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Kategorie: Steuern: Unternehmer

  • Vermietung möblierter Appartements in einem Boardinghouse

    Vermietung möblierter Appartements in einem Boardinghouse

    Die Vermietung möblierter Appartements in einem sog. Boardinghouse ist kein Gewerbebetrieb, wenn außer der Vermietung keine wesentlichen Sonderleistungen erbracht werden und wenn die Vermietung für durchschnittlich zwei Monate pro Mieter erfolgt. Der Vermieter erzielt dann Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und darf vom Finanzamt nicht zur Buchführung aufgefordert werden. Hintergrund: Gewerbliche Einkünfte liegen nicht vor, solange der Bereich der privaten Vermögensverwaltung nicht überschritten wird. Die Vermietung von Räumen oder ganzen Immobilien gehört grundsätzlich zur privaten Vermögensverwaltung; dies gilt jedoch nicht, wenn der Vermieter ähnlich wie ein Hotelier vermietet. Steuerpflichtige, die gewerbliche oder land- und forstwirtschaftliche Einkünfte erzielen, aber handelsrechtlich nicht zur Buchführung verpflichtet sind, weil sie keine Kaufleute sind, können vom Finanzamt zur Buchführung verpflichtet werden, wenn ihr Gewinn höher als 60.000 € oder ihr Umsatz höher als 600.000 € ist. Sachverhalt: Der Kläger errichtete ein sog. Boardinghouse mit Appartements in einer Größe zwischen 28 qm und 75 qm, die er möblierte. Der Kläger schloss mit der X-GmbH einen Betreiber- und Vermarktungsvertrag; die X-GmbH vermietete die Appartements im Namen des Klägers. Die Appartements konnten nicht ohne Voranmeldung gemietet werden, sondern es musste mehrere Tage vorab ein schriftlicher Mietvertrag geschlossen werden. Für jeden Aufenthalt wurden Kosten für eine Endreinigung in Höhe von 80 € in Rechnung gestellt. Die durchschnittliche Aufenthaltsdauer betrug zwei Monate. In dem Gebäude befand sich kein Speisesaal. Die Appartements wurden alle zwei Wochen gereinigt. Das Finanzamt ging von gewerblichen Einkünften des Klägers aus und forderte ihn auf, ab 2019 Bücher zu führen. Gegen diese Aufforderung wehrte sich der Kläger. Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) verneinte eine gewerbliche Tätigkeit des Klägers und gab der Klage statt: Die Vermietung von Wohnungen führt nur dann zu gewerblichen Einkünften, wenn der Vermieter bestimmte, nicht übliche Sonderleistungen erbringt oder wenn wegen des häufigen Mietwechsels eine unternehmerische Organisation erforderlich ist, die einem Hotel vergleichbar ist. Allein die Zwischenschaltung der X-GmbH führte nicht zwangsläufig zu einer gewerblichen Tätigkeit des Klägers. Vielmehr kommt es darauf an, ob der Vermieter im Hinblick auf die Art des vermieteten Objekts und auf die Art der Vermietung mit einem Hotelbetrieb vergleichbar ist. Diese Vergleichbarkeit war im Streitfall nicht gegeben. Zwar waren die Appartements wie Hotelzimmer eingerichtet, aber sie konnten nicht spontan angemietet werden, sondern es musste vorab ein schriftlicher Mietvertrag geschlossen werden. Die Kosten für die Endreinigung in Höhe von 80 € verteuerten kurze Aufenthalte von ein oder zwei Tagen erheblich. In dem Gebäude befand sich weder ein Restaurant noch ein Sportstudio, wie dies bei einem Hotel üblich wäre. Zwar stellte der Kläger einen WLAN-Zugang zur Verfügung und bot die Reinigung sowie Bettwäsche an; dies waren aber unschädliche Zusatzleistungen. Der Kläger erzielte somit keine gewerblichen Einkünfte und durfte daher nicht zur Buchführung aufgefordert werden. Hinweise: Bei der Vermarktung der Appartements durch die X-GmbH wurden durchaus verschiedene Sonderleistungen des Boarding-Hauses beworben, die für einen Hotelbetrieb sprachen und damit zu gewerblichen Einkünften hätten führen können; so wurde mit einer Espressobar, Leihfahrrädern, einem Concierge-Service und einer Notfall-Hotline geworben. Das FG vernahm hierzu Zeugen und stellte fest, dass die Leistungen tatsächlich nicht angeboten wurden. Statt einer Telefon-Hotline gab es z.B. lediglich einen Anrufbeantworter. Wären diese Leistungen tatsächlich angeboten worden, wäre das FG vermutlich von gewerblichen Einkünften ausgegangen. Quelle: FG Köln, Urteil vom 22.6.2023 – 11 K 315/19; NWB

  • Haftung für Umsatzsteuerbetrug eines Mitarbeiters

    Haftung für Umsatzsteuerbetrug eines Mitarbeiters

    Der Unternehmer schuldet nicht die von seinem Arbeitnehmer betrügerisch ausgewiesene Umsatzsteuer, wenn der Unternehmer die zumutbare Sorgfalt an den Tag gelegt hat, um das Handeln seines Mitarbeiters zu überwachen, der die Daten des Unternehmers ohne dessen Wissen und ohne Zustimmung verwendet hat, um falsche Rechnungen im Namen des Unternehmers auszustellen, damit der Rechnungsempfänger die ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer erschleichen kann. Hintergrund: Umsatzsteuer schuldet der Unternehmer, der eine Leistung gegen Entgelt erbringt. Daneben gibt es nach deutschem Recht noch verschiedene Haftungstatbestände, nach denen ein anderer als der Unternehmer für die Umsatzsteuer haftet, z.B. eine Bank, die sich Forderungen eines Unternehmers abtreten lässt, der seine Umsatzsteuer nicht bezahlt. Auch in anderen EU-Staaten gibt es verschiedene Haftungsregelungen zur Umsatzsteuer. So haftet in Polen derjenige, der eine Rechnung mit einem ausgewiesenen Umsatzsteuerbetrag ausstellt. Sachverhalt: Die Klägerin war eine polnische GmbH, die eine Tankstelle betrieb. Arbeitnehmer P.K. leitete die Tankstelle. Im Zeitraum von Januar 2010 bis April 2014 stellte P.K. ca. 1.600 Rechnungen im Namen der Klägerin aus, ohne dass insoweit tatsächlich Leistungen erbracht wurden. In den Rechnungen wurden insgesamt ca. 320.000 € Umsatzsteuern gesondert ausgewiesen. Die Umsatzsteuer wurde nicht an das Finanzamt abgeführt, und die Rechnungen wurden nicht in der Buchführung der Klägerin erfasst. Tatsächlich hatte P.K. ohne Wissen und ohne Zustimmung der Geschäftsführung der Klägerin die Rechnungen im Namen der Klägerin ausgestellt, damit die Rechnungsempfänger einen betrügerischen Vorsteuerabzug vornehmen konnten. Im Mai 2014 wurde P.K. entlassen. Das polnische Finanzamt setzte gegen die Klägerin die in den Scheinrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von 320.000 € fest. Das oberste polnische Verwaltungsgericht rief den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an. Entscheidung: Der EuGH hält eine Haftung der Klägerin unter bestimmten Voraussetzungen für möglich: Umsatzsteuer kann auch dann geschuldet werden, wenn tatsächlich keine Leistung erbracht worden ist. Dies soll die Gefährdung des Steueraufkommens verhindern, die dadurch eintreten kann, dass der Rechnungsempfänger die Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend macht. Angesichts des betrügerischen Verhaltens des P.K. und der Rechnungsempfänger bestand eine derartige Gefährdung des Steueraufkommens, weil die Rechnungsempfänger vorhatten, die in den Scheinrechnungen ausgewiesene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend zu machen. Zwar ist es nach dem Wortlaut des polnischen Gesetzes nicht klar, ob die Klägerin, auf deren Namen die gefälschten Rechnungen lauten, oder aber P.K. als tatsächlicher Aussteller der Rechnung die Umsatzsteuer schuldet. Da die Regelung der Bekämpfung der Umsatzsteuerhinterziehung dient, ist es geboten, die Klägerin nur dann in Anspruch nehmen, wenn sie nicht die zumutbare Sorgfalt an den Tag gelegt hat, um das Handeln ihres Arbeitnehmers P.K. zu überwachen und dadurch zu verhindern, dass dieser die Daten der Klägerin einschließlich der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer für die Ausstellung falscher Rechnungen zu betrügerischen Zwecken, nämlich zum Zweck einer Umsatzsteuerhinterziehung verwendet. In diesem Fall, d.h. bei fehlender Sorgfalt, kann der Klägerin das betrügerische Handeln ihres Arbeitnehmers P.K. zugerechnet werden. Anderenfalls wäre die Klägerin als gutgläubig anzusehen, und das Finanzamt müsste die Umsatzsteuer gegen den tatsächlichen Aussteller, wenn sie ihn – wie im Streitfall – kennt, festsetzen.Hinweise: Im weiteren Verlauf des nun in Polen fortgesetzten Verfahren ist aufzuklären, ob die Klägerin die erforderliche Sorgfalt aufgebracht hat, das kriminelle Verhalten ihres Arbeitnehmers zu verhindern. Aus Sicht des Finanzamts ist dies zu verneinen, weil P.K. die Befugnis gehabt hat, außerhalb des EDV-gestützten Rechnungssystems Rechnungen auszustellen; eine Aufsicht durch die Buchhaltung war unterblieben. Der EuGH bestätigt seinen Grundsatz, der auch für Deutschland Bedeutung hat, dass von einem Unternehmer gefordert werden kann, alle Maßnahmen zu ergreifen, die vernünftigerweise von ihm verlangt werden können, um sicherzustellen, dass sein Umsatz nicht zu einer Beteiligung an einer Umsatzsteuerhinterziehung führt. Quelle: EuGH, Urteil vom 30.1.2024 – C-442/22; NWB

  • Betriebsprüfung nach dem Tod des bisherigen Betriebsinhabers zulässig

    Betriebsprüfung nach dem Tod des bisherigen Betriebsinhabers zulässig

    Eine Betriebsprüfung kann auch nach dem Tod des bisherigen Betriebsinhabers angeordnet und durchgeführt werden; sie richtet sich dann gegen die Erben, und zwar auch dann, wenn die Erben den Betrieb nicht fortführen. Hintergrund: Eine Betriebsprüfung darf grundsätzlich gegen jeden Steuerpflichtigen, der Gewinneinkünfte erzielt, angeordnet werden. Gewinneinkünfte sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus selbständiger Tätigkeit und aus Land- und Forstwirtschaft. Sachverhalt: Die Kläger waren Söhne und Erben ihres Vaters V, der bis zu seinem Tod ein Bauunternehmen betrieben hatten. Die Kläger führten den Betrieb nicht fort. Das Finanzamt erließ gegenüber den Klägern eine Prüfungsanordnung für eine Betriebsprüfung, die mehrere Veranlagungszeiträume vor dem Tod des V betraf. Hiergegen wehrten sich die Kläger. Entscheidung: Das Hessische Finanzgericht (FG) wies die Klage ab: Eine Prüfungsanordnung kann gegen jeden Steuerpflichtigen, der Gewinneinkünfte erzielt, angeordnet werden. Der V erzielte als Bauunternehmer gewerbliche Einkünfte, sodass eine Prüfungsanordnung gegen ihn zulässig gewesen wäre. Mit dem Tod des V gingen seine steuerlichen Pflichten auf seine Erben, die Kläger, über, ohne dass hierfür die Betriebsfortführung durch die Kläger erforderlich war. Daher konnte nun gegen die Kläger eine Prüfungsanordnung für Zeiträume ergehen, in denen der V gewerbliche Einkünfte aus seinem Bauunternehmen erzielt hatte. Auf diese Weise kann die Höhe des von V erklärten Gewinns überprüft werden. Hinweise: Zwar werden die Kläger dem Außenprüfer möglicherweise keine Auskünfte erteilen oder die geforderten Unterlagen nicht vorlegen können, weil sie selbst den Betrieb nicht geführt haben und ihn vielleicht nicht kennen. Diese Schwierigkeiten sind jedoch bei der späteren Beweisführung zu würdigen, sprechen aber nicht gegen die Zulässigkeit einer Betriebsprüfung. Quelle: Hessisches FG, Urteil vom 10.5.2023 – 8 K 816/20, Nichtzulassungsbeschwerde beim BFH: Az. X B 73/23; NWB

  • Verzicht eines Kommanditisten auf eine Forderung gegen die Personengesellschaft

    Verzicht eines Kommanditisten auf eine Forderung gegen die Personengesellschaft

    Verzichtet ein Kommanditist auf eine Forderung, die er gegen seine KG hat und die er unter Nennwert erworben hat, kommt es bei der KG zu einem Ertrag in Höhe des Nennwerts der passivierten Verbindlichkeit. Dieser Ertrag kann nicht durch die Bildung eines steuerlichen Ausgleichspostens neutralisiert werden. Hintergrund: Hat ein Gesellschafter einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft eine Forderung gegen die Personengesellschaft, ist dies aus Sicht der Personengesellschaft eine Verbindlichkeit. Damit unternehmerisch tätige Personengesellschaften nicht bessergestellt sind als Einzelunternehmer, gilt der Grundsatz der korrespondierenden Bilanzierung: Der Gesellschafter muss seine Forderung in seiner Sonderbilanz in der gleichen Höhe aktivieren, wie die Gesellschaft ihre Verbindlichkeit in ihrer Bilanz passiviert.Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, deren Verbindlichkeiten 28 Mio. € betrugen und die zur C-Gruppe gehörte. Im Jahr 2010 geriet die C-Gruppe in finanzielle Schwierigkeiten. Die Kommanditisten der Klägerin erwarben die Forderungen der Gläubiger im Nennwert von 28 Mio. € zum Preis von 14 Mio. € und verzichteten gegenüber der Klägerin anschließend auf 14 Mio. €, sodass die Klägerin nur noch Verbindlichkeiten in Höhe von 14 Mio. € hatte. Die Klägerin behandelte den hälftigen Wegfall der Verbindlichkeit infolge des Verzichts gewinnneutral, indem sie einen steuerlichen Ausgleichsposten bildete. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Der Verzicht in Höhe von 14 Mio. € erhöhte den Gewinn der Klägerin. Denn die ursprüngliche Verbindlichkeit in Höhe von 28 Mio. € fiel aufgrund des Verzichts auf 14 Mio. € zur Hälfte weg und war nun nur noch 14 Mio. € wert. Damit hat der Verzicht bei der Klägerin zu einem sog. Wegfallgewinn von 14 Mio. € geführt. Die Bildung eines Ausgleichspostens war nicht zulässig, da es für einen Ausgleichsposten keine Rechtsgrundlage gibt. Zwar kann eine Handelsbilanz steuerlich angepasst werden, um die steuerlichen Vorschriften zu befolgen; dies rechtfertigt jedoch nicht die Bildung eines Ausgleichspostens, um den Gewinn aus einem Verzicht zu mindern. Der Wegfallgewinn konnte auch nicht durch eine Einlage kompensiert werden, da die Kommanditisten keine Einlage erbringen konnten. Denn sie durften die Forderungen nur in Höhe des Kaufpreises aktivieren, also in Höhe von 14 Mio. €. Nach dem Verzicht waren die Forderungen immer noch 14 Mio. € wert, sodass sie nichts in das Vermögen der Klägerin eingelegt haben. Hinweise: Ein Verzicht führt beim Schuldner, der eine betriebliche Verbindlichkeit hat, zu einem Gewinn. Dieser Gewinn löst in der Regel eine steuerliche Belastung aus. Die steuerliche Belastung kann in bestimmten Fallgestaltungen durch eine Verrechnung mit einem vorhandenen Verlustvortrag, durch eine Einlage oder durch eine Steuerfreiheit für Sanierungsgewinne gemildert werden. Quelle: BFH, Urteil vom 16.11.2023 – IV R 28/20; NWB

  • An- und Verkauf von Forderungen als gewerbliche Tätigkeit

    An- und Verkauf von Forderungen als gewerbliche Tätigkeit

    Der An- und Verkauf nicht werthaltiger Darlehensforderungen stellt nur dann eine gewerbliche Tätigkeit dar, die der Gewerbesteuerpflicht unterliegt, wenn es sich nicht mehr um eine private Vermögensverwaltung handelt. Die für die Gewerblichkeit erforderliche Nachhaltigkeit, d.h. Wiederholungsabsicht, ist insbesondere beim Erwerb der Forderungen zu prüfen, nicht bei der späteren Verwertung der nicht werthaltigen Forderungen. Hintergrund: Nutzt ein Steuerpflichtiger die Substanz von Wirtschaftsgütern, die zu seinem Privatvermögen gehören (z.B. Immobilien oder Forderungen), kann dies eine private Vermögensverwaltung sein, die nur im Rahmen der Spekulationsfrist steuerlich beachtlich ist, oder aber eine gewerbliche Tätigkeit, die grds. der Gewerbesteuer unterliegt. Eine gewerbliche Tätigkeit setzt eine selbständige nachhaltige Betätigung voraus, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird und mit der sich der Steuerpflichtige am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr beteiligt.Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die nicht bereits aufgrund einer sog. gewerblichen Prägung gewerbesteuerpflichtig war; Geschäftsführer war nämlich ein Kommanditist. Die Klägerin hatte weder eigene Büroräume noch eigene Angestellte. Die Klägerin erwarb in den Jahren 2004 bis 2006 mit sechs Verträgen nicht werthaltige Darlehensforderungen zu einem Gesamtkaufpreis von insgesamt 2,05 Mio. €; dabei erlangte die Klägerin auch die von den Schuldnern gestellten Sicherheiten. Im Streitjahr 2008 erhielt die Klägerin 3,29 Mio. € aus der Verwertung einer Sicherheit; sie hatte die Verwertung jedoch nicht aktiv betrieben. Das Finanzamt ging von gewerblichen Einkünften aus und erließ einen Gewerbesteuermessbescheid. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verneinte eine Gewerbesteuerpflicht und gab der Klage statt: Die Klägerin war nicht gewerblich tätig. Zwar war sie nachhaltig tätig, also mit Wiederholungsabsicht. Sie hat aber nicht die Grenze der privaten Vermögensverwaltung überschritten. Bei einem Forderungskäufer ist von einer nachhaltigen Tätigkeit auszugehen, wenn er mit mindestens zwei getrennten Erwerbsgeschäften Forderungen erwirbt. Denn dann handelt es sich nicht nur um eine einmalige Tätigkeit. Bei der Nachhaltigkeit kommt es auf die Erwerbsseite an und nicht auf die Absatzseite; der Ankauf der Forderung ist nämlich die entscheidende Tätigkeit eines Forderungsverwerters, nicht aber die spätere Einziehung der Forderung oder Verwertung der Sicherheit. Im Streitfall hat die Klägerin die Forderungen durch insgesamt sechs Verträge erworben und war damit nachhaltig tätig. Die Tätigkeit der Klägerin überschritt jedoch nicht den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung, da sie nicht mit Forderungen gehandelt hat. Sie ist auch nicht als gewerblicher Dienstleister für andere tätig geworden. Weiterhin ist die Klägerin auch nicht wie ein Inkassounternehmen aufgetreten. Sie hat sich also nicht aktiv um eine Forderungsrealisierung bemüht. Schließlich hat die Klägerin weder Arbeitnehmer beschäftigt noch über eigene Büroräume verfügt. Zwar hat die Klägerin hohe finanzielle Mittel für den Forderungserwerb eingesetzt. Allein hohe finanzielle Mittel sprechen aber nicht gegen eine private Vermögensverwaltung, da es auch bei Kapitalanlagen in der privaten Sphäre zu hohen Investitionen kommen kann, etwa beim Ankauf von Immobilien oder Aktien. Hinweise: Hätte die Klägerin mehrere Forderungen in nur einem einzigen Vertrag erworben, wäre dies nicht nachhaltig gewesen, weil es sich dann nur um einen einzigen Erwerbsvorgang gehandelt hätte. Etwas anderes hätte gegolten, wenn die Klägerin über eine besondere Büroorganisation oder über Personal verfügt hätte; in diesem Fall wäre es aber vermutlich unwahrscheinlich gewesen, dass sich die Klägerin auf nur einen Erwerbsvorgang beschränkt hätte.Bei der Prüfung der Nachhaltigkeit kommt es – anders als im Streitfall – dann auf die Absatzseite an, wenn der Steuerpflichtige Sachwerte verkauft. Die Klägerin hat die Forderungen jedoch nicht verkauft, sondern sie hat sich auf den Einzug von Forderungen sowie auf die Verwertung von Sicherheiten beschränkt.Quelle: BFH, Urteil vom 30.11.2023 – IV R 10/21; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse (Stand: Februar 2024)

    Umsatzsteuer-Umrechnungskurse (Stand: Februar 2024)

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Februar 2024 bekannt gegeben. Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2024 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.Quelle: BMF, Schreiben v. 1.3.2024 – III C 3 – S 7329/19/10001 :006 (2024/0187965); NWB

  • Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Säumniszuschlägen

    Verfassungsmäßigkeit der Höhe von Säumniszuschlägen

    Der Bundesfinanzhof (BFH) sieht in zwei weiteren Entscheidungen die Höhe der Säumniszuschläge von 12 % jährlich (= 1 % monatlich) als verfassungsgemäß an. Dies gilt auch für den Zeitraum ab dem 1.1.2019, in dem der Zinssatz für Nachzahlungszinsen, die bei Steuernachzahlungen entstehen, aus verfassungsrechtlichen Gründen von 6 % auf 1,8 % jährlich herabgesetzt worden ist. Dem BFH zufolge sind Säumniszuschläge nicht mit Nachzahlungszinsen vergleichbar. Hintergrund: Bei einer verspäteten Zahlung von Steuern werden für jeden Monat Säumniszuschläge in Höhe von 1 % des rückständigen Betrags verwirkt (jährlich 12 %). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr 2021 die Höhe des Zinssatzes von 6 % für Nachzahlungszinsen für Zeiträume ab 1.1.2019 für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber hat deshalb rückwirkend ab 1.1.2019 den Zinssatz auf 0,15 % monatlich bzw. 1,8 % jährlich gemindert. Für Säumniszuschläge gilt der Satz von 1 % pro Monat weiterhin; ob diese Höhe verfassungskonform ist, ist umstritten. Der BFH hat bislang überwiegend die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge bestätigt. Sachverhalt: In den beiden aktuellen Fällen ging es um Säumniszuschläge für Zeiträume ab dem 1.1.2019. Eines der beiden Verfahren war ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, in dem es um die Aussetzung der Vollziehung eines Abrechnungsbescheids über Säumniszuschläge ging. Das andere Verfahren betraf eine Klage gegen einen Abrechnungsbescheid über Säumniszuschläge. Für die beiden Verfahren waren der X. und der XI. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) zuständig.Entscheidung: Beide Senate des BFH bestätigten die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge: Der X. und der XI. Senat des BFH stützen sich jeweils auf zwei Urteile des VII. BFH-Senats, in denen dieser für Zeiträume bis zum 31.12.2018 die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge bejaht hat. Für Säumniszuschläge gelten nicht die verfassungsrechtlichen Anforderungen, die vom BVerfG an Nachzahlungszinsen gestellt werden. Bei Säumniszuschlägen geht es nämlich vorrangig um die Sanktionierung einer verspäteten Zahlung, während bei Zinsen die Abschöpfung von Liquiditätsvorteilen im Vordergrund steht. Zwar gibt es seit dem Jahr 2014 ein strukturelles Niedrigzinsniveau in Deutschland; dieses muss bei Säumniszuschlägen aber nicht berücksichtigt werden, da Säumniszuschläge weder Zinsen sind noch einen konkreten Zinsanteil enthalten. Die Ausführungen des VII. BFH-Senats bezogen sich zwar auf Zeiträume bis zum 31.12.2018; nach den beiden aktuellen Entscheidungen des BFH gelten diese Ausführungen aber auch für Zeiträume ab 2019. Denn die verfassungsrechtlichen Gründe für eine Unterscheidung zwischen Nachzahlungszinsen einerseits und Säumniszuschlägen andererseits gilt auch für Zeiträume ab 1.1.2019. Hinweis: Zwar gibt es auch eine abweichende Entscheidung eines weiteren BFH-Senats (VIII. Senat), der im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ernstliche Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit geäußert hat. In den beiden aktuellen Entscheidungen wird die abweichende Entscheidung dieses weiteren Senats aber als überholt bezeichnet, weil nunmehr die Urteile des VII. Senats vorliegen, die die Verfassungsmäßigkeit bestätigen. Eine abschließende Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit kann nur vom BVerfG getroffen werden. Quelle: BFH, Beschluss vom 13.9.2023 – XI B 38/22 (AdV); Urteil vom 23.8.2023 – X R 30/21; NWB

  • Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für einen Zins-Swap

    Gewerbesteuerliche Hinzurechnung von Aufwendungen für einen Zins-Swap

    Aufwendungen für einen Zins-Swap sind gewerbesteuerlich grds. nicht dem Gewinn hinzuzurechnen, da die Aufwendungen nicht für eine Kapitalüberlassung in Gestalt eines Darlehensvertrags gezahlt werden. Eine Hinzurechnung kommt jedoch dann in Betracht, wenn der Zins-Swap und der Darlehensvertrag als einheitliche Schuld zusammengefasst werden können, weil sie in sachlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht eng miteinander verflochten sind.Hintergrund: Bei der Gewerbesteuer wird ein Viertel der Zinsen dem Gewinn wieder hinzugerechnet, soweit der Hinzurechnungsbetrag zusammen mit anderen gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen 200.000 € übersteigt. Sachverhalt: Die Klägerin schloss am 21.7.2006 mit einem spanischen Bankenkonsortium, das aus vier Banken bestand, einen Darlehensvertrag über ein Gesamtvolumen von ca. 180 Mio. €. Am 19.10.2006 traten sechs weitere Banken dem Konsortium bei, sodass insgesamt zehn Banken zum Konsortium gehörten. Im Zeitraum vom 31.10.2006 bis 12.1.2007 schloss die Klägerin mit den vier ursprünglichen Konsortiumsbanken jeweils einen Zins-Swap-Vertrag. Der jeweilige Zins-Swap-Vertrag sollte bis zum 31.12.2014 laufen und bezog sich auf einen Sicherungsbetrag von 20 Mio. € (insgesamt 80 Mio. €); der Zins-Swap-Vertrag war von der Valutierung des Darlehens unabhängig. Das Finanzamt sah in den Zins-Swap-Aufwendungen i. H. von ca. 2 Mio. € (2010) und ca. 1,6 Mio. € (2011) Zinsen und rechnete sie gewerbesteuerlich hinzu.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Der BFH widersprach der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung. Die Zins-Swap-Aufwendungen waren keine Zinsen, da sie nicht für die Überlassung von Kapital gezahlt wurden. Der Zins-Swap-Vertrag und der Darlehensvertrag könnten nur dann als einheitliche Schuld zusammengefasst werden, wenn sie eine wirtschaftliche Einheit bilden. Dies wäre der Fall, wenn sie in sachlicher, zeitlicher und personeller Hinsicht eng miteinander verflochten wären, also beide Verträge die identischen Vertragspartner hätten, zum gleichen Zeitpunkt abgeschlossen worden wären, gleich hohe Beträge und Laufzeiten hätten und wenn die Fälligkeitstermine der Zins- und Swapverbindlichkeiten aufeinander abgestimmt wären. Die vorstehend genannten Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Denn weder Laufzeit noch die Höhe der Darlehensvaluta waren identisch. Die ursprünglichen vier Konsortialbanken, die auch Vertragspartner der Zins-Swap-Vereinbarungen waren, hatten Darlehen nur i.H. von jeweils ca. 13,6 Mio. € gewährt, während sich der jeweilige Zins-Swap auf jeweils 20 Mio. € bezog. Zudem waren die Zins-Swap-Aufwendungen unabhängig von den Darlehensvertragsverpflichtungen zu erbringen. Ferner sind die Zins-Swap-Vereinbarungen weder vollständig noch anteilig auf die weiteren sechs Konsortialbanken, die dem Konsortium später beigetreten sind, übergegangen.Hinweise: Im Streitfall blieb es somit bei dem Grundsatz, dass mehrere Schuldverhältnisse nicht zusammengefasst werden können. Ein bloßer Kausalzusammenhang zwischen den Verträgen, dass der Zins-Swap-Vertrag ohne den Darlehensvertrag nicht abgeschlossen worden wäre, reicht nicht aus. Ein Zins-Swap, also Zinstausch, dient dazu, die Risiken, die sich aus schwankenden Zinssätzen ergeben, zu mindern. Im Ergebnis soll eine Zinssicherung erreicht werden. Wird im Bereich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ein Immobiliendarlehen durch einen Zins-Swap abgesichert, sind die laufenden Aufwendungen für den Zins-Swap zwar Werbungskosten, nämlich Schuldzinsen. Ein abschließender Verlust bei Beendigung des Zins-Währungs-Swaps ist nach der aktuellen BFH-Rechtsprechung aber nicht als Werbungskosten absetzbar, weil er aus dem Fremdwährungsrisiko resultiert und damit die nicht steuerbare Vermögenssphäre betrifft.Quelle: BFH, Urteil vom 16.11.2023 – III R 27/21; NWB

  • Zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer muss nicht stets an das Finanzamt abgeführt werden

    Zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer muss nicht stets an das Finanzamt abgeführt werden

    Weist ein Unternehmer zu Unrecht Umsatzsteuer aus, muss er diese nicht an das Finanzamt abführen, wenn er in gutem Glauben war, dass seine Leistung der Umsatzsteuer unterliegt, oder wenn sein Vertragspartner nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Hintergrund: Wird Umsatzsteuer zu Unrecht in einer Rechnung ausgewiesen, obwohl die Leistung gar nicht der Umsatzsteuer unterliegt, muss der Rechnungsaussteller nach dem Gesetz die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Sachverhalt: Die Klägerin erbrachte Postdienstleistungen, u. a. Zustellungen für Behörden. Die meisten Kunden (ca. 99 %) waren nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Nach einer verbindlichen Auskunft des Finanzamts, die die Klägerin zuvor beantragt hatte, waren die Zustellungen umsatzsteuerpflichtig. Die Klägerin stellte ihren Kunden, insbesondere den nicht vorsteuerabzugsberechtigten Behörden, die Umsatzsteuer gesondert in Rechnung. Später stellte sich heraus, dass die Zustellungen umsatzsteuerfrei waren. Das Finanzamt verlangte nun die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer von der Klägerin. Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Das FG Köln schränkt die gesetzliche Regelung, nach der zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer an das Finanzamt abgeführt werden muss, ein. Dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zufolge muss zu Unrecht gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer nicht an das Finanzamt abgeführt werden, wenn der Leistungsempfänger eine Privatperson ist und daher nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Das Umsatzsteueraufkommen ist dann nämlich nicht gefährdet, weil die Privatperson die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer gar nicht als Vorsteuer geltend machen kann. Diese Rechtsprechung lässt sich auch auf den Streitfall übertragen. Zwar waren die Leistungsempfänger keine Privatpersonen, sondern ganz überwiegend Behörden. Die Behörden waren aber ebenfalls nicht vorsteuerabzugsberechtigt, sodass insoweit ebenfalls keine Gefahr bestand, dass Vorsteuer geltend gemacht wird. Die Pflicht, die zu Unrecht gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen, greift auch nicht insoweit, als die Klägerin im Umfang von etwa 1 % Leistungen an vorsteuerabzugsberechtigte Unternehmer erbracht hat, die die zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen könnten. Die Klägerin befand sich nämlich in gutem Glauben, als sie von einer Umsatzsteuerpflicht ihrer Leistungen im Bereich der Zustellungen ausging. Sie hatte eine verbindliche Auskunft des Finanzamts erhalten, nach der die Leistungen umsatzsteuerpflichtig sein sollten. Es wäre unverhältnismäßig, von der Klägerin zu verlangen, dass sie die Umsatzsteuer nun abführen muss oder aber sämtliche Rechnungen, die sie den vorsteuerabzugsberechtigten Vertragspartnern ausgestellt hat, berichtigen muss, um die Abführung der Umsatzsteuer zu vermeiden. Hinweise: Gegen das Urteil ist Revision beim BFH eingelegt worden. Sollte der BFH das Urteil des FG bestätigen, müssten die Rechnungen aufgrund der Gutgläubigkeit der Klägerin nicht berichtigt werden. Die Klägerin könnte die zu Unrecht in Rechnung gestellte Umsatzsteuer behalten, sofern die Vertragspartner nicht die Rückzahlung der Umsatzsteuer von ihr verlangen. Die Gutgläubigkeit der Klägerin folgte im Streitfall aus der falschen verbindlichen Auskunft, die zu Ungunsten der Klägerin ergangen war; denn das Finanzamt hatte fehlerhaft eine Umsatzsteuerpflicht bejaht. Ohne diese verbindliche Auskunft wäre die Gutgläubigkeit nicht zu bejahen gewesen. Das Urteil bleibt jedoch erfreulich, soweit es um fehlerhaft ausgewiesene Umsatzsteuer gegenüber Unternehmern, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, oder gegenüber Privatpersonen geht. Quelle: FG Köln, Urteil vom 25.7.2023 – 8 K 2452/21, Rev. beim BFH: Az. V R 16/23; NWB

  • Verfassungswidrige Regelung bei Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwester-Personengesellschaften

    Verfassungswidrige Regelung bei Übertragung von Wirtschaftsgütern zwischen Schwester-Personengesellschaften

    Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hält es für verfassungswidrig, dass der Gesetzgeber die Übertragung eines Wirtschaftsguts zwischen zwei Personengesellschaften, die dieselben Gesellschafter haben (sog. beteiligungsidentische Schwester-Personengesellschaften), zum Buchwert nicht zulässt, sodass der Wertzuwachs in Gestalt der stillen Reserven versteuert werden muss, hingegen die Überführung eines Wirtschaftsguts aus einem Betriebsvermögen eines Einzelunternehmers in ein anderes Betriebsvermögen desselben Einzelunternehmers zum Buchwert zulässt. Der Gesetzgeber muss daher rückwirkend zum 1.1.2021, dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes, eine verfassungskonforme Neuregelung schaffen.Hintergrund: Grundsätzlich werden bei einem Verkauf oder der Entnahme eines Wirtschaftsguts die stillen Reserven aufgedeckt und versteuert. Bestimmte Übertragungen- bzw. Überführungen werden jedoch steuerlich begünstigt, weil sich das Wirtschaftsgut weiterhin im Betriebsvermögen befindet. So kann z.B. ein Wirtschaftsgut von einem Betriebsvermögen in ein anderes Betriebsvermögen desselben Einzelunternehmers zum Buchwert überführt werden. Eine entsprechende Regelung fehlt bei Personengesellschaften, selbst wenn beide Personengesellschaften dieselben Gesellschafter haben. Zum Buchwert möglich sind bei Personengesellschaften aber Übertragungen eines Wirtschaftsguts aus dem Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft in das Sonderbetriebsvermögen eines Gesellschafters und umgekehrt.Sachverhalt: Die A-KG war gewerblich tätig und veräußerte am 24.8.2001 zwei Grundstücke an die B-KG, die dieselben Gesellschafter hatte wie die A-KG. Als Kaufpreis wurde der bilanzielle Buchwert vereinbart, der niedriger war als der tatsächliche Wert. Die A-KG sah dies als gewinnneutral an. Das Finanzamt ging hingegen davon aus, dass die stillen Reserven, also die Wertdifferenz zwischen dem tatsächlichen Wert und dem Buchwert, aufgedeckt worden seien und versteuert werden müssten. Die Regelung über die Buchwertfortführung wandte das Finanzamt nicht an, weil diese nur für Überführungen von Wirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Einzelunternehmers gilt, nicht aber zwischen Schwester-Personengesellschaften.Entscheidung: Das BVerfG, das vom Bundesfinanzhof (BFH) angerufen worden war, hält die gesetzliche Regelung, die nur auf die Überführung von Wirtschaftsgütern zwischen verschiedenen Betriebsvermögen desselben Steuerpflichtigen beschränkt ist, für verfassungswidrig: Im Streitfall war eine Buchwertfortführung nach dem Gesetzeswortlaut nicht möglich. Denn danach gibt es keine Möglichkeit, dass ein Wirtschaftsgut zwischen zwei beteiligungsidentischen Schwester-Personengesellschaften zum Buchwert übertragen wird. Die für Einzelunternehmer geltende Regelung lässt sich auf Personengesellschaften nicht entsprechend anwenden, weil es bei Übertragungen zwischen Personengesellschaften – anders als bei einem Einzelunternehmer – zu einem Rechtsträgerwechsel kommt. Der gesetzliche Ausschluss der Buchwertfortführung bei Übertragungen zwischen zwei Schwester-Personengesellschaften ist verfassungswidrig, weil eine Ungleichbehandlung zwischen Einzelunternehmern und Personengesellschaften besteht. Für diese Ungleichbehandlung bestehen keine Rechtfertigungsgründe. Die Ungleichbehandlung kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass der Gesetzgeber missbräuchliche Gestaltungen verhindern wollte. Denn hierfür gibt es bereits rechtliche Möglichkeiten, die im Einzelfall angewendet werden könnten, z.B. der sog. Gestaltungsmissbrauch oder sog. Gesamtplan. Zwar kann theoretisch die Buchwertfortführung durch eine sog. Kettenübertragung erreicht werden, indem das Wirtschaftsgut nicht unmittelbar von der einen Schwester-Personengesellschaft auf die andere Schwester-Personengesellschaft übertragen wird, sondern über den Umweg des Sonderbetriebsvermögens eines Gesellschafters zum Buchwert auf die andere Schwester-Personengesellschaft übertragen wird; eine solche Möglichkeit lässt der Wortlaut des Gesetzes nämlich zu. Allerdings besteht hier das Risiko, dass die Finanzverwaltung einen Gestaltungsmissbrauch annimmt. Hinweise: Der Gesetzgeber muss rückwirkend ab dem 1.1.2001 eine verfassungskonforme Neuregelung verabschieden. Bis dahin bleibt die bisherige Regelung noch in Kraft. Die Neuregelung würde für bereits abgeschlossene Übertragungen gelten, wenn es entweder noch keinen Bescheid gibt oder aber der bisherige Bescheid angefochten ist oder aber vorläufig ist bzw. der Bescheid unter einem noch wirksamen Vorbehalt der Nachprüfung steht. Das BVerfG hat sich nur zur Übertragung zwischen vollständig beteiligungsidentischen Personengesellschaften geäußert, nicht aber zu Übertragungen zwischen Personengesellschaften, die nur teilweise dieselben Gesellschafter haben. Quelle: BVerfG, Beschluss vom 28.11.2023 – 2 BvL 8/13; NWB