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Kategorie: Steuern

  • Fahrtkosten eines Leiharbeitnehmers

    Fahrtkosten eines Leiharbeitnehmers

    Ist ein Leiharbeitnehmer unbefristet bei einem Zeitarbeitsunternehmen angestellt, hat er keine erste Tätigkeitsstätte beim Entleiher, bei dem er eingesetzt wird. Hierfür fehlt es an einer dauerhaften Zuordnung des Leiharbeitnehmers. Der Leiharbeitnehmer ist daher nicht auf die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer beschränkt, sondern kann für die Hin- sowie Rückfahrt von seiner Wohnung zum Einsatzort jeweils mindestens 0,30 € pro gefahrenen Kilometer als Werbungskosten geltend machen. Hintergrund: Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte kann der Arbeitnehmer nur die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer geltend machen. Beträgt die Entfernung mehr als 20 km, erhöht sich die Entfernungspauschale ab dem 21. Kilometer seit 2021 auf 0,35 € und seit 2022 auf 0,38 €. Sachverhalt: Der Kläger war Leiharbeitnehmer und seit dem 28.11.2015 unbefristet bei dem Zeitarbeitsunternehmen Z angestellt. Seine Tätigkeit für Z endete am 31.8.2018. In den Streitjahren 2017 und 2018 wurde er von Z bis zum 31.8.2018 bei dem Entleiher E eingesetzt und arbeitete in einer betrieblichen Einrichtung des E in R-Stadt; die Entfernung zwischen seiner Wohnung und R-Stadt betrug 35 km. Der Kläger machte als Fahrtkosten für jeden gefahrenen Kilometer, also Hin- und Rückfahrt, 0,30 € geltend. Das Finanzamt erkannte nur die Entfernungspauschale an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Die Entfernungspauschale galt nicht, weil der Kläger in R-Stadt keine erste Tätigkeitsstätte hatte. Dies hätte erfordert, dass er von seinem Arbeitgeber der Tätigkeitsstätte in R-Stadt entweder unbefristet oder für die Dauer des Arbeitsverhältnisses oder für mehr als 48 Monate zugeordnet worden wäre. Eine derartige Zuordnung ist aber nicht erfolgt. Eine unbefristete Zuordnung ist bei einem Leiharbeitsverhältnis bereits deshalb zu verneinen, weil der Verleiher den Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 Monate dem Entleiher überlassen darf. Eine Zuordnung für die Dauer des Arbeitsverhältnisses hätte ein befristetes Leiharbeitsverhältnis vorausgesetzt. Eine Zuordnung von mehr als 48 Monaten war nicht erfolgt. Da die Entfernungspauschale mangels erster Tätigkeitsstätte nicht galt, konnte der Kläger nun die Fahrtkosten für die Hin- und Rückfahrt für den Zeitraum vom 1.1.2017 bis zum 31.8.2018 geltend machen. Hierfür kann der Kläger einen Pauschalbetrag von 0,30 € pro gefahrenen Kilometer ansetzen, also das Doppelte der Entfernungspauschale, da diese nur für die einfache Strecke (Entfernung) angesetzt wird. Hinweise: Der Kläger beendete seine Tätigkeit für Z zum 31.8.2018 und wechselte zu E. Ab dem 1.9.2018 hatte der Kläger damit eine erste Tätigkeitsstätte in R-Stadt, da er dem dortigen Betrieb des E dauerhaft zugeordnet war. Somit konnte der Kläger ab dem 1.9.2018 nur noch die Entfernungspauschale geltend machen. Aktuell plant der Gesetzgeber eine Erhöhung der Entfernungspauschale auf 0,38 € ab dem Jahr 2026. Nach der derzeitigen Rechtslage wird erst ab dem 21. Kilometer eine Entfernungspauschale von 0,38 € pro Entfernungskilometer gewährt, so dass zurzeit nur sog. Fernpendler von dem erhöhten Betrag profitieren. Künftig würden alle Arbeitnehmer von dem erhöhten Betrag profitieren, und zwar bereits ab dem ersten Kilometer.Quelle: BFH, Urteil vom 17.6.2025 – VI R 22/23; NWB

  • Antrag auf Günstigerprüfung hindert den Verjährungseintritt nicht

    Antrag auf Günstigerprüfung hindert den Verjährungseintritt nicht

    Beantragt der Steuerpflichtige eine sog. Günstigerprüfung bei den Kapitaleinkünften, damit abweichend vom Abgeltungsteuersatz von 25 % der niedrigere individuelle Steuersatz angesetzt wird, führt dieser Antrag nicht zu einer Anlaufhemmung beim Beginn der Verjährungsfrist. Hintergrund: Die Festsetzungsfrist beträgt vier Jahre. Sie beginnt grundsätzlich mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist. Ist der Steuerpflichtige zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet, beginnt die Festsetzungsfrist erst mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuererklärung abgegeben wird, spätestens nach drei Jahren (sog. Anlaufhemmung). Eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung besteht z.B. für Steuerpflichtige, die neben ihrem Arbeitseinkommen bzw. Versorgungsbezügen noch positive Einkünfte in Höhe von mehr als 410 € erzielt haben, die noch nicht versteuert worden sind. Kapitaleinkünfte unterliegen grundsätzlich der Abgeltungsteuer von 25 %. Der Steuerpflichtige kann aber beantragen, dass eine sog. Günstigerprüfung durchgeführt und sein individueller Steuersatz angewendet wird, wenn dieser niedriger ist. Sachverhalt: Die Kläger waren Erben ihrer im März 2018 verstorbenen Mutter. Sie reichten für ihre verstorbene Mutter Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre 2014 und 2015 am 30.12.2020 ein. In beiden Einkommensteuererklärungen erklärten sie Versorgungsbezüge, von denen bereits Lohnsteuer einbehalten worden war. Außerdem gaben sie für 2014 inländische Kapitalerträge in Höhe von ca. 4.500 € an, von denen Abgeltungsteuer einbehalten worden war. Für 2015 erklärten sie zum einen inländische Kapitalerträge in Höhe von ca. 1.500 €, von denen Abgeltungsteuer einbehalten worden war, und zum anderen ausländische Kapitalerträge in Höhe von ca. 2.600 €, von denen bislang keine Steuer einbehalten worden war. Für beide Jahre beantragten sie die sog. Günstigerprüfung für sämtliche Kapitaleinnahmen. Das Finanzamt lehnte die Durchführung von Einkommensteuerveranlagungen wegen Verjährungseintritts ab. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage bezüglich der Einkommensteuer 2015 statt und wies die Klage hinsichtlich der Einkommensteuer 2014 ab: Für 2014 war bereits Verjährung eingetreten. Die vierjährige Verjährungsfrist begann mit Ablauf des 31.12.2014 und endete daher mit Ablauf des 31.12.2018. Eine Anlaufhemmung von drei Jahren war nicht eingetreten, da keine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung bestand. Denn die Mutter hatte neben ihren bereits versteuerten Versorgungsbezügen und Kapitaleinnahmen nicht mehr als 410 € Einkünfte erzielt. Die Kapitaleinnahmen waren bei der Prüfung der Grenze von 410 € nicht einzubeziehen, da sie bereits der Abgeltungsteuer unterlegen hatten. Von den Versorgungsbezügen war bereits Lohnsteuer einbehalten worden. Es gab somit keine weiteren Einkünfte, die noch nicht besteuert waren. Der Antrag auf Günstigerprüfung für 2014 begründete keine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung und löste daher keine Anlaufhemmung von bis zu drei Jahren aus. Der Antrag auf Günstigerprüfung für 2014 stellte auch kein rückwirkendes Ereignis dar, das zu einer erneuten vierjährigen Festsetzungsverjährung geführt hätte. Für 2015 hat die Klage jedoch Erfolg, da die Mutter noch ausländische Kapitaleinnahmen von ca. 2.600 € erzielt hatte, die noch nicht versteuert worden waren. Damit war die Grenze von 410 € überschritten, und es bestand eine Pflicht zur Abgabe einer Einkommensteuererklärung, so dass es zu einer Anlaufhemmung im Umfang von drei Jahren kam. Damit begann die Verjährungsfrist erst mit Ablauf des 31.12.2018 und endete mit Ablauf des 31.12.2022. Die Abgabe der Einkommensteuererklärung im Jahr 2020 war folglich rechtzeitig erfolgt. Hinweise: Ausnahmsweise kann der Antrag auf Günstigerprüfung im Zusammenhang mit einem rückwirkenden Ereignis stehen, so dass dann eine erneute Verjährungsfrist von vier Jahren ausgelöst wird. Dies ist der Fall, wenn es bereits einen Einkommensteuerbescheid mit hohen Einkünften gibt, so dass ein Antrag auf Günstigerprüfung nicht sinnvoll ist, weil der individuelle Steuersatz höher ist als 25 %. Dann wird der Einkommensteuerbescheid jedoch zu Gunsten des Steuerpflichtigen geändert und das Einkommen so deutlich herabgesetzt, dass nunmehr ein Antrag auf Günstigerprüfung in Betracht kommt. Der BFH sieht in der niedrigeren Steuerfestsetzung im Änderungsbescheid ein rückwirkendes Ereignis. Im aktuellen Streitfall lagen jedoch die Voraussetzungen für einen Antrag auf Günstigerprüfung von Anfang an vor. Quelle: BFH, Urteil vom 14.5.2025 – VI R 17/23; NWB

  • Steuerhinterziehung durch Unterlassen der Abgabe der Steuererklärung

    Steuerhinterziehung durch Unterlassen der Abgabe der Steuererklärung

    Eine Steuerhinterziehung kann auch dadurch begangen werden, dass die Steuererklärung nicht abgegeben wird, so dass das Finanzamt keine Kenntnis von den Einkünften erlangt. Eine Kenntnis des Finanzamts ist auch dann zu verneinen, wenn dem Finanzamt elektronische Daten von einem Dritten wie z.B. dem Arbeitgeber übermittelt werden, diese Daten aber nicht automatisch der Steuerakte des Steuerpflichtigen zugeordnet werden, sondern nur auf einem Datenspeicher des Finanzamts mit der Steuernummer des Steuerpflichtigen gespeichert werden und dort zum Abruf bereitstehen. Hintergrund: Grundsätzlich beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre. Sie verlängert sich im Fall einer leichtfertigen Steuerverkürzung auf fünf Jahre und im Fall einer vorsätzlichen Steuerverkürzung auf zehn Jahre. Sachverhalt: Die Kläger sind Eheleute. Bis einschließlich 2008 war nur der Ehemann Arbeitnehmer, so dass keine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung bestand (sog. Antragsveranlagung). In den Streitjahren 2009 und 2010 war auch die Ehefrau Arbeitnehmerin. Da die Ehefrau die Steuerklasse III und der Ehemann die Steuerklasse V hatte, bestand nun eine Pflicht zur Abgabe einer Steuererklärung; allerdings erfasste das Finanzamt die Kläger zu Unrecht weiterhin als Fall einer Antragsveranlagung. Für 2009 und 2010 gaben die Kläger keine Steuererklärungen ab; allerdings übermittelten die Arbeitgeber der Kläger dem Finanzamt die elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen. Die Bescheinigungen wurden nicht in der Steuerakte der Kläger erfasst, sondern nur im Datenverarbeitungsprogramm des Finanzamts unter der Steuernummer der Kläger abrufbereit gespeichert. Im Jahr 2018 fiel dem Finanzamt bei einer elektronischen Überprüfung auf, dass die Kläger zur Abgabe von Steuererklärungen für die Jahre 2009 und 2010 verpflichtet gewesen wären. Es erließ daher im Juni 2018 Schätzungsbescheide für beide Jahre. Hiergegen wehrten sich die Kläger. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine verlängerte Festsetzungsfrist wegen einer Steuerverkürzung für denkbar und hat die Sache an das Finanzgericht (FG) zurückverwiesen: Die Festsetzungsfrist beginnt zwar grundsätzlich mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist. Besteht allerdings eine Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung, beginnt sie erst mit der Abgabe der Steuererklärung, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Jahres, das auf das Jahr folgt, in dem die Steuer entstanden ist. Im Streitfall bestand eine Pflicht zur Abgabe der Steuererklärung, so dass die Festsetzungsverjährung für 2009 mit Ablauf des 31.12.2012 und für 2010 mit Ablauf des 31.12.2013 begann und mit Ablauf des 31.12.2016 (für 2009) bzw. 31.12.2017 (für 2010) endete. Allerdings kommt eine Verlängerung der Festsetzungsfrist von vier Jahren auf fünf oder zehn Jahre in Betracht, falls die Kläger eine Steuerverkürzung begangen haben sollten. Eine Steuerverkürzung kann durch Unterlassen der Abgabe der Steuererklärung begangen werden, wenn hierdurch das Finanzamt über steuerlich erhebliche Tatsachen in Unkenntnis gelassen wird. Im Streitfall wird die Steuerverkürzung nicht dadurch ausgeschlossen, dass dem Finanzamt die elektronischen Lohnsteuerbescheinigungen von den Arbeitgebern übermittelt worden waren. Denn es kommt entscheidend auf die Kenntnis derjenigen Finanzbeamten an, die für die Bearbeitung der Steuererklärung zuständig sind. Bei ihnen ist zwar eine Kenntnis des gesamten Inhalts der Papierakte bzw. elektronischen Akte zu unterstellen. Dies gilt jedoch nicht für elektronische Daten, die nicht in der Papierakte bzw. elektronischen Akte gespeichert bzw. (nach Ausdruck) abgelegt werden, sondern nur allgemein auf einem Datenspeicher mit der Steuernummer des Steuerpflichtigen gespeichert werden und dort abrufbar sind. Das FG muss daher nun prüfen, ob den Klägern Leichtfertigkeit oder Vorsatz zu unterstellen ist, so dass eine leichtfertige Steuerverkürzung mit einer fünfjährigen Verjährungsfrist oder eine vorsätzliche Steuerverkürzung mit einer zehnjährigen Verjährungsfrist in Betracht kommt. Hinweise: Bei einer leichtfertigen Steuerverkürzung hätte sich die Verjährungsfrist für 2009 nur bis zum 31.12.2018 verlängert, so dass die Klage insoweit Erfolg hätte. Da selbst das Finanzamt nicht erkannt hat, dass seit 2009 die Voraussetzungen einer Pflichtveranlagung vorlagen, wird das FG voraussichtlich eine Leichtfertigkeit und damit erst recht einen Vorsatz verneinen.Eine Einkommensteuerverkürzung durch Unterlassen ist vollendet, wenn das Finanzamt die wesentlichen Veranlagungsarbeiten für das entsprechende Jahr abgeschlossen hat. Dies war bezüglich des Veranlagungszeitraums für 2009 am 31.3.2011 der Fall, da das Finanzamt an diesem Tag die wesentlichen Veranlagungsarbeiten für 2009 zu 95 % abgeschlossen hatte; hinsichtlich des Veranlagungszeitraums 2010 hatte das Finanzamt am 31.3.2012 die wesentlichen Veranlagungsarbeiten für 2010 abgeschlossen.Quelle: BFH, Urteil vom 14.5.2025 – VI R 14/22; NWB

  • Doppelte Grunderwerbsteuer beim Erwerb von Anteilen an einer grundbesitzenden GmbH

    Doppelte Grunderwerbsteuer beim Erwerb von Anteilen an einer grundbesitzenden GmbH

    Der Erwerb von Anteilen an einer GmbH, die Grundbesitz hält, kann zweimal Grunderwerbsteuer auslösen, wenn zunächst nur der Vertrag über den Anteilsverkauf abgeschlossen wird (sog. Signing) und die Anteile später übertragen werden (sog. Closing). Selbst wenn die doppelte Festsetzung rechtswidrig sein sollte, ist jedenfalls die Festsetzung von Grunderwerbsteuer gegenüber der GmbH für die Anteilsübertragung (sog. Closing) rechtlich nicht zweifelhaft.Hintergrund: Grunderwerbsteuer entsteht nicht nur beim Verkauf eines Grundstücks, sondern auch, wenn mindestens 90 % der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft innerhalb von zehn Jahren auf neue Gesellschafter übergehen oder wenn ein Anteilserwerber nunmehr mit mindestens 90 % beteiligt ist. Das Gesetz knüpft in unterschiedlichen Regelungen teils an den Verkaufsvertrag, also an das Verpflichtungsgeschäft (sog. Signing), und teils an die Übertragung der Anteile, also an die Erfüllung des Verpflichtungsgeschäfts (sog. Closing), an.Sachverhalt: Die Antragstellerin war eine GmbH, die Grundbesitz hielt. Ihre alleinige Anteilseignerin war die H-GmbH. Die H-GmbH verkaufte mit Vertrag vom 22.3.2024 ihre gesamten Anteile an die M-GmbH; die Übertragung der GmbH-Anteile sollte jedoch erst nach der Bezahlung des Kaufpreises erfolgen, der zum 2.4.2024 fällig wurde. Am 2.4.2024 zahlte die M-GmbH den Kaufpreis, so dass die Abtretung der GmbH-Anteile an die M-GmbH an diesem Tag erfolgte. Das Finanzamt setzte nun zweimal Grunderwerbsteuer fest: einmal gegenüber der M-GmbH wegen des Verkaufsvertrags vom 22.3.2024 und ein weiteres Mal gegenüber der Antragstellerin aufgrund der Anteilsabtretung, die zu einem Wechsel im Gesellschafterbestand der Antragstellerin im Umfang von mindestens 90 % geführt hatte. Die Antragstellerin legte gegen ihren Grunderwerbsteuerbescheid Einspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids. Nachdem das Finanzgericht die Aussetzung der Vollziehung abgelehnt hatte, kam der Fall zum BFH.Entscheidung: Der BFH lehnte die Aussetzung der Vollziehung des gegenüber der Antragstellerin ergangenen Grunderwerbsteuerbescheids ab: Es bestanden keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des gegenüber der Antragstellerin ergangenen Bescheides. Ändert sich innerhalb von zehn Jahren der Gesellschafterbestand einer Kapitalgesellschaft unmittelbar oder mittelbar in der Weise, dass mindestens 90 % der GmbH-Anteile auf neue Gesellschafter übergehen, ist dies grunderwerbsteuerbar, wenn die GmbH Grundbesitz hält. Diese Voraussetzungen waren im Streitfall erfüllt, da die H-GmbH in einem Akt 100 % der Anteile an der Antragstellerin auf die M-GmbH übertragen hat. Die Übertragung erfolgte mit der vollständigen Kaufpreiszahlung am 2.4.2024. Steuerschuldnerin ist in einem solchen Fall die Gesellschaft, deren Anteile übertragen werden, und damit die Antragstellerin. Zwar kann die Grunderwerbsteuerfestsetzung nach dem Gesetz aufgehoben werden, wenn Grunderwerbsteuer für das sog. Signing und für das sog. anschließende Closing doppelt festgesetzt wird. Die Aufhebung betrifft nach dem Wortlaut des Gesetzes aber nur die Grunderwerbsteuer, die für das Verpflichtungsgeschäft festgesetzt worden ist (sog. Signing), nicht jedoch die Grunderwerbsteuer, die für die Anteilsübertragung (sog. Closing) festgesetzt wird. Daher könnte allenfalls die M-GmbH als Erwerberin der Anteile eine Aufhebung der Grunderwerbsteuer, die aufgrund des Vertrags vom 22.3.2024 der M-GmbH gegenüber festgesetzt worden ist, verlangen. Hinweise: Erfolgen Signing und Closing in einem Akt, wird Grunderwerbsteuer nur einmal festgesetzt. Fallen Signing und Closing aber zeitlich auseinander, droht eine doppelte Festsetzung der Grunderwerbsteuer. Hier bestehen nun zwei Möglichkeiten, eine doppelte Festsetzung zu vermeiden: Der Steuerschuldner, der Grunderwerbsteuer aufgrund des Verkaufsvertrags entrichten muss (sog. Signing), kann die Aufhebung der Grunderwerbsteuer beantragen; im Streitfall war das die M-GmbH. Dies ist jedoch nicht möglich, wenn einer der beiden Erwerbsvorgänge (Signing oder Closing) dem Finanzamt nicht fristgerecht und vollständig angezeigt worden ist. Nach einer aktuellen Entscheidung des BFH bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit einer doppelten Grunderwerbsteuerfestsetzung. Vorrangig und damit rechtmäßig sein dürfte die Grunderwerbsteuerfestsetzung für die Übertragung der GmbH-Anteile (sog. Closing). Auch danach wäre die Grunderwerbsteuerfestsetzung im Streitfall rechtmäßig, da sie das sog. Closing betrifft. Hingegen könnte die Grunderwerbsteuerfestsetzung, die aufgrund des Vertrags erfolgt ist (im Streitfall gegenüber der M-GmbH), rechtswidrig sein, wenn dem Finanzamt im Zeitpunkt des Erlasses des entsprechenden Grunderwerbsteuerbescheids bereits bekannt war, dass die Anteilsübertragung (sog. Closing) schon erfolgt ist. Es handelt sich vorliegend jedoch nur um eine vorläufige Entscheidung im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes. Quelle: BFH, Beschluss vom 16.9.2025 – II B 23/25; NWB

  • <div>Arbeitslohn bei Teilnahme am „Firmenfitness-Programm“ des Arbeitgebers</div>

    Arbeitslohn bei Teilnahme am „Firmenfitness-Programm“ des Arbeitgebers

    Die Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (OFD) hat sich in einer sog. Kurzinformation zur lohnsteuerlichen Behandlung der Teilnahme des Arbeitnehmers an einem „Firmenfitness-Programm“ des Arbeitgebers geäußert.Hintergrund: Zum steuerpflichtigen Arbeitslohn gehört nicht nur das Gehalt, sondern auch ein sonstiger Vorteil, den der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Arbeit gewährt, z.B. Sachbezüge oder Preisvorteile. Bei einem Firmenfitness-Programm ermöglicht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Zugang zu einer Vielzahl von Fitnessangeboten (z.B. Yoga-Kurse, Fitness- oder Tanzstudios), indem der Arbeitnehmer einen Pass für eine Vielzahl von Angeboten in ganz Deutschland erhält. Ein geldwerter Vorteil entsteht, wenn der Arbeitnehmer für den Pass nichts oder nur einen ermäßigten Preis bezahlen muss. Wesentlicher Inhalt der Kurzinformation: Steuerpflichtig ist die Differenz zwischen dem vom Arbeitnehmer entrichteten Preis und dem üblichen Endpreis. Üblicher Endpreis ist der Preis, den ein privater Endverbraucher für ein vergleichbares Fitnessangebot am Markt zahlen müsste. Soweit die jeweilige Firmenmitgliedschaft privaten Endverbrauchern nicht oder aber nicht zu vergleichbaren Bedingungen angeboten wird, kann ein üblicher Endpreis nicht ermittelt werden. Anzusetzen sind dann die Aufwendungen des Arbeitgebers einschließlich Umsatzsteuer und Nebenkosten. Einmalige Kosten des Arbeitgebers sind auf die Laufzeit gleichmäßig zu verteilen. Gibt es keine feste Laufzeit, ist auf den Zeitraum bis zur frühestmöglichen Kündigung abzustellen. Diese Kosten sind auf alle Arbeitnehmer aufzuteilen, die an dem Programm teilnehmen könnten, falls die Kosten unabhängig von der Anzahl der registrierten Arbeitnehmer entstehen. Hinweis: Ein geldwerter Vorteil entsteht aber nur bei denjenigen Arbeitnehmern, die das Angebot zum Firmenfitness-Programm annehmen, weil ihnen der Arbeitgeber eine Teilnahmeberechtigung eingeräumt hat. Es kommt dann nicht darauf an, ob und inwieweit der Arbeitnehmer das einzelne Angebot tatsächlich nutzt. Entstehen dem Arbeitgeber Kosten, die er direkt einem Arbeitnehmer zuordnen kann, sind die Kosten dem einzelnen Arbeitnehmer zuzuordnen. Hinweis: Bei Aufteilung der laufenden Kosten auf die registrierten Arbeitnehmer muss der Arbeitgeber monatlich prüfen, ob die laufenden Kosten ggf. neu zu berechnen sind, z.B. weil sich die Anzahl der registrierten Arbeitnehmer geändert hat. Hinweise: Die Teilnahmeberechtigung am Firmenfitness-Programm wird als Sachbezug eingestuft, der steuerfrei und sozialversicherungsfrei bleibt, sofern er – zusammen mit anderen Sachbezügen – maximal 50 € im Monat nicht überschreitet. Es handelt sich allerdings um eine Freigrenze, so dass eine Überschreitung des Betrags von 50 € auch nur um einen Euro zur Steuer- und Sozialversicherungspflicht des gesamten geldwerten Vorteils führt. Die OFD fordert die Finanzämter zu einer Überprüfung bereits erteilter Lohnsteuer-Anrufungsauskünfte auf; denkbar ist, dass bislang eine Versteuerung unterblieben ist, weil die Teilnahmeberechtigung am Firmenfitness-Programm nicht als geldwerter Vorteil eingestuft worden ist. Allerdings sollte dem Arbeitgeber in einem solchen Fall Gelegenheit gegeben werden, Dispositionen rückgängig zu machen. Quelle: OFD Nordrhein-Westfalen, Kurzinformation vom 11.3.2025 – S 2334-14-2025-3806; NWB

  • Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht

    Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht

    Für die Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht ist auch ein möglicher Gewinn aus der späteren Betriebsveräußerung oder Betriebsaufgabe einzubeziehen. Die Einbeziehung dieses Gewinns setzt nicht voraus, dass der spätere Gewinn bereits in einem Betriebskonzept berücksichtigt worden ist. Hintergrund: Die Berücksichtigung von Einkünften bei der Steuerfestsetzung erfordert eine Einkünfteerzielungsabsicht. Bei sog. Gewinneinkünften wie z.B. den Einkünften aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit spricht man auch von der Gewinnerzielungsabsicht. Der Steuerpflichtige muss also die Absicht haben, aus seiner Betätigung einen sog. Totalgewinn zu erzielen. Fehlt die Einkünfteerzielungsabsicht, spricht man von Liebhaberei. Es bleiben dann insbesondere die geltend gemachten Verluste außer Ansatz. Sachverhalt: Der Familie des Klägers gehörte seit dem 19. Jahrhundert eine Burg, die der Kläger im Jahr 2005 nach der deutschen Wiedervereinigung zurückerwarb. Der Kläger plante, die Burg wieder instand zu setzen und anschließend gewerblich zu nutzen, indem er z.B. die Säle für Veranstaltungen vermieten wollte. Der Kläger beantragte im Jahr 2008 mit Erfolg Fördermittel und ließ für den Antrag durch einen Architekten eine Maßnahmenbeschreibung und Kostenschätzung erstellen. In den Jahren 2012 und 2013 musste die Sanierung wegen einer erheblichen Schadstoffbelastung unterbrochen worden. Das Finanzamt führte eine Außenprüfung durch und verneinte für die Streitjahre 2008 bis 2016 die Gewinnerzielungsabsicht. Der Kläger reichte im Einspruchsverfahren ein Bewirtschaftungskonzept ein, das von einer Unternehmensberatung erstellt worden war; in diesem Konzept war ein möglicher Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn nicht enthalten. Im Jahr 2021 wurde der Fall vor dem Finanzgericht (FG) verhandelt; zu diesem Zeitpunkt war die Sanierung noch nicht abgeschlossen. Das FG wies die Klage ab, weil sich für den Prognosezeitraum ein Totalverlust ergeben habe; dabei berücksichtigte das FG einen möglichen Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn nicht, weil er in dem Betriebskonzept nicht enthalten war.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) verwies die Sache zur weiteren Aufklärung an das FG zurück: Die Ermittlung des voraussichtlichen Totalgewinns durch das FG war fehlerhaft. Denn das FG hätte einen voraussichtlichen zukünftigen Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinn oder -verlust einbeziehen müssen. Ist eine Betriebsveräußerung nicht zu erwarten, ist ein fiktiver Aufgabegewinn bei der Ermittlung des voraussichtlichen Totalgewinns anzusetzen. Der Ansatz eines voraussichtlichen zukünftigen Veräußerungs- bzw. Aufgabegewinns oder -verlustes kann nicht deshalb außer Ansatz bleiben, weil er in dem von der Unternehmensberatung erstellten Betriebskonzept nicht aufgeführt war; denn ein Steuerpflichtiger kann im Zeitpunkt der Betriebseröffnung noch gar wissen, ob es künftig zu einer Wertsteigerung seines Unternehmens kommen wird, so dass es bei Aufgabe oder Veräußerung des Betriebs zu einem Gewinn kommen könnte. Das FG muss im weiteren Verlauf des Klageverfahrens nun den voraussichtlichen Totalgewinn neu ermitteln, dabei auch einen voraussichtlichen Gewinn oder Verlust aus einer Veräußerung oder Aufgabe des Betriebs einbeziehen und prüfen, ob der Kläger die Fördermittel im Fall einer Veräußerung zurückzahlen müsste.Hinweise: Bei der Prüfung der Gewinnerzielungsabsicht wird nicht nur der voraussichtliche Totalgewinn bzw. -verlust ermittelt, sondern auch geprüft, ob es für den Steuerpflichtigen persönliche Gründe oder Neigungen im Bereich seiner Lebensführung gibt, weshalb er die verlustbringende Tätigkeit ausübt.Ergibt sich nach der Gewinnprognose ein negativer Totalgewinn, führt dies nicht zwingend zur Verneinung der Gewinnerzielungsabsicht. Denn der Steuerpflichtige kann ja dennoch mit einem positiven Gesamtergebnis gerechnet haben. In einem solchen Fall wird dann geprüft, ob die Tätigkeit des Steuerpflichtigen zum persönlichen Bereich, dem sog. Hobbybereich, gehört und ob der Steuerpflichtige im Fall einer längeren Verlustdauer geeignete Maßnahmen ergriffen hat, um die Verluste künftig zu verhindern. Quelle: BFH, Urteil vom 21.5.2025 – III R 45/22; NWB

  • Grunderwerbsteuer: Erneute Überschreitung der Schädlichkeitsgrenze durch Rückkauf

    Grunderwerbsteuer: Erneute Überschreitung der Schädlichkeitsgrenze durch Rückkauf

    Wird eine Anteilsübertragung, die Anteile an einer grundbesitzenden GmbH betrifft, rückgängig gemacht und anschließend auch die Rückgängigmachung rückgängig gemacht, kann dies zwar zur Entstehung von Grunderwerbsteuer führen. Allerdings kann die erneute Rückgängigmachung zur Aufhebung der Grunderwerbsteuer führen, weil nach dem Gesetz die Entstehung der Grunderwerbsteuer unter bestimmten Voraussetzungen rückgängig gemacht werden kann. Hintergrund: Werden Anteile an einer Gesellschaft, die Grundbesitz hält, übertragen und ist der Erwerber nun mit mindestens 90 % (seit 1.7.2021) bzw. mit mindestens 95 % (bis zum 30.6.2021) beteiligt, entsteht Grunderwerbsteuer. Man spricht hier von einer sog. Anteilsvereinigung. Ein grunderwerbsteuerbarer Grundstückserwerb oder auch Anteilserwerb kann nach dem Gesetz rückgängig gemacht werden (Rückerwerb). Erfolgt der Rückerwerb grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren und werden der Erwerb sowie die Rückgängigmachung beim zuständigen Finanzamt innerhalb von zwei Wochen angezeigt, entsteht weder für den Erwerb noch für den Rückerwerb Grunderwerbsteuer. Sachverhalt: Die Klägerin war ursprünglich mit 94,9 % an der R-AG beteiligt, die Grundbesitz hielt. Weiterer Gesellschafter war die M-GmbH, die mit 5,1 % beteiligt war. Mit Vertrag vom 20.12.2011 übertrug die M-GmbH ihre Beteiligung von 5,1 % auf die Klägerin, die damit nun Alleingesellschafterin der R-AG war. Die Klägerin zeigte den Anteilserwerb aber erst nach Ablauf von zwei Wochen beim zuständigen Finanzamt an. Im Jahr 2013 setzte das Finanzamt Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin fest. Mit Vertrag vom 10.10.2012 machten die Klägerin und die M-GmbH den Vertrag vom 20.12.2011 rückgängig, so dass die Klägerin nun wieder mit 94,9 % beteiligt war. Beide vereinbarten das Recht, den Vertrag vom 10.10.2012 innerhalb von zwei Jahren rückgängig zu machen. Mit Vertrag vom 8.4.2014 machten die Klägerin und die M-GmbH den Vertrag vom 10.10.2012 rückgängig, so dass die Klägerin nun wieder mit 100 % beteiligt war. Dieser Vertrag (vom 8.4.2012) wurde am 14.4.2014, also innerhalb von zwei Wochen, beim Finanzamt angezeigt. Das Finanzamt setzte nun erneut Grunderwerbsteuer gegenüber der Klägerin fest, da sie nun wieder mit mindestens 95 % an der grundbesitzenden R-AG beteiligt war. Die Klägerin beantragte beim Finanzamt, die Grunderwerbsteuer aufzuheben, weil es sich um einen Fall der Rückgängigmachung handle. Das Finanzamt lehnte diesen Antrag ab. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: Zwar entstand aufgrund des Vertrags vom 8.4.2014 Grunderwerbsteuer, da die Beteiligung der Klägerin an der R-AG nun auf mindestens 95 %, nämlich auf 100 %, gestiegen war, so dass es bei ihr zu einer sog. Anteilsvereinigung gekommen war. Vor dem Vertrag am 8.4.2014 war die Klägerin nur mit 94,9 % beteiligt, anschließend aufgrund des Vertrags vom 8.4.2014 aber mit 100 %. Unbeachtlich war, dass die Klägerin bereits nach dem Vertrag vom 20.12.2011 mit 100 % beteiligt gewesen war und diese Beteiligungsquote bis zum Vertrag vom 10.10.2012 gehalten hatte. Aufgrund des Vertrags vom 10.10.2012, mit dem die Anteilsübertragung vom 20.12.2011 rückgängig gemacht worden war, sank die Beteiligungsquote der Klägerin ab dem 10.10.2012 wieder auf 94,9 % ab. Durch den Vertrag vom 8.4.2014 kam es zu einer erneuten Überschreitung der Schädlichkeitsgrenze von 95 %. Gegen diese erneute Überschreitung war die Klägerin nicht aufgrund ihrer früheren Beteiligungsquote von 100 % im Zeitraum vom 20.12.2011 bis zum 10.10.2012 „immun“. Allerdings stellte der Vertrag vom 8.4.2014 eine grunderwerbsteuerliche Rückgängigmachung dar, so dass die Grunderwerbsteuer aufzuheben war. Rückgängig gemacht wurde der Vertrag vom 10.10.2012, so dass weder der Vertrag vom 10.10.2012 noch der Vertrag vom 8.4.2012 Grunderwerbsteuer auslöste. Unbeachtlich war, dass der Vertrag vom 8.4.2012 ohnehin nicht grunderwerbsteuerbar war, da die Klägerin die Schädlichkeitsgrenze von 95 % nicht überschritten hatte, sondern vielmehr unter diese Grenze gesunken war. Hinweise: Dem BFH zufolge widerspräche es der gesetzlichen Zielsetzung, wenn eine Rückgängigmachung voraussetzt, dass der vorherige Erwerb steuerbar war. Der BFH hielt es nicht für schädlich, dass die Klägerin und die M-GmbH die Anteilsübertragung vom 10.10.2012 nicht innerhalb von zwei Wochen beim Finanzamt angezeigt hatten; denn diese Anteilsübertragung war nicht grunderwerbsteuerbar. Hätte die Klägerin die erste Anteilsübertragung vom 20.12.2011 fristgerecht beim Finanzamt angezeigt, hätte die Rückgängigmachung vom 10.10.2012 dazu geführt, dass die Grunderwerbsteuer für den Vertrag vom 20.12.2011 aufgehoben worden wäre. Quelle: BFH, Urteil vom 7.5.2025 – II R 26/23; NWB

  • Grunderwerbsteuer: Rückgängigmachung eines nicht steuerbaren Erwerbs

    Grunderwerbsteuer: Rückgängigmachung eines nicht steuerbaren Erwerbs

    Wird eine Anteilsübertragung, die Anteile an einer grundbesitzenden GmbH betraf, rückgängig gemacht, kann dies zur Entstehung von Grunderwerbsteuer führen, wenn der Erwerber nun wieder mit 95 % bzw. – nach aktueller Rechtslage – 90 % beteiligt ist. Aufgrund der Rückgängigmachung unterliegt aber der Rückerwerb nicht der Grunderwerbsteuer; unschädlich ist es, wenn die ursprüngliche Übertragung keine Grunderwerbsteuer ausgelöst hatte. Hintergrund: Werden Anteile an einer Gesellschaft, die Grundbesitz hält, übertragen und ist der Erwerber nun mit mindestens 90 % (seit 1.7.2021) bzw. mit mindestens 95 % (bis zum 30.6.2021) beteiligt, entsteht Grunderwerbsteuer. Man spricht hier von einer sog. Anteilsvereinigung. Ein grunderwerbsteuerbarer Grundstückserwerb oder auch Anteilserwerb kann nach dem Gesetz rückgängig gemacht werden (Rückerwerb). Erfolgt der Rückerwerb grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren und werden der Erwerb sowie die Rückgängigmachung beim zuständigen Finanzamt innerhalb von zwei Wochen angezeigt, entsteht weder für den Erwerb noch für den Rückerwerb Grunderwerbsteuer. Die Zwei-Jahres-Frist gilt jedoch nicht für den Fall, dass die Bedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.Sachverhalt: Der Kläger war Alleingesellschafter einer GmbH, die Grundbesitz hielt. Mit notariellem Schenkungsvertrag vom 14.6.2016 schenkte er seinem Sohn S 49 % der GmbH-Anteile. Allerdings behielt sich der Kläger einen Widerruf vor, falls S vor dem Kläger sterben und keine Nachkommen hinterlassen sollte. Tatsächlich starb S im Jahr 2018, ohne Nachkommen zu haben. Der Kläger widerrief gegenüber seiner Ehefrau, die zusammen mit dem Kläger Erbe geworden war, die Schenkung am 6.12.2018. Damit war der Kläger wieder Alleingesellschafter. Das Finanzamt setzte nun Grunderwerbsteuer gegenüber dem Kläger fest, weil er aufgrund des Widerrufs wieder mit 100 % und damit mit mindestens 95 % an der grundbesitzenden GmbH beteiligt war. Hiergegen wehrte sich der Kläger. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: Grundsätzlich wurde durch den Widerruf der Schenkung am 6.12.2018 Grunderwerbsteuer ausgelöst. Denn der Kläger war bis zum Widerruf nur mit 51 % an der grundbesitzenden GmbH beteiligt, nachdem er im Jahr 2016 auf S 49 % Anteile übertragen hatte. Aufgrund des Widerrufs war er nun wieder mit 100 % und damit mit mindestens 95 %, der gesetzlichen Beteiligungsgrenze, die im Jahr 2018 galt, beteiligt. Allerdings war die Grunderwerbsteuer nicht festzusetzen, weil die Voraussetzungen für eine Rückgängigmachung vorlagen. Eine derartige Rückgängigmachung, aufgrund derer Grunderwerbsteuer nicht festzusetzen oder eine Grunderwerbsteuerfestsetzung aufzuheben ist, kann auch dann vorliegen, wenn die ursprüngliche Anteilsübertragung (hier: 49 %) gar nicht grunderwerbsteuerbar war. In der Regel betrifft die Rückgängigmachung den Rückerwerb eines Grundstücks, also einen Fall, in dem sowohl die Übertragung des Grundstücks als auch der spätere Rückerwerb grunderwerbsteuerbar waren. Bei einer Anteilsübertragung wie im Streitfall ist es aber nicht erforderlich, dass der ursprüngliche Erwerb (Übertragung von 49 % auf S) grunderwerbsteuerbar war. Hinweise: Nach Auffassung des BFH widerspräche es der gesetzlichen Zielsetzung, wenn die Grunderwerbsteuer für den Rückerwerb nur dann nicht festgesetzt würde, wenn der Ersterwerb steuerbar war. Im Streitfall galt keine Zwei-Jahres-Frist für die Rückgängigmachung, weil es sich nicht um einen regulären Rückerwerb handelte, sondern weil die Bedingungen des Schenkungsvertrags (S darf nicht vor seinem Vater, dem Kläger, sterben) nicht erfüllt wurden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund des Widerrufsanspruchs rückgängig gemacht wurde.An sich hätte der Kläger sowohl die Übertragung als auch den Rückerwerb fristgerecht dem zuständigen Finanzamt anzeigen müssen. Die Anzeigepflicht soll verhindern, dass die Vertragspartner einen grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgang zunächst nicht anzeigen und ihn dann, nachdem das Finanzamt von dem Erwerbsvorgang erfahren hat, rückgängig machen. Im Streitfall musste aber die Übertragung der 49 % dem Finanzamt nicht angezeigt werden, weil diese Übertragung nicht grunderwerbsteuerbar war; denn S war aufgrund der Schenkung im Jahr 2016 nicht mit mindestens 95 % an der GmbH beteiligt. Auch der Rückerwerb im Jahr 2018 musste nicht angezeigt werden, weil die Gefahr eines Missbrauchs in der Regel über die Rückgängigmachung angesichts der fehlenden Grunderwerbsteuerbarkeit der Übertragung im Jahr 2016 ausgeschlossen war. Quelle: BFH, Urteil vom 7.5.2025 – II R 16/23; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Oktober 2025

    Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Oktober 2025

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Oktober 2025 bekannt gegeben. Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2025 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.Quelle: BMF, Schreiben v. 3.11.2025 – III C 3 – S 7329/00014/007/150; NWB

  • Rechtswidrigkeit einer Hinzuschätzung aufgrund der sog. Richtsatzsammlung

    Rechtswidrigkeit einer Hinzuschätzung aufgrund der sog. Richtsatzsammlung

    Ist die Kassenbuchführung in einem bargeldintensiven Betrieb wie z.B. einer Diskothek fehlerhaft, ist das Finanzamt dem Grunde nach zu einer Hinzuschätzung berechtigt. Die Schätzung darf aber nicht ohne Weiteres auf die sog. Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung gestützt werden, weil die Richtsatzsammlung Mängel aufweist. Vorrangig ist vielmehr eine Schätzung aufgrund eines inneren Betriebsvergleichs, d.h. aufgrund einer Nachkalkulation.Hintergrund: Ist die Buchführung nicht ordnungsgemäß, kann der Gewinn geschätzt werden. Zu den üblichen Schätzungsmethoden gehören der sog. innere Betriebsvergleich, bei dem anhand des Wareneinsatzes eine Nachkalkulation durchgeführt wird, sowie der äußere Betriebsvergleich, bei dem der Betrieb des Steuerpflichtigen mit anderen Betrieben aus derselben Branche verglichen wird und die Gewinnaufschlagsätze anderer Unternehmer derselben Branche herangezogen werden. Diese Richtsätze werden in einer Richtsatzsammlung dokumentiert, die von der Finanzverwaltung herausgegeben wird.Sachverhalt: Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2013 und 2014 in Hamburg eine Diskothek und ermittelte seinen Gewinn durch Bilanzierung. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Prüfer Mängel in der Kassenbuchführung fest, da der Kläger keine Einzelaufzeichnungen vorlegen konnte. Der Prüfer führte eine Nachkalkulation für die Getränkeumsätze durch und gelangte zu der Auffassung, dass der Kläger nur ca. 42 % des möglichen Umsatzes erklärt habe. Der Außenprüfer schätzte daher Umsätze bei den Getränkeverkäufen hinzu und legte dabei einen Rohgewinnaufschlagsatz von 554 % zu Grunde. Das Finanzgericht (FG) ersetzte die Schätzung des Prüfers durch eine eigene und setzte – auf Grundlage der Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung, die Rohgewinnaufschläge für Gast-, Speise- und Schankwirtschaften zwischen 186 % und 400 % (2013) bzw. zwischen 186 % und 376 % (2014) veröffentlicht hatte, einen Rohgewinnaufschlag von 300 % an. Der Fall kam – nach einer ersten Zurückverweisung durch den Bundesfinanzhof (BFH) an das FG wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör – erneut zum BFH.Entscheidung: Der BFH bejahte zwar eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts dem Grunde nach, hielt eine Schätzung aufgrund der Rohgewinnaufschläge der Richtsatzsammlung aber für rechtswidrig und verwies den Fall daher erneut an das FG zurück: Eine Schätzungsbefugnis war zu bejahen, da die Kassensturzfähigkeit fehlte; denn der Kläger hatte bis zu fünf offene Ladenkassen verwendet, aber nicht die erforderlichen Kassenaufzeichnungen gefertigt. Damit konnte der jeweilige Ist-Kassenbestand, der mittels Auszählung ermittelt wurde, nicht anhand der (unvollständigen) Kassenaufzeichnungen überprüft werden. Dieser formelle Mangel war gravierend, weil in der Diskothek überwiegend Bargeschäfte getätigt wurden. Die Schätzung ist jedoch der Höhe nach rechtswidrig. Zwar ist das Finanzamt grundsätzlich in der Wahl der Schätzungsmethode frei, wenn mehrere Schätzungsmethoden gleich geeignet sind. Gibt es aber eine besser geeignete Schätzungsmethode, muss das Finanzamt diese Methode anwenden. Grundsätzlich ist ein innerer Betriebsvergleich geeigneter als ein äußerer Betriebsvergleich, weil beim inneren Betriebsvergleich die konkreten Betriebsverhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden; beim äußeren Betriebsvergleich lässt sich hingegen nicht ohne Weiteres ein anderer Betrieb finden, der dem Betrieb des Steuerpflichtigen bezüglich der Betriebsgröße, Lage, Organisation und Kundenstamm sowie der Branche gleicht. Das Finanzamt muss zudem sein Schätzungsergebnis begründen. Im Streitfall hat das FG zu Unrecht die Richtsatzsammlung herangezogen, anstatt die Schätzung auf eine Nachkalkulation zu stützen. Die Richtsatzsammlung enthält nämlich keine Vergleichswerte (Rohgewinnaufschlagsätze) für Diskotheken, sondern nur für Gast-, Speise- und Schankwirtschaften. Eine Diskothek ist hiermit aber nicht vergleichbar, weil in einer Diskothek keine Speisen angeboten werden und weil es keinen Verzehrzwang gibt. Im Übrigen gibt es weitere Mängel der Richtsatzsammlung (s. Hinweise unten). Hinweise: Der BFH hat die Sache daher erneut an das FG zurückverwiesen, so dass der Fall nun zum dritten Mal vor dem Finanzgericht verhandelt wird. Der BFH hat weitere erhebliche Bedenken gegen die Richtsatzsammlung geäußert, die der Finanzverwaltung die Anwendung der Richtsatzsammlung künftig erschweren dürfte: So gehen nur die Werte von Betrieben ein, bei denen eine Außenprüfung durchgeführt worden ist. Dies ist jedoch keine statistisch zuverlässige und repräsentative Zufallsauswahl; denn die Umsatz- und Gewinnzahlen der Betriebe, die nicht durch eine Außenprüfung geprüft worden sind, bleiben unberücksichtigt. Außerdem gehen die Zahlen von Verlustbetrieben nicht in die Richtsatzsammlung ein. Dabei bleiben ohnehin bereits jeweils 10 % der Betriebe mit den höchsten und niedrigsten Rohgewinnaufschlagsätzen außer Betracht. Sollte die Finanzverwaltung Betriebe mit Anlaufverlusten nicht berücksichtigen wollen, wäre es konsequent, auch Betriebe mit Anlaufgewinnen außer Ansatz zu lassen. Schließlich setzt die Anwendung der Richtsatzsammlung voraus, dass die Anwendung des jeweiligen Aufschlagsatzes nachvollziehbar begründet wird. Denn die Richtsatzsammlung enthält mitunter sehr weite Spannen, z.B. für Hotelbetriebe zwischen 285 % und 1900 %, für Bestattungsunternehmen zwischen 194 % und 1011 %, für Cafes zwischen 186 % und 525 % und für Restaurants zwischen 178 % und 446 % (Richtsatzsammlung 2023). Quelle: BFH, Urteil vom 18.6.2025 – X R 19/21; NWB