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Autor: g.weecke@wbml.de

  • Steuerfreistellung eines deutsch-niederländischen Grenzgängers

    Steuerfreistellung eines deutsch-niederländischen Grenzgängers

    Ein deutscher Steuerpflichtiger, der in den Niederlanden arbeitet und dessen Gehalt in den Niederlanden aufgrund einer niederländischen Gesetzesregelung, die für ausländische Arbeitnehmer gilt, zu 30 % steuerfrei gestellt wird, muss diesen Anteil in Deutschland nicht versteuern. Allerdings erhöht sich in Deutschland insoweit der Steuersatz für die übrigen Einkünfte (sog. Progressionsvorbehalt). Hintergrund: Steuerpflichtige, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben, müssen an sich ihr gesamtes Einkommen, das sie in Deutschland oder im Ausland erzielen (sog. Welteinkommen), versteuern. Allerdings gibt es zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung sog. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Nach den DBA wird bei Arbeitnehmern das Einkommen in demjenigen Staat besteuert, in dem der Arbeitnehmer tätig geworden ist. Wird ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer im Ausland tätig, wird das Gehalt in Deutschland nicht besteuert, sondern erhöht lediglich den Steuersatz für die übrigen Einkünfte. Voraussetzung ist in der Regel jedoch, dass das Gehalt im Ausland tatsächlich besteuert wird. Sachverhalt: Der Kläger war Arbeitnehmer, der im Streitjahr 2019 in Deutschland lebte und überwiegend in den Niederlanden arbeitete. An 157 Tagen war er in den Niederlanden tätig und an 80 Tagen in Deutschland; insgesamt war der Kläger also an 237 Tagen als Arbeitnehmer tätig. Sein niederländischer Arbeitgeber zahlte ihm das Gehalt zu 30 % steuerfrei aus, weil nach einer Regelung des niederländischen Steuerrechts Arbeitnehmer, die täglich aus dem Ausland (z.B. Deutschland) in die Niederlande reisen, eine steuerfreie Erstattung für sog. extraterritoriale Mehrkosten (z.B. für Familienheimfahrten) in pauschaler Höhe von 30 % erhalten. Das Finanzamt war der Auffassung, dass der 30 %-Anteil in Deutschland auch insoweit steuerpflichtig sei, als er auf die Tätigkeit des Klägers in den Niederlanden entfällt (157/237); denn dieser Anteil sei in den Niederlanden tatsächlich nicht besteuert worden. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Zwar unterliegt grundsätzlich das Welteinkommen des Klägers der deutschen Steuerbarkeit. Aufgrund des DBA mit den Niederlanden wird das Gehalt des Klägers aber nur insoweit in Deutschland besteuert, als der Kläger in Deutschland tätig geworden ist, also zu 80/237. Soweit der Kläger in den Niederlanden tätig gewesen ist (150/237), steht den Niederlanden das Besteuerungsrecht zu. Dieser Teil des Gehalts unterliegt in Deutschland lediglich dem sog. Progressionsvorbehalt, erhöht also den Steuersatz für die übrigen Einkünfte. Zwar setzt dies voraus, dass das Gehalt, soweit es auf die Tätigkeit in den Niederlanden entfällt, in den Niederlanden auch tatsächlich besteuert worden ist. Diese Voraussetzung ist erfüllt, da auch der 30 %-Anteil als tatsächlich besteuert gilt. Denn es handelt sich bei diesem Anteil nicht um eine sachliche oder persönliche Steuerbefreiung oder gar um eine tatsächliche Nichtbesteuerung; vielmehr beruht der 30 %-Anteil auf einer pauschalierten Erstattung steuerlich relevanter Aufwendungen wie z.B. Familienheimfahrten. Hinweise: Das Urteil ist für Grenzgänger im deutsch-niederländischen Raum erfreulich, weil der in den Niederlanden steuerfrei gestellte 30 %-Anteil, soweit er auf die in den Niederlanden erbrachte Tätigkeit entfällt, in Deutschland nicht besteuert wird, sondern nur beim Progressionsvorbehalt zu berücksichtigen ist. Dem BFH zufolge kommt es nicht darauf an, ob das deutsche Steuerrecht eine vergleichbare Steuerfreistellung für sog. exterritoriale Kosten kennt oder ob der 30 %-Anteil höher ist als die vermuteten Kosten. Quelle: BFH, Urteil vom 10.4.2025 – VI R 29/22; NWB

  • Kein vollständiger Erlass von Säumniszuschlägen bei Überschuldung

    Kein vollständiger Erlass von Säumniszuschlägen bei Überschuldung

    Bei einer Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Steuerpflichtigen sind Säumniszuschläge, die wegen der verspäteten Zahlung von Steuern entstanden sind, nicht vollständig zu erlassen. Vielmehr kommt in der Regel nur ein Erlass der Hälfte der Säumniszuschläge in Betracht. Hintergrund: Säumniszuschläge werden kraft Gesetzes verwirkt, wenn die Steuer erst nach Fälligkeit gezahlt wird. Pro Monat der Säumnis entstehen 1 % des offenen Steuerbetrags. Sachverhalt: Der Kläger war seit 2018 Insolvenzverwalter über das Vermögen des A, der seit 2007 zahlungsunfähig war. Das Finanzamt hatte gegen A Forderungen in Höhe von insgesamt ca. 3,5 Mio. €; hiervon entfielen ca. 1,5 Mio. € auf Säumniszuschläge für Steuern, die zwischen Dezember 2007 und 2011 fällig geworden waren. Der Wert der Insolvenzmasse belief sich auf ca. 50.000 €. Im Juli 2021 beantragte der Kläger den Erlass der gesamten Säumniszuschläge; das Finanzamt erließ jedoch nur die Hälfte der Säumniszuschläge, also ca. 750.000 €. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage, die auf Erlass der verbleibenden Säumniszuschläge gerichtet war, ab: Säumniszuschläge sind zum einen Druckmittel, um den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung zu bewegen. Zum anderen stellen sie aber auch eine Gegenleistung für das Hinausschieben der Zahlung dar, und sie dienen auch der Abgeltung der Verwaltungskosten, die auf Grund der nicht pünktlichen Zahlung entstehen. Ist der Steuerpflichtige überschuldet und zahlungsunfähig, geht die Funktion als Druckmittel verloren; denn der Steuerpflichtige kann gar nicht zahlen. Daher ist ein teilweiser Erlass der Säumniszuschläge geboten. Nach der Rechtsprechung des BFH kommt insoweit ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge in Betracht. Ein darüber hinaus gehender Erlass ist nicht geboten. Denn die beiden weiteren Funktionen des Säumniszuschlags bleiben im Fall der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit erhalten, nämlich die Funktion als Gegenleistung sowie als Ersatz von Verwaltungskosten. Zwar lässt sich der genaue Anteil der Säumniszuschläge, der auf die Gegenleistung und auf den Verwaltungskostenersatz entfällt, nicht beziffern; es bleibt aber bei den Grundsätzen der bisherigen Rechtsprechung, dass im Fall der Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit nur die Hälfte der Säumniszuschläge zu erlassen ist. Der vom Kläger angestrebte vollständige Erlass wäre nur dann möglich, wenn es zusätzliche persönliche oder sachliche Billigkeitsgründe gäbe. Andere sachliche Billigkeitsgründe sind nicht erkennbar. Und ein Erlass wegen persönlicher Billigkeitsgründe ist ausgeschlossen, wenn sich der Erlass nicht zugunsten des Steuerpflichtigen, sondern nur zugunsten der anderen Insolvenzgläubiger auswirken würde. Dies wäre hier der Fall, weil von einem weitergehenden Erlass nur die übrigen Insolvenzgläubiger profitieren würden; denn es gab Insolvenzforderungen der übrigen Gläubiger in Höhe von ca. 2,2 Mio. €, während die Insolvenzmasse lediglich einen Wert in Höhe von ca. 50.000 € aufwies. Hinweise: Der BFH hat in einer aktuellen Entscheidung, die die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Säumniszuschläge betraf, offen gelassen, in welchem prozentualen Verhältnis die drei Zwecke des Säumniszuschlags zueinander stehen (Druckmittel, Gegenleistung, Verwaltungskostenersatz). Der Kläger hatte daher gehofft, dass das Finanzgericht den Anteil des Druckmittels höher als 50 % ansetzt und insoweit einen Erlass ausspricht. Das Finanzgericht hält jedoch an der bisherigen Rechtsprechung, die den Erlass von Säumniszuschlägen betrifft, fest und sieht deshalb nur einen hälftigen Erlass als geboten an. Der BFH vertritt bezüglich der Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge die Auffassung, dass sie verfassungskonform sind. Im Gegensatz zu Nachzahlungszinsen, die nur 1,8 % pro Jahr betragen, belaufen sich Säumniszuschläge auf immerhin 12 % pro Jahr. Quelle: Finanzgericht Hamburg, Urteil vom 31.3.2025 – 3 K 161/23; NWB

  • Kein Erlass von Nachzahlungszinsen bei Verzögerung der Steuerfestsetzung

    Kein Erlass von Nachzahlungszinsen bei Verzögerung der Steuerfestsetzung

    Kommt es deshalb zu einer Festsetzung von Nachzahlungszinsen bei der Einkommensteuer, weil ein für die Einkommensteuerfestsetzung benötigter Grundlagenbescheid wegen eines überlangen Erbscheinverfahrens erst nach vielen Jahren erlassen wird, sind die Nachzahlungszinsen nicht wegen Unbilligkeit zu erlassen. Denn der Steuerpflichtige hatte gleichwohl einen Liquiditäts- und Zinsvorteil, der durch die Nachzahlungszinsen abgeschöpft wird. Hintergrund: Nachzahlungszinsen werden festgesetzt, wenn die Steuer erst nach Ablauf von 15 Monaten nach dem Ende des Veranlagungszeitraums festgesetzt wird und sich aus der Festsetzung eine Nachzahlung ergibt; diese Frist war in den letzten Jahren coronabedingt verlängert worden. Sachverhalt: Der Kläger wurde im Oktober 2012 Miterbe des verstorbenen E. Es kam in der Folgezeit zu langjährigen Streitigkeiten um die Wirksamkeit des Testaments des E und um die Erbfolge. Erst im August 2018 wurde der Erbschein ausgestellt, in dem der Kläger als Miterbe genannt wurde. Die Erbengemeinschaft gab nun Feststellungserklärungen für die Jahre 2012 bis 2017 ab, die im August 2019 zu entsprechenden Feststellungsbescheiden führten, in denen die Einkünfte der Erbengemeinschaft festgestellt wurden. Das für den Kläger zuständige Finanzamt erließ aufgrund der Feststellungsbescheide geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 bis 2017, die überwiegend zu Steuernachzahlungen führten. In den Einkommensteuerbescheiden wurden ca. 30.000 € Nachzahlungszinsen festgesetzt. Der Kläger beantragte den Erlass der Nachzahlungszinsen mit der Begründung, dass ihn an der verspäteten Festsetzung der Einkommensteuer kein Verschulden treffe. Das Finanzamt lehnte den Erlassantrag ab. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Ein Erlass setzt eine Unbilligkeit aus persönlichen oder aus sachlichen Gründen voraus. Im Streitfall kam nur eine Unbilligkeit aus sachlichen Gründen in Betracht. Eine sachliche Unbilligkeit ist gegeben, wenn die Geltendmachung des Anspruchs des Finanzamts mit dem Gesetzeszweck nicht zu rechtfertigen ist und den Wertungen des Gesetzes zuwiderläuft. Diese Voraussetzung war im Streitfall nicht erfüllt. Zwar kam es ohne Verschulden des Klägers zu verspäteten geänderten Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2012 bis 2017, die zu Nachzahlungen führten. Der Kläger hat hierdurch jedoch einen Liquiditäts- bzw. Zinsvorteil erlangt. Der Kläger hätte die verspätete Festsetzung grundsätzlich dadurch verhindern können, dass er seine zu erwartenden Beteiligungseinkünfte aus der Erbengemeinschaft schätzt und in den Einkommensteuererklärungen angibt. Dies hätte dann zu einer zügigen Einkommensteuerfestsetzung für die Jahre 2012 bis 2017 geführt, weil das Finanzamt die zu erwartenden Beteiligungseinkünfte schon vor dem Erlass der Feststellungsbescheide im Schätzungswege hätte ansetzen können. Sofern dem Kläger eine sachgerechte Schätzung nicht möglich gewesen sein sollte, würde dies keinen Erlass rechtfertigen. Denn der Gesetzgeber durfte im Wege der Typisierung davon ausgehen, dass Feststellungsbescheide grundsätzlich frühzeitig ergehen.Hinweise: Anders wäre die Rechtslage gewesen, wenn es sich bei dem erteilten Erbschein um ein sog. rückwirkendes Ereignis gehandelt hätte. In diesem Fall hätte der Zinslauf erst 15 Monate nach Ablauf des Jahres begonnen, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist. Da der Erbschein erst im Jahr 2018 ausgestellt worden ist, hätte der Zinslauf also erst am 1.4.2020 begonnen. Dies hätte zu einem Wegfall der Nachzahlungszinsen geführt, so dass ein Erlassantrag nicht nötig geworden wäre. Die Entscheidung, ob die Ausstellung des Erbscheins ein rückwirkendes Ereignis ist, hätte aber im Verfahren über die Feststellungsbescheide für die Erbengemeinschaft getroffen werden müssen, ggf. durch den Erlass eines sog. Ergänzungsbescheids. Der BFH lässt zwar offen, ob die Ausstellung des Erbscheins ein rückwirkendes Ereignis ist, deutet aber an, dass kein rückwirkendes Ereignis vorliegt, weil die Miterbenstellung nicht vom Erbschein abhängig ist, sondern sich danach richtet, wer tatsächlich Erbe ist; der Erbschein begründet also nur eine starke Vermutung, bindet das Finanzamt aber nicht. Quelle: BFH, Urteil vom 9.4.2025 – X R 12/21; NWB

  • Gewerbesteuerpflicht eines Anteilsveräußerungsgewinns bei doppelstöckiger Personengesellschaft

    Gewerbesteuerpflicht eines Anteilsveräußerungsgewinns bei doppelstöckiger Personengesellschaft

    Veräußert der Gesellschafter einer Personengesellschaft, die an einer anderen Personengesellschaft beteiligt ist, seinen Anteil mit Gewinn, ist der Gewinn gewerbesteuerpflichtig, wenn der Gesellschafter eine nicht natürliche Person ist. Der Veräußerungsgewinn wird allein dem Gewerbeertrag der Ober-Personengesellschaft, zugerechnet und nicht anteilig dem Gewerbeertrag der Unter-Personengesellschaft.Hintergrund: Von einer doppelstöckigen Personengesellschaft spricht man, wenn eine Personengesellschaft (sog. Ober-Personengesellschaft) an einer anderen Personengesellschaft (sog. Unter-Personengesellschaft) beteiligt ist. Nach dem Gesetz ist der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Personengesellschaft nicht gewerbesteuerpflichtig, wenn der Veräußerer eine natürliche Person ist. Hingegen ist die Veräußerung gewerbesteuerpflichtig, wenn der Veräußerer (Gesellschafter) eine Kapital- oder Personengesellschaft oder sonstige Körperschaft oder Vermögensmasse ist. Sachverhalt: Klägerin war die A-KG, an der u.a. die C-Stiftung beteiligt war. Die Klägerin war ihrerseits an mehreren KGs beteiligt, die jeweils eine Klinik betrieben. Die C-Stiftung veräußerte ihre Beteiligung an der A-KG mit Gewinn. Die A-KG wollte, dass dieser Veräußerungsgewinn gewerbesteuerlich anteilig den Klinik-KGs zugerechnet wird.Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Der Gewinn aus der Veräußerung des Anteils der C-Stiftung an der A-KG war allein der A-KG gewerbesteuerlich zuzuordnen. Nicht nur einkommensteuerlich, sondern auch gewerbesteuerlich wird der Gewinn eines Gesellschafters aus der Veräußerung seines Anteils an der Personengesellschaft auf der Ebene der Personengesellschaft versteuert. Eine Aufteilung des Gewinns auf die A-KG als Ober-Personengesellschaft und auf die Klinik-KGs als Unter-Personengesellschaften kam nicht in Betracht. Denn gewerbesteuerlich handelte es sich um einen einheitlichen Veräußerungsvorgang, nicht aber um mehrere Veräußerungen. Hierfür spricht insbesondere auch der Gesetzeswortlaut, wonach der Veräußerungsgewinn „zum Gewerbeertrag“ des Betriebs zu zählen ist, nicht aber auf mehrere Gewerbeerträge verschiedener Betriebe aufzuteilen ist. Für eine Aufteilung des Veräußerungsgewinns auf die A-KG sowie auf die Klinik-KGs fehlen auch verfahrensrechtliche Regelungen, nach welchen konkreten Grundsätzen der Veräußerungsgewinn aufgeteilt werden soll und bei welcher Personengesellschaft die Höhe der stillen Reserven festzustellen sind.Hinweise: Bislang war höchstrichterlich noch nicht geklärt, wie der Gewinn aus der Veräußerung eines Anteils an einer Ober-Personengesellschaft gewerbesteuerlich zugeordnet wird. Der BFH entscheidet sich nun gegen eine Aufteilung des Gewinns auf die Ober- und auf die Unter-Personengesellschaften. Unbeachtlich ist, dass der Veräußerungsgewinn möglicherweise deshalb erzielt worden ist, weil sich die stillen Reserven, also die Mehrwerte gegenüber dem jeweiligen Buchwert, in den Klinik-KGs befunden haben könnten. Zwar sind Gewinne von Krankenhäusern unter bestimmten Voraussetzungen gewerbesteuerfrei. Diese Gewerbesteuerfreiheit kam der Klägerin aber nicht zugute, weil sie selbst keine Klinik betrieb, sondern nur die Klinik-KGs (Unter-Personengesellschaften). Quelle: BFH, Urteil vom 8.5.2025 – IV R 40/22; NWB

  • Aufwendungen für Bestattungsvorsorge nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar

    Aufwendungen für Bestattungsvorsorge nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar

    Die Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für seine eigene künftige Bestattung sind nicht als außergewöhnliche Belastungen absetzbar. Denn es fehlt für den Abschluss eines sog. Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrags an der Außergewöhnlichkeit sowie an der Zwangsläufigkeit der Aufwendungen. Hintergrund: Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen. Typische Beispiele hierfür sind Krankheitskosten oder Wiederbeschaffungskosten nach dem Untergang des Hausrats durch Feuer oder Hochwasser.Sachverhalt: Der Kläger schloss im Jahr 2019 einen Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag ab und zahlte 6.500 € für seine künftige Bestattung. Er machte diesen Betrag als außergewöhnliche Belastungen in seiner Einkommensteuererklärung 2019 geltend. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an. Entscheidung: Das Finanzgericht Münster wies die Klage ab: Bei den Kosten für den Bestattungsvorsorge-Treuhandvertrag handelt es sich um Aufwendungen für die eigene Bestattung. Die Kosten für die eigene Bestattung sind weder außergewöhnlich noch zwangsläufig. Aufwendungen für die eigene Bestattung sind nicht außergewöhnlich, da jeder Mensch eines Tages sterben wird und bestattet werden muss. Die Aufwendungen sind auch nicht zwangsläufig, da der Kläger sie freiwillig übernommen hat. Für diese Übernahme gab es keine rechtliche, tatsächliche oder sittliche Pflicht. Insbesondere gab es keine sittliche Pflicht, seinen Erben die künftigen Bestattungskosten zu ersparen. Hinweise: Anders ist es, wenn der Steuerpflichtige die Bestattungskosten für einen Angehörigen übernehmen muss. Diese Aufwendungen sind regelmäßig als außer-gewöhnliche Belastungen absetzbar, wenn sie höher sind als der Nachlass, den der Steuerpflichtige von dem verstorbenen Angehörigen erhält. Leistungen aus einer Sterbegeldversicherung oder aus einer Lebensversicherung, die dem Steuerpflichtigen außerhalb des Nachlasses zufließen, sind auf die als außergewöhnliche Belastung anzuerkennenden Kosten anzurechnen. Abzugsfähig sind nur solche Aufwendungen, die unmittelbar mit der eigentlichen Bestattung zusammenhängen. Nicht hierzu gehören Aufwendungen für Trauerkleidung, die Bewirtung von Trauergästen oder Reisekosten für die Teilnahme an der Bestattung.Quelle: FG Münster, Urteil vom 23.6.2025 – 10 K 1483/24 E; NWB

  • Gewerbesteuerfreiheit eines Krankenhauses erfasst auch Gewinn aus Wahlleistungen (Komfortzimmer)

    Gewerbesteuerfreiheit eines Krankenhauses erfasst auch Gewinn aus Wahlleistungen (Komfortzimmer)

    Der Ertrag eines Krankenhauses, den es aus Wahlleistungen im Zusammenhang mit der Unterkunft (sog. Komfortzimmer) erzielt, ist gewerbesteuerfrei, auch wenn die Wahlleistungen medizinisch nicht erforderlich sind oder von den gesetzlichen Krankenkassen nicht erstattet werden. Entscheidend ist, dass das Krankenhaus die Voraussetzungen eines steuerlichen Zweckbetriebs erfüllt. Hintergrund: Krankenhäuser sind unter bestimmten Voraussetzungen von der Gewerbesteuer befreit. Dies ist etwa der Fall, wenn sie steuerlich einen Zweckbetrieb darstellen. Um einen Zweckbetrieb handelt es sich, wenn mindestens 40 % der jährlichen Belegungs- oder Berechnungstage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (und nicht für Wahlleistungen) berechnet werden.Sachverhalt: Die Klägerin betrieb ein Krankenhaus und war eine nicht gemeinnützige GmbH. Sie erfüllte die Voraussetzungen eines steuerlichen Zweckbetriebs. Sie stellte ihren Patienten gegen Aufpreis sog. Komfortzimmer zur Verfügung, die geräumiger und besser ausgestattet waren. Privat versicherten Patienten wurde der Zuschlag für das Komfortzimmer von der privaten Krankenkasse erstattet. Das Finanzamt hielt den Ertrag aus der Vermietung der Komfortzimmer für gewerbesteuerpflichtig.Entscheidung: Das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (FG) gab der Klage statt: Die Regelung über die Gewerbesteuerfreiheit verlangt lediglich, dass das Krankenhaus die Voraussetzungen eines steuerlichen Zweckbetriebs erfüllt. Ist dies der Fall, werden die Erträge, die mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen zusammenhängen, von der Gewerbesteuer befreit. Zu den gewerbesteuerfreien Erträgen gehören dann auch die Erträge aus der Unterkunft und Verpflegung und somit auch die Erträge aus der Wahlleistung für die Komfortzimmer. Es kommt nicht darauf an, ob es sich dabei um allgemeine Krankenhausleistungen oder um Wahlleistungen handelt. Unbeachtlich ist auch, dass das Komfortzimmer nicht für den medizinischen Behandlungserfolg erforderlich ist und dass gesetzlich versicherten Krankenhauspatienten der Mehrpreis für das Komfortzimmer nicht erstattet wird. Hinweise: Die Gewerbesteuerfreiheit für Krankenhäuser wird nicht für den gesamten Gewinn gewährt, sondern ist tätigkeitsbezogen ausgestaltet, so dass nur der Ertrag, der mit den ärztlichen und pflegerischen Leistungen zusammenhängt, befreit wird, wenn die Voraussetzungen eines steuerlichen Zweckbetriebs erfüllt sind. Im Umsatzsteuerrecht gibt es eine ähnliche Befreiung für Krankenhäuser, die aber deutlich enger ausgestaltet ist. Im Umsatzsteuerrecht sind die Leistungen nur dann umsatzsteuerfrei, wenn sie zur Erreichung der verfolgten therapeutischen Ziele unentbehrlich sind; Leistungen, die lediglich den Komfort und das Wohlbefinden der Krankenhauspatienten verbessern, sind daher nicht umsatzsteuerfrei.Gegen das Urteil des FG ist Revision beim Bundesfinanzhof (BFH) eingelegt worden. Quelle: FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11.3.2025 – 6 K 6082/23, Rev. beim BFH: Az. V R 8/25; NWB

  • Kein Anspruch auf Einsicht in Unterlagen der Richtsatzsammlung

    Kein Anspruch auf Einsicht in Unterlagen der Richtsatzsammlung

    Ein Steuerpflichtiger hat keinen Anspruch auf Einsicht in die Unterlagen für die amtliche Richtsatzsammlung, z.B. in die Protokolle der vertraulichen Beratungen der Finanzverwaltung bei der Erstellung der Richtsatzsammlung. Ein derartiger Anspruch, der sich aus den Informationsfreiheitsgesetzen der Bundesländer ergeben könnte, wird durch ein Bundesgesetz ausgeschlossen, wonach die Vertraulichkeit der Sitzung zu wahren ist, wenn nicht im Einzelfall einstimmig etwas anderes beschlossen wurde.Hintergrund: In den Bundesländern gelten sog. Informationsfreiheitsgesetze, die den Bürgern und insbesondere Journalisten grundsätzlich die Möglichkeit geben, in behördliche Unterlagen Einsicht zu nehmen. Im Steuerrecht gibt es eine Regelung, nach der das Bundesministerium der Finanzen (BMF) mit Zustimmung der obersten Finanzbehörden der Bundesländer einheitliche Verwaltungsgrundsätze bestimmen kann. Die Vertraulichkeit der entsprechenden Sitzungen ist jedoch zu wahren, wenn nicht im Einzelfall einstimmig etwas anderes beschlossen wurde.Sachverhalt: Der Kläger beantragte beim Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern eine Auskunft zur Richtsatzsammlung. Er wollte wissen, bei wie vielen Betrieben in Mecklenburg-Vorpommern im Zeitraum 2016 bis 2020 eine Außenprüfung mit dem Ziel durchgeführt wurde, die Prüfungsdaten in die Richtsatzsammlung einfließen zu lassen. Ferner sollte das Finanzministerium Auskunft erteilen, nach welchen Kriterien die Betriebe ausgewählt werden und ob es hierfür Vorgaben gibt. Der Kläger wollte außerdem wissen, ob die Ergebnisse einer Außenprüfung auch dann in die Richtsatzsammlung eingehen, wenn die Ergebnisse auf einer Schätzung beruhen. Das Finanzministerium beantwortete die Anfrage nur mit allgemeinen Auskünften über die Entstehung, Bekanntgabe und Anwendung der Richtsatzsammlung. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die auf weitergehende Auskunft gerichtete Klage ab: Zwar sehen die Informationsfreiheitsgesetze der einzelnen Bundesländer wie z.B. in Mecklenburg-Vorpommern einen grundsätzlichen Anspruch des Bürgers auf Auskunft über den Inhalt von Behördenakten vor. Dieser Anspruch wird im Steuerrecht allerdings durch eine spezielle Regelung des Bundesgesetzgebers ausgeschlossen. Nach dieser Regelung kann das BMF mit Zustimmung der obersten Finanzbehörden der Bundesländer einheitliche Verwaltungsgrundsätze, zu denen auch die sog. Richtsatzsammlung gehört, bestimmen. Jedoch ist die Vertraulichkeit der entsprechenden Sitzungen zu wahren, sofern nicht im Einzelfall einstimmig etwas anderes beschlossen wurde. Die Regelung soll einen freien, vertrauensvollen Austausch aller beteiligten Finanzbehörden ermöglichen, die an der Erstellung der Richtsatzsammlung mitwirken. Die Vertraulichkeit wäre nicht gewährleistet, wenn das BMF anschließend Einsicht in die entsprechenden Unterlagen gewähren müsste. Hinweise: Die Richtsatzsammlung wird für Hinzuschätzungen verwendet. Sie enthält statistische Kennzahlen der einzelnen Branchen (z.B. Restaurants) zum Rohgewinnaufschlagsatz, zum Rohgewinn oder auch zum Reingewinn. Auch wenn der Kläger keine detaillierte Auskunft erhielt, wird sein Rechtsschutz, der verfassungsrechtlich geschützt ist, nicht eingeschränkt. Denn der Kläger kann gegen die Änderungsbescheide, die auf Grund der Außenprüfung ergehen und in denen die Ergebnisse der Richtsatzsammlung verwertet wurden, Einspruch einlegen und klagen. Eine Auskunft, bei der die Unterlagen teilweise geschwärzt werden, kam nicht in Betracht, da der Grundsatz der Vertraulichkeit umfassend gilt, so dass eine nur zu Teilen gewährte Auskunft nicht zulässig ist. Quelle: BFH, Urteil vom 9.5.2025 – IX R 1/24; NWB

  • Schenkungsteuerpflicht bei disquotalen Einlagen einzelner GmbH-Gesellschafter

    Schenkungsteuerpflicht bei disquotalen Einlagen einzelner GmbH-Gesellschafter

    Der BFH hat ernstliche Zweifel, ob disquotale Einlagen eines GmbH-Gesellschafters in die Kapitalgesellschaft auch dann Schenkungsteuer auslösen, wenn die disquotale Einlage aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses dem Gesellschafter, der sie erbracht hat, personenbezogen zugeordnet wird und wenn dementsprechend im Jahresabschluss die in die Kapitalrücklage eingestellte Einlage diesem Gesellschafter individuell zugewiesen wird. Es könnte dann nämlich an einer Werterhöhung der Anteile der übrigen Gesellschafter fehlen. Hintergrund: Nach dem Gesetz kann eine disquotale Einlage eines GmbH-Gesellschafters zur Schenkungsteuer führen, wenn sich durch die disquotale Einlage der Wert der Anteile eines anderen Gesellschafters erhöht. Eine disquotale Einlage liegt vor, wenn ein Gesellschafter über seine Beteiligungsquote hinaus eine Einlage erbringt. Beispiel: Nur einer von fünf Gesellschaftern leistet eine Einlage. Sachverhalt: An der X-GmbH waren fünf Gesellschafter (A, B, C, D und E) mit jeweils 20 % beteiligt. Sie vereinbarten in der Satzung, dass sich die Gewinnverteilung nicht nach der Beteiligungsquote, sondern nach der Höhe des jeweiligen Finanzierungsbeitrags (z.B. Darlehensgewährung) des einzelnen Gesellschafters richtet. Im Jahr 2013 leisteten bis auf E alle Gesellschafter Zahlungen in die X-GmbH, die aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses in die Kapitalrücklage der X-GmbH gebucht und im jeweiligen Jahresabschluss unter der Bilanzposition „Kapitalrücklage“ einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesellschaftern der Höhe nach zugeordnet wurden. Ab 2015 leistete nur A entsprechende Zahlungen in die X-GmbH. Die Gesellschafter beschlossen, dass A insoweit eine entsprechende Auszahlung im Fall der Ausschüttung oder der Liquidation der X-GmbH erhalten sollte; außerdem wurden in den Jahresabschlüssen zum 31.12.2018 und 31.12.2019 die in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge sowie die in den Vorjahren erbrachten Einzahlungen einzeln ausgewiesen und den jeweiligen Gesellschaftern der Höhe nach zugeordnet. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Einzahlungen des A, B, C und D zu einer Werterhöhung der Anteile der E geführt hätten, und erließ gegenüber der E mehrere Schenkungsteuerbescheide. Diese legte gegen die Bescheide Einspruch ein und beantragte eine Aussetzung der Vollziehung. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gewährte die Aussetzung der Vollziehung, weil es ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide gab: Zwar unterliegt eine disquotale Einlage der Schenkungsteuer, wenn sich hierdurch der Wert der Anteile eines anderen Gesellschafters der GmbH erhöht. Es ist jedoch zweifelhaft, ob der Wert der Anteile der E durch die disquotalen Einlagen von A, B, C und D erhöht wurde. Aus den Beschlüssen der Gesellschafter der X-GmbH der Jahre 2018 und 2019 sowie aus den Jahresabschlüssen für die Jahre 2013 bis 2019 ergibt sich, dass im Fall der Liquidation oder Auflösung der X-GmbH nur die einzahlenden Gesellschafter, also A, B, C und D, von ihren Einzahlungen profitieren sollten, nicht aber E. Denn die in die Kapitalrücklage eingestellten Beträge wurden dem jeweils einzahlenden Gesellschafter und damit gesellschafterbezogen zugeordnet. Die E profitierte daher von den Einzahlungen nicht. Offenbleiben kann, ob sich ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Schenkungsteuerbescheide auch daraus ergeben, dass die Gesellschafter, die disquotale Einlagen erbrachten, im Verhältnis ihrer Finanzierungsleistungen an den Gewinnausschüttungen teilnahmen, so dass ihren disquotalen Einlagen eine Gegenleistung in Form entsprechend erhöhter Ausschüttungen gegenüberstanden.Hinweise: Der BFH weist darauf hin, dass bislang noch nicht abschließend geklärt ist, ob die Wirksamkeit einer gesellschafterbezogenen Zuordnung der Kapitalrücklage eine satzungsmäßige Grundlage erfordert. Da es sich um ein Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes handelte, musste der BFH diese Frage nicht entscheiden; vielmehr genügte es für die Annahme ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Bescheide, dass nach der überwiegenden Auffassung des juristischen Schrifttums die Schenkungsteuerbarkeit jedenfalls dann entfällt, wenn die disquotale Einlage aufgrund einer schuldrechtlichen Vereinbarung dem einzahlenden Gesellschafter persönlich zugeordnet wird. Auch die die Finanzverwaltung hält es nicht für erforderlich, dass in der Satzung eine Vereinbarung über die persönliche Zuordnung der Einzahlungen getroffen werden muss, sondern es genügt eine entsprechende „reguläre“ schuldrechtliche Vereinbarung unter den Gesellschaftern. Quelle: BFH, Beschluss vom 6.6.2025 – II B 43/24 (AdV); NWB

  • Finanzverwaltung zur Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Rechnungen und zur Gutschrifterteilung an Nicht-Unternehmer

    Finanzverwaltung zur Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Rechnungen und zur Gutschrifterteilung an Nicht-Unternehmer

    Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat zu zwei Änderungen des Umsatzsteuergesetzes, die im Jahr 2024 verabschiedet worden sind, Stellung genommen. Zum einen geht es um die Verkürzung der Aufbewahrungsfrist für Rechnungen, zum anderen geht es um die Umsatzsteuerschuld eines nichtunternehmerisch tätigen Gutschriftempfängers, der einer Gutschrift, in der zu Unrecht Umsatzsteuer ausgewiesen wird, nicht unverzüglich widerspricht.Hintergrund: Im Jahr 2024 sind zwei Gesetze verabschiedet worden, die zu verschiedenen Änderungen des Umsatzsteuergesetzes geführt haben. Das BMF greift nun zwei dieser Änderungen auf und erläutert diese. Zugleich ändert das BMF die Verwaltungsvorschriften, die für die Finanzämter verbindlich sind (nicht aber für die Finanzgerichte).Inhalt des aktuellen BMF-Schreibens: 1. Verkürzung der umsatzsteuerlichen Aufbewahrungsfrist für Rechnungen Die bisherige zehnjährige Aufbewahrungsfrist für Rechnungen ist mit Wirkung vom 1.1.2025 auf acht Jahre verkürzt worden. Die Verkürzung gilt für alle Rechnungen, deren Aufbewahrungsfrist am 31.12.2024 noch nicht abgelaufen war. Damit brauchen nun Rechnungen, die vor dem 1.1.2017 ausgestellt worden sind, nach der neuen Gesetzesregelung nicht mehr aufbewahrt zu werden. Hinweis: Eine Ausnahme gilt für Banken und Versicherungen; für sie gilt die Neuregelung erst für Rechnungen, deren Aufbewahrungsfrist am 1.1.2026 noch nicht abgelaufen ist. Trotz der Verkürzung der Aufbewahrungsfrist läuft die Aufbewahrungsfrist jedoch nicht ab, soweit und solange die Rechnungen noch für Steuern bedeutsam sind, für die die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen ist. Die allgemeine Aufbewahrungspflicht für umsatzsteuerliche Aufzeichnungen, die zehn Jahre beträgt, ist nicht verkürzt worden. Dies gilt insbesondere für die Aufzeichnungen der Entgelte, der Bemessungsgrundlage und der angewandten Umsatzsteuersätze. 2. Neuregelung für Gutschriften an nicht unternehmerisch tätige Gutschriftempfänger Wer unrichtig oder unberechtigt Umsatzsteuer in einer Rechnung ausweist, muss diese nach dem Gesetz an das Finanzamt abführen. Im Jahr 2024 wurde das Gesetz nun auf den Fall erstreckt, dass Umsatzsteuer in einer Gutschrift des Leistungsempfängers an einen nichtunternehmerisch tätigen Gutschriftenempfänger ausgewiesen wird und der Empfänger der Gutschrift nicht unverzüglich widerspricht; der Gutschriftempfänger muss dann die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen. Die Neuregelung gilt ab dem 6.12.2024. Hinweis: Bei der Gutschrift handelt es sich also nicht um einen Rabatt oder um ein Rechnungsstorno, sondern quasi um eine umgekehrte Rechnung, bei der der Leistungsempfänger über die Leistung durch Gutschrift abrechnet und den Gutschriftbetrag dem Gutschriftenempfänger überweist. Mit einem nichtunternehmerisch tätigen Gutschriftenempfänger ist ein Nichtunternehmer gemeint sowie ein Unternehmer, der die in der Gutschrift genannte Leistung gar nicht ausgeführt hat. Weitere Voraussetzung der Neuregelung ist, dass die Gutschrift auf einer vorherigen Vereinbarung beruht, dass eine Gutschrift erstellt wird, und dass der Gutschriftempfänger der fehlerhaften Gutschrift nicht unverzüglich widerspricht. Durch einen unverzüglichen Widerspruch kann der Gutschriftempfänger also die Rechtsfolge vermeiden, dass er die Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen muss. Der Gutschriftaussteller hat aufgrund des unverzüglichen Widerspruchs schon dem Grunde nach keinen Vorsteueranspruch. Hinweis: Die Neuregelung ist erforderlich geworden, weil der Bundesfinanzhof (BFH) fehlerhafte Gutschriften nicht als fehlerhafte Rechnungen angesehen hat. Daher musste zwar bislang der Aussteller einer Rechnung, der unberechtigt Umsatzsteuer ausweist, diese Umsatzsteuer an das Finanzamt abführen, nicht aber der Gutschriftempfänger, der eine Gutschrift erhält, in der Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen wird, obwohl der Gutschriftempfänger kein Unternehmer ist oder aber die genannte Leistung gar nicht erbracht hat. Quelle: BMF-Schreiben vom 8.7.2025 – III C 2 – S 7295/00005/003/080; NWB

  • Gewinnzuschlag bei Auflösung einer Rücklage für Veräußerungsgewinn

    Gewinnzuschlag bei Auflösung einer Rücklage für Veräußerungsgewinn

    Der Gewinnzuschlag von 6 %, der bei Auflösung einer Rücklage wegen nicht durchgeführter Reinvestition angesetzt wird, ist verfassungsgemäß. Hintergrund: Ein Gewinn aus der Veräußerung einer betrieblichen Immobilie oder eines Schiffes kann durch eine Rücklage neutralisiert werden, die grundsätzlich innerhalb von vier Jahren auf ein neues Wirtschaftsgut (Immobilie oder Schiff) übertragen werden muss (sog. Reinvestition). Die Rücklage mindert dann die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen auf das neue Wirtschaftsgut. Unterbleibt eine Reinvestition, muss die Rücklage gewinnerhöhend aufgelöst werden und wird um einen sog. Gewinnzuschlag von 6 % des Rücklagenbetrags jährlich erhöht.Sachverhalt: Die Klägerin war eine Gesellschaft bürgerlichen Recht (GbR), die im Bereich der Land- und Forstwirtschaft tätig war. Das Wirtschaftsjahr der Klägerin wich vom Kalenderjahr ab und erstreckte sich vom 1.7. bis zum 30.6. Einen Gewinn aus der Veräußerung eines Betriebsgrundstücks erfasste die Klägerin gewinnneutral in einer Rücklage. Allerdings löste die Klägerin diese Rücklage nach zwei Jahren gewinnerhöhend auf, ohne eine Reinvestition durchgeführt zu haben. Dies führte zu einer Gewinnerhöhung in Höhe der gebildeten Rücklage sowie zum Ansatz eines Gewinnzuschlags von 6 % des Rücklagenbetrags für zwei Jahre. Die Klägerin wehrte sich gegen den Gewinnzuschlag und hielt ihn für verfassungswidrig. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: Der Gewinnzuschlag wurde im Streitfall zu Recht angesetzt, da die Klägerin die gebildete Rücklage nach zwei Jahren aufgelöst hat, ohne die Reinvestition durchgeführt zu haben. Der Gewinnzuschlag ist verfassungsgemäß. Er verstößt insbesondere nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Denn der Gewinnzuschlag entsteht nur, wenn der Steuerpflichtige von seinem Wahlrecht Gebrauch gemacht hat, eine Rücklage zwecks Neutralisierung eines Veräußerungsgewinns zu bilden und die Reinvestition nicht innerhalb der Reinvestitionsfrist von grundsätzlich vier Jahren durchzuführen bzw. die Rücklage vorher freiwillig aufzulösen. Verfassungsrechtlich ist aufgrund der dem Steuerpflichtigen zustehenden Wahlrechte ein sachlicher Rechtfertigungsgrund für den Ansatz des Gewinnzuschlags ausreichend. Dieser sachliche Rechtfertigungsgrund besteht darin, dass mit dem Gewinnzuschlag der Steuerstundungsvorteil, der sich aufgrund der Bildung der Rücklage ergeben hat, rückgängig gemacht werden soll und dass eine missbräuchliche Inanspruchnahme des Rücklagewahlrechts vermieden werden soll. Auch die Höhe von 6 % des Rücklagenbetrags pro Jahr der Bildung ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Unbeachtlich ist, dass es ein strukturelles Niedrigzinsniveau gab und der Gewinnzuschlag im streitigen Zeitraum von 2018/2019 bis 2020/2021 deutlich über dem Zinsniveau lag. Denn der Gewinnzuschlag ist mit Nachzahlungszinsen nicht vergleichbar, da er von einem Wahlrecht des Steuerpflichtigen zur Bildung der Rücklage und zur Durchführung der Reinvestition abhängig ist. Der Gesetzgeber ist daher nicht verpflichtet, den Gewinnzuschlag realitätsgerecht und fremdkapitalkonform auszugestalten, sondern darf pauschal auf den Stundungsvorteil abstellen. Hinweise: Der Steuerpflichtige hat grundsätzlich vier Jahre Zeit, die Reinvestition durchzuführen. Entscheidet er sich für die Herstellung eines neuen Gebäudes, verlängert sich die Frist auf sechs Jahre, wenn er mit der Herstellung vor dem Schluss des vierten Jahres nach Bildung der Rücklage begonnen hat. Zwar ist der Gewinnzuschlag mit 6 % deutlich höher als die Zinsen im streitigen Zeitraum. Allerdings muss der Steuerpflichtige den Gewinnzuschlag nicht entrichten, sondern nur versteuern, so dass sich seine steuerliche Belastung nach seinem individuellen Steuersatz richtet. Zudem wird die Steuer, die aufgrund des Gewinnzuschlags entsteht, erst deutlich nach Ablauf des Veranlagungszeitraums festgesetzt. Quelle: BFH, Urteil vom 20.3.2025 – VI R 20/23; NWB