Aktuelles
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Freiberufliche Tätigkeit einer Ärzte-Partnerschaft
Eine zahnärztlich tätige Partnerschaft, an der sieben Zahnärzte beteiligt sind, erzielt freiberufliche Einkünfte, auch wenn sich einer der Zahnärzte ganz überwiegend um die kaufmännische Führung der Partnerschaft kümmert und nur äußerst geringfügig zahnärztlich tätig wird. Hintergrund: Freiberufliche Einkünfte unterliegen nicht der Gewerbesteuer. Zu den Freiberuflern gehören insbesondere Ärzte, Rechtsanwälte, Ingenieure und Architekten.Sachverhalt: M war Zahnarzt und Partner einer zahnärztlich tätigen Partnerschaftsgesellschaft, die aus insgesamt sieben Zahnärzten bestand. M nahm vor allem die kaufmännischen Angelegenheiten der Partnerschaft wahr und kümmerte sich um die Instandhaltung der medizinischen Geräte. Im Streitjahr 2010 beriet M lediglich fünf Patienten; am Behandlungsstuhl wurde er nicht tätig. Das Finanzamt stellte den Gewinn der Partnerschaft als gewerblich fest und begründete dies damit, dass M nicht freiberuflich tätig geworden sei. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage der Partnerschaft statt: Eine Personengesellschaft ist freiberuflich tätig, wenn sämtliche Gesellschafter Freiberufler sind, also die persönliche Berufsqualifikation eines freien Berufs erfüllen, und eine freiberufliche Tätigkeit tatsächlich ausüben. Dies setzt nicht voraus, dass jeder Gesellschafter der Partnerschaft in allen Unternehmensbereichen leitend und eigenverantwortlich tätig ist und an jedem Auftrag mitarbeitet. Vielmehr genügt es, wenn ein Gesellschafter in Form der Mit- und Zusammenarbeit mit seinen Kollegen freiberuflich tätig wird. Bei einem größeren Zusammenschluss von Ärzten gehört auch die kaufmännische Führung und Organisation der Personengesellschaft zur freiberuflichen Tätigkeit. Daher kann auch ein überwiegend kaufmännisch tätiger Zahnarzt freiberuflich tätig sein. Weitere Voraussetzung ist aber, dass jeder Gesellschafter zumindest geringfügig zahnärztlich tätig wird. Diese Voraussetzung erfüllte M, weil er fünf Patienten im Streitjahr beriet. Hinweise: Da auch die sechs Kollegen des M freiberuflich tätig waren, waren an der Partnerschaft nur Freiberufler beteiligt und auch freiberuflich tätig. Damit erzielt die Partnerschaft selbständige Einkünfte, nicht aber Einkünfte aus Gewerbebetrieb, sodass ein Gewerbesteuermessbescheid gegenüber der Partnerschaft nicht ergehen kann.In der Praxis sollte darauf geachtet werden, dass jeder Gesellschafter auch freiberuflich aktiv wird, also z.B. zumindest einige Patienten behandelt, um den Anforderungen einer „zumindest äußerst geringfügigen“ freiberuflichen Tätigkeit zu genügen. Der M hatte sich auf eine Beratung beschränkt und keinen einzigen Patienten zahnärztlich behandelt. Dem BFH hat dies zwar genügt; es ist aber nicht auszuschließen, dass Finanzgerichte den Begriff der „äußerst geringfügigen“ freiberuflichen Tätigkeit strenger auslegen und eine ärztliche Behandlung verlangen. In jedem Fall sollte die „äußerst geringfügige“ freiberufliche Tätigkeit dokumentiert werden. Quelle: BFH, Urteil vom 4.2.2025 – VIII R 4/22; NWB
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Anscheinsbeweis für private Nutzung eines betrieblichen Kfz
Grundsätzlich spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass ein Einzelunternehmer einen zu seinem Betriebsvermögen gehörenden Pick-up auch privat nutzt. Dieser Anscheinsbeweis kann erschüttert werden. Hierfür genügt jedoch nicht die bloße Behauptung, dass der Pick-up während der Arbeits- und Betriebszeiten nicht privat genutzt werden konnte.Hintergrund: Die Privatnutzung eines betrieblichen Kfz wird als Entnahme besteuert. Der Unternehmer kann entweder ein Fahrtenbuch führen, um den privaten Nutzungsanteil zu ermitteln, oder er versteuert die Privatnutzung nach der sog. 1 %-Methode, d.h. mit monatlich 1 % Prozent des Bruttolistenpreises zuzüglich Sonderausstattung.Sachverhalt: Der Kläger war in den Streitjahren 2015 und 2016 als Einzelunternehmer tätig. Sein Betrieb befand sich neben seinem Wohnhaus. Zu seinem Betriebsvermögen gehörte ein BMW sowie ein Pick-up, dessen Bruttolistenpreis sich auf ca. 44.000 € belief. Weiterhin befand sich ein weiteres Kfz im Betriebsvermögen, das er seinem Vorarbeiter als Dienstwagen überlassen hatte. Zum Privatvermögen des Klägers gehörten zwei Kleinwagen, die seine Kinder nutzten. Der Kläger setzte für die Privatnutzung des BMW eine Entnahme nach der sog. 1 %-Methode an, nicht aber für den Pick-Up. Das Finanzamt setzt auch für den Pick-up eine Entnahme nach der 1 %-Methode an. Hiergegen wehrte sich der Kläger u.a. mit dem Argument, dass der Pick-Up als Zugmaschine diene und insoweit den Mitarbeiten arbeitstäglich permanent zur Verfügung stehen müsse. Für eine private Mitbenutzung bleibe so kein Raum. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Für eine Privatnutzung des Pick-ups spricht der sog. Anscheinsbeweis. Es gibt nämlich einen Erfahrungssatz, dass Fahrzeuge, die ihrer Art nach typischerweise zum privaten Gebrauch geeignet sind und die für Privatfahrten zur Verfügung stehen, regelmäßig auch privat genutzt werden. Dieser Anscheinsbeweis kann erschüttert werden. Hierzu muss der Unternehmer substantiiert einen Sachverhalt darlegen und ggf. auch nachweisen, aus dem sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen Geschehens ergibt. Ein sog. Vollbeweis des Gegenteils ist nicht erforderlich. Der Kläger hat den Anscheinsbeweis, der für eine Privatnutzung des Pick-ups spricht, nicht erschüttert. Hierfür genügte nicht der Vortrag, dass er den Pick-up während der Betriebszeiten und während seiner Arbeitszeiten nicht privat nutzen konnte. Denn eine Privatnutzung war morgens und abends, am Wochenende und während der Ferien möglich; während dieser Zeiten stand ihm der Pick-up uneingeschränkt zur Verfügung. Der Anscheinsbeweis wurde auch nicht durch die Existenz der beiden Kleinwagen im Privatvermögen erschüttert. Denn die beiden Kleinwagen hatten einen geringeren Status und Gebrauchswert als der Pick-up und wurden zudem von den Kindern des Klägers genutzt.Hinweise: Der Ansatz einer Entnahme, die nach der sog. 1 %-Methode bewertet wurde, war damit rechtmäßig. Die Fahrtenbuchmethode war nicht anwendbar, da der Kläger kein Fahrtenbuch geführt hatte. Der Kläger konnte den Anscheinsbeweis auch nicht dadurch erschüttern, dass er den Pick-up mit Werbefolien beklebt hatte. Eine derartige Werbung hindert die private Benutzung des Fahrzeugs nicht. Im Gegenteil: Denn je mehr Fahrten der Kläger mit dem Pick-up unternahm, desto höher war die Werbewirkung. Quelle: BFH, Urteil vom 16.1.2025 – III R 34/22; NWB
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Ermessensentscheidung bei Festsetzung eines Verspätungszuschlags
Steht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags im Ermessen des Finanzamts, darf das Finanzamt bei seiner Entscheidung, ob es einen Verspätungszuschlag festsetzt (Entschließungsermessen), berücksichtigen, dass der Steuerpflichtige wiederholt seine Erklärungspflichten verletzt hat. Hintergrund: Bei verspäteter Abgabe einer Steuererklärung droht ein Verspätungszuschlag. In den meisten Fällen ist die Festsetzung eines Verspätungszuschlags zwingend. In bestimmten Fällen steht die Festsetzung eines Verspätungszuschlags jedoch im Ermessen des Finanzamts, z.B. wenn die Steuer auf Null festgesetzt worden ist. Der Verspätungszuschlag beträgt für jeden Monat der eingetretenen Verspätung 0,25 % der festgesetzten Steuer, mindestens aber 25 € pro Monat.Sachverhalt: Ein steuerpflichtiger Verein gab die Körperschaftsteuererklärung für 2019 nicht ab, so dass das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen schätzte. Für das Jahr 2020 forderte das Finanzamt den Verein vorzeitig zur Abgabe der Steuererklärung bis zum 8.4.2022 auf. Diese Frist verstrich erfolglos, so dass das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen auf Null schätzte und die Körperschaftsteuer auf Null festsetzte. Außerdem setzte es am 8.7.2022 einen Verspätungszuschlag in Höhe von 100 € fest; das Finanzamt begründete dies damit, dass der Verein bereits für 2019 seine Steuererklärung verspätet abgegeben habe. Am 22.8.2022 reichte der Verein dann die Körperschaftsteuererklärung ein und wandte sich nun gegen die Festsetzung des Verspätungszuschlags.Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Der Verein hatte die Körperschaftsteuererklärung verspätet abgegeben, da er vorzeitig zur Abgabe der Steuererklärung bis zum 8.4.2022 aufgefordert worden war, die Erklärung aber tatsächlich erst am 22.8.2022 eingereicht hat, also um vier Monate verspätet. Die Festsetzung eines Verspätungszuschlags stand im Ermessen des Finanzamts, weil die Steuer auf Null festgesetzt worden war. Es stand damit im Ermessen des Finanzamts, ob es einen Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Entschließungsermessen) und in welcher Höhe es den Verspätungszuschlag festsetzt (sog. Auswahlermessen). Das Finanzamt hat sein Entschließungsermessen fehlerfrei ausgeübt. Zwar ergeben sich aus dem Gesetz keine Kriterien für die Ausübung des Entschließungsermessens, sondern nur für die Ausübung des Auswahlermessens, also bei der Entscheidung über die Höhe des Verspätungszuschlags. Entscheidend ist daher der Gesetzeszweck: Danach soll mit der Festsetzung eines Verspätungszuschlags zum einen Druck auf den Steuerpflichtigen für die rechtzeitige Abgabe der Erklärung in der Zukunft ausgeübt werden; zum anderen soll auch der Vorteil des Steuerpflichtigen aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung abgeschöpft werden. Wird die Steuer wie im Streitfall auf Null festgesetzt, geht es nur um die Ausübung von Druck, um für die Zukunft die fristgerechte Abgabe von Steuererklärungen zu erwirken. Das Finanzamt durfte daher auf die bereits im Vorjahr verspätet abgegebene Steuererklärung abstellen und einen Verspätungszuschlag festsetzen, um Druck zu erzeugen, damit der Verein jedenfalls ab 2021 seine Steuererklärung pünktlich abgibt. Gegen die Höhe des Verspätungszuschlags gab es keine Einwendungen. Der Verein hatte die Körperschaftsteuererklärung vier Monate zu spät abgegeben. Die Höhe des Verspätungszuschlags von 100 € entsprach einer Verzögerung um vier Monate bei Anwendung des Mindestsatzes von 25 € pro Monat, der bei einer Null-Festsetzung heranzuziehen ist. Hinweise: Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen, weil bislang umstritten ist, welche Kriterien bei der Ausübung des Entschließungsermessens zu beachten sind. Während das FG im Streitfall auf die wiederholt verspätete Abgabe der Steuererklärung abgestellt hat, wird auch die Auffassung vertreten, dass es auf Dauer der Fristüberschreitung, die Höhe des Zahlungsanspruchs, die aus der verspäteten Abgabe der Steuererklärung gezogenen Vorteile, auf das Verschulden oder die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ankommen könne. Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5.11.2024 – 8 K 8046/23, Rev. beim BFH: Az. XI R 31/24; NWB