück existiert und dass es zwischen den Sonderwünschen und dem Kaufvertrag einen rechtlichen Zusammenhang gibt, indem z.B. eine bereits im Kaufvertrag genannte Bauleistung gegen Zahlung eines zusätzlichen Entgelts verändert wird. Im Streitfall handelte es sich um nachträglich gewährte zusätzliche Leistungen, die der Grunderwerbsteuer unterlagen. Der rechtliche Zusammenhang zwischen den Sonderwünschen und den Kaufverträgen ergab sich daraus, dass die Bauleistungen, zu denen sich der Veräußerer jeweils verpflichtet hatte, nun konkretisiert, verändert oder anderweitig angepasst wurden (z.B. hinsichtlich der Materialauswahl). Das Finanzamt hat zu Recht jeweils einen weiteren Grunderwerbsteuerbescheid erlassen und nicht den bisherigen Bescheid geändert. Die nachträglich gewährten zusätzlichen Leistungen können nicht in den ursprünglichen Bescheid mit aufgenommen werden und zu dessen Änderung führen, weil sie erst nach Abschluss des Kaufvertrags vereinbart worden sind. Hinweise: Hätten die Kläger ihre Sonderwünsche nicht vom Veräußerer, sondern von einem Handwerker, der nichts mit dem Veräußerer zu tun hat, ausführen lassen, wäre keine Grunderwerbsteuer entstanden. In einem der beiden Fälle gab es noch eine Besonderheit (Az. II R 18/22): Der Kläger verpflichtete sich, die Kosten für die Hausanschlüsse für Gas, Wasser und Strom zu tragen, während der Veräußerer verpflichtet war, die Anträge für den Kläger zu stellen. Das Finanzamt unterwarf auch diese Zahlungen des Klägers der Grunderwerbsteuer. Dem widersprach der BFH, weil die Übernahme dieser Kosten bereits im Kaufvertrag geregelt war und damit keine zusätzliche Leistung mehr darstellte. Der BFH ließ offen, ob die Hausanschlusskosten im ursprünglichen Grunderwerbsteuerbescheid hätten erfasst werden müssen oder ob es sich um Leistungen handelte, die gar nicht der Grunderwerbsteuer unterliegen. Quelle: BFH, Urteile vom 30.10.2024 – II R 15/22 und II R 18/22 (Wasseranschlusskosten); NWB
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Vorsteuervergütung aus nicht beigefügter Anzahlungsrechnung
Der Antrag eines im Ausland ansässigen Unternehmens auf Vergütung der Vorsteuer aus einer Anzahlungsrechnung hat auch dann Erfolg, wenn der Unternehmer nur die Schlussrechnung, nicht aber die Anzahlungsrechnung beigefügt hat, jedoch die Anzahlungsrechnung, die Anzahlung selbst sowie die Schlussrechnung denselben Vergütungszeitraum betreffen. Das für die Vergütung der Vorsteuer zuständige Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) kann dann nämlich den Anspruch auf Vergütung der Vorsteuer aus der Anzahlungsrechnung inhaltlich überprüfen. Hintergrund: Ein im Ausland ansässiger Unternehmer, dem Umsatzsteuer in einer deutschen Rechnung berechnet worden ist, kann die Vergütung dieser Umsatzsteuer als Vorsteuer beantragen. Hierzu muss der Unternehmer bis zum 30.9. des Folgejahres einen entsprechenden Antrag beim BZSt stellen und die erforderlichen Angaben zu den einzelnen Rechnungen machen und die Rechnungen auch beifügen. Sachverhalt: Klägerin war eine österreichische Kapitalgesellschaft, die für zwei Leistungen deutscher Unternehmen Umsatzsteuer gezahlt hatte. Die deutschen Unternehmen hatten jeweils eine Anzahlungsrechnung mit gesondertem Umsatzsteuerausweis und anschließend jeweils eine Schlussrechnung erstellt, in der dann die Anzahlung mit Umsatzsteuer von der jeweiligen Schlusssumme abgezogen wurde. Die Klägerin beantragte beim BZSt im Juni 2018 die Vergütung der von ihr an die deutschen Unternehmer gezahlten Umsatzsteuern im Rahmen eines Vorsteuervergütungsantrags für den Zeitraum Januar bis Dezember 2017. Sie gab in ihrem Antrag nur die beiden Schlussrechnungen an, nicht aber auch die beiden Anzahlungsrechnungen. Zudem reichte sie auch nur die beiden Schlussrechnungen ein, nicht aber auch die beiden Anzahlungsrechnungen. Das BZSt vergütete die Vorsteuer nur, soweit sie sich aus den Abschlusszahlungen der beiden Endrechnungen ergab, nicht aber die Vorsteuer, die sich aus den Anzahlungsrechnungen ergab.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Zwar war der Vergütungsantrag der Klägerin formell nicht fehlerfrei. Denn die Klägerin hatte weder die beiden Anzahlungsrechnungen benannt, noch hatte sie die beiden Anzahlungsrechnungen beigefügt. Der Vergütungsantrag war dennoch vollständig, weil sowohl die Anzahlungsrechnungen als auch die eigentlichen Anzahlungen und die beiden Schlussrechnungen im Vergütungszeitraum Januar bis Dezember 2017 angefallen waren. Damit war das BZSt in der Lage, den Vergütungsanspruch materiell-rechtlich, d.h. inhaltlich, zu überprüfen. Nach den umsatzsteuerlichen Grundsätzen der Neutralität und Verhältnismäßigkeit dürfen allein formelle Fehler wie z.B. die fehlende Benennung und Beifügung der Anzahlungsrechnungen nicht zur Versagung des Vorsteuerabzugs bzw. der Vergütung der Vorsteuer führen.Hinweise: Der BFH stellt klar, dass das materielle Recht bedeutsamer ist als das formelle Recht. Denn das Recht auf Vorsteuerabzug, zu dem auch der Vergütungsanspruch gehört, ist ein integraler Bestandteil des Mechanismus der Umsatzsteuer und darf grundsätzlich nicht eingeschränkt werden. Für die Praxis empfiehlt es sich trotz des erfreulichen Urteils, die zahlreichen Formalien im Umsatzsteuerrecht zu beachten, um das Risiko eines Rechtsstreits mit dem Finanzamt zu minimieren. Quelle: BFH, Urteil vom 12.12.2024 – V R 6/23; NWB