Aktuelles
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Steuerberatungskosten als Veräußerungskosten bei GmbH-Anteilsverkauf absetzbar
Ein Steuerpflichtiger, der mit mindestens 1 % an einer GmbH beteiligt ist, die Beteiligung in seinem Privatvermögen hält und die Beteiligung veräußert, kann die Steuerberaterkosten, die für die spätere Ermittlung des Veräußerungsgewinns entstehen, als Veräußerungskosten absetzen. Dieser Abzug ist bereits im Veranlagungszeitraum der Anteilsveräußerung möglich. Hintergrund: Der Gewinn aus dem Verkauf einer GmbH-Beteiligung gehört zu den steuerpflichtigen Einkünften aus Gewerbebetrieb, wenn der Verkäufer in den letzten fünf Jahren mit mindestens 1 % an der GmbH beteiligt war. Vom Veräußerungspreis sind die Anschaffungskosten und nachträglichen Anschaffungskosten sowie die Veräußerungskosten abzuziehen, um den Veräußerungsgewinn zu ermitteln. Der Veräußerungsgewinn ist nach dem sog. Teileinkünfteverfahren nur zu 60 % steuerpflichtig. Sachverhalt: Die Klägerin war mit 5,93 % an der A-GmbH beteiligt und hielt die Beteiligung in ihrem Privatvermögen. Im Jahr 2021 verkaufte sie ihre Beteiligung mit Gewinn. Im Jahr 2023 ließ sie durch ihren Steuerberater die Einkommensteuererklärung für 2021 erstellen, in der der Gewinn aus der Veräußerung erklärt wurde. Der Steuerberater berechnete für die Gewinnermittlung eine Gebühr, die die Klägerin in der Steuererklärung für 2021 als Veräußerungskosten geltend machte. Entscheidung: Das Hessische Finanzgericht (FG) bejahte Veräußerungskosten und gab der Klage statt: Veräußerungskosten sind anzunehmen, wenn bei den Aufwendungen ein Veranlassungszusammenhang zu der Veräußerung besteht. Abzustellen ist auf das „auslösende Moment“ für die Entstehung der Aufwendungen und darauf, ob sie eine größere Nähe zur Veräußerung oder zum laufenden Gewinn aufweisen. Nicht zu folgen ist der Auffassung, nach der Veräußerungskosten Aufwendungen sind, die durch die Veräußerung wirtschaftlich veranlasst sind. Danach müssten die Aufwendungen zwecks Durchführung der Anteilsveräußerung entstanden sein. Im Streitfall waren die Steuerberaterkosten durch die Veräußerung veranlasst. Das auslösende Moment war nämlich der Veräußerungsvorgang selbst, der die Pflicht auslöste, den Gewinn aus der Veräußerung zu ermitteln und in der Steuererklärung anzugeben. Hinweise: Wird eine wesentliche GmbH-Beteiligung, d.h. mit einer Beteiligungsquote von mindestens 1 %, im Privatvermögen gehalten, ist ein allgemeiner Betriebsausgabenabzug nach dem Gesetz nicht vorgesehen. Der Veräußerungsgewinn mindert sich vielmehr nur um Anschaffungskosten, nachträgliche Anschaffungskosten und um Veräußerungskosten. Das aktuelle Urteil ist daher für GmbH-Gesellschafter erfreulich. Ein Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen kam übrigens nicht in Betracht. Denn die Aufwendungen für den Steuerberater waren nicht durch den Erhalt oder die Begründung einer Einkunftsquelle, d.h. der GmbH-Beteiligung, die Gewinnausschüttungen ermöglicht, ausgelöst worden.Die Aufwendungen sind zwar erst 2023 entstanden, als der Steuerberater die Einkommensteuererklärung erstellt hat; sie wirken aber auf den Zeitpunkt der Veräußerung im Jahr 2021 zurück. Quelle: Hessisches FG, Urteil vom 22.2.2024 – 10 K 1208/23; NWB
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Adoptionskosten nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar
Die Kosten eines Ehepaares für die Adoption zweier Kinder sind nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, auch wenn das Ehepaar ungewollt kinderlos ist und medizinische Kinderwunschbehandlungen keinen Erfolg hatten. Adoptionskosten sind nämlich keine Krankheitskosten, sondern beruhen auf einer freiwilligen Entscheidung.Hintergrund: Zu den außergewöhnlichen Belastungen gehören Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen. Typische Beispiele hierfür sind Krankheitskosten oder Wiederbeschaffungskosten nach dem Untergang des Hausrats durch Feuer oder Hochwasser. Streitfall: Die Kläger konnten aufgrund einer Zeugungsunfähigkeit des Ehemanns keine Kinder bekommen. Medizinische Kinderwunschbehandlungen waren erfolglos geblieben. Im Jahr 2022 adoptierten die Kläger zwei im Ausland geborene Mädchen. Die Adoption wurde von einer staatlich anerkannten Adoptionsvermittlungsstelle begleitet. Die Kläger machten die Kosten für die Adoption als außergewöhnliche Belastungen geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab.Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) wies die Klage ab: Bei den Adoptionskosten handelt es sich nicht um Krankheitskosten, weil die Krankheit, nämlich die Sterilität des Ehemanns, nicht geheilt bzw. nicht überwunden wird. Eine Adoption kann einer medizinischen Behandlung nicht gleichgestellt werden. Denn sie ist in erster Linie ein Mittel der Fürsorge für elternlose und verlassene Kinder, um in einer Familie aufwachsen zu können. Die Annahme einer medizinischen Behandlung würde auch gegen die Menschenwürde des adoptierten Kindes verstoßen, weil diese Annahme das Kind zu einem bloßen Objekt, das der Linderung einer Krankheit dient, herabwürdigen würde. Die Adoptionskosten waren auch nicht aus sonstigen Gründen, die nichts mit einer Krankheit zu tun haben, zwangsläufig. Denn die Entscheidung, ein Kind zu adoptieren, ist freiwillig. Dies gilt auch dann, wenn es um die Verwirklichung eines Kinderwunsches geht. Hinweis: Das Urteil entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Der Streitfall weist die Besonderheit auf, dass die Kläger den Entschluss zur Adoption erst nach erfolgloser Kinderwunschbehandlung gefasst haben. Das Urteil ist inzwischen rechtskräftig.Die Kosten für eine künstliche Befruchtung oder einen künstlichen Befruchtungsversuch werden als medizinische Behandlungskosten und damit als außergewöhnliche Belastungen anerkannt. Hiervon ist allerdings noch die sog. zumutbare Eigenbelastung abzuziehen, die von der Einkommenshöhe abhängig ist. Quelle: FG Münster, Urteil vom 25.6.2024 – 14 K 1085/23 E (Rev. zugelassen, jedoch nicht eingelegt); NWB
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Kein Anspruch auf Akteneinsicht nach bestandskräftiger Veranlagung
Nach bestandskräftiger Veranlagung hat der Steuerpflichtige keinen Anspruch mehr auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung auf Akteneinsicht in die Steuerakten, wenn die Einsicht dazu dient, Schadensersatzansprüche gegen den früheren Steuerberater geltend zu machen. Der Steuerpflichtige hat aber einen Anspruch auf Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten. Hintergrund: Im Veranlagungs- und Einspruchsverfahren besteht kein Anspruch auf Akteneinsicht, sondern nur ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute und wurden für das Jahr 2015 veranlagt; der Bescheid war mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen. Nach Bestandskraft der Bescheide, d.h. nach Ablauf der Einspruchsfrist, beantragten sie beim Finanzamt die Einsicht in ihre Steuerakten. Sie machten geltend, dass sie gegen ihren früheren Steuerberater Schadensersatzansprüche prüfen wollten. Das Finanzamt lehnte eine Akteneinsicht ab. Während des Klageverfahren beim Finanzgericht (FG) beantragten die Kläger auch eine Auskunft nach datenschutzrechtlichen Vorschriften; diesem Antrag gab das FG ebenso statt wie dem allgemeinen Antrag auf Akteneinsicht. Gegen das Urteil legte das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Entscheidung: Der BFH lehnte ein allgemeines Akteneinsichtsrecht ab, bestätigte aber einen Auskunftsanspruch nach datenschutzrechtlichen Vorschriften: Das Gesetz sieht weder im Veranlagungsverfahren noch im Einspruchsverfahren einen Anspruch auf Einsicht in die Steuerakten vor. Es gibt nur einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung, Akteneinsicht zu gewähren. Dieser Anspruch besteht allerdings nur während des Veranlagungs- und Einspruchsverfahrens. Im Streitfall war das Veranlagungsverfahren jedoch schon beendet, und es gab kein Einspruchsverfahren. Dass der Bescheid für 2015 vorläufig war, genügt nicht, zumal die Kläger nicht vorgetragen haben, dass sie die Akteneinsicht benötigen, um den Vorläufigkeitsvermerk zu überprüfen. Ein Anspruch auf Akteneinsicht ergibt sich auch nicht aus Treu und Glauben. Die Kläger können vom Finanzamt keine Treuepflicht einfordern, sie bei der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber ihrem früheren Steuerberater zu unterstützen. Allerdings haben die Kläger einen Auskunftsanspruch nach datenschutzrechtlichen Vorschriften, der darauf gerichtet ist, eine Bestätigung über die personenbezogenen Daten zu erlangen, die das Finanzamt verarbeitet hat. Hinweise: Der datenschutzrechtliche Anspruch dürfte den Klägern wenig nutzen, wenn sie Ansprüche gegen ihren früheren Steuerberater geltend machen wollen. Denn sie erfahren nur, welche personenbezogenen Daten das Finanzamt verarbeitet hat. Soweit sie auf der Grundlage dieses Auskunftsanspruchs noch eine Kopie von Auszügen einzelner Dokumente aus den Steuerakten erlangen wollen, müssten sie darlegen, welche konkreten Datenschutzrechte sie ausüben wollen und weshalb hierfür Kopien von Akten mit personenbezogenen Daten erforderlich sind. Im Klageverfahren gibt es nach dem Gesetz einen Anspruch auf Einsicht in die Steuerakten. Quelle: BFH, Urteil vom 7.5.2024 – IX R 21/22; NWB