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Kategorie: Steuern: Unternehmer

  • Gewerbesteuerfreiheit eines Krankenhauses erfasst auch Gewinn aus Wahlleistungen (Komfortzimmer)

    Gewerbesteuerfreiheit eines Krankenhauses erfasst auch Gewinn aus Wahlleistungen (Komfortzimmer)

    Der Ertrag eines Krankenhauses, den es aus Wahlleistungen im Zusammenhang mit der Unterkunft (sog. Komfortzimmer) erzielt, ist gewerbesteuerfrei, auch wenn die Wahlleistungen medizinisch nicht erforderlich sind oder von den gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet werden. Entscheidend ist, dass das Krankenhaus die Voraussetzungen eines steuerlichen Zweckbetriebs erfüllt. Hintergrund: Krankenhäuser sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Gewerbesteuer befreit. Dies ist etwa der Fall, wenn sie steuerlich einen Zweckbetrieb darstellen. Um einen Zweckbetrieb handelt es sich, wenn mindestens 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (und nicht für Wahlleistungen) berechnet werden.Sachverhalt: Die Klägerin betrieb ein Krankenhaus und war eine nicht gemeinnützige GmbH. Sie erfüllte die Voraussetzungen eines steuerlichen Zweckbetriebs. Sie stellte ihren Patienten gegen Aufpreis sog. Komfortzimmer zur Verfügung, die geräumiger und besser ausgestattet waren. Privat versicherten Patienten wurde der Zuschlag für das Komfortzimmer von der privaten Krankenkasse erstattet. Das Finanzamt hielt den Ertrag aus der Vermietung der Komfortzimmer für gewerbesteuerpflichtig.Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) gab der Klage statt: Die Regelung über die Gewerbesteuerfreiheit verlangt lediglich, dass das Krankenhaus die Voraussetzungen eines steuerlichen Zweckbetriebs erfüllt. Ist dies der Fall, werden die Erträge, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen zusammenhängen, von der Gewerbesteuer befreit. Zu den gewerbesteuerfreien Erträgen gehören dann auch die Erträge aus der Unterkunft und Verpflegung und somit auch die Erträge aus der Wahlleistung für die Komfortzimmer. Es kommt nicht darauf an, ob es sich dabei um allgemeine Krankenhausleistungen oder um Wahlleistungen handelt. Unbeachtlich ist auch, dass das Komfortzimmer nicht für den medizinischen Behandlungserfolg erforderlich ist und dass gesetzlich versicherten Krankenhauspatienten der Mehrpreis für das Komfortzimmer nicht erstattet wird. Hinweise: Die Gewerbesteuerfreiheit für Krankenhäuser wird nicht für den gesamten Gewinn gewährt, sondern ist tätigkeitsbezogen ausgestaltet, so dass nur der Ertrag, der mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen zusammenhängt, befreit wird, wenn die Voraussetzungen eines steuerlichen Zweckbetriebs erfüllt sind. Im Umsatzsteuerrecht gibt es eine ähnliche Befreiung für Krankenhäuser, die aber deutlich enger ausgestaltet ist. Im Umsatzsteuerrecht sind die Leistungen nur dann umsatzsteuerfrei, wenn sie zur Erreichung der verfolgten therapeutischen Ziele unentbehrlich sind; Leistungen, die lediglich den Komfort und das Wohlbefinden der Krankenhauspatienten verbessern, sind daher nicht umsatzsteuerfrei.Gegen das Urteil des FG ist Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden. Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.3.2025 – 6 K 6082/23, Rev. beim BFH: Az. V R 8/25; NWB

  • Kein Anspruch auf Einsicht in Unterlagen der Richtsatzsammlung

    Kein Anspruch auf Einsicht in Unterlagen der Richtsatzsammlung

    Ein Steuerpflichtiger hat keinen Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen für die amtliche Richtsatzsammlung, z.B. in die Protokolle der vertraulichen Beratungen der Finanzverwaltung bei der Erstellung der Richtsatzsammlung. Ein derartiger Anspruch, der sich aus den Informationsfreiheitsgesetzen der Bundesländer ergeben könnte, wird durch ein Bundesgesetz ausgeschlossen, wonach die Vertraulichkeit der Sitzung zu wahren ist, wenn nicht im Einzelfall einstimmig etwas anderes beschlossen wurde.Hintergrund: In den Bundesländern gelten sog. Informationsfreiheitsgesetze, die den Bürgern und insbesondere Journalisten grundsätzlich die Möglichkeit geben, in behördliche Unterlagen Einsicht zu nehmen. Im Steuerrecht gibt es eine Regelung, nach der das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Zustimmung der obersten Finanzbehörden der Bundesländer einheitliche Verwaltungsgrundsätze bestimmen kann. Die Vertraulichkeit der entsprechenden Sitzungen ist jedoch zu wahren, wenn nicht im Einzelfall einstimmig etwas anderes beschlossen wurde.Sachverhalt: Der Kläger beantragte beim Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern eine Auskunft zur Richtsatzsammlung. Er wollte wissen, bei wie vielen Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern im Zeitraum 2016 bis 2020 eine Außenprüfung mit dem Ziel durchgeführt wurde, die Prüfungsdaten in die Richtsatzsammlung einfließen zu lassen. Ferner sollte das Finanzministerium Auskunft erteilen, nach welchen Kriterien die Betriebe ausgewählt werden und ob es hierfür Vorgaben gibt. Der Kläger wollte außerdem wissen, ob die Ergebnisse einer Außenprüfung auch dann in die Richtsatzsammlung eingehen, wenn die Ergebnisse auf einer Schätzung beruhen. Das Finanzministerium beantwortete die Anfrage nur mit allgemeinen Auskünften über die Entstehung, Bekanntgabe und Anwendung der Richtsatzsammlung. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die auf weitergehende Auskunft gerichtete Klage ab: Zwar sehen die Informationsfreiheitsgesetze der einzelnen Bundesländer wie z.B. in Mecklenburg-Vorpommern einen grundsätzlichen Anspruch des Bürgers auf Auskunft über den Inhalt von Behördenakten vor. Dieser Anspruch wird im Steuerrecht allerdings durch eine spezielle Regelung des Bundesgesetzgebers ausgeschlossen. Nach dieser Regelung kann das BMF mit Zustimmung der obersten Finanzbehörden der Bundesländer einheitliche Verwaltungsgrundsätze, zu denen auch die sog. Richtsatzsammlung gehört, bestimmen. Jedoch ist die Vertraulichkeit der entsprechenden Sitzungen zu wahren, sofern nicht im Einzelfall einstimmig etwas anderes beschlossen wurde. Die Regelung soll einen freien, vertrauensvollen Austausch aller beteiligten Finanzbehörden ermöglichen, die an der Erstellung der Richtsatzsammlung mitwirken. Die Vertraulichkeit wäre nicht gewährleistet, wenn das BMF anschließend Einsicht in die entsprechenden Unterlagen gewähren müsste. Hinweise: Die Richtsatzsammlung wird für Hinzuschätzungen verwendet. Sie enthält statistische Kennzahlen der einzelnen Branchen (z.B. Restaurants) zum Rohgewinnaufschlagsatz, zum Rohgewinn oder auch zum Reingewinn. Auch wenn der Kläger keine detaillierte Auskunft erhielt, wird sein Rechtsschutz, der verfassungsrechtlich geschützt ist, nicht eingeschränkt. Denn der Kläger kann gegen die Änderungsbescheide, die auf Grund der Außenprüfung ergehen und in denen die Ergebnisse der Richtsatzsammlung verwertet wurden, Einspruch einlegen und klagen. Eine Auskunft, bei der die Unterlagen teilweise geschwärzt werden, kam nicht in Betracht, da der Grundsatz der Vertraulichkeit umfassend gilt, so dass eine nur zu Teilen gewährte Auskunft nicht zulässig ist. Quelle: BFH, Urteil vom 9.5.2025 – IX R 1/24; NWB

  • Schenkungsteuerpflicht bei disquotalen Einlagen einzelner GmbH-Gesellschafter

    Schenkungsteuerpflicht bei disquotalen Einlagen einzelner GmbH-Gesellschafter

    Der BFH hat ernstliche Zweifel, ob disquotale Einlagen eines GmbH-Gesellschafters in die Kapitalgesellschaft auch dann Schenkungsteuer auslösen, wenn die disquotale Einlage aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses dem Gesellschafter, der sie erbracht hat, personenbezogen zugeordnet wird und wenn dementsprechend im Jahresabschluss die in die Kapitalrücklage eingestellte Einlage diesem Gesellschafter individuell zugewiesen wird. Es könnte dann nämlich an einer Werterhöhung der Anteile der übrigen Gesellschafter fehlen. Hintergrund: Nach dem Gesetz kann eine disquotale Einlage eines GmbH-Gesellschafters zur Schenkungsteuer führen, wenn sich durch die disquotale Einlage der Wert der Anteile eines anderen Gesellschafters erhöht. Eine disquotale Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter über seine Beteiligungsquote hinaus eine Einlage erbringt. Beispiel: Nur einer von fünf Gesellschaftern leistet eine Einlage. Sachverhalt: An der X-GmbH waren fünf Gesellschafter (A, B, C, D und E) mit jeweils 20 % beteiligt. Sie vereinbarten in der Satzung, dass sich die Gewinnverteilung nicht nach der Beteiligungsquote, sondern nach der Höhe des jeweiligen Finanzierungsbeitrags (z.B. Darlehensgewährung) des einzelnen Gesellschafters richtet. Im Jahr 2013 leisteten bis auf E alle Gesellschafter Zahlungen in die X-GmbH, die aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses in die Kapitalrücklage der X-GmbH gebucht und im jeweiligen Jahresabschluss unter der Bilanzposition „Kapitalrücklage“ einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesellschaftern der Höhe nach zugeordnet wurden. Ab 2015 leistete nur A entsprechende Zahlungen in die X-GmbH. Die Gesellschafter beschlossen, dass A insoweit eine entsprechende Auszahlung im Fall der Ausschüttung oder der Liquidation der X-GmbH erhalten sollte; außerdem wurden in den Jahresabschlüssen zum 31.12.2018 und 31.12.2019 die in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge sowie die in den Vorjahren erbrachten Einzahlungen einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesellschaftern der Höhe nach zugeordnet. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Einzahlungen des A, B, C und D zu einer Werterhöhung der Anteile der E geführt hätten, und erließ gegenüber der E mehrere Schenkungsteuerbescheide. Diese legte gegen die Bescheide Einspruch ein und beantragte eine Aussetzung der Vollziehung. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gewährte die Aussetzung der Vollziehung, weil es ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide gab: Zwar unterliegt eine disquotale Einlage der Schenkungsteuer, wenn sich hierdurch der Wert der Anteile eines anderen Gesellschafters der GmbH erhöht. Es ist jedoch zweifelhaft, ob der Wert der Anteile der E durch die disquotalen Einlagen von A, B, C und D erhöht wurde. Aus den Beschlüssen der Gesellschafter der X-GmbH der Jahre 2018 und 2019 sowie aus den Jahresabschlüssen für die Jahre 2013 bis 2019 ergibt sich, dass im Fall der Liquidation oder Auflösung der X-GmbH nur die einzahlenden Gesellschafter, also A, B, C und D, von ihren Einzahlungen profitieren sollten, nicht aber E. Denn die in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge wurden dem jeweils einzahlenden Gesellschafter und damit gesellschafterbezogen zugeordnet. Die E profitierte daher von den Einzahlungen nicht. Offenbleiben kann, ob sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide auch daraus ergeben, dass die Gesellschafter, die disquotale Einlagen erbrachten, im Verhältnis ihrer Finanzierungsleistungen an den Gewinnausschüttungen teilnahmen, so dass ihren disquotalen Einlagen eine Gegenleistung in Form entsprechend erhöhter Ausschüttungen gegenüberstanden.Hinweise: Der BFH weist darauf hin, dass bislang noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Wirksamkeit einer gesellschafterbezogenen Zuordnung der Kapitalrücklage eine satzungsmäßige Grundlage erfordert. Da es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelte, musste der BFH diese Frage nicht entscheiden; vielmehr genügte es für die Annahme ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide, dass nach der überwiegenden Auffassung des juristischen Schrifttums die Schenkungsteuerbarkeit jedenfalls dann entfällt, wenn die disquotale Einlage aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung dem einzahlenden Gesellschafter persönlich zugeordnet wird. Auch die die Finanzverwaltung hält es nicht für erforderlich, dass in der Satzung eine Vereinbarung über die persönliche Zuordnung der Einzahlungen getroffen werden muss, sondern es genügt eine entsprechende „reguläre“ schuldrechtliche Vereinbarung unter den Gesellschaftern. Quelle: BFH, Beschluss vom 6.6.2025 – II B 43/24 (AdV); NWB

  • Finanzverwaltung zur Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Rechnungen und zur Gutschrifterteilung an Nicht-Unternehmer

    Finanzverwaltung zur Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Rechnungen und zur Gutschrifterteilung an Nicht-Unternehmer

    Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zu zwei Änderungen des Umsatzsteuergesetzes, die im Jahr 2024 verabschiedet worden sind, Stellung genommen. Zum einen geht es um die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Rechnungen, zum anderen geht es um die Umsatzsteuerschuld eines nichtunternehmerisch tätigen Gutschriftempfängers, der einer Gutschrift, in der zu Unrecht Umsatzsteuer ausgewiesen wird, nicht unverzüglich widerspricht.Hintergrund: Im Jahr 2024 sind zwei Gesetze verabschiedet worden, die zu verschiedenen Änderungen des Umsatzsteuergesetzes geführt haben. Das BMF greift nun zwei dieser Änderungen auf und erläutert diese. Zugleich ändert das BMF die Verwaltungsvorschriften, die für die Finanzämter verbindlich sind (nicht aber für die Finanzgerichte).Inhalt des aktuellen BMF-Schreibens: 1. Verkürzung der umsatzsteuerlichen Aufbewahrungsfrist für Rechnungen Die bisherige zehnjährige Aufbewahrungsfrist für Rechnungen ist mit Wirkung vom 1.1.2025 auf acht Jahre verkürzt worden. Die Verkürzung gilt für alle Rechnungen, deren Aufbewahrungsfrist am 31.12.2024 noch nicht abgelaufen war. Damit brauchen nun Rechnungen, die vor dem 1.1.2017 ausgestellt worden sind, nach der neuen Gesetzesregelung nicht mehr aufbewahrt zu werden. Hinweis: Eine Ausnahme gilt für Banken und Versicherungen; für sie gilt die Neuregelung erst für Rechnungen, deren Aufbewahrungsfrist am 1.1.2026 noch nicht abgelaufen ist. Trotz der Verkürzung der Aufbewahrungsfrist läuft die Aufbewahrungsfrist jedoch nicht ab, soweit und solange die Rechnungen noch für Steuern bedeutsam sind, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Die allgemeine Aufbewahrungspflicht für umsatzsteuerliche Aufzeichnungen, die zehn Jahre beträgt, ist nicht verkürzt worden. Dies gilt insbesondere für die Aufzeichnungen der Entgelte, der Bemessungsgrundlage und der angewandten Umsatzsteuersätze. 2. Neuregelung für Gutschriften an nicht unternehmerisch tätige Gutschriftempfänger Wer unrichtig oder unberechtigt Umsatzsteuer in einer Rechnung ausweist, muss diese nach dem Gesetz an das Finanzamt abführen. Im Jahr 2024 wurde das Gesetz nun auf den Fall erstreckt, dass Umsatzsteuer in einer Gutschrift des Leistungsempfängers an einen nichtunternehmerisch tätigen Gutschriftenempfänger ausgewiesen wird und der Empfänger der Gutschrift nicht unverzüglich widerspricht; der Gutschriftempfänger muss dann die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Die Neuregelung gilt ab dem 6.12.2024. Hinweis: Bei der Gutschrift handelt es sich also nicht um einen Rabatt oder um ein Rechnungsstorno, sondern quasi um eine umgekehrte Rechnung, bei der der Leistungsempfänger über die Leistung durch Gutschrift abrechnet und den Gutschriftbetrag dem Gutschriftenempfänger überweist. Mit einem nichtunternehmerisch tätigen Gutschriftenempfänger ist ein Nichtunternehmer gemeint sowie ein Unternehmer, der die in der Gutschrift genannte Leistung gar nicht ausgeführt hat. Weitere Voraussetzung der Neuregelung ist, dass die Gutschrift auf einer vorherigen Vereinbarung beruht, dass eine Gutschrift erstellt wird, und dass der Gutschriftempfänger der fehlerhaften Gutschrift nicht unverzüglich widerspricht. Durch einen unverzüglichen Widerspruch kann der Gutschriftempfänger also die Rechtsfolge vermeiden, dass er die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss. Der Gutschriftaussteller hat aufgrund des unverzüglichen Widerspruchs schon dem Grunde nach keinen Vorsteueranspruch. Hinweis: Die Neuregelung ist erforderlich geworden, weil der Bundesfinanzhof (BFH) fehlerhafte Gutschriften nicht als fehlerhafte Rechnungen angesehen hat. Daher musste zwar bislang der Aussteller einer Rechnung, der unberechtigt Umsatzsteuer ausweist, diese Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, nicht aber der Gutschriftempfänger, der eine Gutschrift erhält, in der Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen wird, obwohl der Gutschriftempfänger kein Unternehmer ist oder aber die genannte Leistung gar nicht erbracht hat. Quelle: BMF-Schreiben vom 8.7.2025 – III C 2 – S 7295/00005/003/080; NWB

  • Gewinnzuschlag bei Auflösung einer Rücklage für Veräußerungsgewinn

    Gewinnzuschlag bei Auflösung einer Rücklage für Veräußerungsgewinn

    Der Gewinnzuschlag von 6 %, der bei Auflösung einer Rücklage wegen nicht durchgeführter Reinvestition angesetzt wird, ist verfassungsgemäß. Hintergrund: Ein Gewinn aus der Veräußerung einer betrieblichen Immobilie oder eines Schiffes kann durch eine Rücklage neutralisiert werden, die grundsätzlich innerhalb von vier Jahren auf ein neues Wirtschaftsgut (Immobilie oder Schiff) übertragen werden muss (sog. Reinvestition). Die Rücklage mindert dann die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen auf das neue Wirtschaftsgut. Unterbleibt eine Reinvestition, muss die Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst werden und wird um einen sog. Gewinnzuschlag von 6 % des Rücklagenbetrags jährlich erhöht.Sachverhalt: Die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Recht (GbR), die im Bereich der Land- und Forstwirtschaft tätig war. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin wich vom Kalenderjahr ab und erstreckte sich vom 1.7. bis zum 30.6. Einen Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebsgrundstücks erfasste die Klägerin gewinnneutral in einer Rücklage. Allerdings löste die Klägerin diese Rücklage nach zwei Jahren gewinnerhöhend auf, ohne eine Reinvestition durchgeführt zu haben. Dies führte zu einer Gewinnerhöhung in Höhe der gebildeten Rücklage sowie zum Ansatz eines Gewinnzuschlags von 6 % des Rücklagenbetrags für zwei Jahre. Die Klägerin wehrte sich gegen den Gewinnzuschlag und hielt ihn für verfassungswidrig. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Der Gewinnzuschlag wurde im Streitfall zu Recht angesetzt, da die Klägerin die gebildete Rücklage nach zwei Jahren aufgelöst hat, ohne die Reinvestition durchgeführt zu haben. Der Gewinnzuschlag ist verfassungsgemäß. Er verstößt insbesondere nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn der Gewinnzuschlag entsteht nur, wenn der Steuerpflichtige von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat, eine Rücklage zwecks Neutralisierung eines Veräußerungsgewinns zu bilden und die Reinvestition nicht innerhalb der Reinvestitionsfrist von grundsätzlich vier Jahren durchzuführen bzw. die Rücklage vorher freiwillig aufzulösen. Verfassungsrechtlich ist aufgrund der dem Steuerpflichtigen zustehenden Wahlrechte ein sachlicher Rechtfertigungsgrund für den Ansatz des Gewinnzuschlags ausreichend. Dieser sachliche Rechtfertigungsgrund besteht darin, dass mit dem Gewinnzuschlag der Steuerstundungsvorteil, der sich aufgrund der Bildung der Rücklage ergeben hat, rückgängig gemacht werden soll und dass eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Rücklagewahlrechts vermieden werden soll. Auch die Höhe von 6 % des Rücklagenbetrags pro Jahr der Bildung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Unbeachtlich ist, dass es ein strukturelles Niedrigzinsniveau gab und der Gewinnzuschlag im streitigen Zeitraum von 2018/2019 bis 2020/2021 deutlich über dem Zinsniveau lag. Denn der Gewinnzuschlag ist mit Nachzahlungszinsen nicht vergleichbar, da er von einem Wahlrecht des Steuerpflichtigen zur Bildung der Rücklage und zur Durchführung der Reinvestition abhängig ist. Der Gesetzgeber ist daher nicht verpflichtet, den Gewinnzuschlag realitätsgerecht und fremdkapitalkonform auszugestalten, sondern darf pauschal auf den Stundungsvorteil abstellen. Hinweise: Der Steuerpflichtige hat grundsätzlich vier Jahre Zeit, die Reinvestition durchzuführen. Entscheidet er sich für die Herstellung eines neuen Gebäudes, verlängert sich die Frist auf sechs Jahre, wenn er mit der Herstellung vor dem Schluss des vierten Jahres nach Bildung der Rücklage begonnen hat. Zwar ist der Gewinnzuschlag mit 6 % deutlich höher als die Zinsen im streitigen Zeitraum. Allerdings muss der Steuerpflichtige den Gewinnzuschlag nicht entrichten, sondern nur versteuern, so dass sich seine steuerliche Belastung nach seinem individuellen Steuersatz richtet. Zudem wird die Steuer, die aufgrund des Gewinnzuschlags entsteht, erst deutlich nach Ablauf des Veranlagungszeitraums festgesetzt. Quelle: BFH, Urteil vom 20.3.2025 – VI R 20/23; NWB

  • Gewerbesteuerfreiheit für Pkw-Verkäufe einer Pflegeeinrichtung

    Gewerbesteuerfreiheit für Pkw-Verkäufe einer Pflegeeinrichtung

    Der Gewinn einer Pflegeeinrichtung aus dem Verkauf von Kfz, die von den Pflegern für Hausbesuche eingesetzt wurden, ist gewerbesteuerfrei. Die Kfz gehörten nämlich zum gewerbesteuerfreien Bereich des Pflegeheims.Hintergrund: Ambulante Pflegeeinrichtungen sind gewerbesteuerfrei, wenn die Pflegekosten in mindestens 40 % der Fälle von den gesetzlichen Trägern der Sozialversicherung oder Sozialhilfe ganz oder zum überwiegenden Teil getragen worden sind.Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH und betrieb eine ambulante Pflegeeinrichtung. Ihre Pfleger fuhren mit den Kfz der GmbH zu den Patienten. Die Klägerin verkaufte im streitigen Erhebungszeitraum mehrere dieser Kfz mit Gewinn. Das Finanzamt behandelte diesen Gewinn als gewerbesteuerpflichtig.Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg gab der Klage statt und behandelte den Gewinn aus dem Kfz-Verkauf als gewerbesteuerfrei: Zwar gilt die gesetzliche Gewerbesteuerfreiheit für ambulante Pflegeeinrichtungen nicht umfassend für den gesamten Gewinn, sondern ist auf den Gewinn beschränkt, der aus dem Pflegebetrieb stammt. Zu dem Gewinn aus dem Pflegebetrieb gehören aber auch Gewinne aus dem Verkauf von Wirtschaftsgütern, die unmittelbar im Pflegebetrieb eingesetzt worden sind. Die Kfz wurden dazu genutzt, zu den pflegebedürftigen Patienten zu fahren und diese zu betreuen. Damit erstreckt sich die Gewerbesteuerfreiheit auch auf den Gewinn aus dem Verkauf der Kfz. Hinweise: Die Gewinne aus dem Verkauf sind dadurch entstanden, dass die Kfz bereits weitgehend abgeschrieben waren, der Marktwert der Kfz aber höher war als der – geringe – Buchwert. Die Abschreibungen der Vorjahre gehörten ebenfalls zum gewerbesteuerfreien Gewinn, so dass es konsequent ist, nun auch den Gewinn aus dem Verkauf als gewerbesteuerfrei anzusehen. Andere Gewinne, die nicht im Pflegebereich entstanden sind, sind hingegen gewerbesteuerpflichtig. Dies gilt z.B. für Zinsen aus Darlehen, die eine Pflegeeinrichtung anderen Pflegeeinrichtungen gewährt. Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.3.2025 – 6 K 6113/23; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Juli 2025

    Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Juli 2025

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Juli 2025 bekannt gegeben. Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2025 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.Quelle: BMF, Schreiben vom 1.8.2025 – III C 3 – S 7329/00014/007/100; NWB

  • Umsatzsteuerbarkeit der Corona-Schutzmaskenpauschale

    Umsatzsteuerbarkeit der Corona-Schutzmaskenpauschale

    Die sog. Corona-Schutzmaskenpauschale, die Apotheken für die Abgabe von Schutzmasken an coronagefährdete Bürger während der Corona-Krise erhielten, unterlag der Umsatzsteuer. Denn es handelte sich bei der Pauschale um ein Entgelt eines Dritten für eine Lieferung des Apothekers an die coronagefährdeten Bürger.Hintergrund: Umsatzsteuer entsteht bei einer Leistung eines Unternehmers gegen Entgelt. Nach dem Gesetz muss das Entgelt nicht zwingend vom Leistungsempfänger gezahlt werden, sondern kann auch von einem Dritten gezahlt werden. Sachverhalt: Der Kläger war selbständiger Apotheker, der die Umsatzsteuer nach vereinbarten Entgelten ermittelte. Er gab ab dem 15.12.2020 bis zum 6.1.2021 an corona-gefährdete Bürger Schutzmasken ab. Am 18.12.2020 erließ der Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbands e.V. einen Auszahlungsbescheid gegenüber dem Kläger und setzte eine einmalige Pauschale für den Kläger fest, die noch im Jahr 2020 ausgezahlt wurde. Als Grund für die Festsetzung wurde die Abgabe von drei Schutzmasken pro anspruchsberechtigtem Bürger im Ausgabezeitraum vom 15.12.2020 bis zum 6.1.2021 genannt. Der Kläger sah den Auszahlungsbetrag als nicht umsatzsteuerbar an; jedoch ging das Finanzamt von der Umsatzsteuerbarkeit im Jahr 2020 aus. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Der Kläger war Unternehmer und führte Leistungen aus, da er Schutzmasken an vulnerable Gruppen lieferte. Es handelte sich nicht um eine Lieferung des Klägers an die gesetzliche Krankenversicherung. Zwar wird bei ärztlich verordneten Arzneimitteln eine Lieferung an die gesetzliche Krankenkasse angenommen; im Streitfall ging es aber nicht um die Abgabe verschreibungspflichtiger Arzneimittel, so dass ein Bezug zu einzelnen gesetzlichen Krankenkassen nicht bestand. Der im Bescheid festgesetzte Betrag war das Entgelt eines Dritten, nämlich des Nacht- und Notdienstfonds des Deutschen Apothekerverbands e.V., für die Lieferung der Schutzmasken. Nach der Begründung des Bescheids wurde die Pauschale für die Abgabe der Schutzmasken an vulnerable Personengruppen festgesetzt. Unbeachtlich ist, dass die Pauschale geleistet wurde, bevor der Kläger alle Schutzmasken geliefert hat. Denn bei der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten unterliegen auch Anzahlungen der Umsatzsteuer, wenn bereits feststeht, welche Leistung ausgeführt werden wird. Hinweise: Einen nicht umsatzsteuerbaren Zuschuss lehnte der BFH ab. Denn die Pauschale wurde nicht ausschließlich aus gesundheitspolitischen Gründen gezahlt. Insbesondere ging es nicht um eine finanzielle Unterstützung der Apotheken, sondern um eine schnelle Versorgung der vulnerablen Gruppen mit Schutzmasken. Unbeachtlich war auch, dass es sich um einen Pauschalbetrag handelte. Für die Umsatzsteuer kommt es nämlich nicht darauf an, ob das Entgelt dem Wert der Leistung entspricht. Der BFH ließ offen, ob Umsatzsteuer auch dann entstanden wäre, wenn der Kläger gar keine Schutzmasken geliefert hätte. Quelle: BFH, Urteil vom 6.2.2025 – V R 24/23; NWB

  • Ausgleichszahlungen für Zinsswap als Betriebsausgaben

    Ausgleichszahlungen für Zinsswap als Betriebsausgaben

    Ein Unternehmer kann Ausgleichszahlungen für einen Zinsswap nur dann als Betriebsausgaben abziehen, wenn der Zinsswap mit einem betrieblichen Darlehen hinreichend eng miteinander verknüpft ist und wenn der Unternehmer den Zinsswap als betriebliches Geschäft behandelt, also die laufenden Zahlungen für den Zinsswap sogleich in der laufenden Buchführung und nicht erst im Jahresabschluss als Betriebsausgaben erfasst. Hintergrund: Mit einem Zinsswap wird das Risiko der Zinsänderung für einen Darlehensvertrag abgesichert. Je nach Zinsentwicklung kann ein Zinsswap zu Aufwand oder Ertrag führen, der die gegenläufige Zinsentwicklung aus dem Darlehensvertrag teilweise kompensiert. Sachverhalt: Der Kläger war Landwirt, der ein Weingut betrieb und bilanzierte; sein Wirtschaftsjahr ging vom 1.7. bis zum 30.6. Er plante, sein Weingut zu vergrößern und hierfür ein weiteres Grundstück zu erwerben. Die Betriebserweiterung wollte er mit einem Bankkredit finanzieren. Der Kläger schloss im Jahr 2011 sowie im Streitjahr 2012 einen Zinsswap-Vertrag bei der X-Bank und bei der Y-Bank ab. Für den zweiten Vertrag mit der Y-Bank aus dem Jahr 2012 verpflichtete sich die A-Bank als Bürgin; hierfür zahlte der Kläger eine Avalprovision an die A-Bank. Der Erwerb des weiteren Grundstücks verzögerte sich und kam erst im Jahr 2015 zustande, so dass der Kläger auch erst im Dezember 2015 den Betriebskredit bei der A-Bank aufnahm. Dem Kläger entstanden im Wirtschaftsjahr 2011/2012 für die beiden Zwinsswap-Geschäfte Aufwendungen, die er ebenso wie die Avalprovision zunächst von seinem Privatkonto beglich. Erst im Rahmen der Jahresabschlussarbeiten zum 30.6.2013, die im Dezember 2013 erfolgten, sowie zum 30.6.2014, die im April 2015 stattfanden, buchte er die Aufwendungen als Einlage. Er machte bereits im Jahr 2012 den Betriebsausgabenabzug für die von ihm geleisteten Aufwendungen geltend. Das Finanzamt lehnte den Betriebsausgabenabzug ab und ordnete die Aufwendungen den Kapitaleinkünften zu.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Die steuerliche Zuordnung eines Zinsswap-Geschäfts zum betrieblichen Bereich setzt voraus, dass das Zinsswap-Geschäft mit einem betrieblichen Kredit hinreichend verknüpft ist. Dies verlangt, dass beide Verträge zeitgleich mit zumindest annähernd übereinstimmenden Laufzeiten abgeschlossen werden, inhaltlich aufeinander Bezug nehmen, die gleiche Zweckbestimmung haben und der Bezugsanfangsbetrag des Zinsswap-Vertrags fortlaufend den Restschuldbeträgen des Darlehensvertrags entspricht, die sich laufend reduzieren. Die betriebliche Zuordnung eines Zinsswap-Geschäfts kann auch dann zu bejahen sein, wenn beide Geschäfte – das Zinsswap-Geschäft und der Kreditvertrag – zeitlich auseinanderfallen, jedoch beide Verträge inhaltlich aufeinander abgestimmt sind oder sich zumindest auf ein einheitliches Finanzierungskonzept stützen. Im Streitfall konnte offenbleiben, ob beide Verträge hinreichend miteinander verknüpft waren. Der Betriebsausgabenabzug scheiterte jedenfalls daran, dass der Kläger das Zinsswap-Geschäft nicht von vornherein als betriebliches Geschäft behandelt und die Aufwendungen nicht sogleich in seiner Buchführung erfasst hat. Vielmehr hat er erst im Rahmen der Jahresabschlüsse zum 30.6.2013 und zum 30.6.2014 die Aufwendungen, die er zuvor von seinem Privatkonto beglichen hatte, betrieblich als Einlage nachgebucht. Nur wenn der Unternehmer die Aufwendungen für den Zinsswap sogleich in der laufenden Buchführung als Betriebsausgabe erfasst, lässt sich von Anbeginn erkennen, ob der Unternehmer den Zinsswap tatsächlich aus betrieblichen Gründen eingegangen ist. Hinweise: Der Kläger ist damit an der sogleich erforderlichen Erfassung in der Buchführung gescheitert. Möglicherweise wäre aber auch der zeitliche Abstand zwischen den beiden Zinsswap-Verträgen in den Jahren 2011 und 2012 sowie dem Betriebskredit im Jahr 2015 zu groß gewesen. Der BFH ließ ferner offen, ob der Betriebsausgabenabzug auch an der fehlenden Identität der Vertragspartner gescheitert wäre; denn den Zinsswap schloss der Kläger mit der X-Bank und Y-Bank ab, während er den Betriebskredit bei der A-Bank aufnahm.Die geltend gemachten Aufwendungen für den Zinsswap sowie die Avalprovision waren somit nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen, sondern wurden als spekulatives betriebsfremdes Termingeschäft den Einkünften aus Kapitalvermögen zugerechnet. Für den Kläger hat dies den Nachteil, dass die Aufwendungen nicht mit anderen positiven Einkünften verrechnet werden dürfen, sondern nur mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen. Quelle: BFH, Urteil vom 10.4.2025 – VI R 11/22; NWB

  • Aktivierung des Provisionsanspruchs eines Versicherungsvertreters

    Aktivierung des Provisionsanspruchs eines Versicherungsvertreters

    Ein bilanzierender Versicherungsvertreter muss den Provisionsanspruch, den er aufgrund der Vermittlung einer Versicherung vom Versicherungsunternehmen erhält, aktivieren, sobald der Anspruch nach dem Provisionsvertrag zivilrechtlich entstanden ist. Vereinbart werden kann z.B., dass der Anspruch bereits mit der Vermittlung des Versicherungsvertrags oder aber erst nach der Zahlung einer bestimmten Anzahl von Versicherungsprämien durch den Versicherungsnehmer entsteht.Hintergrund: Ist ein Versicherungsvertreter selbständig tätig, ist er Handelsvertreter. Er kann seinen Gewinn durch Bilanzierung oder aber durch Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln. Bei der Bilanzierung muss er entstandene Provisionsansprüche gewinnerhöhend aktivieren, während es bei der Einnahmen-Überschussrechnung auf den Zufluss der Provision ankommt. Sachverhalt: Der Kläger war selbständiger Versicherungsvertreter, der für das Versicherungsunternehmen U Versicherungen vermittelte. Er ermittelte seinen Gewinn durch Bilanzierung. Der Inhalt des Provisionsvertrags ist von der Vorinstanz nicht festgestellt worden. Das Finanzamt war der Auffassung, dass der Kläger zum 31.12.2008 und zum 31.12.2010 Provisionen in Höhe von ca. 70.000 € und in Höhe von ca. 32.000 €, die U in einer sog. Jahresabrechnung als „Soll-Rückstellung“ ausgewiesen hatte, aktivieren müsse. Hiergegen wehrte sich der Kläger. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück: Forderungen sind zu aktivieren, wenn sie realisiert sind. Eine Realisierung ist zu bejahen, wenn die Forderung entweder rechtlich entstanden ist oder wenn die für die Entstehung wesentlichen wirtschaftlichen Ursachen im abgelaufenen Geschäftsjahr gesetzt worden sind und der Steuerpflichtige mit der künftigen Entstehung der Forderung fest rechnen kann. Ein Versicherungsvertreter erlangt grundsätzlich einen Provisionsanspruch erst dann, wenn der Versicherungsnehmer die Versicherungsprämie gezahlt hat, aus der sich die Provision nach dem Provisionsvertrag berechnet. In diesem Fall kommt es darauf an, wie viele Prämienzahlungen der Versicherungsnehmer leisten muss, damit der Provisionsanspruch entsteht. Sollte die Provision nach dem Provisionsvertrag also erst mit der vollständigen Zahlung der ersten Jahresprämie entstehen und muss der Versicherungsnehmer nach dem Versicherungsvertrag die Versicherungsprämien monatlich zahlen, entsteht der Provisionsanspruch erst nach Zahlung der letzten Monatsrate durch den Versicherungsnehmer für das erste Versicherungsjahr. Zahlt U als Versicherungsunternehmen allerdings schon vor der Entstehung des Anspruchs die Provision an den Versicherungsvertreter, handelt es sich um einen Provisionsvorschuss. Dieser Provisionsvorschuss erhöht noch nicht den Gewinn, sondern ist als erhaltene Anzahlung gewinnneutral zu passivieren. Vereinbaren das Versicherungsunternehmen und der Versicherungsvertreter hingegen, dass der Provisionsanspruch bereits mit der Vermittlung des Versicherungsvertrags entsteht, ist der Provisionsanspruch bereits in diesem Zeitpunkt zu aktivieren. Im Streitfall lässt sich nicht prüfen, ob und ggf. wann die Provisionsansprüche des Klägers entstanden sind, weil das FG den Inhalt des Provisionsvertrags nicht festgestellt hat. Daher muss das FG nun den Sachverhalt weiter aufklären und prüfen, wann die Provisionsansprüche nach der getroffenen Provisionsvereinbarung entstanden sind. Hinweise: Für die Frage der Aktivierung kommt es auf die Fälligkeit der Provision nicht an. Entscheidend ist also allein die Entstehung des Provisionsanspruchs. Ist der Provisionsanspruch entstanden, muss er aktiviert werden. Es kann allerdings sein, dass der Versicherungsvertreter nach der Provisionsvereinbarung noch ein Stornorisiko hat. Dies ist der Fall, wenn die – bereits entstandene – Provision ganz oder teilweise zurückzuzahlen ist, wenn der Versicherungsnehmer den Vertrag innerhalb eines bestimmten Zeitraums kündigt. Besteht ein solches Stornorisiko, kann es geboten sein, die Aktivierung des Provisionsanspruchs mit einem niedrigeren Wert vorzunehmen, so dass eine vollständige Gewinnrealisierung erst mit dem Ablauf des Stornozeitraums eintritt. Alternativ kann eine Rückstellung für Stornorisiken gewinnmindernd passiviert werden.Quelle: BFH, Urteil vom 30.4.2025 – X R 12-13/22; NWB