Aktuelles
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Finanzverwaltung zur Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Rechnungen und zur Gutschrifterteilung an Nicht-Unternehmer
Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zu zwei Änderungen des Umsatzsteuergesetzes, die im Jahr 2024 verabschiedet worden sind, Stellung genommen. Zum einen geht es um die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Rechnungen, zum anderen geht es um die Umsatzsteuerschuld eines nichtunternehmerisch tätigen Gutschriftempfängers, der einer Gutschrift, in der zu Unrecht Umsatzsteuer ausgewiesen wird, nicht unverzüglich widerspricht.Hintergrund: Im Jahr 2024 sind zwei Gesetze verabschiedet worden, die zu verschiedenen Änderungen des Umsatzsteuergesetzes geführt haben. Das BMF greift nun zwei dieser Änderungen auf und erläutert diese. Zugleich ändert das BMF die Verwaltungsvorschriften, die für die Finanzämter verbindlich sind (nicht aber für die Finanzgerichte).Inhalt des aktuellen BMF-Schreibens: 1. Verkürzung der umsatzsteuerlichen Aufbewahrungsfrist für Rechnungen Die bisherige zehnjährige Aufbewahrungsfrist für Rechnungen ist mit Wirkung vom 1.1.2025 auf acht Jahre verkürzt worden. Die Verkürzung gilt für alle Rechnungen, deren Aufbewahrungsfrist am 31.12.2024 noch nicht abgelaufen war. Damit brauchen nun Rechnungen, die vor dem 1.1.2017 ausgestellt worden sind, nach der neuen Gesetzesregelung nicht mehr aufbewahrt zu werden. Hinweis: Eine Ausnahme gilt für Banken und Versicherungen; für sie gilt die Neuregelung erst für Rechnungen, deren Aufbewahrungsfrist am 1.1.2026 noch nicht abgelaufen ist. Trotz der Verkürzung der Aufbewahrungsfrist läuft die Aufbewahrungsfrist jedoch nicht ab, soweit und solange die Rechnungen noch für Steuern bedeutsam sind, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Die allgemeine Aufbewahrungspflicht für umsatzsteuerliche Aufzeichnungen, die zehn Jahre beträgt, ist nicht verkürzt worden. Dies gilt insbesondere für die Aufzeichnungen der Entgelte, der Bemessungsgrundlage und der angewandten Umsatzsteuersätze. 2. Neuregelung für Gutschriften an nicht unternehmerisch tätige Gutschriftempfänger Wer unrichtig oder unberechtigt Umsatzsteuer in einer Rechnung ausweist, muss diese nach dem Gesetz an das Finanzamt abführen. Im Jahr 2024 wurde das Gesetz nun auf den Fall erstreckt, dass Umsatzsteuer in einer Gutschrift des Leistungsempfängers an einen nichtunternehmerisch tätigen Gutschriftenempfänger ausgewiesen wird und der Empfänger der Gutschrift nicht unverzüglich widerspricht; der Gutschriftempfänger muss dann die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Die Neuregelung gilt ab dem 6.12.2024. Hinweis: Bei der Gutschrift handelt es sich also nicht um einen Rabatt oder um ein Rechnungsstorno, sondern quasi um eine umgekehrte Rechnung, bei der der Leistungsempfänger über die Leistung durch Gutschrift abrechnet und den Gutschriftbetrag dem Gutschriftenempfänger überweist. Mit einem nichtunternehmerisch tätigen Gutschriftenempfänger ist ein Nichtunternehmer gemeint sowie ein Unternehmer, der die in der Gutschrift genannte Leistung gar nicht ausgeführt hat. Weitere Voraussetzung der Neuregelung ist, dass die Gutschrift auf einer vorherigen Vereinbarung beruht, dass eine Gutschrift erstellt wird, und dass der Gutschriftempfänger der fehlerhaften Gutschrift nicht unverzüglich widerspricht. Durch einen unverzüglichen Widerspruch kann der Gutschriftempfänger also die Rechtsfolge vermeiden, dass er die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss. Der Gutschriftaussteller hat aufgrund des unverzüglichen Widerspruchs schon dem Grunde nach keinen Vorsteueranspruch. Hinweis: Die Neuregelung ist erforderlich geworden, weil der Bundesfinanzhof (BFH) fehlerhafte Gutschriften nicht als fehlerhafte Rechnungen angesehen hat. Daher musste zwar bislang der Aussteller einer Rechnung, der unberechtigt Umsatzsteuer ausweist, diese Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, nicht aber der Gutschriftempfänger, der eine Gutschrift erhält, in der Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen wird, obwohl der Gutschriftempfänger kein Unternehmer ist oder aber die genannte Leistung gar nicht erbracht hat. Quelle: BMF-Schreiben vom 8.7.2025 – III C 2 – S 7295/00005/003/080; NWB
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Gewinnzuschlag bei Auflösung einer Rücklage für Veräußerungsgewinn
Der Gewinnzuschlag von 6 %, der bei Auflösung einer Rücklage wegen nicht durchgeführter Reinvestition angesetzt wird, ist verfassungsgemäß. Hintergrund: Ein Gewinn aus der Veräußerung einer betrieblichen Immobilie oder eines Schiffes kann durch eine Rücklage neutralisiert werden, die grundsätzlich innerhalb von vier Jahren auf ein neues Wirtschaftsgut (Immobilie oder Schiff) übertragen werden muss (sog. Reinvestition). Die Rücklage mindert dann die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen auf das neue Wirtschaftsgut. Unterbleibt eine Reinvestition, muss die Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst werden und wird um einen sog. Gewinnzuschlag von 6 % des Rücklagenbetrags jährlich erhöht.Sachverhalt: Die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Recht (GbR), die im Bereich der Land- und Forstwirtschaft tätig war. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin wich vom Kalenderjahr ab und erstreckte sich vom 1.7. bis zum 30.6. Einen Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebsgrundstücks erfasste die Klägerin gewinnneutral in einer Rücklage. Allerdings löste die Klägerin diese Rücklage nach zwei Jahren gewinnerhöhend auf, ohne eine Reinvestition durchgeführt zu haben. Dies führte zu einer Gewinnerhöhung in Höhe der gebildeten Rücklage sowie zum Ansatz eines Gewinnzuschlags von 6 % des Rücklagenbetrags für zwei Jahre. Die Klägerin wehrte sich gegen den Gewinnzuschlag und hielt ihn für verfassungswidrig. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Der Gewinnzuschlag wurde im Streitfall zu Recht angesetzt, da die Klägerin die gebildete Rücklage nach zwei Jahren aufgelöst hat, ohne die Reinvestition durchgeführt zu haben. Der Gewinnzuschlag ist verfassungsgemäß. Er verstößt insbesondere nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn der Gewinnzuschlag entsteht nur, wenn der Steuerpflichtige von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat, eine Rücklage zwecks Neutralisierung eines Veräußerungsgewinns zu bilden und die Reinvestition nicht innerhalb der Reinvestitionsfrist von grundsätzlich vier Jahren durchzuführen bzw. die Rücklage vorher freiwillig aufzulösen. Verfassungsrechtlich ist aufgrund der dem Steuerpflichtigen zustehenden Wahlrechte ein sachlicher Rechtfertigungsgrund für den Ansatz des Gewinnzuschlags ausreichend. Dieser sachliche Rechtfertigungsgrund besteht darin, dass mit dem Gewinnzuschlag der Steuerstundungsvorteil, der sich aufgrund der Bildung der Rücklage ergeben hat, rückgängig gemacht werden soll und dass eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Rücklagewahlrechts vermieden werden soll. Auch die Höhe von 6 % des Rücklagenbetrags pro Jahr der Bildung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Unbeachtlich ist, dass es ein strukturelles Niedrigzinsniveau gab und der Gewinnzuschlag im streitigen Zeitraum von 2018/2019 bis 2020/2021 deutlich über dem Zinsniveau lag. Denn der Gewinnzuschlag ist mit Nachzahlungszinsen nicht vergleichbar, da er von einem Wahlrecht des Steuerpflichtigen zur Bildung der Rücklage und zur Durchführung der Reinvestition abhängig ist. Der Gesetzgeber ist daher nicht verpflichtet, den Gewinnzuschlag realitätsgerecht und fremdkapitalkonform auszugestalten, sondern darf pauschal auf den Stundungsvorteil abstellen. Hinweise: Der Steuerpflichtige hat grundsätzlich vier Jahre Zeit, die Reinvestition durchzuführen. Entscheidet er sich für die Herstellung eines neuen Gebäudes, verlängert sich die Frist auf sechs Jahre, wenn er mit der Herstellung vor dem Schluss des vierten Jahres nach Bildung der Rücklage begonnen hat. Zwar ist der Gewinnzuschlag mit 6 % deutlich höher als die Zinsen im streitigen Zeitraum. Allerdings muss der Steuerpflichtige den Gewinnzuschlag nicht entrichten, sondern nur versteuern, so dass sich seine steuerliche Belastung nach seinem individuellen Steuersatz richtet. Zudem wird die Steuer, die aufgrund des Gewinnzuschlags entsteht, erst deutlich nach Ablauf des Veranlagungszeitraums festgesetzt. Quelle: BFH, Urteil vom 20.3.2025 – VI R 20/23; NWB
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Gewerbesteuerfreiheit für Pkw-Verkäufe einer Pflegeeinrichtung
Der Gewinn einer Pflegeeinrichtung aus dem Verkauf von Kfz, die von den Pflegern für Hausbesuche eingesetzt wurden, ist gewerbesteuerfrei. Die Kfz gehörten nämlich zum gewerbesteuerfreien Bereich des Pflegeheims.Hintergrund: Ambulante Pflegeeinrichtungen sind gewerbesteuerfrei, wenn die Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind.Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH und betrieb eine ambulante Pflegeeinrichtung. Ihre Pfleger fuhren mit den Kfz der GmbH zu den Patienten. Die Klägerin verkaufte im streitigen Erhebungszeitraum mehrere dieser Kfz mit Gewinn. Das Finanzamt behandelte diesen Gewinn als gewerbesteuerpflichtig.Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg gab der Klage statt und behandelte den Gewinn aus dem Kfz-Verkauf als gewerbesteuerfrei: Zwar gilt die gesetzliche Gewerbesteuerfreiheit für ambulante Pflegeeinrichtungen nicht umfassend für den gesamten Gewinn, sondern ist auf den Gewinn beschränkt, der aus dem Pflegebetrieb stammt. Zu dem Gewinn aus dem Pflegebetrieb gehören aber auch Gewinne aus dem Verkauf von Wirtschaftsgütern, die unmittelbar im Pflegebetrieb eingesetzt worden sind. Die Kfz wurden dazu genutzt, zu den pflegebedürftigen Patienten zu fahren und diese zu betreuen. Damit erstreckt sich die Gewerbesteuerfreiheit auch auf den Gewinn aus dem Verkauf der Kfz. Hinweise: Die Gewinne aus dem Verkauf sind dadurch entstanden, dass die Kfz bereits weitgehend abgeschrieben waren, der Marktwert der Kfz aber höher war als der – geringe – Buchwert. Die Abschreibungen der Vorjahre gehörten ebenfalls zum gewerbesteuerfreien Gewinn, so dass es konsequent ist, nun auch den Gewinn aus dem Verkauf als gewerbesteuerfrei anzusehen. Andere Gewinne, die nicht im Pflegebereich entstanden sind, sind hingegen gewerbesteuerpflichtig. Dies gilt z.B. für Zinsen aus Darlehen, die eine Pflegeeinrichtung anderen Pflegeeinrichtungen gewährt. Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.3.2025 – 6 K 6113/23; NWB