Wird über eine Lieferung durch Gutschrift des Leistungsempfängers
		abgerechnet, muss sich ein späterer Widerspruch des leistenden Unternehmers
		gegen die Gutschrift im Fall der zwischenzeitlich erfolgten Ausgliederung des
		Leistungsempfängers auf eine GmbH gegen die übernehmende GmbH richten. Denn die
		übernehmende GmbH tritt hinsichtlich des auf sie ausgegliederten Vermögens in
		die Rechtsnachfolge des Leistungsempfängers und Gutschriftenausstellers ein.
		
Hintergrund: Über eine Leistung
		kann entweder durch Rechnung des leistenden Unternehmers oder aber durch
		Gutschrift des Leistungsempfängers abgerechnet werden. Wird in einer Gutschrift
		Umsatzsteuer ausgewiesen, kann der Gutschriftaussteller diese Umsatzsteuer
		grundsätzlich als Vorsteuer geltend machen. Der leistende Unternehmer kann der
		Gutschrift aber widersprechen; mit dem Widerspruch verliert die Gutschrift ihre
		Wirkung als Rechnung, sodass mit dem Widerspruch auch der Vorsteuerabzug nicht
		mehr möglich ist. 
Sachverhalt: Die Klägerin war
		die X-AG, die im Juli 2010 Gold von den Unternehmern S und H erwarb. Die
		Klägerin rechnete noch im Juli 2010 gegenüber S und H durch Gutschriften mit
		gesondertem Umsatzsteuerausweis ab. Im August 2010 gliederte die Klägerin ihren
		Bereich „Edelmetalle“ in die X-GmbH aus; die Ausgliederung wurde
		im August 2010 im Handelsregister eingetragen. Im September und November 2010
		widersprachen S und H gegenüber der X-AG der Gutschrift. Die X-AG zog
		gleichwohl die Vorsteuer aus den Gutschriften ab. Das Finanzamt erkannte den
		Vorsteuerabzug nicht an und begründete dies damit, dass sowohl H als auch S den
		Gutschriften widersprochen hätten. 
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) erkannte den Vorsteuerabzug der X-AG an und gab der Klage
		statt: 
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Die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs der Klägerin (X-AG) 
 waren erfüllt, da ihr Gold von den Unternehmern (S und H) geliefert worden ist.
 Hierüber hat die X-AG mit Gutschriften mit gesondertem Umsatzsteuerausweis
 abgerechnet; die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer kann die X-AG als
 Vorsteuer abziehen.
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Der Widerspruch von S und von H gegen die Gutschriften war 
 nicht wirksam. Denn beide haben ihren Widerspruch gegenüber der Klägerin, der
 X-AG, erklärt. Stattdessen hätten sie den Widerspruch gegenüber der
 übernehmenden X-GmbH äußern müssen.
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Die X-AG hat den Unternehmensbereich 
 „Edelmetalle“ auf die X-GmbH ausgegliedert, sodass es insoweit zu
 einer partiellen Gesamtrechtsnachfolge der X-GmbH gekommen ist. Die X-GmbH
 wurde dadurch Vertragspartnerin von S und H, sodass auch nur die X-GmbH im Fall
 eines wirksamen Widerspruchs ihr gegenüber entweder eine neue Gutschrift hätte
 erteilen können oder einen Anspruch gegen S und H auf Erteilung einer Rechnung
 mit gesondertem Umsatzsteuerausweis gerichtlich hätte durchsetzen können.
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Es kommt nicht darauf an, ob S und H von der Ausgliederung auf 
 die X-GmbH Kenntnis hatten. Denn die Ausgliederung wurde im Handelsregister
 eingetragen, sodass S und H diese Eintragung aufgrund der sog.
 Publizitätswirkung des Handelsregisters gegen sich gelten lassen mussten.
Hinweise: Der Goldverkauf ist
		zwar nach dem Gesetz umsatzsteuerfrei; allerdings besteht bei einer
		Goldlieferung unter Unternehmern die Möglichkeit, auf diese Steuerfreiheit zu
		verzichten. Durch Erteilung von Gutschriften mit gesondertem
		Umsatzsteuerausweis hat die Klägerin auf die Steuerfreiheit verzichtet. Dieser
		Verzicht hätte zwar wiederum widerrufen werden können, sodass es bei der
		Steuerfreiheit geblieben wäre. Hierzu wäre es aber erforderlich gewesen, dass S
		und H zunächst wirksam, also gegenüber der X-GmbH, der Gutschrift widersprechen
		und anschließend eine berichtigte Rechnung ohne Umsatzsteuerausweis
		erteilen.
Quelle: BFH, Urteil vom 12.7.2023 – XI R 41/20; NWB