Aktuelles

Monat: November 2025

  • Grunderwerbsteuer: Rückgängigmachung eines nicht steuerbaren Erwerbs

    Grunderwerbsteuer: Rückgängigmachung eines nicht steuerbaren Erwerbs

    Wird eine Anteilsübertragung, die Anteile an einer grundbesitzenden GmbH betraf, rückgängig gemacht, kann dies zur Entstehung von Grunderwerbsteuer führen, wenn der Erwerber nun wieder mit 95 % bzw. – nach aktueller Rechtslage – 90 % beteiligt ist. Aufgrund der Rückgängigmachung unterliegt aber der Rückerwerb nicht der Grunderwerbsteuer; unschädlich ist es, wenn die ursprüngliche Übertragung keine Grunderwerbsteuer ausgelöst hatte. Hintergrund: Werden Anteile an einer Gesellschaft, die Grundbesitz hält, übertragen und ist der Erwerber nun mit mindestens 90 % (seit 1.7.2021) bzw. mit mindestens 95 % (bis zum 30.6.2021) beteiligt, entsteht Grunderwerbsteuer. Man spricht hier von einer sog. Anteilsvereinigung. Ein grunderwerbsteuerbarer Grundstückserwerb oder auch Anteilserwerb kann nach dem Gesetz rückgängig gemacht werden (Rückerwerb). Erfolgt der Rückerwerb grundsätzlich innerhalb von zwei Jahren und werden der Erwerb sowie die Rückgängigmachung beim zuständigen Finanzamt innerhalb von zwei Wochen angezeigt, entsteht weder für den Erwerb noch für den Rückerwerb Grunderwerbsteuer. Die Zwei-Jahres-Frist gilt jedoch nicht für den Fall, dass die Bedingungen des Rechtsgeschäfts, das den Anspruch auf Übereignung begründet hat, nicht erfüllt werden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund eines Rechtsanspruchs rückgängig gemacht wird.Sachverhalt: Der Kläger war Alleingesellschafter einer GmbH, die Grundbesitz hielt. Mit notariellem Schenkungsvertrag vom 14.6.2016 schenkte er seinem Sohn S 49 % der GmbH-Anteile. Allerdings behielt sich der Kläger einen Widerruf vor, falls S vor dem Kläger sterben und keine Nachkommen hinterlassen sollte. Tatsächlich starb S im Jahr 2018, ohne Nachkommen zu haben. Der Kläger widerrief gegenüber seiner Ehefrau, die zusammen mit dem Kläger Erbe geworden war, die Schenkung am 6.12.2018. Damit war der Kläger wieder Alleingesellschafter. Das Finanzamt setzte nun Grunderwerbsteuer gegenüber dem Kläger fest, weil er aufgrund des Widerrufs wieder mit 100 % und damit mit mindestens 95 % an der grundbesitzenden GmbH beteiligt war. Hiergegen wehrte sich der Kläger. Entscheidung: Der Bundesfinanzhof (BFH) gab der Klage statt: Grundsätzlich wurde durch den Widerruf der Schenkung am 6.12.2018 Grunderwerbsteuer ausgelöst. Denn der Kläger war bis zum Widerruf nur mit 51 % an der grundbesitzenden GmbH beteiligt, nachdem er im Jahr 2016 auf S 49 % Anteile übertragen hatte. Aufgrund des Widerrufs war er nun wieder mit 100 % und damit mit mindestens 95 %, der gesetzlichen Beteiligungsgrenze, die im Jahr 2018 galt, beteiligt. Allerdings war die Grunderwerbsteuer nicht festzusetzen, weil die Voraussetzungen für eine Rückgängigmachung vorlagen. Eine derartige Rückgängigmachung, aufgrund derer Grunderwerbsteuer nicht festzusetzen oder eine Grunderwerbsteuerfestsetzung aufzuheben ist, kann auch dann vorliegen, wenn die ursprüngliche Anteilsübertragung (hier: 49 %) gar nicht grunderwerbsteuerbar war. In der Regel betrifft die Rückgängigmachung den Rückerwerb eines Grundstücks, also einen Fall, in dem sowohl die Übertragung des Grundstücks als auch der spätere Rückerwerb grunderwerbsteuerbar waren. Bei einer Anteilsübertragung wie im Streitfall ist es aber nicht erforderlich, dass der ursprüngliche Erwerb (Übertragung von 49 % auf S) grunderwerbsteuerbar war. Hinweise: Nach Auffassung des BFH widerspräche es der gesetzlichen Zielsetzung, wenn die Grunderwerbsteuer für den Rückerwerb nur dann nicht festgesetzt würde, wenn der Ersterwerb steuerbar war. Im Streitfall galt keine Zwei-Jahres-Frist für die Rückgängigmachung, weil es sich nicht um einen regulären Rückerwerb handelte, sondern weil die Bedingungen des Schenkungsvertrags (S darf nicht vor seinem Vater, dem Kläger, sterben) nicht erfüllt wurden und das Rechtsgeschäft deshalb auf Grund des Widerrufsanspruchs rückgängig gemacht wurde.An sich hätte der Kläger sowohl die Übertragung als auch den Rückerwerb fristgerecht dem zuständigen Finanzamt anzeigen müssen. Die Anzeigepflicht soll verhindern, dass die Vertragspartner einen grunderwerbsteuerbaren Erwerbsvorgang zunächst nicht anzeigen und ihn dann, nachdem das Finanzamt von dem Erwerbsvorgang erfahren hat, rückgängig machen. Im Streitfall musste aber die Übertragung der 49 % dem Finanzamt nicht angezeigt werden, weil diese Übertragung nicht grunderwerbsteuerbar war; denn S war aufgrund der Schenkung im Jahr 2016 nicht mit mindestens 95 % an der GmbH beteiligt. Auch der Rückerwerb im Jahr 2018 musste nicht angezeigt werden, weil die Gefahr eines Missbrauchs in der Regel über die Rückgängigmachung angesichts der fehlenden Grunderwerbsteuerbarkeit der Übertragung im Jahr 2016 ausgeschlossen war. Quelle: BFH, Urteil vom 7.5.2025 – II R 16/23; NWB

  • Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Oktober 2025

    Umsatzsteuer-Umrechnungskurse Oktober 2025

    Das Bundesfinanzministerium hat die Umsatzsteuer-Umrechnungskurse für den Monat Oktober 2025 bekannt gegeben. Die monatlich fortgeschriebene Übersicht 2025 können Sie auf der Homepage des BMF abrufen.Quelle: BMF, Schreiben v. 3.11.2025 – III C 3 – S 7329/00014/007/150; NWB

  • Recht

    Mindestlohn steigt

    Der gesetzliche Mindestlohn wird zum 1.1.2026 auf 13,90 € brutto in der Stunde steigen und ein Jahr später auf 14,60 € brutto. Die Bundesregierung hat die sog. Fünfte Mindestlohnanpassungsverordnung beschlossen und damit den Weg für die Erhöhung freigemacht.Hierzu führt die Bundesregierung u.a. weiter aus:Zum 1.1. 2026 steigt der gesetzliche Mindestlohn auf 13,90 € brutto pro Stunde, zum 1.1.2027 auf 14,60 € brutto pro Stunde. Im Juni 2025 hatte die unabhängigen Mindestlohnkommission ihre Vorschläge für die Anpassung des gesetzlichen Mindestlohns vorgelegt. Das Bundeskabinett hat die Anpassungen per Verordnung beschlossen – damit können sie wirksam werden.Auch die Minijob-Grenze wird zum 1.1. 2026 steigen. Sie liegt aktuell bei 556 € brutto im Monat. Der gesetzliche Mindestlohn gilt auch für Minijobber. Damit eine Wochenarbeitszeit von zehn Stunden möglich ist, steigt die Grenze für geringfügige Beschäftigungen mit jeder Mindestlohnerhöhung. So wird sichergestellt, dass bei einem höheren Stundenlohn die Arbeitszeit nicht gekürzt werden muss. Quelle: Bundesregierung online, Meldung v. 29.10.2025; NWB

  • Rechtswidrigkeit einer Hinzuschätzung aufgrund der sog. Richtsatzsammlung

    Rechtswidrigkeit einer Hinzuschätzung aufgrund der sog. Richtsatzsammlung

    Ist die Kassenbuchführung in einem bargeldintensiven Betrieb wie z.B. einer Diskothek fehlerhaft, ist das Finanzamt dem Grunde nach zu einer Hinzuschätzung berechtigt. Die Schätzung darf aber nicht ohne Weiteres auf die sog. Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung gestützt werden, weil die Richtsatzsammlung Mängel aufweist. Vorrangig ist vielmehr eine Schätzung aufgrund eines inneren Betriebsvergleichs, d.h. aufgrund einer Nachkalkulation.Hintergrund: Ist die Buchführung nicht ordnungsgemäß, kann der Gewinn geschätzt werden. Zu den üblichen Schätzungsmethoden gehören der sog. innere Betriebsvergleich, bei dem anhand des Wareneinsatzes eine Nachkalkulation durchgeführt wird, sowie der äußere Betriebsvergleich, bei dem der Betrieb des Steuerpflichtigen mit anderen Betrieben aus derselben Branche verglichen wird und die Gewinnaufschlagsätze anderer Unternehmer derselben Branche herangezogen werden. Diese Richtsätze werden in einer Richtsatzsammlung dokumentiert, die von der Finanzverwaltung herausgegeben wird.Sachverhalt: Der Kläger betrieb in den Streitjahren 2013 und 2014 in Hamburg eine Diskothek und ermittelte seinen Gewinn durch Bilanzierung. Im Rahmen einer Außenprüfung stellte der Prüfer Mängel in der Kassenbuchführung fest, da der Kläger keine Einzelaufzeichnungen vorlegen konnte. Der Prüfer führte eine Nachkalkulation für die Getränkeumsätze durch und gelangte zu der Auffassung, dass der Kläger nur ca. 42 % des möglichen Umsatzes erklärt habe. Der Außenprüfer schätzte daher Umsätze bei den Getränkeverkäufen hinzu und legte dabei einen Rohgewinnaufschlagsatz von 554 % zu Grunde. Das Finanzgericht (FG) ersetzte die Schätzung des Prüfers durch eine eigene und setzte – auf Grundlage der Richtsatzsammlung der Finanzverwaltung, die Rohgewinnaufschläge für Gast-, Speise- und Schankwirtschaften zwischen 186 % und 400 % (2013) bzw. zwischen 186 % und 376 % (2014) veröffentlicht hatte, einen Rohgewinnaufschlag von 300 % an. Der Fall kam – nach einer ersten Zurückverweisung durch den Bundesfinanzhof (BFH) an das FG wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör – erneut zum BFH.Entscheidung: Der BFH bejahte zwar eine Schätzungsbefugnis des Finanzamts dem Grunde nach, hielt eine Schätzung aufgrund der Rohgewinnaufschläge der Richtsatzsammlung aber für rechtswidrig und verwies den Fall daher erneut an das FG zurück: Eine Schätzungsbefugnis war zu bejahen, da die Kassensturzfähigkeit fehlte; denn der Kläger hatte bis zu fünf offene Ladenkassen verwendet, aber nicht die erforderlichen Kassenaufzeichnungen gefertigt. Damit konnte der jeweilige Ist-Kassenbestand, der mittels Auszählung ermittelt wurde, nicht anhand der (unvollständigen) Kassenaufzeichnungen überprüft werden. Dieser formelle Mangel war gravierend, weil in der Diskothek überwiegend Bargeschäfte getätigt wurden. Die Schätzung ist jedoch der Höhe nach rechtswidrig. Zwar ist das Finanzamt grundsätzlich in der Wahl der Schätzungsmethode frei, wenn mehrere Schätzungsmethoden gleich geeignet sind. Gibt es aber eine besser geeignete Schätzungsmethode, muss das Finanzamt diese Methode anwenden. Grundsätzlich ist ein innerer Betriebsvergleich geeigneter als ein äußerer Betriebsvergleich, weil beim inneren Betriebsvergleich die konkreten Betriebsverhältnisse des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden; beim äußeren Betriebsvergleich lässt sich hingegen nicht ohne Weiteres ein anderer Betrieb finden, der dem Betrieb des Steuerpflichtigen bezüglich der Betriebsgröße, Lage, Organisation und Kundenstamm sowie der Branche gleicht. Das Finanzamt muss zudem sein Schätzungsergebnis begründen. Im Streitfall hat das FG zu Unrecht die Richtsatzsammlung herangezogen, anstatt die Schätzung auf eine Nachkalkulation zu stützen. Die Richtsatzsammlung enthält nämlich keine Vergleichswerte (Rohgewinnaufschlagsätze) für Diskotheken, sondern nur für Gast-, Speise- und Schankwirtschaften. Eine Diskothek ist hiermit aber nicht vergleichbar, weil in einer Diskothek keine Speisen angeboten werden und weil es keinen Verzehrzwang gibt. Im Übrigen gibt es weitere Mängel der Richtsatzsammlung (s. Hinweise unten). Hinweise: Der BFH hat die Sache daher erneut an das FG zurückverwiesen, so dass der Fall nun zum dritten Mal vor dem Finanzgericht verhandelt wird. Der BFH hat weitere erhebliche Bedenken gegen die Richtsatzsammlung geäußert, die der Finanzverwaltung die Anwendung der Richtsatzsammlung künftig erschweren dürfte: So gehen nur die Werte von Betrieben ein, bei denen eine Außenprüfung durchgeführt worden ist. Dies ist jedoch keine statistisch zuverlässige und repräsentative Zufallsauswahl; denn die Umsatz- und Gewinnzahlen der Betriebe, die nicht durch eine Außenprüfung geprüft worden sind, bleiben unberücksichtigt. Außerdem gehen die Zahlen von Verlustbetrieben nicht in die Richtsatzsammlung ein. Dabei bleiben ohnehin bereits jeweils 10 % der Betriebe mit den höchsten und niedrigsten Rohgewinnaufschlagsätzen außer Betracht. Sollte die Finanzverwaltung Betriebe mit Anlaufverlusten nicht berücksichtigen wollen, wäre es konsequent, auch Betriebe mit Anlaufgewinnen außer Ansatz zu lassen. Schließlich setzt die Anwendung der Richtsatzsammlung voraus, dass die Anwendung des jeweiligen Aufschlagsatzes nachvollziehbar begründet wird. Denn die Richtsatzsammlung enthält mitunter sehr weite Spannen, z.B. für Hotelbetriebe zwischen 285 % und 1900 %, für Bestattungsunternehmen zwischen 194 % und 1011 %, für Cafes zwischen 186 % und 525 % und für Restaurants zwischen 178 % und 446 % (Richtsatzsammlung 2023). Quelle: BFH, Urteil vom 18.6.2025 – X R 19/21; NWB