Aktuelles
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Antrag eines GmbH-Gesellschafters auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens
Ein GmbH-Gesellschafter kann einen Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens stellen, wenn er im Jahr, für den der Antrag gestellt wird, mit mindestens 25 % an der GmbH beteiligt ist. Es ist unschädlich, wenn er die GmbH-Beteiligung noch im selben Jahr verkauft. Der auf diese Weise wirksam gestellte Antrag gilt nach dem Gesetz auch für die nächsten vier Veranlagungszeiträume, so dass der Gesellschafter noch Finanzierungszinsen für den früheren Erwerb der Beteiligung steuerlich zu 60 % absetzen kann.Hintergrund: Für Dividenden gilt ebenso wie für andere Kapitaleinkünfte (z.B. Zinsen) grundsätzlich die Abgeltungsteuer von 25 %. Der Abzug von Werbungskosten ist damit ausgeschlossen. Allerdings können GmbH-Gesellschafter, die zu mindestens 1 % an der GmbH beteiligt sind und für die GmbH in einer bestimmten Weise beruflich tätig sind oder die mit mindestens 25 % an der GmbH beteiligt sind, zum Teileinkünfteverfahren optieren: Die Dividenden sind dann zu 60 % steuerpflichtig, und Werbungskosten können im Umfang von 60 % abgezogen werden. Der Antrag gilt nach dem Gesetz auch für die folgenden vier Veranlagungszeiträume, ohne dass die Antragsvoraussetzungen erneut zu belegen sind.Sachverhalt: Der Kläger war an der K-GmbH mit 1/3 beteiligt. Den Erwerb der Beteiligung hatte er mit einem Kredit finanziert, der im Jahr 2010 noch nicht abbezahlt war. Im Jahr 2010 verkaufte der Kläger seine Beteiligung. Der Verkaufserlös war geringer als die noch offene Kreditverbindlichkeit. Der Kläger zahlte daher auch noch in den Streitjahren 2011 bis 2014 Zinsen. Für den Veranlagungszeitraum 2010 stellte der Kläger den Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens, dem das Finanzamt stattgab. Allerdings wandte das Finanzamt in den Streitjahren 2011 bis 2014 das Teileinkünfteverfahren nicht mehr an und erkannte die Schuldzinsen steuerlich nicht an.Entscheidung: Der BFH gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Die Schuldzinsen sind grundsätzlich absetzbar, weil der Kredit für den Erwerb der Beteiligung an der K-GmbH verwendet wurde und der Kläger aus der Beteiligung Kapitalerträge, nämlich Dividenden, erzielte. Die grundsätzliche Absetzbarkeit blieb auch nach der Veräußerung der Beteiligung im Jahr 2010 bestehen, da der Verkaufserlös niedriger war als die Kreditverbindlichkeit. Unbeachtlich ist, dass der Kläger aufgrund der Veräußerung seiner Beteiligung in den Jahren 2011 bis 2014 keine Dividenden mehr erzielen konnte. Zwar ist ein Schuldzinsenabzug im Rahmen der Abgeltungsteuer ausgeschlossen. Der Kläger hatte aber für den Veranlagungszeitraum 2010 einen wirksamen Antrag auf Anwendung des Teileinkünfteverfahrens gestellt. Denn er war – jedenfalls zu Beginn des Jahres 2010 – mit mindestens 25 % an der K-GmbH beteiligt. Es genügte, dass die Voraussetzungen des Antrags im Jahr 2010, für das der Antrag gestellt wurde, vorlagen. Nach dem Gesetz ist für die vier Folgejahre 2011 bis 2014 zu unterstellen, dass die Voraussetzungen weiterhin erfüllt sind. Es ist daher unschädlich, dass der Kläger ab 2011 nicht mehr an einer GmbH beteiligt war. Hinweise: Die Klage hätte keinen Erfolg gehabt, wenn der Kläger bereits vor 2010 seine Beteiligung veräußert hätte. Denn dann wäre der für 2010 gestellte Antrag nicht wirksam gewesen, weil der Kläger im Jahr 2010 nicht mehr an einer GmbH beteiligt war. Der BFH hat in einem vergleichbaren Fall ebenfalls einem GmbH-Gesellschafter Recht gegeben. Dieser hatte für den Veranlagungszeitraum 2013 einen wirksamen Antrag gestellt, da er mit mindestens 1 % beteiligt und beruflich für die GmbH tätig war; im Folgejahr hatte er aber seine berufliche Tätigkeit für die GmbH beendet. Dem BFH zufolge war dies unschädlich, weil der Antrag wirksam gestellt worden war und damit auch für die vier Folgejahre galt, ohne dass der Gesellschafter noch für die GmbH beruflich tätig sein musste. Quelle: BFH, Urteil vom 17.7.2024 – VIII R 37/23; NWB
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Verlust aus Geldanlage bei Containerverwaltungsgesellschaft
Der Erwerb und die Vermietung von Seecontainern über eine Containerverwaltungsgesellschaft der Unternehmensgruppe P&R führt zu Kapitaleinkünften, wenn der Anleger mangels konkreter Bezeichnung der Container kein Eigentum erwirbt. Ein Verlust der Kapitalanlage ist daher erst dann absetzbar, wenn sie endgültig verloren ist.Hintergrund: Eine Vermietung von Immobilien kann zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung führen, aber unter bestimmten Voraussetzungen auch zu Einkünften aus Gewerbebetrieb. Eine Vermietung beweglicher Gegenstände kann zu sonstigen Einkünften oder aber zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen. Sachverhalt: Der Kläger schloss in den Jahren 2013 und 2016 mit zwei Gesellschaften der P&R-Unternehmensgruppe Verträge über den Kauf und die Verwaltung von Seecontainern. Hierfür bezahlte er insgesamt ca. 55.000 €. Die P&R-Gesellschaften sollten die Container vermieten und die Miete an den Kläger weiterleiten. Der Kläger sollte ein Eigentumszertifikat für die einzelnen von ihm erworbenen Container verlangen können; davon machte er keinen Gebrauch. Ab dem 4. Quartal 2017 zahlten die P&R-Gesellschaften dem Kläger keine Mieten mehr aus. Im Jahr 2018 wurde über das Vermögen der P&R-Gesellschaften das Insolvenzverfahren eröffnet. Tatsächlich hatten die P&R-Gesellschaften mehr Container verkauft, als es tatsächlich gab. Der Kläger machte im Jahr 2018 seine Kapitalanlagen abzüglich der in den Vorjahren in Anspruch genommenen Abschreibungen auf die Container als Verlust bei den sonstigen Einkünften und alternativ bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb geltend. Das Finanzamt erkannte nur die jährliche Abschreibung als Verlust bei den sonstigen Einkünften an. Entscheidung: Das Finanzgericht Baden-Württemberg (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Der Kläger hat Kapitaleinkünfte erzielt. Denn er hat ca. 55.000 € als Kapital den beiden P&R-Gesellschaften überlassen, die das Kapital verwalten sollten. Der Kläger hat weder Vermietungs- noch gewerbliche Einkünfte erzielt, da er keine Sachherrschaft über die Container erlangt hatte. Die Container, die der Kläger erworben haben soll, waren nämlich nicht konkretisiert; insbesondere hatte der Kläger kein Eigentumszertifikat angefordert, aus dem sich hätte ableiten können, welche Container ihm gehören und von ihm vermietet werden. Mangels Konkretisierung hatte der Kläger auch kein sog. wirtschaftliches Eigentum an den Containern erlangt, aufgrund dessen er wie ein zivilrechtlicher Eigentümer über die Container hätte verfügen können. Es handelte sich auch nicht um gewerbliche Einkünfte. Der Kläger hat nämlich außer der Unterzeichnung der Containerverwaltungsverträge und der Überweisung seines Geldes keine unternehmerische Tätigkeit unternommen. Insbesondere hat er sich nicht am Markt betätigt. Zwar kann nach der Rechtsprechung eine gewerbliche Tätigkeit angenommen werden, wenn erst durch den anschließenden Verkauf des vermieteten Wirtschaftsguts nach Beendigung der Vermietung ein Gewinn erzielbar ist. Im Streitfall ließ sich aber theoretisch bereits durch die Mieterlöse ein Überschuss erzielen; zudem konnte der Kläger mangels Konkretisierung der Container keine Vermietungstätigkeit ausüben. Handelt es sich somit um Kapitaleinkünfte, wirkt sich der Verlust aus der Kapitalanlage erst dann aus, wenn das Kapital endgültig verloren ist. Dies war im Streitjahr 2018 noch nicht der Fall, da der Insolvenzverwalter sogleich angekündigt hatte, dass es noch Zahlungen an die Gläubiger geben werde. Tatsächlich hat der Kläger in den Jahren 2020 und 2021 auch noch Rückzahlungen erhalten. Hinweis: Aus Sicht des FG war die Berücksichtigung eines Verlustes bei den sonstigen Einkünften in Höhe der Abschreibungen falsch, weil bei den sonstigen Einkünften ein Verlust nicht mit anderen Einkünften verrechnet werden darf, sondern nur mit sonstigen Einkünften des Vorjahres oder der Folgejahre.Die Rechtsprechung ist derzeit nicht einheitlich, soweit es um Verluste von Anlegern der P&R-Containergruppe geht. Nach einer Entscheidung des FG München erzielt ein Anleger gewerbliche Verluste, die eine Forderungsabschreibung ermöglichen; gegen das Urteil des FG München ist Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden.Quelle: FG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2023 – 8 K 2173/21; abweichend hiervon: FG München, Urteil vom 5.6.2024 – 9 K 1512/22, Rev. beim BFH: Az. III R 23/24; NWB
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Verdeckte Gewinnausschüttung bei erspartem Aufwand des GmbH-Gesellschafters
Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann anzunehmen sein, wenn der Gesellschafter einen Aufwand, den er üblicherweise tragen müsste, nicht tragen muss, weil die GmbH die Aufwendungen trägt und gegenüber dem Gesellschafter keinen Ersatzanspruch geltend macht. Hintergrund: Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt bei einer Vermögensminderung oder auch verhinderten Vermögensmehrung einer Kapitalgesellschaft vor, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ist und nicht zu einer offenen Gewinnausschüttung gehört. Die verdeckte Gewinnausschüttung erhöht das Einkommen der Kapitalgesellschaft. Ein typisches Beispiel für eine verdeckte Gewinnausschüttung ist ein überhöhtes Gehalt für den Gesellschafter-Geschäftsführer oder die Gewährung eines zinslosen Darlehens an den Gesellschafter. Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH und gehörte zu einem U.S.-amerikanischen Konzern; Konzernmutter war die X. Die Klägerin schloss in den Jahren 2004 und 2006 Verträge mit dem in Venezuela ansässigen Unternehmen Y. Im Jahr 2007 beschlossen die USA ein Wirtschaftsembargo gegenüber Venezuela. Die X forderte nun die Klägerin zur vorzeitigen Beendigung der mit Y geschlossenen Verträge auf. Daraufhin erhob Y eine Schadensersatzklage gegen die Klägerin; das Verfahren wurde ab 2009 als Schiedsverfahren fortgeführt. Die Klägerin musste im Streitjahr 2011 Verfahrenskosten für das Schiedsverfahren zahlen und bildete bereits ab 2009 eine Rückstellung in ihrem Jahresabschluss für die drohende Schadensersatzverpflichtung, die sie in den Folgejahren 2010 und 2011 erhöhte. Im Jahr 2012 kam es zu einem Vergleich. Das Finanzamt sah in der Zahlung der Verfahrenskosten sowie in der Zuführung zur Rückstellung im Jahr 2011 eine verdeckte Gewinnausschüttung und begründete dies damit, dass die Stornierung der Verträge allein im Interesse der X gelegen habe.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine verdeckte Gewinnausschüttung für denkbar und verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) zurück: Allein die Zahlung der Verfahrenskosten im Jahr 2011 oder die Zuführung zur Rückstellung wegen einer drohenden Schadensersatzverpflichtung führte nicht zu einer verdeckten Gewinnausschüttung. Denn sowohl die Verfahrenskosten als auch die drohende Schadensersatzpflicht beruhten auf einer eigenen rechtlichen Verpflichtung der Klägerin gegenüber einem fremden Dritten (Justizkasse bzw. Y). Daher war eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis zu verneinen. Denkbar ist jedoch der Ansatz einer verdeckten Gewinnausschüttung unter dem Gesichtspunkt einer Aufwandsersparnis der X. An sich hätte die Konzernmutter der Klägerin die Verfahrenskosten tragen und den Schadensersatz an die Y leisten müssen, weil die X die Klägerin zur Stornierung der Verträge veranlasst hat. Dadurch, dass die Klägerin die Kosten tragen musste und keinen Erstattungsanspruch gegen die X geltend gemacht hat, hat sich die X eigenen Aufwand erspart. Diese Ersparnis war durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst und hat bei der Klägerin eine Vermögensmehrung verhindert. Die verdeckte Gewinnausschüttung ist in dem Jahr anzusetzen, in dem der Erstattungsanspruch hätte bilanziert werden müssen. Dies war hinsichtlich der im Jahr 2011 gezahlten Verfahrenskosten sowie der im Jahresabschluss 2011 vorgenommenen Zuführung zur Rückstellung das Streitjahr 2011.Hinweis: Der BFH gab der Klage aber nicht statt, sondern verwies die Sache an das Finanzgericht zurück, weil die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis noch nicht abschließend feststand. Es ist nämlich denkbar, dass die Stornierung der Verträge nicht von der X ausging, sondern aus dem U.S.-amerikanischen Embargo folgte, da die Klägerin zu einem U.S.-amerikanischen Konzern gehörte. In diesem Fall wären die Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung zu verneinen. Das Finanzgericht muss nun prüfen, ob sich die Verpflichtung zum Vertragsbruch aus dem Embargo ergab. Quelle: BFH, Urteil vom 22.5.2024 – I R 2/21; NWB