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Kategorie: Steuern

  • Rechtswidrigkeit einer Hinzuschätzung aufgrund der sog. Richtsatzsammlung

    Rechtswidrigkeit einer Hinzuschätzung aufgrund der sog. Richtsatzsammlung

    Ist die Kassenbuchführung in einem bargeldintensiven Betrieb wie z.B. einer Diskothek fehlerhaft, ist das Finanzamt dem Grunde nach zu einer Hinzuschätzung berechtigt. Die Schätzung darf aber nicht ohne Weiteres auf die sog. Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung gestützt werden, weil die Richtsatzsammlung Mängel aufweist. Vorrangig ist vielmehr eine Schätzung aufgrund eines inneren Betriebsvergleichs, d.h. aufgrund einer Nachkalkulation.Hintergrund: Ist die Buchführung nicht ordnungsgemäß, kann der Gewinn geschätzt werden. Zu den üblichen Schätzungsmethoden gehören der sog. innere Betriebsvergleich, bei dem anhand des Wareneinsatzes eine Nachkalkulation durchgeführt wird, sowie der äußere Betriebsvergleich, bei dem der Betrieb des Steuerpflichtigen mit anderen Betrieben aus derselben Branche verglichen wird und die Gewinnaufschlagsätze anderer Unternehmer derselben Branche herangezogen werden. Diese Richtsätze werden in einer Richtsatzsammlung dokumentiert, die von der Finanzverwaltung herausgegeben wird.Sachverhalt: Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2013 und 2014 in Hamburg eine Diskothek und ermittelte seinen Gewinn durch Bilanzierung. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Prüfer Mängel in der Kassenbuchführung fest, da der Kläger keine Einzelaufzeichnungen vorlegen konnte. Der Prüfer führte eine Nachkalkulation für die Getränkeumsätze durch und gelangte zu der Auffassung, dass der Kläger nur ca. 42 % des möglichen Umsatzes erklärt habe. Der Außenprüfer schätzte daher Umsätze bei den Getränkeverkäufen hinzu und legte dabei einen Rohgewinnaufschlagsatz von 554 % zu Grunde. Das Finanzgericht (FG) ersetzte die Schätzung des Prüfers durch eine eigene und setzte – auf Grundlage der Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung, die Rohgewinnaufschläge für Gast-, Speise- und Schankwirtschaften zwischen 186 % und 400 % (2013) bzw. zwischen 186 % und 376 % (2014) veröffentlicht hatte, einen Rohgewinnaufschlag von 300 % an. Der Fall kam – nach einer ersten Zurückverweisung durch den Bundesfinanzhof (BFH) an das FG wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör – erneut zum BFH.Entscheidung: Der BFH bejahte zwar eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts dem Grunde nach, hielt eine Schätzung aufgrund der Rohgewinnaufschläge der Richtsatzsammlung aber für rechtswidrig und verwies den Fall daher erneut an das FG zurück: Eine Schätzungsbefugnis war zu bejahen, da die Kassensturzfähigkeit fehlte; denn der Kläger hatte bis zu fünf offene Ladenkassen verwendet, aber nicht die erforderlichen Kassenaufzeichnungen gefertigt. Damit konnte der jeweilige Ist-Kassenbestand, der mittels Auszählung ermittelt wurde, nicht anhand der (unvollständigen) Kassenaufzeichnungen überprüft werden. Dieser formelle Mangel war gravierend, weil in der Diskothek überwiegend Bargeschäfte getätigt wurden. Die Schätzung ist jedoch der Höhe nach rechtswidrig. Zwar ist das Finanzamt grundsätzlich in der Wahl der Schätzungsmethode frei, wenn mehrere Schätzungsmethoden gleich geeignet sind. Gibt es aber eine besser geeignete Schätzungsmethode, muss das Finanzamt diese Methode anwenden. Grundsätzlich ist ein innerer Betriebsvergleich geeigneter als ein äußerer Betriebsvergleich, weil beim inneren Betriebsvergleich die konkreten Betriebsverhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden; beim äußeren Betriebsvergleich lässt sich hingegen nicht ohne Weiteres ein anderer Betrieb finden, der dem Betrieb des Steuerpflichtigen bezüglich der Betriebsgröße, Lage, Organisation und Kundenstamm sowie der Branche gleicht. Das Finanzamt muss zudem sein Schätzungsergebnis begründen. Im Streitfall hat das FG zu Unrecht die Richtsatzsammlung herangezogen, anstatt die Schätzung auf eine Nachkalkulation zu stützen. Die Richtsatzsammlung enthält nämlich keine Vergleichswerte (Rohgewinnaufschlagsätze) für Diskotheken, sondern nur für Gast-, Speise- und Schankwirtschaften. Eine Diskothek ist hiermit aber nicht vergleichbar, weil in einer Diskothek keine Speisen angeboten werden und weil es keinen Verzehrzwang gibt. Im Übrigen gibt es weitere Mängel der Richtsatzsammlung (s. Hinweise unten). Hinweise: Der BFH hat die Sache daher erneut an das FG zurückverwiesen, so dass der Fall nun zum dritten Mal vor dem Finanzgericht verhandelt wird. Der BFH hat weitere erhebliche Bedenken gegen die Richtsatzsammlung geäußert, die der Finanzverwaltung die Anwendung der Richtsatzsammlung künftig erschweren dürfte: So gehen nur die Werte von Betrieben ein, bei denen eine Außenprüfung durchgeführt worden ist. Dies ist jedoch keine statistisch zuverlässige und repräsentative Zufallsauswahl; denn die Umsatz- und Gewinnzahlen der Betriebe, die nicht durch eine Außenprüfung geprüft worden sind, bleiben unberücksichtigt. Außerdem gehen die Zahlen von Verlustbetrieben nicht in die Richtsatzsammlung ein. Dabei bleiben ohnehin bereits jeweils 10 % der Betriebe mit den höchsten und niedrigsten Rohgewinnaufschlagsätzen außer Betracht. Sollte die Finanzverwaltung Betriebe mit Anlaufverlusten nicht berücksichtigen wollen, wäre es konsequent, auch Betriebe mit Anlaufgewinnen außer Ansatz zu lassen. Schließlich setzt die Anwendung der Richtsatzsammlung voraus, dass die Anwendung des jeweiligen Aufschlagsatzes nachvollziehbar begründet wird. Denn die Richtsatzsammlung enthält mitunter sehr weite Spannen, z.B. für Hotelbetriebe zwischen 285 % und 1900 %, für Bestattungsunternehmen zwischen 194 % und 1011 %, für Cafes zwischen 186 % und 525 % und für Restaurants zwischen 178 % und 446 % (Richtsatzsammlung 2023). Quelle: BFH, Urteil vom 18.6.2025 – X R 19/21; NWB

  • Unterkunftskosten eines Diplomaten im Ausland

    Unterkunftskosten eines Diplomaten im Ausland

    Ein deutscher Diplomat, der in Deutschland einen Wohnsitz hat, aber im Ausland tätig ist und dort im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung eine Wohnung anmietet, kann die tatsächlichen Unterkunftskosten für die Wohnung im Ausland als Werbungskosten absetzen, wenn sein Dienstherr die tatsächlichen Unterkunftskosten bei der Gewährung des Mietzuschusses als notwendig ansieht. Allerdings sind die Werbungskosten um den steuerfreien Mietzuschuss zu mindern. Hintergrund: Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb seines Lebensmittelpunktes aus beruflichen Gründen eine Zweitwohnung unterhält.Sachverhalt: Der Kläger war Beamter im diplomatischen Dienst und im Streitjahr 2015 im Ausland tätig. Er hatte aber weiterhin einen Wohnsitz in Deutschland. Im Ausland mietete er eine 200 m² große Wohnung an. Nach dem Mietleitfaden für den diplomatischen Dienst war zwar nur eine Wohnfläche von 140 qm als angemessen vorgesehen; der Dienstherr des Klägers erkannte im Rahmen der Gewährung des Mietzuschusses aber die tatsächlichen Kosten für die Wohnung als angemessen an, weil die Miete für die Wohnung nicht über der Miete für angemessen große Wohnungen lag. Der Kläger erhielt neben dem steuerfreien Mietzuschuss auch noch steuerfreie Auslandsbezüge und machte die gesamten Unterkunftskosten für die Wohnung im Ausland als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung geltend. Das Finanzamt erkannte die Miete nur im Umfang von 140/200 an und kürzte den sich danach ergebenden Betrag um den steuerfreien Mietzuschuss sowie anteilig um die steuerfreien Auslandsbezüge. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) erkannte die tatsächlich gezahlte Miete, gekürzt um den Mietzuschuss, als Werbungskosten an und gab der Klage insoweit statt: Der Kläger war in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig, da er in Deutschland einen Wohnsitz hatte. Zwar gehörten zu seinem steuerpflichtigen Einkommen an sich auch die Einkünfte aus seiner Tätigkeit als Diplomat im Ausland; jedoch waren diese Einkünfte aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens in Deutschland weitgehend steuerfrei. Dies war zwischen dem Kläger und dem Finanzamt auch nicht streitig. Bei dem Kläger lag eine doppelte Haushaltsführung vor. Aufgrund der doppelten Haushaltsführung konnte er auch Unterkunftskosten steuerlich geltend machen. Zwar ist der Abzug der Unterkunftskosten für eine doppelte Haushaltsführung im Inland auf höchstens 1.000 € im Monat beschränkt; die Zweitwohnung des Klägers befand sich jedoch nicht im Inland, sondern im Ausland, so dass diese Beschränkung im Streitfall nicht galt. Bei einer doppelten Haushaltsführung im Ausland kommt es darauf an, welche Unterkunftskosten notwendig bzw. für die Zweckverfolgung erforderlich sind. Erkennt der Dienstherr die tatsächlich entstehenden Unterkunftskosten als notwendig an und berechnet er den Mietzuschuss dementsprechend auf der Grundlage der tatsächlich entstehenden Unterkunftskosten, kann dies auch für steuerliche Zwecke übernommen werden. Damit waren im Streitfall die tatsächlichen Unterkunftskosten als Werbungskosten anzuerkennen. Allerdings war der steuerfreie Mietzuschuss von den sich danach ergebenden Werbungskosten abzuziehen; denn der Mietzuschuss wurde vom Dienstherrn dafür gezahlt, die Mietaufwendungen zu mindern. Hinweise: Nicht abzuziehen war hingegen der steuerfreie Auslandszuschlag. Denn dieser wurde nicht gezahlt, um die Unterkunftskosten zu mindern, sondern diente dazu, den materiellen Mehraufwand sowie immaterielle Belastungen, die aufgrund des Einsatzes im Ausland entstehen, zu mindern. Die tatsächliche Höhe der Unterkunftskosten ergibt sich aus dem Urteil nicht, weil der BFH sowohl diese Höhe als auch den ausländischen Staat anonymisiert hat. Quelle: BFH, Urteil vom 17.6.2025 – VI R 21/23; NWB

  • Grunderwerbsteuer: Übertragung von Grundstücken mit Solar- oder Photovoltaikanlagen

    Grunderwerbsteuer: Übertragung von Grundstücken mit Solar- oder Photovoltaikanlagen

    Das Finanzministerium Sachsen-Anhalt hat einen Erlass veröffentlicht, der sich zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer äußert, wenn sich auf dem Grundstück eine Solar- oder Photovoltaikanlage befindet. Hintergrund: Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer ist der Kaufpreis. Allerdings wird nur der Kaufpreis für das Grundstück selbst als Bemessungsgrundlage erfasst. Werden zusammen mit dem Grundstück auch Betriebsvorrichtungen oder Sachen verkauft, die nur zu einem vorübergehenden Zweck mit dem Grund und Boden verbunden sind, und der Kaufpreis hierfür gezahlt, ist die Bemessungsgrundlage insoweit zu mindern. Wesentlicher Inhalt des Erlasses: Zum Grundstück gehören sämtliche Bestandteile wie z.B. Heizungsanlagen, fest eingebaute Bad- und Sanitäreinrichtungen, Versorgungsleitungen für Strom, Wasser und Heizung sowie die Dacheindeckung. Betriebsvorrichtungen gehören nicht zum Grundstück, so dass die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer entsprechend zu mindern ist. Im Fall von Solar- oder Photovoltaikanlagen ist zwischen thermischen Solaranlagen/Solarkraftwerken einerseits und Photovoltaikanlagen andererseits zu unterscheiden: Thermische Solaranlagen bzw. Solarkraftwerke ergänzen regelmäßig eine bereits vorhandene Wärmeversorgung durch Wärmegewinnung mittels Sonnenlicht. Da es sich bei der bereits vorhandenen Wärmeversorgung um eine Heizungsanlage handelt, die regelmäßig ein Gebäudebestandteil ist, gehört auch der Kaufpreis, soweit er auf die Solaranlage entfällt, zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage. Photovoltaikanlagen dienen hingegen der Stromerzeugung durch Sonnenenergie. Grunderwerbsteuerlich ist zu unterscheiden, ob der Strom für den Eigenbedarf produziert wird oder aber in das öffentliche Stromnetz eingespeist wird: Wird der erzeugte Strom ausschließlich für das Grundstück und damit für den Eigenbedarf eingesetzt, handelt es sich bei der Anlage um einen Bestandteil bzw. um Zubehör des Grundstücks, so dass der auf die Photovoltaikanlage entfallende Kaufpreis ebenfalls zur grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage gehört. Wird der erzeugte Strom hingegen ausschließlich in das öffentliche Stromnetz eingespeist, gehört die Photovoltaikanlage zu einem Gewerbebetrieb, so dass die Photovoltaikanlage als Betriebsvorrichtung anzusehen ist, wenn es sich um Photovoltaik-Module handelt, die auf eine Trägerkonstruktion montiert sind. Die grunderwerbsteuerliche Bemessungsgrundlage ist dann insoweit zu kürzen, als der Kaufpreis auf die Photovoltaikanlage entfällt. Dienen Photovoltaikanlagen sowohl dem Eigenbedarf als auch der Einspeisung in öffentliche Netze, unterhält der Grundstückseigentümer dadurch einen Gewerbebetrieb. Die entsprechenden Photovoltaikanlagen sind Betriebsvorrichtungen und das auf sie entfallende Entgelt gehört nicht zur Gegenleistung. Hingegen ist die Photovoltaikanlage ein Gebäudebestandteil, wenn sie anstatt einer Dacheindeckung, einer Fassade oder einer Glasscheibe eingebaut oder befestigt ist. Der auf die Photovoltaikanlage entfallende Teil des Kaufpreises gehört damit zur Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer.Hinweise: Dem Erlass des Finanzministeriums ist eine graphische Übersicht beigefügt, die die unterschiedlichen Fallgruppen darstellt. Der Erlass ist bundeseinheitlich abgestimmt und hat damit auch über Sachsen-Anhalt hinaus Bedeutung.Bilanzsteuerrechtlich und damit ertragsteuerlich werden Photovoltaikanlagen bislang als selbständige Wirtschaftsgüter bzw. als Betriebsvorrichtungen behandelt und in der Regel auf 20 Jahre abgeschrieben, d.h. jährlich mit 5 %. Handelsrechtlich wird sich dies aber ab 2026 ändern, falls eine Einbaupflicht für die Photovoltaikanlage besteht oder wenn der produzierte Strom (nahezu) ausschließlich in dem betreffenden Gebäude verbraucht wird. Quelle: Ministerium der Finanzen Sachsen-Anhalt vom 16.7.2025 – 43 – S 4521 – 45; NWB

  • Vorlagepflicht für E-Mails bei einer Außenprüfung

    Vorlagepflicht für E-Mails bei einer Außenprüfung

    Das Finanzamt kann im Rahmen einer Außenprüfung die Vorlage von E-Mails verlangen, die als Handels- und Geschäftsbriefe anzusehen sind, weil sie die Vorbereitung, Durchführung oder Rückgängigmachung eines Handelsgeschäfts betreffen, oder weil sie einen steuerlichen Bezug aufweisen. Der Unternehmer ist jedoch nicht verpflichtet, auf Aufforderung des Finanzamts ein sog. Gesamtjournal zu erstellen, in dem alle E-Mails mit den jeweiligen Kerninformationen (z.B. Absender) aufgeführt sind und in dem angegeben wird, ob die E-Mail jeweils steuerlich relevant ist.Hintergrund: Im Rahmen einer Außenprüfung kann der Außenprüfer vom Unternehmer die Vorlage aller aufbewahrungspflichtigen Unterlagen verlangen. Nach dem Gesetz sind u.a. die Bücher, Inventare, Jahresabschlüsse, die empfangenen Handels- oder Geschäftsbriefe sowie Kopien der abgesandten Handels- oder Geschäftsbriefe, Buchungsbelege sowie sonstige Unterlagen, soweit sie für die Besteuerung von Bedeutung sind, aufbewahrungspflichtig.Sachverhalt: Bei dem Kläger kam es zu einer Außenprüfung. Der Prüfer verlangte zum einen die Vorlage aller E-Mails, die Handels- und Geschäftsbriefen entsprechen und die die Verrechnungspreisdokumentation des Klägers betrafen. Zum anderen verlangte der Außenprüfer die Erstellung und Vorlage eines Gesamtjournals, in dem der jeweilige Empfänger bzw. Sender der E-Mail, der „cc“- und „bcc“-Empfänger, die Uhrzeit, der Betreff und die Namen der Anlagen aufgelistet werden sollte und in dem der Kläger in einem Zusatzfeld angeben sollte, wie er sein sog. Erstqualifzierungsrecht ausgeübt hat. Der Kläger wandte sich gegen das Vorlageverlangen. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt das Vorlageverlangen zum Teil für rechtmäßig und zum Teil für rechtswidrig: Rechtmäßig war das Vorlageverlangen, soweit der Außenprüfer die Vorlage empfangener E-Mails sowie abgesandter E-Mails verlangte, die sich auf die Vorbereitung, Durchführung oder Rückgängigmachung eines Handelsgeschäfts bezogen und rechnungsrelevante Informationen enthielten; denn insoweit handelte es sich um Handels- und Geschäftsbriefe, die aufbewahrungspflichtig und damit vorlagepflichtig sind. Ebenfalls rechtmäßig war das Vorlageverlangen, soweit der Außenprüfer die Vorlage derjenigen E-Mails verlangte, die sich auf eine Verrechnungspreisdokumentation des Klägers bezogen; denn diese E-Mails waren Unterlagen, die für die Besteuerung von Bedeutung sind und damit aufbewahrungspflichtig sowie vorlagepflichtig sind. Rechtswidrig war das Vorlageverlangen des Außenprüfers jedoch, soweit er die Erstellung eines Gesamtjournals verlangte und forderte, dass der Kläger angibt, wie er sein Erstqualifizierungsrecht ausgeübt hat. Zum einen kann mit einem Vorlageverlangen nicht die Erstellung von Unterlagen verlangt werden. Zum anderen hätte sich der Kläger aufgrund der geforderten Angabe zum Erstqualifizierungsrecht auch zu solchen E-Mails äußern müssen, für die eine Aufbewahrungspflicht gar nicht bestand. Hinweise: Ergeben sich die steuerlich relevanten Informationen nicht aus der E-Mail selbst, sondern nur aus ihrem Anhang, ist jedenfalls der Anhang aufzubewahren und auf Aufforderung des Außenprüfers vorzulegen.Mit dem Erstqualifikationsrecht erhält der Steuerpflichtige die Möglichkeit, aufbewahrungspflichtige und damit vorlagepflichtige Unterlagen bzw. Daten von nicht aufbewahrungspflichtigen Unterlagen bzw. Daten zu trennen. So kann er z.B. Unterlagen, die den Privatbereich betreffen, oder für die ein Vorlageverweigerungsrecht besteht, z.B. Patientendaten, als nicht aufbewahrungspflichtig einstufen und aussondern und muss sie nicht vorlegen. Quelle: BFH, Beschluss vom 30.4.2025 – XI R 15/23; NWB

  • Teilung einer Pensionszusage nach Scheidung

    Teilung einer Pensionszusage nach Scheidung

    Kommt es infolge einer Scheidung zu einem Versorgungsausgleich, bei dem der Pensionsanspruch eines Gesellschafters einer gewerblich tätigen Personengesellschaft geteilt wird, so dass seine geschiedene Ehefrau ein Anrecht auf die Pension erhält, bleibt die interne Teilung nach dem Gesetz zwar steuerfrei. Erhöht sich jedoch in der Folgezeit der Teilwert des Pensionsanspruchs, unterliegt die Teilwerterhöhung bei der Ehefrau der Besteuerung und wird den gewerblichen Einkünften zugerechnet. Hintergrund: Wird dem Gesellschafter einer unternehmerisch tätigen Personengesellschaft eine Pensionszusage erteilt, muss die Personengesellschaft hierfür in ihrer Gesamthandsbilanz eine entsprechende Pensionsverpflichtung bilden. Der Gesellschafter muss korrespondierend hierzu einen Anspruch in seiner Sonderbilanz aktivieren. Nach dem Gesetz bleibt die Übertragung von Anrechten auf eine Pension im Rahmen des Versorgungsausgleichs steuerfrei (sog. Teilung des Pensionsanspruchs). Die späteren Pensionszahlungen gehören bei dem begünstigten Scheidungsgatten zu denjenigen Einkünften, zu denen die Leistungen bei dem anderen Ehegatten, der einen Teil seines Anrechts abgeben musste, gehören würden, wenn es zu der Übertragung bzw. Teilung nicht gekommen wäre. Sachverhalt: Die Klägerin war die frühere Ehefrau des G, der Komplementär einer KG war; die Klägerin war an der KG nicht beteiligt. G hatte einen Pensionsanspruch gegenüber der KG erworben; die KG hatte in ihrer Gesamthandsbilanz eine entsprechende Pensionsverpflichtung passiviert. Die Klägerin und G ließen sich im Jahr 2016 scheiden und trafen im Dezember 2016 eine Scheidungsfolgenvereinbarung. Danach sollte das Anrecht des G auf die Pension im Wege des Versorgungsausgleichs geteilt werden, so dass die Klägerin einen Anspruch auf Altersversorgung erhalten sollte. Der Wert der Pensionszusage für die Klägerin betrug am 1.1.2017 ca. 600.000 €; diesen Wert passivierte die KG in ihrer Gesamthandsbilanz. Zum 31.12.2017 erhöhte sich der Wert auf ca. 635.000 €. Das Finanzamt ließ zwar die Teilung des Pensionsanspruchs bei der Klägerin einkommensteuerfrei; es erfasste aber die Werterhöhung in Höhe von ca. 35.000 € im Gewinnfeststellungsbescheid der KG für 2017 als gewerbliche Einkünfte der Klägerin. Hiergegen wehrte sich die Klägerin. Entscheidung: Das Finanzgericht Münster (FG) wies die Klage ab. Zwar bleibt die Teilung des Pensionsanspruchs, die zu einem Wertzuwachs bei der Klägerin in Höhe von ca. 600.000 € führte, steuerfrei. Denn das Gesetz sieht eine derartige Teilung, die im Rahmen des Versorgungsausgleichs erfolgt, ausdrücklich als steuerfrei an. Der spätere Wertzuwachs zum 31.12.2017 war allerdings steuerpflichtig, weil das Gesetz nur die Teilung des Pensionsanspruchs als steuerfrei ansieht, nicht aber spätere Wertzuwächse, die beim begünstigten Scheidungsgatten eintreten. In Höhe des Wertzuwachses wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Klägerin gesteigert, so dass eine Besteuerung zulässig ist. Die sich hieraus ergebende Steuerpflicht war nicht dadurch zu mindern, dass der Klägerin ein entsprechender Anteil an der Pensionsverpflichtung der KG zuzuweisen war. Hinweise: Bei der Klägerin kommt es hinsichtlich des auf sie im Wege der Teilung übertragenen Anteils von ca. 600.000 € erst dann zu einer Besteuerung, wenn die Pensionszahlungen später geleistet werden. Ungewöhnlich ist, dass die Klägerin im Gewinnfeststellungsbescheid aufgeführt und ihr ein Gewinnanteil zugewiesen wird, obwohl sie gar nicht Gesellschafterin war. Sie wird aufgrund der Mitunternehmerstellung des G, der ihr den Teil seines Pensionsanspruchs übertragen hat, steuerlich wie G und damit wie ein Mitunternehmer behandelt. Die Steuerpflicht bezüglich des Wertzuwachses von ca. 35.000 € besteht, obwohl es bei der Klägerin nicht zu einem Zufluss von Liquidität gekommen ist. Quelle: FG Münster, Urteil vom 18.6.2025 – 3 K 569/23 F, Rev. beim BFH: IV R 12/25; NWB

  • Keine erweiterte Gewerbesteuerkürzung beim sog. Treuhandmodell

    Keine erweiterte Gewerbesteuerkürzung beim sog. Treuhandmodell

    Eine Vermietungs-GmbH, die die in der Immobilie verbauten Betriebsvorrichtungen auf eine Schwestergesellschaft übertragen hat und die Betriebsvorrichtungen anschließend als verdeckte Treuhänderin für die Schwestergesellschaft verwaltet, hat keinen Anspruch auf die erweiterte Kürzung bei der Gewerbesteuer. Denn die treuhänderische Tätigkeit ist eine gewerbesteuerlich schädliche Betätigung für eine Vermietungsgesellschaft. Hintergrund: Unternehmen, die nur aufgrund ihrer Rechtsform als Kapitalgesellschaft oder aufgrund ihrer gewerblichen Prägung als GmbH & Co. KG gewerbesteuerpflichtig sind, tatsächlich aber ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, können eine sog. erweiterte Gewerbesteuerkürzung beantragen. Der Ertrag aus der Grundstücksverwaltung und -nutzung sowie aus dem Verkauf der vermieteten Immobilie unterliegt dann nicht der Gewerbesteuer. Problematisch war bis einschließlich 2020 die Vermietung von Betriebsvorrichtungen, weil es sich bei Betriebsvorrichtungen steuerlich um bewegliche Wirtschaftsgüter handelt, also nicht um Grundvermögen; zur Rechtslage ab 2021 siehe Hinweise unten. Betriebsvorrichtungen sind Wirtschaftsgüter, die zwar im Gebäude eingebaut sind, aber eine ausschließlich betriebliche Funktion erfüllen, z.B. ein Lastenfahrstuhl.Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH und Eigentümerin eines kleinen Einkaufszentrums. Sie vermietete die Geschäfte an unterschiedliche Gewerbemieter. Im Gebäude und damit ebenfalls von der Vermietung umfasst waren diverse Betriebsvorrichtungen, die zum Teil auch wesentliche Bestandteile des Gebäudes waren, also ohne das dazugehörige Einkaufszentrum rechtlich nicht auf Dritte übertragen werden konnten. Nachdem die Klägerin bemerkt hatte, dass die Mitvermietung der Betriebsvorrichtungen gewerbesteuerlich schädlich sein könnte, verkaufte sie im Jahr 2017 sämtliche Betriebsvorrichtungen an die J-GmbH, eine Schwester-GmbH, die dieselben Gesellschafter hatte. Zugleich schlossen die Klägerin und die J-GmbH einen Treuhandvertrag; danach verwaltete die Klägerin die Betriebsvorrichtungen treuhänderisch für die J-GmbH, ohne den Mietern gegenüber aufzudecken, dass die Betriebsvorrichtungen auf die J-GmbH übertragen worden waren (sog. verdeckte Treuhand). Die Klägerin erhielt also die Miete in unveränderter Höhe von den Mietern und führte den Anteil der Miete, der auf die Betriebsvorrichtungen entfiel, nach einem vorher mit der J-GmbH vereinbarten Schlüssel an die J-GmbH ab. Die Klägerin sollte von der J-GmbH einen Aufwendungsersatz erhalten, jedoch kein gesondertes Treuhandentgelt. Die Klägerin beantragte die erweiterte Gewerbesteuerkürzung für 2019, die das Finanzamt nicht gewährte. Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Aufgrund des mit der J-GmbH geschlossenen Treuhandvertrags war die Klägerin im Streitjahr 2019 treuhänderisch tätig, indem sie Betriebsvorrichtungen, die der J-GmbH zumindest wirtschaftlich gehörten, verwaltete. Die erweiterte Kürzung setzte im Streitjahr nach dem Gesetz aber voraus, dass die Immobiliengesellschaft ausschließlich eigenes Grundvermögen verwaltet und nebenbei allenfalls eigenes Kapitalvermögen verwaltet und nutzt oder bestimmte andere Tätigkeiten ausübt; eine Treuhandtätigkeit wird im Gesetz aber nicht als unschädliche Tätigkeit aufgeführt. Die Treuhandtätigkeit war auch nicht deshalb steuerlich unschädlich, weil die Klägerin kein Treuhandentgelt erhielt. Denn zum einen stand ihr ein Aufwendungsersatzanspruch zu, so dass ihre Tätigkeit als entgeltlich anzusehen war. Zum anderen hatte sie die Betriebsvorrichtungen auf die J-GmbH zu einem Kaufpreis in Höhe von ca. 290.000 € verkauft; dieser Kaufpreis wurde nach Auffassung des FG auch dafür gezahlt, dass die Klägerin anschließend die Betriebsvorrichtungen treuhänderisch für die J-GmbH verwaltete. Hinweise: Das FG ließ offen, welche der übertragenen Gegenstände Betriebsvorrichtungen waren und ob die Klägerin die Betriebsvorrichtungen überhaupt auf die J-GmbH rechtlich übertragen konnte; bei Betriebsvorrichtungen, die wesentliche Bestandteile des Gebäudes sind, ist eine gesonderte Übertragung – ohne das dazugehörige Gebäude – rechtlich gar nicht möglich. Ob in diesen Fällen die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums möglich war, blieb ebenfalls offen. Gewerbesteuerlich vorteilhafter wäre es wohl gewesen, wenn die Klägerin die Mieter nach der Übertragung der Betriebsvorrichtungen einzeln angesprochen und überzeugt hätte, dass sie die Betriebsvorrichtungen nunmehr von der J-GmbH anmieten; die Chancen hierfür waren möglicherweise nicht so schlecht, weil es sich um ein kleines Einkaufszentrum mit nur wenigen Mietern handelte. Seit 2021 hat sich die Rechtslage geändert. Nunmehr sind bestimmte weitere Tätigkeiten wie z.B. die Lieferung von Strom aus Ladestationen für Elektrofahrzeuge bzw. Elektrofahrräder oder die Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen bis zur Höhe von 5 % der Mieteinnahmen kürzungsunschädlich.Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8.7.2025 – 6 K 6040/22, Rev. beim BFH eingelegt (Az. unbekannt)

  • Inanspruchnahme als Bürge nach unentgeltlicher Bürgschaftsübernahme

    Inanspruchnahme als Bürge nach unentgeltlicher Bürgschaftsübernahme

    Verbürgt sich ein Dritter gegenüber einem fremden Dritten unentgeltlich und wird er später als Bürge in Anspruch genommen, ohne dass er das Geld von dem Schuldner zurückerhält, kann er den Ausfall seiner Regressforderung gegen den Schuldner bei den Einkünften aus Kapitalvermögen steuerlich geltend machen, wenn er eine Einkünfteerzielungsabsicht bei Übernahme der Bürgschaft hatte. Grundsätzlich ist die Einkünfteerzielungsabsicht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen widerlegbar zu vermuten. Hintergrund: Fällt ein Steuerpflichtiger mit einer Forderung, die zu seinem Privatvermögen gehört, aus und ist die Forderung ab dem 1.1.2009 gewährt worden, kann der Steuerpflichtige den Forderungsausfall grundsätzlich bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machen. Erforderlich ist aber eine Einkünfteerzielungsabsicht; der Steuerpflichtige muss also mit der Forderung Einkünfte, z.B. Zinsen, erzielen wollen. Sachverhalt: Der Kläger hatte sich im Jahr 2010 für eine Darlehensverbindlichkeit der Z-GmbH gegenüber der A-Bank unentgeltlich verbürgt. Der Kläger war kein Gesellschafter der Z-GmbH. Die Lebensgefährtin des Klägers war L, die im Streitjahr 2012 noch mit G verheiratet war, der ein Gesellschafter der Z-GmbH war. Im Jahr 2012 gewährte der Kläger der Z-GmbH ein verzinsliches Darlehen zu einem Zinssatz von 7 % und sollte zusätzlich eine Gewinn- und Verlustbeteiligung von 10 % am Ergebnis der Z-GmbH erhalten. Im Streitjahr 2012 wurde der Kläger als Bürge von der A-Bank in Anspruch genommen und zahlte an die A-Bank ca. 190.000 €. Über das Vermögen der Z-GmbH wurde noch im Jahr 2012 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger fiel mit seiner Regressforderung gegen die Z-GmbH aus und machte den Ausfall bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Das Finanzamt erkannte den Verlust nicht an. Entscheidung: Der BFH hielt eine Berücksichtigung des Ausfalls der Regressforderung aus der Bürgschaft bei den Einkünften aus Kapitalvermögen für denkbar und verwies den Fall zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück: Der Ausfall einer Regressforderung des Bürgen gegen den Schuldner, nachdem der Bürge in Anspruch genommen worden ist, kann bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zu einem steuerbaren Verlust führen, wenn die Regressforderung nach dem 31.12.2008 begründet worden ist; denn seit dem 1.1.2009 werden Wertzuwächse und -verluste von Kapitalforderungen des Privatvermögens steuerlich bei den Einkünften aus Kapitalvermögen erfasst. Voraussetzung für eine derartige Berücksichtigung ist aber eine Einkünfteerzielungsabsicht, die vom BFH nicht abschließend geprüft werden kann. Für die Einkünfteerzielungsabsicht kommt es auf den Zeitpunkt der Hingabe der Bürgschaft an. Grundsätzlich spricht bei den Einkünften aus Kapitalvermögen eine widerlegbare Vermutung für eine Einkünfteerzielungsabsicht. Dies gilt auch bei einer unentgeltlich übernommenen Bürgschaft, wenn sie unter fremden Dritten übernommen worden ist. Erst wenn für eine unentgeltlich übernommene Bürgschaft jeglicher wirtschaftliche Hintergrund fehlt, ist die Vermutung einer Einkünfteerzielungsabsicht widerlegt. Hinweise: Das FG muss nun aufklären, ob ein wirtschaftlicher Hintergrund für die Bürgschaftsübernahme fehlte. Es gab zwar ein persönliches Beziehungsgeflecht zwischen dem Kläger und seiner Lebensgefährtin, die mit dem Gesellschafter der Z-GmbH noch verheiratet war, aber von diesem schon getrennt lebte. Jedoch gab es auch Geschäftsbeziehungen zwischen dem Kläger und der Z-GmbH, die – trotz der persönlichen Beziehungen und Veränderungen unter den beteiligten Personen – auch noch im Streitjahr bestanden; so hatte der Kläger im Jahr 2012 ein verzinsliches Darlehen an die Z-GmbH gewährt, das ihm neben 7 % Zinsen auch eine Gewinnbeteiligung ermöglichen sollte. Dies könnte auf einen wirtschaftlichen Hintergrund für die Bürgschaftsübernahme hindeuten.Das FG muss ferner auch prüfen, ob der Ausfallverlust dem Kläger im Streitjahr 2012 entstanden ist. Hierfür könnte sprechen, dass der Insolvenzverwalter der Z-GmbH bereits im März 2012 die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat. Nach aktueller Rechtslage ist ein Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen kaum nutzbar, da er nur mit positiven Einkünften aus Kapitalvermögen, nicht aber mit anderen Einkünften verrechnet werden kann. Quelle: BFH, Urteil vom 1.7.2025 – VIII R 3/23; NWB

  • Umsatzsteuerfreiheit für Präventionstrainer

    Umsatzsteuerfreiheit für Präventionstrainer

    Ein Trainer, der Präventionstrainings für Kinder in Kindergärten und Schulen durchführt, erbringt umsatzsteuerfreie Leistungen, weil es sich bei dem Präventionstraining um eine eng mit der Erziehung von Kindern und Jugendlichen verbundene Leistung handelt, die im Streitjahr 2010 nach europäischem Umsatzsteuerrecht umsatzsteuerfrei war. Hintergrund: Nach dem europäischen Umsatzsteuerrecht sind die Erziehung von Kindern und Jugendlichen sowie damit eng verbundene Dienstleistungen umsatzsteuerfrei, wenn sie durch Einrichtungen, die mit solchen Aufgaben betraut sind, oder durch andere Einrichtungen, die eine vergleichbare Zielsetzung haben und von ihrem Staat anerkannt sind, erbracht werden. Sachverhalt: Der Kläger war ein Präventions- und Persönlichkeitstrainer. Er führte an Kindergärten und Schulen u.a. Konfliktpräventionskurse für Kinder durch und stellte seine Leistungen den Eltern in Rechnung. Der Kläger hielt seine Umsätze für umsatzsteuerfrei, während das Finanzamt von einer Umsatzsteuerpflicht ausging. Der Fall kam zum Bundesfinanzhof (BFH), der eine Umsatzsteuerfreiheit für Schul- und Bildungsleistungen nach deutschem Recht verneinte und den Fall an das Finanzgericht (FG) zurückverwies, damit es eine Umsatzsteuerfreiheit für Erziehungsleistungen nach europäischem Recht prüft. Nachdem das FG auch diese Umsatzsteuerfreiheit verneint hatte, kam der Fall im zweiten Rechtsgang erneut zum BFH.Entscheidung: Der BFH gab der Klage statt: Die Leistungen des Klägers im Rahmen seiner Konfliktpräventionskurse waren Dienstleistungen, die eng mit der Erziehung von Kindern und Jugendlichen zusammenhingen und daher nach europäischem Umsatzsteuerrecht umsatzsteuerfrei waren. Der Begriff der Erziehung wird zwar im europäischen Umsatzsteuerrecht nicht definiert. Es geht bei der Erziehung aber darum, dass junge Menschen zu tüchtigen und mündigen Menschen geformt werden. Dabei müssen soziale Kompetenzen und Werte vermittelt werden. Beim Unterricht geht es hingegen um die Vermittlung von Wissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Der Konfliktpräventionsunterricht des Klägers erfüllte die Voraussetzungen des Erziehungsbegriffs. Denn der Unterricht diente der geistigen und sittlichen Entwicklung der Kinder und trug zur Willens- und Charakterbildung bei. Außerdem sollte das Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und die Widerstandsfähigkeit der Kinder gestärkt werden. Bei dem Kläger handelte es sich auch um eine „Einrichtung“, wie sie vom europäischen Umsatzsteuerrecht gefordert wird. Denn auch natürliche Personen können eine Einrichtung darstellen, da auch natürliche Personen abgegrenzte Einheiten darstellen, die eine bestimmte Funktion erfüllen. Dies gilt auch dann, wenn sie mit Gewinnerzielungsabsicht tätig werden.Hinweise: Der deutsche Gesetzgeber hat mit Wirkung zum 1.1.2020 eine Umsatzsteuerfreiheit für die Erziehung von Kindern und Jugendlichen entsprechend der europäischen Umsatzsteuerfreiheit eingeführt; nach dieser Neuregelung darf die Einrichtung allerdings keine systematische Gewinnerzielung anstreben. Für den Kläger spielte diese Neuregelung keine Rolle, da sie erst nach dem Streitjahr 2010 in Kraft getreten ist. Der Kläger konnte sich auf die europäische Umsatzsteuerbefreiung berufen, da der deutsche Gesetzgeber die europäische Steuerfreiheit im Streitjahr 2010 nicht in deutsches Recht umgesetzt hatte. Quelle: BFH, Urteil vom 30.4.2025 – XI R 5/24; NWB

  • Geplante Gesetzesänderung zur Übertragung stiller Reserven bei Anteilsübertragungen

    Geplante Gesetzesänderung zur Übertragung stiller Reserven bei Anteilsübertragungen

    Der Gesetzgeber will die Übertragung stiller Reserven, die bei einer Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften realisiert werden, erleichtern. Der bisherige Höchstbetrag von 500.000 € soll auf 2 Mio. € angehoben werden. Hintergrund: Natürliche Personen oder Personengesellschaften, soweit an ihnen natürliche Personen beteiligt sind, können einen Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften auf bestimmte andere Wirtschaftsgüter übertragen: auf Anteile an Kapitalgesellschaften, auf abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter oder auf Gebäude. Der Gewinn muss dann nicht versteuert werden, sondern mindert die Anschaffungskosten der Anteile, Wirtschaftsgüter oder Gebäude und damit auch die Abschreibungen, soweit es sich um abnutzbare Wirtschaftsgüter handelt (bewegliche Wirtschaftsgüter und Gebäude). Der bisherige Höchstbetrag beläuft sich auf 500.000 €.Inhalt der geplanten Neuregelung: Der Höchstbetrag von bislang 500.000 € soll auf 2 Mio. € angehoben werden. Der neue Höchstbetrag soll für Veräußerungsgewinne gelten, die in einem Wirtschaftsjahr entstehen, das nach der Verkündung des Gesetzes beginnt. Sollte das Gesetz also noch in diesem Jahr (2025) verabschiedet werden, würde die Neuregelung für Veräußerungsgewinne gelten, die im Wirtschaftsjahr 2026 entstehen. Hinweis: Die Reinvestition in Anteile an einer Kapitalgesellschaft oder in abnutzbare bewegliche Wirtschaftsgüter kann der Steuerpflichtige im Jahr des Veräußerungsgewinns oder in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren vornehmen. Will er die Reinvestition in ein Gebäude vornehmen, das er anschafft oder herstellt, muss er diese im Jahr des Veräußerungsgewinns oder in den folgenden vier Wirtschaftsjahren vornehmen. Für Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften, soweit an ihnen Kapitalgesellschaften beteiligt sind, gilt die Übertragungsmöglichkeit nicht; denn Kapitalgesellschaften können Anteile an anderen Kapitalgesellschaften steuerfrei verkaufen; vom steuerfreien Gewinn werden aber 5 % als nicht abziehbare Betriebsausgaben angesetzt, so dass im Ergebnis 95 % des Gewinns nicht versteuert werden müssen. Quelle: Entwurf eines Standortfördergesetzes (StoFöG), Stand des Referentenentwurfs vom 22.8.2025; NWB

  • Umsatzsteuer bei Online-Veranstaltungen

    Umsatzsteuer bei Online-Veranstaltungen

    Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat sich zur Umsatzsteuer bei Online-Veranstaltungen im Bereich der Kultur und Wissenschaft geäußert. Dabei geht es um die Frage des Ortes der vom Veranstalter erbrachten Leistungen, die für die Umsatzsteuerbarkeit bedeutsam ist, sowie um mögliche Umsatzsteuerbefreiungen und Steuersatzermäßigungen. Hintergrund: Viele Veranstaltungen in den Bereichen Kunst, Sport, Kultur sowie Wissenschaft werden seit der Corona-Krise online angeboten. Dabei handelt es sich entweder um reine Online-Veranstaltungen, bei denen eine Teilnahme vor Ort gar nicht mehr möglich ist, oder aber auch um sog. Hybrid-Veranstaltungen, bei denen Teilnehmer vor Ort sein und alternativ auch online teilnehmen können. Mitunter werden die Veranstaltungen auch aufgezeichnet, so dass die Aufzeichnungen erworben werden können. Inhalt des aktuellen Schreibens des BMF: 1. Vorproduzierte Inhalte Bei einem vorproduzierten Inhalt bietet der Veranstalter eine digitale Aufzeichnung an, die der Erwerber zu einem beliebigen Zeitpunkt online abrufen kann. Es handelt sich dabei um eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung, die bei einem nichtunternehmerischen Kunden dort erbracht wird, wo dieser seinen Wohnsitz hat. Wird der vorproduzierte Inhalt hingegen im Internet verbreitet, handelt es sich um eine Rundfunk- bzw. Fernsehdienstleistung, wenn der Inhalt zeitgleich durch einen Rundfunk bzw. Fernsehsender übertragen wird. Auch hier liegt der Leistungsort bei einem nichtunternehmerischen Kunden dort, wo dieser seinen Wohnsitz hat. Eine Steuerbefreiung oder -ermäßigung kommt bei vorproduzierten Inhalten nicht in Betracht. 2. Live-Streaming Bei einem Live-Streaming bietet der Veranstalter eine Online-Veranstaltung neben oder anstatt einer Präsenzveranstaltung in Echtzeit an. Es handelt sich dabei nicht um eine auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistung, da es beim Live-Streaming um eine menschliche Beteiligung geht. Es handelt sich um eine kulturelle, künstlerische, wissenschaftliche, unterrichtende, unterhaltende oder sportliche Leistung, die am Wohnsitz des Leistungsempfängers erbracht wird, wenn dieser kein Unternehmer ist. Hinweis: Anders als bei vorproduzierten Inhalten kommt eine Umsatzsteuerbefreiung für Theater, Orchester o.ä. in Betracht, wenn das Publikum mit dem Theater bzw. Orchester interaktiv agiert, indem es z.B. online Beifall klatscht oder Zugaben fordert (z.B. über Button-Funktionen) oder indem das Publikum in Echtzeit zuhört. Scheidet eine Umsatzsteuerbefreiung aus, ist eine Steuersatzermäßigung auf 7 % für Theatervorführungen und Konzerte denkbar. Gibt es ein Live-Streaming und daneben noch eine Aufzeichnung, die als vorproduzierter Inhalt (s. oben Abschnitt 1) abgerufen werden kann, ist zu prüfen, ob es sich um eine einheitliche Leistung handelt, für die dann insgesamt entweder die Grundsätze für vorproduzierte Inhalte oder aber die Grundsätze für das Live-Streaming gelten, oder ob es sich um zwei selbständige Leistungen handelt, nämlich um einen vorproduzierten Inhalt sowie um ein Live-Streaming.Hinweise: Das BMF äußert sich im aktuellen Schreiben auch noch zu weiteren Online-Dienstleistungsangeboten, z.B. im Bildungsbereich oder im Gesundheitswesen. So können z.B. Online-Sprechstunden eines Arztes als Heilbehandlungsleistungen umsatzsteuerfrei sein. Das BMF beanstandet es bei Umsätzen vor dem 1.1.2026 nicht, wenn sich der Unternehmer auf die bisherigen Verwaltungsgrundsätze beruft, wenn dies für ihn umsatzsteuerlich günstiger ist. Dies kann z.B. der Fall sein, wenn er nach dem neuen BMF-Schreiben eine umsatzsteuerfreie Leistung erbringen würde, hierdurch aber seinen – höheren – Vorsteuerabzug verlieren würde.Quelle: BMF-Schreiben vom 8.8.2025 – III C 3 – S 7117-j/00008/006/043; NWB