Aktuelles
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Keine Gemeinnützigkeit für Cannabis-Anbauvereinigungen
Nach einer Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Frankfurt am Main sind Cannabis-Anbauvereinigungen nicht gemeinnützig. Es fehlt an der sog. Selbstlosigkeit.Hintergrund: Die steuerliche Gemeinnützigkeit setzt voraus, dass die Körperschaft bzw. der Verein ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige, mildtätige oder kirchliche Zwecke verfolgt. Dabei müssen diese Zwecke selbstlos gefördert werden; dies bedeutet insbesondere, dass nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke – z.B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke – verfolgt werden. Seit der Legalisierung von Cannabis können Cannabis-Anbauvereinigungen gegründet werden, die in der Regel als sog. Cannabis Social Clubs bezeichnet werden und seit dem 1.7.2024 eine Genehmigung für den Cannabis-Anbau beantragen können. Anbauvereinigungen bauen Cannabis an und geben das Cannabis an ihre Mitglieder ab. Wesentlicher Inhalt der Verfügung der OFD Frankfurt a.M.: Für die Gemeinnützigkeit fehlt es an der Selbstlosigkeit. Gemeinnützige Vereine dürfen nämlich nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgen. Der Zweck einer Cannabis-Anbauvereinigung ist der gemeinschaftliche und nichtgewerbliche Eigenanbau von Cannabis und die Weitergabe des angebauten Cannabis zum Eigenkonsum durch Mitglieder und an Mitglieder. Dieser Zweck ist nicht selbstlos.Hinweise: Gemeinnützige Körperschaften sind grundsätzlich steuerbefreit. Außerdem können sie Spenden empfangen und hierfür Spendenbescheinigungen ausstellen, so dass der Spender seine Spende steuerlich als Sonderausgabe absetzen kann. Da Cannabis-Anbauvereinigungen keinen Gewinn anstreben dürfen, dürfte die fehlende Gemeinnützigkeit insoweit für sie verkraftbar sein. Unterstützer von Cannabis-Anbauvereinigungen können Spenden jedoch nicht steuerlich absetzen. Quelle: OFD Frankfurt a.M. vom 9.12.2024 – S 0171 A – 00990-0357 – St 53; NWB
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Solidaritätszuschlag (noch) verfassungsgemäß
Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde gegen das Solidaritätszuschlaggesetz 1995 zurückgewiesen. Nach Auffassung der Richter ist die Erhebung des Solidaritätszuschlags noch verfassungsgemäß.Hintergrund: Der Solidaritätszuschlag wurde zunächst vom 1.7.1991 bis zum 30.6.1992 und wird seit dem 1.1.1995 zur Finanzierung der mit der deutschen Einheit verbundenen Kosten als sog. Ergänzungsabgabe zur Einkommen- und Körperschaftsteuer erhoben. Bei der Einkommensteuer gilt für die Erhebung des Solidaritätszuschlags eine Freigrenze. Diese Freigrenze wurde ab dem Jahr 2021 deutlich angehoben, sodass ein Großteil der Einkommensteuerpflichtigen nicht mehr mit dem Solidaritätszuschlag belastet wird.Sachverhalt: Die Beschwerdeführer des Verfahrens verfolgen das Ziel der vollständigen Abschaffung des Solidaritätszuschlags mit Wirkung zum 1.1.2020. Sie sind der Auffassung, dass die Weitererhebung des ursprünglich mit den Kosten der Wiedervereinigung begründeten Solidaritätszuschlags mit dem Auslaufen des sog. Solidarpakts II am 31.12.2019 verfassungswidrig geworden ist. Darüber hinaus verstoße der Solidaritätszuschlag gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, da er bei der Einkommensteuer nur noch zulasten von Besserverdienern erhoben wird.Entscheidung: Die Richter des BVerfG wiesen die Verfassungsbeschwerde zurück: Der zum 1.1.1995 eingeführte Solidaritätszuschlag stellt eine Ergänzungsabgabe im Sinne des Grundgesetzes dar. Eine solche Ergänzungsabgabe setzt einen aufgabenbezogenen finanziellen Mehrbedarf des Bundes voraus, der durch den Gesetzgeber allerdings nur in seinen Grundzügen zu umreißen ist. Im Fall des Solidaritätszuschlags ist dies der wiedervereinigungsbedingte finanzielle Mehrbedarf des Bundes. Ein evidenter Wegfall des Mehrbedarfs begründet eine Verpflichtung des Gesetzgebers, die Abgabe aufzuheben oder ihre Voraussetzungen anzupassen. Insoweit trifft den Bundesgesetzgeber – bei einer länger andauernden Erhebung einer Ergänzungsabgabe – eine Beobachtungsobliegenheit. Ein offensichtlicher Wegfall des auf den Beitritt der damals neuen Länder zurückzuführenden Mehrbedarfs des Bundes kann auch heute (noch) nicht festgestellt werden. Eine Verpflichtung des Gesetzgebers zur Aufhebung des Solidaritätszuschlags ab dem Veranlagungszeitraum 2020 bestand und besteht demnach nicht.Hinweis: Aus der Entscheidung folgt nicht, dass der Solidaritätszuschlag unbegrenzt weiter erhoben werden darf. Sollte der wiedervereinigungsbedingte finanzielle Mehrbedarf des Bundes evident entfallen sein, muss der Solidaritätszuschlag als Ergänzungsabgabe abgeschafft werden. Wann dies der Fall sein wird, ließen die Richter offen.Quelle: BVerfG, Urteil v. 26.3.2025 – 2 BvR 1505/20; NWB
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Forderungsverzicht mit Besserungsabrede durch GmbH-Gesellschafter
Ein mit mindestens 1 % beteiligter GmbH-Gesellschafter, der seiner GmbH ab dem 1.1.2009 ein Darlehen gewährt hat und nun einen Forderungsverzicht mit Besserungsabrede erklärt, kann den Teil seiner Darlehensforderung, der im Zeitpunkt des Verzichts noch werthaltig ist, als verdeckte Einlage im Zeitpunkt der Aufgabe oder Veräußerung der GmbH-Beteiligung nach dem sog. Teileinkünfteverfahren mit 60 % steuerlich geltend machen. Den Teil der Darlehensforderung, der im Zeitpunkt des Verzichts wertlos ist, kann er aber bereits im Zeitpunkt des Verzichts als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend machen.Hintergrund: GmbH-Gesellschafter, die mit mindestens 1 % an der GmbH beteiligt sind und mit Darlehen, die sie der GmbH gewährt haben, ausfallen, können den Darlehensverlust grundsätzlich steuerlich geltend machen. Allerdings ist zu prüfen, ob sich der Verlust bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb, zu denen auch der Verlust aus der Aufgabe oder Veräußerung einer wesentlichen GmbH-Beteiligung gehört, zu 60 % auswirkt oder aber bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, bei denen der Verlust zwar zu 100 % berücksichtigt wird, aber dafür je nach geltender Rechtslage nur eingeschränkt mit anderen Einkunftsarten verrechenbar sein kann. Nach dem Gesetz ist eine Zuordnung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb vorrangig.Sachverhalt: Der Kläger war mit mehr als 12 % an einer GmbH & Co. KG beteiligt und gewährte dieser am 6.2.2009 ein Darlehen in Höhe von 128.000 €. Noch im Jahr 2009 wurde die GmbH & Co. KG in die Z-GmbH umgewandelt, so dass der Kläger nun an einer GmbH beteiligt war. Im Jahr 2009 verzichteten der Kläger und die anderen Gesellschafter auf ihre Forderungen gegen die Z-GmbH gegen Besserungsabrede; sollte es der Z-GmbH wieder finanziell besser gehen, würden die Forderungen also wieder aufleben. Im Zeitpunkt des Verzichts war die Darlehensforderung des Klägers zu 34 % (= 43.520 €) werthaltig. In den Jahren 2009 bis 2012 war der Kläger als Geschäftsführer der Z-GmbH beschäftigt. Der Kläger machte in seiner Einkommensteuererklärung für 2009 den gesamten Verlust seiner Darlehensforderung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) berücksichtigte den Verlust der Darlehensforderung zwar nicht bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, jedoch teilweise bei den Einkünften aus Kapitalvermögen: Ein Werbungskostenabzug bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit schied aus, weil der Forderungsverzicht vorrangig durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war. Dies hat das Finanzgericht in der ersten Instanz festgestellt. Der Kläger kann jedoch den Teil seiner Darlehensforderung, der im Zeitpunkt des Verzichts wertlos war (66 % von 128.000 €), im Jahr 2009 als Werbungskosten bei den Kapitaleinkünften geltend machen. Der Forderungsverzicht mit Besserungsabrede führte sofort zum Untergang der Forderung; die Besserungsabrede bewirkt erst dann ein Wiederaufleben der Forderung, wenn es der GmbH finanziell wieder besser geht. Zwar ist nach dem Gesetz eine Zuordnung zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb vorrangig gegenüber einer Zuordnung zu den Kapitaleinkünften. Im Streitjahr 2009 konnte es aber noch nicht zu Einkünften aus Gewerbebetrieb aus der Aufgabe oder Veräußerung der GmbH-Beteiligung kommen. Denn der Kläger hat im Jahr 2009 seine Beteiligung an der Z-GmbH weder aufgegeben noch verkauft. Zu einem Vorrang der Einkünfte aus Gewerbebetrieb kann es nur dann kommen, wenn beide Einkunftsarten im selben Veranlagungszeitraum anwendbar sind. Hinweise: Der Verlust wird bei den Kapitaleinkünften nicht erst dann berücksichtigt, wenn feststeht, dass es bei der GmbH nicht mehr zu einer finanziellen Erholung kommt. Zu einer Berücksichtigung bei den Kapitaleinkünften kommt es allerdings nur dann, wenn das Darlehen ab dem 1.1.2009 gewährt worden ist, da erst seit diesem Zeitpunkt Darlehensverluste im Privatvermögen steuerlich anerkannt werden. Auch wenn Verluste aus Kapitalvermögen zu 100 % steuerlich berücksichtigt werden, sind sie nur eingeschränkt nutzbar, da sie nach der aktuellen Gesetzeslage nicht mit anderen Einkunftsarten verrechnet werden können. Im Jahr 2013 wurde über das Vermögen der Z-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Sollte der Kläger seine GmbH-Beteiligung im Jahr 2013 aufgeben, kann er im Jahr 2013 den werthaltigen Teil seiner Forderung (43.520 €) als Darlehensverlust bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb (Aufgabe oder Veräußerung einer wesentlichen GmbH-Beteiligung) geltend machen. Dieser Verlust wird aber nur zu 60 % berücksichtigt. Im Jahr 2013 könnte der Kläger unter bestimmten Voraussetzungen erneut den wertlosen Teil seiner Forderung geltend machen, und zwar ebenfalls bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Führt dies zu einer Doppelberücksichtigung, weil der Verlust des wertlosen Teils schon im Jahr 2009 bei den Einkünften aus Kapitalvermögen berücksichtigt worden ist, muss dies dem BFH zufolge verfahrensrechtlich korrigiert werden, so dass der Betrag insgesamt nur einmal steuerlich berücksichtigt wird. Quelle: BFH, Urteil vom 19.11.2024 – VIII R 8/22; NWB