Aktuelles
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Vom Arbeitnehmer für Privatfahrten mit dem Dienstwagen übernommene Kosten
Trägt der Arbeitnehmer Kosten für den Dienstwagen selbst, mindern diese nicht den geldwerten Vorteil, der sich nach der sog. 1 %-Methode aus der Privatnutzungsmöglichkeit ergibt, wenn es sich ausschließlich um Kosten für Privatfahrten handelt. Hintergrund: Kann der Arbeitnehmer einen Dienstwagen für Privatfahrten nutzen, muss er den sich hieraus ergebenden geldwerten Vorteil nach der sog. 1 %-Methode versteuern, d.h. mit monatlich 1 % des Bruttolistenpreises (zuzüglich der Kosten für die Sonderausstattung und einschließlich Umsatzsteuer). Sofern der Arbeitnehmer ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch führt, kann er den geldwerten Vorteil auch anhand der auf die Privatfahrten tatsächlich entfallenden Aufwendungen ermitteln.Sachverhalt: Der Kläger war Arbeitnehmer und durfte seinen Dienstwagen auch für Privatfahrten nutzen. Den sich hieraus ergebenden geldwerten Vorteil ermittelte er nach der 1 %-Methode. Der Kläger trug verschiedene Kfz-Aufwendungen selbst. Dabei handelte es sich um Maut-, Park- und Fährkosten, die bei privaten Urlaubsfahrten angefallen waren, sowie um die Kosten für einen privat genutzten Fahrradträger. Der Kläger machte geltend, dass der sich nach der 1 %-Methode ergebende geldwerte Vorteil um die von ihm getragenen Kosten zu mindern sei.Außerdem machte der Kläger die Aufwendungen für einen Dreiteiler-Anzug als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte die Kosten nicht an.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Zwar kann eine Minderung des geldwerten Vorteils, der sich aus der Privatnutzungsmöglichkeit des Dienstwagens ergibt, in Betracht kommen, soweit der Arbeitnehmer einzelne Kfz-Aufwendungen selbst trägt. Es muss sich dabei jedoch um Kfz-Aufwendungen handeln, die in dem Fall, dass sie der Arbeitgeber getragen hätte, von dem geldwerten Vorteil nach der sog. 1 %-Methode erfasst worden wären und nicht gesondert hätten versteuert werden müssen. Von der Abgeltungswirkung der 1 %-Methode werden neben den Aufwendungen für Benzin auch die Fixkosten für Versicherung, Kfz-Steuer, Abschreibung und Garagenmiete erfasst. Insoweit mindern Kosten, die der Arbeitnehmer übernimmt, die Höhe des geldwerten Vorteils. Anders ist dies aber, wenn der Arbeitnehmer Kosten übernimmt, die ausschließlich für Fahrten entstehen, über deren Durchführung bzw. Ziel allein der Arbeitnehmer entscheidet. Hier kommt es nicht zu einer Minderung des geldwerten Vorteils. Im Streitfall entfielen die vom Kläger getragenen Maut-, Park- und Fährkosten ausschließlich auf Privatfahrten bzw. Urlaubsfahrten, die der Kläger festgelegt hatte. Die Anschaffung des Fahrradträgers war ohnehin privat veranlasst. Die Kosten für den dreiteiligen Geschäftsanzug waren ebenfalls nicht als Werbungskosten absetzbar, weil es sich bei einem Anzug um bürgerliche Kleidung handelt und damit die Kosten zu den gesetzlich nicht abziehbaren Kosten der privaten Lebensführung gehören.Hinweise: Hätte der Arbeitgeber die Kfz-Kosten getragen, die ausschließlich auf die vom Kläger festgelegten Urlaubsfahrten angefallen sind, hätte der Kläger insoweit einen weiteren geldwerten Vorteil – neben dem geldwerten Vorteil aufgrund der 1 %-Methode – versteuern müssen.Der geldwerte Nutzungsvorteil wird dann gemindert, wenn der Arbeitnehmer entweder Nutzungsentgelte an den Arbeitgeber für die private Nutzung des Dienstwagens entrichtet oder wenn er für einen bestimmten Zeitraum eine Einmalzahlung für die private Nutzung leistet oder wenn er einen Teil der Anschaffungskosten für den Dienstwagen trägt. Keine dieser Varianten kam im Streitfall in Betracht. Quelle: BFH, Urteil v. 18.6.2024 – VIII R 32/20; NWB
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Abbau der kalten Progression und Erhöhung des Kindergeldes
Einen Tag nach dem Bundestag hat auch der Bundesrat am 20.12.2024 dem sog. Steuerfortentwicklungsgesetz (SteFeG) zugestimmt. Das SteFeG soll sicherstellen, dass die Steuerlast nicht allein durch die Inflation ansteige und so zu Belastungen führe, ohne dass sich die Leistungsfähigkeit erhöht habe, so die Bundesregierung.Der Regelungsgehalt des SteFeG wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens erheblich gekürzt (s. hierzu weiter unten). Es beinhaltet nun noch folgende Maßnahmen:Anhebung des in den Einkommensteuertarif integrierten Grundfreibetragsfür den VZ 2025: 12.096 €ab dem VZ 2026: 12.348 €Anhebung des steuerlichen Kinderfreibetragsfür den VZ 2025 auf 9.600 € (inkl. Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf)ab dem VZ 2026 auf 9.756 € (inkl. Freibetrag für Betreuungs-, Erziehungs- und Ausbildungsbedarf)Anhebung des Kindergeldesmit Wirkung zum 1.1.2025 um 5 € auf 255 € pro Kind und Monat sowiemit Wirkung zum 1.1.2026 um weitere 4 € auf 259 € pro Kind und MonatVerschiebung der Eckwerte des Einkommenssteuertarifs (Ausgleich der „kalten Progression“)2025 um 2,6 Prozent2026 um 2,0 ProzentAnhebung des Sofortzuschlages im SGB II, SGB XII, SGB XIV, AsylbLGund BKGG ab Januar 2025 von 20 € auf 25 € monatlichAnhebung der Freigrenzen beim Solidaritätszuschlag für die Veranlagungszeiträume 2025 und ab 2026.Änderung des Finanzausgleichsgesetzes in § 12a FAGHinweis: Das Gesetz kann nun ausgefertigt und verkündet werden und tritt teils zum 1.1.2025, teils zum 1.1.2026 in Kraft.Folgende Maßnahmen wurden zuvor aus dem ursprünglichen Gesetzentwurf gestrichen:Überführung der Steuerklassen III und V in das FaktorverfahrenAnpassungen bei den Regelungen zur GemeinnützigkeitMitteilungspflicht über innerstaatliche SteuergestaltungenReform der Sammelabschreibungen durch Einstieg in die Gruppen- bzw. Pool-Abschreibung (u.a. Anhebung auf 5 000 €)Fortführung der degressiven Abschreibung für im Zeitraum 2025 bis 2028angeschaffte oder hergestellte bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens (§ 7 Absatz 2 EStG) und Wiederanhebung auf das Zweieinhalbfache des bei der linearen Abschreibung in Betracht kommenden Prozentsatzes, höchstens 25 ProzentAusweitung der steuerlichen ForschungsförderungSteuerbefreiung der Stiftung GenerationenkapitalDigitalisierung der SterbefallanzeigenAnpassungen aufgrund der Rechtsprechung des EuGH zur Gewährung von Kindergeld und von Freibeträgen für Kinder an UnionsbürgerQuelle: BR-Drucks. 637/24 v. 20.12.2024; NWB
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Abgabe der Steuererklärung nach Bekanntgabe eines Schätzungsbescheids
Hat das Finanzamt einen Schätzungsbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassen, weil der Steuerpflichtige keine Steuererklärung abgegeben hat, ist die Abgabe der Steuererklärung nach Ablauf der Einspruchsfrist als Antrag auf Änderung des Vorbehaltsbescheids auszulegen. Dieser Antrag führt dazu, dass die Verjährungsfrist nicht abläuft, solange das Finanzamt über diesen Antrag nicht entschieden hat. Hintergrund: Ein unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehender Bescheid kann auch nach Ablauf der Einspruchsfrist zuungunsten des Steuerpflichtigen oder – auf Antrag – zugunsten des Steuerpflichtigen geändert werden. Wird der Antrag vor Eintritt der Festsetzungsverjährung gestellt, läuft die Verjährungsfrist insoweit nicht ab, bevor über den Antrag unanfechtbar entschieden worden ist. Sachverhalt: Die Klägerin war eine Personengesellschaft. Nachdem sie für das Streitjahr 2009 keine Gewinnfeststellungserklärung abgegeben hatte, erließ das Finanzamt am 18.1.2012 einen Schätzungsbescheid, der unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging und mit dem das Finanzamt Einkünfte in Höhe von 0 € feststellte. Hiergegen legte die Klägerin zwar Einspruch ein, nahm diesen aber wieder zurück. Am 4.8.2014 und damit mehr als zwei Jahre nach Erlass des Schätzungsbescheids reichte die Klägerin die Gewinnfeststellungserklärung ein und erklärte einen Verlust von ca. 1,2 Mio. €. Das Finanzamt reagierte hierauf nicht, sondern erließ am 1.12.2016 erneut einen Feststellungsbescheid für 2009, der ebenfalls Einkünfte in Höhe von 0 € auswies und gleichermaßen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging; der Bescheid enthielt keinen Hinweis darauf, ob damit der Bescheid vom 18.1.2012 geändert werden sollte. Im Dezember 2017 lehnte das Finanzamt die Änderung des Feststellungsbescheids für 2009 wegen Eintritts der Feststellungsverjährung ab. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Zwar wäre an sich die Verjährung mit Ablauf des 31.12.2016 eingetreten, da die Verjährungsfrist insgesamt sieben Jahre beträgt, wenn innerhalb der ersten drei Jahre keine Steuererklärung abgegeben wird, so dass erst nach Ablauf von drei Jahren die reguläre vierjährige Verjährungsfrist beginnt. Allerdings wurde der Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt. Denn die Klägerin hat vor dem 31.12.2016 einen Antrag auf Änderung des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Bescheids gestellt. In der Abgabe der Feststellungserklärung war ein Antrag auf Änderung des unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Schätzungsbescheids zu sehen. Soweit über den Antrag noch nicht entschieden worden ist, läuft die Verjährungsfrist nach dem Gesetz nicht ab. In dem Erlass des zweiten Gewinnfeststellungsbescheids vom 1.12.2016 ist keine Entscheidung über den Änderungsantrag vom 4.8.2014 zu sehen. Der zweite Bescheid vom 1.12.2016 war nämlich nichtig, da bereits ein Bescheid für 2009 vorlag, nämlich der Bescheid vom 18.1.2012, und da nicht deutlich wurde, in welchem Verhältnis der Bescheid vom 1.12.2016 zum ersten Bescheid vom 18.1.2012 stand. Es fand sich insbesondere kein Hinweis auf eine Änderung des Bescheids vom 18.1.2012. Hinweise: Der BFH macht deutlich, dass nach Ergehen eines unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Schätzungsbescheids kein ausdrücklicher Antrag auf Änderung gestellt werden muss, sondern dass die kommentarlose Abgabe der Steuererklärung genügt, damit der Bescheid noch geändert werden kann. Wäre die Einspruchsfrist noch nicht abgelaufen gewesen, wäre in der Abgabe der Steuererklärung vor Ablauf der Einspruchsfrist ein Einspruch zu sehen gewesen. Vorsicht ist indes geboten, wenn der Ablauf der Festsetzungsverjährung bevorsteht und bislang weder ein Steuerbescheid vorliegt noch die Steuererklärung abgegeben worden ist. Rechnet der Steuerpflichtige mit einer Steuererstattung, sollte er unbedingt seine Steuererklärung vor Eintritt der Festsetzungsverjährung abgeben und ausdrücklich einen Antrag auf Steuerfestsetzung stellen. Die kommentarlose Abgabe einer Steuererklärung, zu deren Abgabe der Steuerpflichtige verpflichtet ist, stellt nach der Rechtsprechung des BFH keinen verjährungshemmenden Antrag auf Steuerfestsetzung dar. Quelle: BFH, Urteil v. 7.8.2024 – IV R 9/22; NWB