Aktuelles
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Bundesregierung beschließt Rechengrößen in der Sozialversicherung 2025
Die Bundesregierung hat am 6.11.2024 die „Sozialversicherungsrechengrößen-Verordnung 2025“ beschlossen. Vorbehaltlich der Zustimmung des Bundesrats kann die Verordnung zum 1.1.2025 in Kraft treten.Grenzwerte in der KrankenversicherungIn der gesetzlichen Krankenversicherung soll sich die Beitragsbemessungsgrenze einheitlich auf jährlich 66.150 € beziehungsweise 5.512,50 € im Monat erhöhen. 2024 waren es noch 62.100 € im Jahr beziehungsweise 5.175 € im Monat. Die Versicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung soll sich auf jährlich 73.800 € beziehungsweise monatlich 6.150 € belaufen. 2024 waren es noch 69.300 € beziehungsweise 5.775 € im Monat.Die Beitragsbemessungsgrenze markiert das maximale Bruttoeinkommen, bis zu dem Beiträge in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung erhoben werden. Der Verdienst, der über diese Einkommensgrenze hinausgeht, ist beitragsfrei. Die Versicherungspflichtgrenze bezeichnet den Einkommenshöchstbetrag, bis zu dem Beschäftigte gesetzlich krankenversichert sein müssen. Wer über diesen Betrag hinaus verdient, kann sich privat krankenversichern lassen.Änderungen in der RentenversicherungAuch die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung soll Anfang des Jahres deutlich steigen – erstmals einheitlich in ganz Deutschland auf 8.050 € im Monat. 2024 belief sich die Grenze in den neuen Bundesländern noch auf 7.450 € im Monat, in den alten Bundesländern auf 7.550 €. In der knappschaftlichen Rentenversicherung soll sich diese Einkommensgrenze von 9.300 € im Monat auf 9.900 im Monat erhöhen. In der knappschaftlichen Rentenversicherung sind Beschäftigte im Bergbau versichert. Sie berücksichtigt die besondere gesundheitliche Beanspruchung von Bergleuten. Das Durchschnittsentgelt in der Rentenversicherung, das zur Bestimmung der Entgeltpunkte im jeweiligen Kalenderjahr dient, soll für 2025 vorläufig 50.493 € im Jahr betragen. 2024 waren es 45.358 €.Rechengrößen ab 1. Januar 2025 im ÜberblickRechengröße Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung8.050 € im Monat / 96.600 € im JahrBeitragsbemessungsgrenze in der knappschaftlichen Rentenversicherung9.900 € im Monat / 118.800 € im JahrVersicherungspflichtgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung73.800 € im Jahr / 6.150 € im MonatBeitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Krankenversicherung66.150 € im Jahr / 5.512,50 € im MonatVorläufiges Durchschnittsentgelt für 2025 in der Rentenversicherung50.493 € im JahrQuelle: Bundesregierung online, Meldung v. 6.11.2024; NWB
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Außergewöhnliche Belastungen von Prozesskosten bei Rückabwicklung einer Schenkung
Die Aufwendungen für einen zivilrechtlichen Prozess wegen einer drohenden Rückabwicklung der Schenkung eines Forstbetriebs sind als außergewöhnliche Belastungen absetzbar, wenn die Rückabwicklung die Existenzgrundlage des Steuerpflichtigen gefährden würde. Diese Gefährdung ist anzunehmen, wenn der Verlust von mindestens 85 % des ertragbringenden Vermögens zu befürchten ist. Hintergrund: Außergewöhnliche Belastungen sind Aufwendungen, die dem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen. Typische Beispiele hierfür sind Krankheitskosten oder Wiederbeschaffungskosten nach dem Untergang des Hausrats durch Feuer oder Hochwasser. Nach dem Gesetz sind Prozesskosten vom Abzug ausgeschlossen, es sei denn, dass der Steuerpflichtige Gefahr läuft, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können. Sachverhalt: Der Kläger war ursprünglich angestellter Forstwirt. Seine Arbeitgeberin war die N, die ihm den Forstbetrieb zum 1.1.2015 unentgeltlich gegen Altenteilleistungen übertrug. Auf den Nutzflächen befanden sich noch drei Einfamilienhäuser. Der Kläger führte den Forstbetrieb fort und vermietete die Einfamilienhäuser. Außerdem kaufte der Kläger im Februar 2015 von N noch deren Pferdehof. Im Jahr 2018 verlangte N, vertreten von ihrem Betreuer, die Rückübertragung des Forstbetriebs und des Reiterhofs mit der Begründung, N habe bei der Übertragung an Demenz gelitten. Es kam hinsichtlich der Klage bezüglich des Reiterhofs zu einer Klageabweisung, und hinsichtlich des Forstbetriebs zu einem Vergleich, so dass der Kläger den Forstbetrieb zwar behalten durfte, aber die drei Einfamilienhäuser zurückgegeben musste; dies erfüllte er dann durch Zahlung eines Ablösebetrags. Dem Kläger entstanden im Streitjahr 2018 Prozesskosten für seinen Rechtsanwalt sowie für einen Gutachter in Höhe von insgesamt ca. 18.000 €, die er als außergewöhnliche Belastungen geltend machte. Das Finanzamt erkannte die außergewöhnlichen Belastungen nicht an und begründete dies damit, dass Prozesskosten grundsätzlich vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen seien. Entscheidung: Das Niedersächsische Finanzgericht (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage statt: Die Aufwendungen für das Gerichtsverfahren waren dem Kläger zwangsläufig entstanden und daher als außergewöhnliche Belastungen abziehbar. Hätte der Kläger den Prozess nicht geführt, wäre er Gefahr gelaufen, seine Existenzgrundlage, den Forstbetrieb, zu verlieren. Existenzgrundlage ist die materielle Lebensgrundlage, die den wesentlichen Teil des ertragbringenden Vermögens ausmacht. Eine Gefährdung liegt vor, wenn ein Verlust von mindestens 85 % des ertragbringenden Vermögens des Steuerpflichtigen droht. Eine Quote von 85 % wird auch in anderen Rechtsgebieten anerkannt, etwa bei der Einwilligung des Ehegatten bei Verpflichtungen über das Vermögen im Ganzen, so dass eine Verpflichtung zur Übertragung des Vermögens zustimmungsfrei ist, wenn mindestens 15 % Restvermögen verbleiben. Der Forstbetrieb machte den wesentlichen ertragbringenden Teil des Vermögens des Klägers aus. Der Kläger erzielte nämlich im Wesentlichen Einkünfte aus dem Forstbetrieb. Seine übrigen Einkünfte, die nicht von einer Rückabwicklung betroffen wären, beliefen sich auf lediglich 3.647 € und betrugen nur ca. 2,5 % der gesamten Einkünfte. Das nicht vom Rückübertragungsanspruch betroffene ertragbringende Vermögen verblieb somit unterhalb einer Restvermögensquote von 15 %. Hinweise: Der Anerkennung als außergewöhnliche Belastungen steht nicht entgegen, dass es um eine Schenkung ging. Denn die Schenkung betraf die materielle Lebensgrundlage des Klägers, der seine Angestelltentätigkeit für N nicht mehr ausüben konnte, nachdem er ihren Forstbetrieb übernommen hatte. Das Gericht folgte nicht der Argumentation des Finanzamts, dass die materielle Existenzgrundlage in Deutschland aufgrund der sozialen Sicherungssysteme stets gewährleistet sei. Dem Steuerpflichtigen ist es nämlich zuzugestehen, seine Lebensgrundlage selbst zu erwirtschaften, ohne auf Sozialleistungen angewiesen zu sein. Dem FG zufolge kann dem Kläger nicht vorgeworfen werden, die Schenkung angenommen zu haben. Immerhin hatte der beurkundende Notar keine Mängel der Geschäftsfähigkeit der N festgestellt, obwohl er Zweifel an der Geschäftsfähigkeit in der Schenkungsurkunde hätte festhalten müssen. Quelle: Niedersächsisches FG, Urteil vom 15.5.2024 – 9 K 28/23, Rev. beim BFH: Az. VI R 22/24; NWB
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Steuerliche Berücksichtigung von Kindern beim paritätischen Wechselmodell
Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird bei getrennt lebenden Eltern nur einem Elternteil gewährt, nicht aber aufgeteilt. Kinderbetreuungskosten können nur bei demjenigen Elternteil berücksichtigt werden, der sie auch getragen hat. Hintergrund: Der Gesetzgeber sieht verschiedene steuerliche Entlastungen vor, wenn der Steuerpflichtige minderjährige Kinder hat. So können z.B. Kinderbetreuungskosten abgezogen werden. Außerdem können alleinerziehende Elternteile einen Entlastungsbetrag geltend machen. Schließlich wird für die Kinder Kindergeld gezahlt; allerdings wird eine sog. Günstigerprüfung durchgeführt, bei der geprüft wird, ob es für den Steuerpflichtigen günstiger ist, wenn von seinem Einkommen ein Kinderfreibetrag abgezogen wird. Ist dies der Fall, wird der (höhere) Kinderfreibetrag steuerlich abgezogen und das (niedrigere) Kindergeld wieder dem Einkommen hinzugerechnet. Sachverhalt: Der Kläger wohnte bis zum 5.9.2015 mit seinem minderjährigen Kind und der Kindesmutter in einem gemeinsamen Haushalt. Die Kindesmutter zog am 5.9.2015 aus. Bis zum Dezember 2015 wohnte das Kind, das nun bei beiden Eltern gemeldet war, wechselseitig eine Woche bei seiner Mutter und eine Woche beim Kläger (sog. paritätisches Wechselmodell). Die Kindesmutter erhielt das Kindergeld.Der Kläger machte für den Zeitraum September bis Dezember 2015 einen hälftigen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Höhe von 636 € geltend. Außerdem machte er Aufwendungen für Kinderbetreuung (Kindergarten- und Hortgebühren) in Höhe von 690 € als Sonderausgaben geltend; allerdings hatte die Mutter die Gebühren an den Kindergarten überwiesen. Schließlich beantragte der Kläger noch den Abzug des Kinderfreibetrags für einen Elternteil in Höhe von 3.576 €. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Beträge und Aufwendungen nicht an. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) wies die hiergegen gerichtete Klage ab: Der Kläger kann keine Kinderbetreuungskosten als Sonderausgaben geltend machen, weil er die Kosten nicht getragen hat. Denn die Gebühren für den Kindergarten und Hort wurden von der Mutter überwiesen. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass der den hälftigen Betrag der Kindesmutter erstattet hat oder dass er unmittelbar die Hälfte der Kosten an den Kindergarten und Hort überwiesen hat. Der Kläger hat auch nicht nachgewiesen, dass er im Wege der Aufrechnung die Hälfte der Kosten getragen hat. Dem Kläger steht auch nicht der hälftige Entlastungsbetrag für Alleinerziehende zu. Der Entlastungsbetrag wird nur einem Elternteil gezahlt und nicht aufgeteilt. Grundsätzlich kommt es darauf an, in wessen Haushalt das Kind gemeldet war. War es in beiden Haushalten gemeldet wie im Streitfall, können die Eltern festlegen, wer von ihnen den Entlastungsbetrag erhalten soll. Treffen die Eltern keine derartige Bestimmung, erhält der Elternteil den Entlastungsbetrag, an den auch das Kindergeld ausgezahlt wird. Im Streitfall haben der Kläger und die Kindesmutter keine Bestimmung dahingehend getroffen, dass der Kläger den Entlastungsbetrag erhalten soll; daher war der Entlastungsbetrag der Kindesmutter, die das Kindergeld erhalten hat, zu gewähren. Schließlich war dem Kläger auch nicht der einfache Kinderfreibetrag zu gewähren, da sich das hälftige Kindergeld für ihn vorteilhafter ausgewirkt hat. Zwar hat der Kläger das Kindergeld nicht erhalten; der Kläger kann das hälftige Kindergeld aber auf seine Barunterhaltsverpflichtung anrechnen.Hinweise: Der BFH hält es nicht für verfassungswidrig, dass der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nicht aufgeteilt, sondern nur einem Elternteil gewährt wird. Es dient nämlich der Vereinfachung, eine Aufteilung zu vermeiden. Dies gilt auch beim paritätischen Wechselmodell. Der Kläger, der den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende nun nicht erhält, ist dennoch nicht schutzlos. Er kann z.B. seine Zustimmung zur Kindergeldberechtigung der Kindesmutter nur dann erteilen, wenn diese sich verpflichtet, das Kindergeld zur Hälfte an ihn auszuzahlen. Alternativ kann er der Auszahlung des Kindergelds an die Kindesmutter nur unter der Bedingung zustimmen, dass er den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende erhält. Denkbar ist es auch, dass er einen zivilrechtlichen Anspruch auf (teilweise) Auszahlung des Kindergelds geltend macht, solange es an einem unterhaltsrechtlichen Gesamtausgleich zwischen den unterhaltspflichtigen Eltern fehlt.Quelle: BFH, Urteil vom 10.7.2024 – III R 1/22; NWB