Aktuelles

Autor: g.weecke@wbml.de

  • Darlehensgewährung eines Gesellschafters an die vermögensverwaltende Personengesellschaft

    Darlehensgewährung eines Gesellschafters an die vermögensverwaltende Personengesellschaft

    Gewährt der Gesellschafter einer Personengesellschaft, die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt und somit vermögensverwaltend tätig ist, der vermögensverwaltenden Personengesellschaft ein verzinsliches Darlehen, wird das Darlehen steuerlich nicht anerkannt, soweit der Gesellschafter beteiligt ist. In diesem Umfang sind auch die Zinsen, die die vermögensverwaltende Personengesellschaft an den Gesellschafter zahlt, nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehbar. Hintergrund: Im Steuerrecht gibt es zwei verschiedene Gruppen von Einkunftsarten: zum einen die sog. Gewinneinkünfte, zu denen die „unternehmerischen“ Einkünfte wie z.B. aus Gewerbebetrieb oder selbständiger Arbeit gehören, und zum anderen die sog. Überschusseinkünfte, zu denen z.B. Vermietungseinkünfte oder Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gehören. Diese Unterscheidung gilt auch für Personengesellschaften, so dass Personengesellschaften entweder Gewinneinkünfte oder Überschusseinkünfte erzielen können.Sachverhalt: Klägerin war eine GmbH & Co. KG, die Vermietungseinkünfte erzielte und damit vermögensverwaltend tätig war. Eine sog. gewerbliche Prägung, die zu Gewinneinkünften (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) geführt hätte, lag nicht vor, da nicht nur die Komplementär-GmbH, sondern auch die Kommanditistin F zur Geschäftsführung befugt war. Die Beteiligungsquote der F betrug 100 %. F gewährte der Klägerin im Juni 2012 ein verzinsliches Darlehen. Die Klägerin zahlte hierfür im Jahr 2012 Zinsen und machte diese als Werbungskosten geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Das Darlehen war steuerlich nicht anzuerkennen, da die F als Darlehensgeberin zu 100 % an der Klägerin als Darlehensnehmerin beteiligt war. Da die Klägerin Überschusseinkünfte erzielte, nämlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, galt für sie die sog. Bruchteilsbetrachtung, nach der die Wirtschaftsgüter der Klägerin den Gesellschaftern im Umfang ihrer Beteiligungsquote direkt zugerechnet werden. Da nur F am Vermögen der Klägerin beteiligt war, war ihr die Darlehensverbindlichkeit steuerlich zu 100 % zuzurechnen; zugleich war F aber auch Darlehensgeberin, so dass im Ergebnis Gläubiger und Schuldner ein und dieselbe Person waren, nämlich F. Die von der Personengesellschaft gezahlten Darlehenszinsen wurden steuerlich damit als Zinsen angesehen, die von F als alleinige Gesellschafterin der Klägerin gezahlt werden, und zwar an F als Darlehensgeberin. Ein Werbungskostenabzug war somit nicht möglich. Die an F geflossenen Zinsen stellten ein sog. Ergebnisvorab der F dar, wurden also wie ein Anteil der F am Überschuss der Klägerin behandelt. Hinweise: Wäre die F nur zu 40 % an der Klägerin beteiligt gewesen, wären die Zinsen, die die Klägerin an F gezahlt hat, zu 60 % als Werbungskosten abziehbar und zu 40 % – im Umfang der Beteiligungsquote der F – nicht abziehbar gewesen.Wenn die Gläubigerstellung mit der Schuldnerstellung zusammenfällt, erlischt die Forderung und Verbindlichkeit durch sog. Konfusion. Eine Zinszahlung ist dann nicht mehr möglich. Dieses Ergebnis trat im Streitfall ein und beruhte darauf, dass die vermögensverwaltende (vermietende) Personengesellschaft aufgrund der sog. Bruchteilsbetrachtung als transparent behandelt wird. Dementsprechend werden auch Mietverträge zwischen einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft und ihren Gesellschaftern steuerlich nicht anerkannt, soweit der mietende Gesellschafter an der Personengesellschaft und damit am Grundstück beteiligt ist. Das Ergebnis wäre anders ausgefallen, wenn die Klägerin Gewinneinkünfte erzielt hätte, z.B. aufgrund einer gewerblichen Prägung, wenn nur die Komplementär-GmbH zur Geschäftsführung berechtigt gewesen wäre. Die Personengesellschaft wäre steuerlich dann als Mitunternehmerschaft anzusehen gewesen, so dass die Bruchteilsbetrachtung durch die Regeln über die Mitunternehmerschaft verdrängt worden wäre. Rechtsbeziehungen zwischen der Mitunternehmerschaft und dem Mitunternehmer (Gesellschafter) würden dann anerkannt werden, so dass die Klägerin die Zinsen als Betriebsausgaben hätte abziehen können. Allerdings würden die Zinseinnahmen der F als sog. Sonderbetriebseinnahmen und damit den Gewinneinkünften zugerechnet werden. Die F müsste also gewerbliche Zinseinkünfte versteuern, so dass z. B. die Abgeltungsteuer von 25 % für sie nicht gelten würde. Quelle: BFH, Urteil vom 27.11.2024 – I R 19/21; NWB

  • Entfernungspauschale für Fahrten des Piloten zum Flughafen

    Entfernungspauschale für Fahrten des Piloten zum Flughafen

    Ein Pilot einer Fluggesellschaft kann für seine Fahrten von seiner Wohnung zum Flughafen, an dem er stationiert ist, nur die Entfernungspauschale geltend machen. Denn bei dem Stationierungsflughafen handelt es sich um seine sog. erste Tätigkeitsstätte. Hintergrund: Für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte können Arbeitnehmer nur die Entfernungspauschale von 0,30 € pro Entfernungskilometer für die ersten 20 Kilometer und für jeden weiteren Entfernungskilometer 0,38 Euro im Zeitraum 2022 bis 2026 geltend machen.Sachverhalt: Der Kläger war Pilot bei einer Fluggesellschaft und dem Stationierungsflughafen in B-Stadt zugewiesen. Er musste knapp zwei Stunden vor Abflug am Flughafen sein, um dort den Flug vorzubereiten. Für das Streitjahr 2018 machte der Kläger 73 Fahrten von seiner Wohnung zum 150 km entfernten Flughafen nach B-Stadt für die Hin- und Rückfahrt mit einer Pauschale von 0,30 € für jeden gefahrenen Kilometer (300 km für Hin- und Rückfahrt) geltend. Das Finanzamt erkannte lediglich die Entfernungspauschale für 150 km x 0,30 € für 73 Fahrten an. Entscheidung: Das Finanzgericht Köln (FG) wies die Klage ab: Bei dem Stationierungsflughafen in B-Stadt handelte es sich um die erste Tätigkeitsstätte des Klägers, so dass nur die Entfernungspauschale pro Entfernungskilometer und nicht die Kosten für die Hin- und Rückfahrt anzusetzen waren. Der Kläger war dem Flughafen in B-Stadt arbeitsrechtlich dauerhaft zugeordnet. Unbeachtlich ist, dass der Kläger nicht jeden Tag zum Stationierungsflughafen gefahren ist und dass er vom Stationierungsflughafen in B-Stadt auch die sog. Dead-Head-Flüge angetreten ist, bei denen er wie ein normaler Passagier zu einem anderen Flughafen geflogen ist, um von dort aus als Pilot seinen Flug anzutreten. Eine erste Tätigkeitsstätte erfordert, dass der Arbeitnehmer an dieser zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten ausführt, die er arbeitsrechtlich schuldet. Diese Voraussetzung war im Streitfall erfüllt, da der Kläger am Flughafen die Sicherheitskontrolle durchlief, sich mit seiner Crew auf den Flug vorbereitete, die Flugsicherheit prüfte und gelegentlich einen Alkohol- und Drogentest absolvieren musste. Hinweise: Das Urteil betrifft die Rechtslage ab 2014. Zur früheren Rechtslage hatte der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass das Cockpit eines Piloten mangels Ortsfestigkeit keine regelmäßige Arbeitsstätte ist. Nach dem aktuellen Urteil des FG Köln kommt es hingegen auf die Ortsfestigkeit des Flughafengeländes an. Gegen das Urteil ist Revision beim BFH eingelegt worden. Quelle: FG Köln, Urteil vom 4.12.2024 – 12 K 1369/21, Rev. beim BFH: VI R 4/25; NWB

  • Vorsicht Falle: Betrugsversuche im Namen des Bundeszentralamtes für Steuern

    Vorsicht Falle: Betrugsversuche im Namen des Bundeszentralamtes für Steuern

    Aktuell warnt das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) vor neuen Betrugsversuchen, die per E-Mail sowie teilweise auch per Post im Namen des BZSt versendet werden.Rückzahlung der Einkommensteuer Die Empfänger erhalten von E-Mail-Adressen wie z. B. bzst-poststelle@bzst.de, teilweise auch mit der Domain-Endung „bzst.bund.de“, die eine offizielle E-Mail-Adresse des BZSt suggerieren, eine betrügerische E-Mail. Es wird angegeben, dass eine Rückerstattung der Einkommensteuer vorgesehen und hierfür eine Identifizierung erforderlich ist. Angeblicher Verspätungszuschlag Die Empfänger erhalten von der Absender-Adresse „info@bzst-zahlungsfrist.com“ bzw. von ähnlichen E-Mail-Adressen, die eine offizielle E-Mail-Adresse des BZSt suggerieren, eine betrügerische E-Mail. Der E-Mail ist teilweise ein pdf-Dokument beigefügt, bei dem es sich angeblich um einen Bescheid vom BZSt handeln soll. Teilweise gehen diese Schreiben auch auf postalischem Wege ein. Bescheid per E-Mail Die Empfänger erhalten von der Absender-Adresse „news@bzst-infos.de“ eine betrügerische E-Mail. Der E-Mail ist ein pdf-Dokument beigefügt, bei dem es sich angeblich um einen Bescheid vom BZSt handeln soll. Hinweis: Das BZSt empfiehlt Betroffenen, die beigefügte Dokumente nicht zu öffnen und die E-Mails unverzüglich zu löschen. Weitere Informationen zu aktuellen Betrugsversuchen finden Sie auf der Homepage des BZSt.Quelle: BZSt, Meldung v. 16.5.2025; NWB

  • Unentgeltliche Betriebsübertragung an Kind unter Vorbehaltsnießbrauch

    Unentgeltliche Betriebsübertragung an Kind unter Vorbehaltsnießbrauch

    Bei einer unentgeltlichen Übertragung eines Betriebs unter Vorbehaltsnießbrauch, bei der der bisherige Betriebsinhaber den Betrieb fortführt, kann der Übernehmer des Betriebs nicht die Buchwerte des bisherigen Betriebsinhabers fortführen. Vielmehr gehören die auf den Übernehmer übertragenen Wirtschaftsgüter nun zum Privatvermögen des Übernehmers. Bei einem späteren Wegfall des Nießbrauchs und der Fortführung des Betriebs durch den Übernehmer sind die Wirtschaftsgüter nun in das Betriebsvermögen des Übernehmers mit dem Teilwert einzulegen.Hintergrund: Wird ein Betrieb unentgeltlich übertragen, kann der Erwerber nach dem Gesetz die Buchwerte des bisherigen Betriebsinhabers fortführen. Es müssen also keine stillen Reserven, d.h. die Differenz zwischen dem tatsächlichen (höheren) Wert und dem Buchwert, aufgedeckt und versteuert werden.Sachverhalt: Die Mutter des Klägers war bis 1995 Inhaberin eines Einzelunternehmens. Zum 31.12.1995 übertrug sie ihren Betrieb unentgeltlich auf ihren Sohn, den Kläger, behielt sich den Nießbrauch vor (sog. Vorbehaltsnießbrauch) und führte den Betrieb fort. Nach dem Übergabevertrag gingen Gefahr, Nutzen und Lasten des Betriebs auf den Kläger über. Zum 31.12.1999 nahm die Mutter auf Forderungen, die bis zum 31.12.1997 entstanden waren, eine Teilwertabschreibung vor. Zum 31.12.2002 verzichtete die Mutter auf ihren Nießbrauch. Der Kläger führte den Betrieb ab dem 1.1.2003 fort. Zum 31.12.2004 wurden die Forderungen, auf die die Mutter zum 31.12.1997 Teilwertabschreibungen vorgenommen hatte, wieder werthaltig, weil die Überschuldung des Schuldners im Jahr 2004 wegfiel. Das Finanzamt erhöhte daher den Gewinn des Klägers im Jahr 2004, der hiergegen klagte. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hielt eine gewinnerhöhende Wertaufholung nur dann für möglich, wenn die Forderungen nach der Betriebsübertragung am 31.12.1995 entstanden sind. Die Richter verwiesen die Sache zur weiteren Aufklärung an das Finanzgericht (FG) zurück: Sollten die Forderungen bis zum 31.12.1995 entstanden sein, scheidet eine Wertaufholung beim Kläger aus. Die Forderungen wären dann aufgrund der Betriebsübertragung auf den Kläger übergegangen, da der Kläger nicht nur das zivilrechtliche Eigentum an den Wirtschaftsgütern erhalten hatte, sondern auch das wirtschaftliche Eigentum; denn Gefahr, Nutzen und Lasten des Betriebs sollten nach dem Übertragungsvertrag auf den Kläger übergehen. Die auf den Kläger übergegangenen Forderungen wären seinem Privatvermögen zuzurechnen gewesen, da der Kläger den Betrieb nicht fortgeführt hat. Die bei einer unentgeltlichen Betriebsübertragung mögliche Buchwertfortführung wäre nicht anwendbar, da sie nach der Rechtsprechung voraussetzt, dass der bisherige Betriebsinhaber seine betriebliche Tätigkeit einstellt. Mit dem Verzicht auf das Nießbrauchsrecht zum 31.12.2002 und der nun erfolgten Betriebsfortführung durch den Kläger waren die Forderungen ab 1.1.2003 dem Betriebsvermögen des Klägers zuzurechnen und mit dem Teilwert einzulegen. Der Teilwert bildet die Obergrenze für die Aktivierung der Forderungen, so dass eine Erhöhung dieses Wertes durch eine Wertaufholung im Jahr 2004 infolge des Wegfalls der Überschuldung beim Schuldner nicht zulässig wäre. Sollten die Forderungen nach dem 31.12.1995 entstanden sein, wäre eine Wertaufholung hingegen denkbar. Die Forderungen wären dann im Betriebsvermögen der Mutter ab 1996 entstanden und wären zum 31.12.1997 aufgrund einer voraussichtlich dauernden Wertminderung teilweise abgeschrieben worden. Aufgrund des Verzichts der Mutter auf ihr Nießbrauchsrecht zum 31.12.2002 wären die (abgeschriebenen) Forderungen nun zum (niedrigen) Buchwert auf den Kläger übergegangen. Denn nun kam es zu einem Übergang des Betriebs, da der Kläger den Betrieb fortführte. Infolge der Buchwertfortführung wurde der Kläger nun bilanziell Rechtsnachfolger seiner Mutter. Er hätte daher auch eine Wertaufholung gewinnerhöhend vornehmen müssen, wenn sie nach dem 31.12.2002 eingetreten ist. Hinweise: Das FG muss nun aufklären, wann die streitigen Forderungen entstanden sind und ob es – falls die Forderungen nach dem 31.12.1995 entstanden sind – zu einer Wertaufholung gekommen ist. Der BFH bestätigt seine aktuelle Rechtsprechung, nach der eine unentgeltliche Betriebsübertragung unter Vorbehaltsnießbrauch nicht zur Buchwertfortführung führt, wenn der Vorbehaltsnießbraucher seine betriebliche Tätigkeit nicht aufgibt, sondern fortführt. Erst das spätere Erlöschen des Nießbrauchs durch Tod oder Verzicht ermöglicht eine Buchwertfortführung, wenn der Erwerber den Betrieb nun fortführt. Vom Vorbehaltsnießbrauch, bei dem das Eigentum an den Wirtschaftsgütern übertragen wird und der bisherige Eigentümer sich den Nießbrauch vorbehält, zu unterscheiden ist der sog. Zuwendungsnießbrauch, bei dem der bisherige Betriebsinhaber den Betrieb zivilrechtlich behält, aber einem anderen den Nießbrauch einräumt, der nun das Unternehmen führt. Hier ist eine Buchwertfortführung durch den Nießbrauchsberechtigten möglich. Quelle: BFH, Urteil vom 29.1.2025 – X R 35/19; NWB

  • Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters bei Fortführung des Unternehmens durch den Verwalter

    Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters bei Fortführung des Unternehmens durch den Verwalter

    Führt der Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens das Unternehmen fort, richtet sich der Umfang des Vorsteuerabzugs aus der Rechnung des Insolvenzverwalters nach dem Verhältnis der vom Insolvenzverwalter getätigten umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zum Gesamtumsatz während des Insolvenzzeitraums. Unerheblich ist das Verhältnis der zur Insolvenztabelle angemeldeten unternehmerischen Insolvenzforderungen zu dem angemeldeten Gesamtforderungsbetrag, in dem auch private Insolvenzforderungen enthalten sind.Hintergrund: Der Vorsteuerabzug setzt grundsätzlich voraus, dass der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt. Tätigt der Unternehmer sowohl umsatzsteuerpflichtige als auch umsatzsteuerfreie Umsätze, muss die Vorsteuer aufgeteilt werden. Sie ist nur in dem Umfang abziehbar, in dem der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt. Sachverhalt: U war selbständiger IT-Administrator. Über sein Vermögen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Zur Insolvenztabelle wurden sowohl private als auch unternehmerische Insolvenzforderungen angemeldet; dabei betrug der Anteil der unternehmerischen Insolvenzforderungen zu dem angemeldeten Gesamtforderungsbetrag lediglich rund 17 %. Der Kläger führte als Insolvenzverwalter das Unternehmen des U fort und erzielte während des Insolvenzverfahrens Umsätze in Höhe von ca. 250.000 €. Der Kläger erzielte dabei überwiegend (ca. 97 %) umsatzsteuerpflichtige Umsätze und nahm nur in geringfügigem Umfang Verwertungshandlungen vor, bei denen er Wirtschaftsgüter veräußerte, um die Gläubiger zu befriedigen. Der Kläger berechnete für seine Insolvenzverwaltertätigkeit eine Vergütung von ca. 21.000 € zzgl. ca. 4.000 € Umsatzsteuer und machte die Umsatzsteuer im Umfang von 97 % als Vorsteuer des U geltend. Das Finanzamt erkannte den Vorsteuerabzug hingegen nur im Umfang von 17 % an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Die Vorsteuer ist zwar nicht vollständig abziehbar, weil nicht ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt wurden. Der Vorsteuerabzug ist aber im Umfang von 97 % möglich, weil der Kläger als Insolvenzverwalter während des Insolvenzverfahrens ganz überwiegend umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt hat. Maßgeblich für den Umfang des Vorsteuerabzugs ist das Verhältnis der vom Kläger im Insolvenzzeitraum ausgeführten umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zum Gesamtumsatz. Denn der Kläger hat das Unternehmen des U fortgeführt, da er in erheblichem Umfang Umsätze aus der bisherigen Tätigkeit im IT-Bereich erzielt und so gut wie keine Verwertungshandlungen vorgenommen hat. Der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz im Insolvenzzeitraum betrug ca. 97 %, so dass der Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters in diesem Umfang möglich war. Hinweise: Anders wäre die Entscheidung ausgefallen, wenn U sein Unternehmen bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eingestellt hätte. In diesem Fall wäre es auf das Verhältnis der bis zur Einstellung getätigten umsatzsteuerpflichtigen Umsätze zu dem bis dahin getätigten Gesamtumsatz angekommen. Für die Annahme der Unternehmensfortführung spricht neben der eigentlichen Fortführung der bisherigen Tätigkeit, wenn das Vermögen nicht verwertet wird oder wenn in einem Insolvenzplan eine Regelung zum Erhalt des Unternehmens getroffen wird. Quelle: BFH, Urteil vom 23.10.2024 – XI R 20/22; NWB

  • Kein Werbungskostenabzug für Umzug zur Begründung eines häuslichen Arbeitszimmers

    Kein Werbungskostenabzug für Umzug zur Begründung eines häuslichen Arbeitszimmers

    Die Kosten eines Arbeitnehmers für den Umzug in eine größere Wohnung, um dort erstmals ein häusliches Arbeitszimmer begründen zu können, sind nicht als Werbungskosten absetzbar. Denn ein Umzug in eine größere Wohnung ist stets auch privat veranlasst. Hintergrund: Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen sind als Werbungskosten abziehbar. Sachverhalt: Die Kläger waren Eheleute und als Arbeitnehmer in Hamburg beschäftigt. Sie lebten mit ihrer fünf Jahre alten Tochter in einer 65 qm großen Drei-Zimmer-Wohnung, in der es kein häusliches Arbeitszimmer gab. Zum 30.6.2020 wechselte der Kläger den Arbeitgeber. Um auch von zu Hause aus arbeiten zu können, zogen die Kläger zum Juli 2020 in eine ca. 110 qm große Fünf-Zimmer-Wohnung um, in der sie zwei häusliche Arbeitszimmer einrichteten. Die Kläger machten die Umzugskosten in Höhe von ca. 4.200 € als Werbungskosten geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Grundsätzlich sind Umzugskosten privat veranlasst und daher nicht als Werbungskosten abziehbar. Ausnahmsweise können Umzugskosten jedoch als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der entscheidende Grund für den Umzug die berufliche Tätigkeit des Arbeitnehmers ist und wenn private Umstände eine allenfalls untergeordnete Rolle spielen. Dies ist etwa der Fall, wenn sich aufgrund des Umzugs die tägliche Fahrzeit zur Arbeit um mindestens eine Stunde verkürzt. Auch der Auszug aus einer Dienstwohnung bzw. der Einzug in eine Dienstwohnung können hierzu gehören. Die berufliche Veranlassung muss sich aber auf objektiv feststellbare Umstände stützen lassen. Dies erfordert das Gebot der Rechtssicherheit. Allein die Absicht, erstmals über ein häusliches Arbeitszimmer verfügen zu können, genügt nicht, weil die Wahl einer Wohnung auch vom Geschmack, von den Lebensgewohnheiten, den finanziellen Mitteln und der familiären Situation abhängig ist. So konnten die Kläger jetzt z.B. ihr neues Wohnzimmer ausschließlich für private Zwecke nutzen und mussten es nicht mit einer oder gar zwei Arbeitsecken ausstatten. Daher sind die entstandenen Umzugskosten der privaten Lebensführung zuzuordnen und nicht als Werbungskosten abziehbar. Hinweise: Abziehbar waren im Streitfall jedoch die Kosten für die häuslichen Arbeitszimmer.Die Entscheidung des BFH ist nicht unproblematisch, weil sich die Arbeitsbedingungen für Arbeitnehmer seit der Corona-Krise geändert haben. Zunehmend wird von Arbeitnehmern erwartet, dass sie im häuslichen Arbeitszimmer arbeiten. Dies galt insbesondere im Streitjahr 2020, als die Corona-Krise begann. Der BFH sieht in seiner aktuellen Entscheidung diese Problematik durchaus, verneint aber dennoch eine maßgebliche berufliche Veranlassung des Umzugs. Quelle: BFH, Urteil vom 5.2.2025 – VI R 3/23; NWB

  • Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters bei vorheriger Unternehmenseinstellung

    Vorsteuerabzug aus der Rechnung des Insolvenzverwalters bei vorheriger Unternehmenseinstellung

    Stellt der Insolvenzverwalter dem in Insolvenz geratenen Unternehmer eine Rechnung für die Insolvenzverwaltertätigkeit aus, ist die Vorsteuer, die sich aus der Rechnung ergibt, in dem Umfang abziehbar, in dem der Unternehmer bis zur Einstellung seiner Tätigkeit umsatzsteuerpflichtige Umsätze ausgeführt hat. Es kommt also nicht auf den während des Insolvenzverfahrens erzielten Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz an. Hintergrund: Der Vorsteuerabzug setzt grundsätzlich voraus, dass der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt. Tätigt der Unternehmer sowohl umsatzsteuerpflichtige als auch umsatzsteuerfreie Umsätze, muss die Vorsteuer aufgeteilt werden und ist nur in dem Umfang abziehbar, in dem der Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Umsätze erzielt. Sachverhalt: U war Bauunternehmer und stellte aufgrund der schlechten wirtschaftlichen Lage sein Unternehmen ein. Über das Vermögen des U wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Bis zur Unternehmenseinstellung betrug der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze des U an seinem Gesamtumsatz 45 %. Der Kläger als Insolvenzverwalter begann nun mit der Abwicklung der noch nicht abgeschlossenen Bauvorhaben, schloss mit den Auftraggebern Aufhebungsvereinbarungen und verwertete das Vermögen, um die Gläubiger des U zu befriedigen; der Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz in der Zeit des Insolvenzverfahrens betrug nur 1,43 %. Anschließend stellte der Kläger seine Insolvenzverwaltertätigkeit dem U in Rechnung (ca. 90.000 € zzgl. ca. 17.00 € Umsatzsteuer) und gab für U eine Umsatzsteuererklärung ab, in der er die in Rechnung gestellte Umsatzsteuer von 17.000 € zu 45 % als Vorsteuer geltend machte. Das Finanzamt erkannte die Vorsteuer nur im Umfang von 1,43 % an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt und erkannte die Vorsteuer zu 45 % an: Für den Umfang des Vorsteuerabzugs kommt es auf den Anteil der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze am Gesamtumsatz an. Hat der Unternehmer seine unternehmerische Tätigkeit bereits vor der Insolvenzeröffnung eingestellt, ist es sachgerecht, auf das Verhältnis der Umsätze aus der Zeit bis zur Unternehmenseinstellung abzustellen. Es besteht dann nämlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen der Leistung des Insolvenzverwalters und den im Insolvenzverfahren angemeldeten Forderungen der Insolvenzgläubiger, die aus der Zeit bis zur Unternehmenseinstellung begründet worden sind. Auf die Umsätze des Insolvenzverwalters aus den Verwertungshandlungen während des Insolvenzverfahrens kommt es nicht an. Daher mindern umsatzsteuerfreie Grundstücksverkäufe des Insolvenzverwalters nicht den Umfang des Vorsteuerabzugs. Hinweise: Anders wäre der Fall zu entscheiden gewesen, wenn der Insolvenzverwalter das Unternehmen des U fortgeführt hätte. Entscheidend wäre dann das Verhältnis der umsatzsteuerpflichtigen Umsätze des Insolvenzverwalters zum Gesamtumsatz aus der Zeit der Insolvenz gewesen. Dem Kläger als Insolvenzverwalter ging es aber nicht um die Fortführung des Unternehmens des U, sondern um die Befriedigung der Gläubiger, da er das Vermögen verwertete und die bereits angefangenen Aufträge nicht zu Ende führte, sondern Aufhebungsvereinbarungen mit den Auftraggebern schloss. Ob eine Unternehmensfortführung durch den Insolvenzverwalter beabsichtigt ist, kann sich insbesondere aus einem Insolvenzplan ergeben. Quelle: BFH, Urteil vom 23.10.2024 – XI R 8/22; NWB

  • Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge seit Beginn des Kriegs in der Ukraine

    Verfassungsmäßigkeit der Säumniszuschläge seit Beginn des Kriegs in der Ukraine

    Die Höhe der Säumniszuschläge von 1 % pro Monat bzw. 12 % pro Jahr ist verfassungsgemäß, da jedenfalls seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine die Marktzinsen deutlich und dauerhaft gestiegen sind. Hintergrund: Bei einer verspäteten Zahlung von Steuern werden für jeden Monat Säumniszuschläge in Höhe von 1 % des rückständigen Betrags verwirkt (jährlich 12 %). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Jahr 2021 die Höhe des Zinssatzes von 6 % für Nachzahlungszinsen für Zeiträume ab 1.1.2019 für verfassungswidrig erklärt. Der Gesetzgeber hat deshalb rückwirkend ab 1.1.2019 den Zinssatz auf 0,15 % monatlich bzw. 1,8 % jährlich gemindert. Für Säumniszuschläge bleibt es aber bei dem Satz von 1 % pro Monat. Ob diese Höhe verfassungskonform ist, ist umstritten. Sachverhalt: Der Antragsteller erhielt einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 2017, aus dem sich eine Nachzahlung in Höhe von ca. 190.000 € ergab. Er beantragte zunächst mit Erfolg die Aussetzung der Vollziehung, so dass keine Säumniszuschläge verwirkt wurden. Das Finanzamt widerrief jedoch mit Wirkung zum 19.3.2022 die Aussetzung der Vollziehung und machte die weitere Gewährung der Aussetzung der Vollziehung von einer Sicherheitsleistung in Höhe von 108.000 € abhängig. Hierzu teilte es dem Antragsteller mit, dass die Aussetzung der Vollziehung weiterhin ab Fälligkeit ausgesetzt werde, sofern die Sicherheitsleistung erbracht werde. Nach längeren Verhandlungen zwischen dem Antragsteller und dem Finanzamt wurde am 20.12.2022 eine Grundschuld auf einem Grundstück zugunsten des Finanzamts eingetragen. Das Finanzamt gewährte nun erneut eine Aussetzung der Vollziehung, aber nur mit Wirkung ab dem 20.12.2022. Dies führte dazu, dass der Antragsteller Säumniszuschläge für den Zeitraum vom 19.3.2022 bis zum 19.12.2022 in Höhe von ca. 17.000 € zahlen sollte. Er beantragte einen Abrechnungsbescheid und anschließend die Aussetzung der Vollziehung des Abrechnungsbescheids. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Abrechnungsbescheids statt: Zwar ist die Höhe der Säumniszuschläge verfassungsgemäß. Denn selbst wenn man annehmen würde, dass Säumniszuschläge auch eine Gegenleistung für den Liquiditätsvorteil für den Steuerpflichtigen darstellen, wäre die Höhe von 12 % pro Jahr nicht unverhältnismäßig. Denn jedenfalls seit Beginn des Kriegs, den Russland gegen die Ukraine führt, ist die Niedrigzinsphase beendet worden. So sind z.B. die Zinssätze für private Überziehungskredite von 6,95 % im Februar 2022 auf 8,33 % im Dezember 2022 gestiegen. Ein im Säumniszuschlag enthaltener Gegenleistungsanteil wäre daher nicht mehr realitätsfremd. Es bestehen aber ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Abrechnungsbescheids, insbesondere hinsichtlich des Beginns der gewährten Aussetzung der Vollziehung. Das Finanzamt hat die erneute Aussetzung nämlich erst mit Wirkung ab dem 20.12.2022 ausgesprochen. Allerdings spricht einiges dafür, dass die (erneute) Aussetzung der Vollziehung weiterhin ab Fälligkeit, also rückwirkend ab Fälligkeit, gewährt wurde, so dass keine Säumniszuschläge verwirkt wurden. Denn das Finanzamt hat beim Widerruf der Aussetzung der Vollziehung selbst ausgeführt, dass die Vollziehung weiterhin ab Fälligkeit ausgesetzt wird, sofern die Sicherheitsleistung erbracht wird. Da die Sicherheitsleistung durch Eintragung einer Grundschuld erbracht wurde, ist von einer rückwirkenden Aussetzung der Vollziehung auszugehen. Hinweise: Über die Verfassungsmäßigkeit von Säumniszuschlägen kann abschließend nur das Bundesverfassungsgericht entscheiden. Der BFH geht bislang überwiegend von einer Verfassungsmäßigkeit aus. Hierzu passt auch das aktuelle Urteil, in dem der BFH nun erstmalig auf die gestiegenen Zinsen seit Beginn des Kriegs in der Ukraine hinweist. Geht man davon aus, dass in den Säumniszuschlägen keine Gegenleistung für den Liquiditätsvorteil des Steuerpflichtigen enthalten ist, stellt der Säumniszuschlag nur ein Druckmittel dar, um den Steuerpflichtigen zur pünktlichen Zahlung zu bewegen. Auf die Höhe der Zinsen am Markt und auf ein etwaiges Ungleichgewicht zwischen der Höhe des Säumniszuschlags und der Marktzinsen kommt es dann nicht an. Quelle: BFH, Beschluss vom 21.3.2025 – X B 21/25 (AdV); NWB

  • Unterschiedliche Sterbetafeln für Männer und Frauen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer

    Unterschiedliche Sterbetafeln für Männer und Frauen bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer

    Es ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, dass bei der Bewertung lebenslanger Nutzungen und Leistungen im Rahmen der Erbschaft- und Schenkungsteuer unterschiedliche Sterbetafeln für Männer und Frauen verwendet werden. Dies dient einer realitätsgerechten Bewertung, da Frauen länger leben als Männer. Hintergrund: Für die Bewertung lebenslanger Nutzungen und Leistungen wie z.B. von Nießbrauchsrechten, die dem Nießbrauchsberechtigten bis zum Tod zustehen sollen, muss ein Kapitalwert ermittelt werden. Hierfür wird ein Jahreswert der Nutzung ermittelt und mit einem Vervielfältiger multipliziert. Dieser Vervielfältiger wird anhand der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes ermittelt. Die Sterbetafel unterscheidet zwischen Männern und Frauen. Sachverhalt: Ein 74 Jahre alter Vater übertrug seinen drei Kindern, einem Sohn (Kläger) und zwei Töchtern, im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge GmbH-Anteile, behielt sich aber einen lebenslangen unentgeltlichen Nießbrauch vor. Das für die GmbH zuständige Finanzamt bewertete die Anteile mit einem Wert von ca. 780.000 €. Das für die Besteuerung des Sohns (Klägers) zuständige Finanzamt zog hiervon den Wert des Nießbrauchs in Höhe von ca. 350.000 € ab, so dass sich für den Sohn ein Wert der Schenkung in Höhe von ca. 430.000 € ergab. Bei der Bewertung des Nießbrauchs wandte das Finanzamt die Sterbetafel für Männer an und gelangte zu einem Vervielfältiger von 8,431 (verbleibende Lebenserwartung für 74 Jahre alte Männer 11,21 Jahre). Der Kläger machte geltend, dass sich nach der Sterbetafel für Frauen ein höherer Vervielfältiger und damit ein höherer Abzug ergeben würde (verbleibende Lebenserwartung für 74 Jahre alte Frauen: 13,28 Jahre). Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage des Sohnes ab: Die unentgeltliche Übertragung der GmbH-Anteile vom Vater auf den Sohn war schenkungsteuerbar. Der Wert der übertragenen GmbH-Anteile wurde von dem für die GmbH zuständigen Finanzamt mit 780.000 € festgestellt. Dieser Wert wurde durch den Nießbrauch des Vaters gemindert. Bei der Bewertung des Nießbrauchs waren die Sterbetafeln für Männer anzusetzen, da der Vater ein Mann war. Zwar führen die Sterbetafeln zu einer geschlechterbedingten Ungleichbehandlung. Diese Ungleichbehandlung ist aber verfassungsrechtlich gefertigt; denn die unterschiedlichen Sterbetafeln für Männer und Frauen ermöglichen eine gleichheitsgerechte Belastung der Steuerpflichtigen, weil so die Werte der geschenkten Vermögensgegenstände zutreffend und realitätsgerecht abgebildet werden können; denn Männer leben nicht so lange wie Frauen, so dass sie die ihnen eingeräumte Nutzung und Leistung nicht so lange nutzen können wie eine Frau. Hinweise: Frauen leben etwa fünf Jahre länger als Männer. Daher ist es gerecht, einen Nießbrauch, der einer Frau lebenslang eingeräumt wird, höher zu bewerten als einen Nießbrauch, der einem Mann lebenslang eingeräumt wird. Denn ein 74 Jahre alter Mann wird den Nießbrauch statistisch gesehen fünf Jahre weniger nutzen. Die Verwendung unterschiedlicher Sterbetafeln für Männer und Frauen kann sich für den Steuerpflichtigen mal günstiger und mal ungünstiger auswirken. Wird ein Nießbrauch einer Frau lebenslang zugewendet, muss diese einen höheren Kapitalwert versteuern als ein Mann, der einen Nießbrauch bis zum Lebensende erhält. Im Streitfall wirkte es sich aber zum Nachteil des Klägers aus, dass der Schenker ein Mann war und sich einen lebenslangen Nießbrauch vorbehielt. Dafür wird der Kläger die GmbH-Anteile statistisch betrachtet fünf Jahre früher unbelastet nutzen können. Würde der Nießbrauch bei dem 74 Jahre alten Vater nicht länger als fünf Jahre bestehen, könnte die Schenkungsteuerfestsetzung nach dem Gesetz auf Antrag berichtigt werden. Fällt der Nießbrauch weg, ist ein Antrag nicht erforderlich. Quelle: BFH, Urteil vom 20.1.2024 – II R 38/22; NWB

  • Höhe des verrechenbaren Verlustes bei einer KG nach Bildung eines Investitionsabzugsbetrags

    Höhe des verrechenbaren Verlustes bei einer KG nach Bildung eines Investitionsabzugsbetrags

    Wird nach Bildung eines Investitionsabzugsbetrags die Investition durchgeführt und der Investitionsabzugsbetrag außerbilanziell hinzugerechnet, mindert diese außerbilanzielle Hinzurechnung nicht den verrechenbaren Verlust des Kommanditisten. Denn die außerbilanzielle Hinzurechnung wirkt sich nicht auf das Kapitalkonto des Kommanditisten aus, das für die Höhe des verrechenbaren Verlustes maßgeblich ist. Hintergrund: Der Gesetzgeber schränkt den Verlustausgleich von Kommanditisten ein, da diese nur beschränkt in Höhe ihrer Einlage haften. Ein Verlustanteil aus der KG-Beteiligung ist mit anderen positiven Einkünften nur so lange uneingeschränkt ausgleichsfähig, wie das Kapitalkonto des Kommanditisten positiv ist. Soweit sein Kapitalkonto negativ ist oder durch den Verlustanteil negativ wird, ist der Verlustanteil grundsätzlich nur verrechenbar und kann nur mit künftigen Gewinnanteilen aus der KG verrechnet werden. Unternehmer können unter bestimmten Voraussetzungen einen Investitionsabzugsbetrag für künftige Investitionen in Höhe von 50 % der künftigen Anschaffungskosten gewinnmindernd bilden. Wird die Investition dann durchgeführt, kann der Unternehmer den Investitionsabzugsbetrag wieder gewinnerhöhend hinzurechnen und anschließend eine Abschreibung in dieser Höhe auf das Wirtschaftsgut vornehmen. Im Ergebnis handelt es sich bei dem Investitionsabzugsbetrag also um eine vorgezogene hohe Abschreibung. Sachverhalt: Die Klägerin war eine GmbH & Co. KG, deren alleiniger Kommanditist B war. Die Klägerin hatte im Jahr 2015 einen Investitionsabzugsbetrag in Höhe von 16.000 € für die künftige Anschaffung eines Pkw gebildet, den sie im Streitjahr 2018 erwarb. Die Klägerin rechnete den Investitionsabzugsbetrag im Jahr 2018 außerbilanziell in Höhe von 16.000 € wieder hinzu und kürzte anschließend die Anschaffungskosten für den Pkw sowie für weitere angeschaffte Wirtschaftsgüter in Höhe von insgesamt 16.000 €. Für das Streitjahr 2018 ergab sich aus der Bilanz der Klägerin ein Verlust, der durch die außerbilanzielle Hinzurechnung um 16.000 € gemindert wurde. Bei der Berechnung des verrechenbaren Verlustes berücksichtigte das Finanzamt aber nicht die außerbilanzielle Hinzurechnung des Betrags von 16.000 €. Im weiteren Streitjahr 2019 geschah das Gleiche, diesmal aber aufgrund der Hinzurechnung eines im Jahr 2016 gebildeten Investitionsabzugsbetrags, der im Jahr 2019 nach Durchführung der Investition außerbilanziell hinzugerechnet wurde; auch hier berücksichtigte das Finanzamt die außerbilanzielle Hinzurechnung nicht bei der Ermittlung des verrechenbaren Verlustes. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Zu Recht hat das Finanzamt die außerbilanzielle Hinzurechnung des Hinzurechnungsbetrags in den Streitjahren 2018 und 2019 nicht bei der Ermittlung des verrechenbaren Verlustes berücksichtigt. Die Hinzurechnung in Höhe der jeweiligen Investition minderte nicht die Höhe des verrechenbaren Verlustes. Die Hinzurechnung hat sich nämlich weder in der Steuerbilanz noch beim steuerlichen Kapitalkonto des Kommanditisten B ausgewirkt, sondern ist nur außerbilanziell vorgenommen worden. Durch den jeweiligen Hinzurechnungsbetrag ist der Kommanditist B auch nicht wirtschaftlich belastet worden, so dass unter diesem Gesichtspunkt eine Minderung des verrechenbaren Verlustes und damit eine Erhöhung des ausgleichsfähigen Verlustes gerechtfertigt wäre. Denn aufgrund der Hinzurechnung änderte sich weder der Haftungsumfang des Kommanditisten, noch erhöhte sich sein Ausfallrisiko. Hinweise: Im Gegenzug wirkte sich aber auch die Bildung des Investitionsabzugsbetrags in den Jahren 2015 und 2016 nicht nachteilig auf die Höhe des verrechenbaren Verlustes des Kommanditisten aus. Denn auch der Investitionsabzugsbetrag wurde nur außerbilanziell erfasst, da er keine handels- oder steuerrechtliche Bilanzposition darstellt. Die Bildung bzw. Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags führt daher stets zu einem insoweit ausgleichs- und abzugsfähigen Verlust. Auch wenn das Kapitalkonto negativ ist, kann der Verlust des Kommanditisten als ausgleichsfähig anerkannt werden – und nicht nur als verrechenbar –, soweit für den Kommanditisten nämlich eine Hafteinlage im Handelsregister eingetragen ist, die seine geleistete Einlage übersteigt. Der Kommanditist haftet in diesem Umfang nach außen und kann insoweit auch seinen Verlustanteil mit anderen positiven Einkünften ausgleichen.Ein weiterer Streitpunkt im aktuellen Verfahren war eine „Einlage“ des Kommanditisten B auf einem neu eingerichteten Kapitalkonto III. Diese Einlage sollte nach den Vorstellungen des B sein Kapitalkonto und damit auch den ausgleichsfähigen Verlust erhöhen. Allerdings sah der BFH das Kapitalkonto III im konkreten Fall nicht als Kapitalkonto an, weil B frei über das Guthaben auf dem Kapitalkonto III verfügen konnte, während ein echtes Kapitalkonto einer gesamthänderischen Bindung unterliegt, z.B. durch Teilhabe an Verlusten oder durch Berücksichtigung bei der Berechnung des Abfindungsguthabens beim Ausscheiden des Gesellschafters; hierzu war im Gesellschaftsvertrag aber keine Regelung getroffen worden.Quelle: BFH, Urteil vom 16.1.2025 – IV R 28/23; NWB