Steuerfreistellung durch ausländische Betriebsstätten

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in zwei Entscheidungen die
Voraussetzungen konkretisiert, die im grenzüberschreitenden Sachverhalt im
Anwendungsbereich eines Doppelbesteuerungsabkommens zu einer ausländischen
Betriebsstätte führen. Aus einer solchen Betriebsstätte erzielt der
Steuerpflichtige in der Regel Einkünfte, die im Inland steuerfrei sind und nur
der ausländischen Besteuerung unterliegen.

Hintergrund: Nach der im
Streitfall einschlägigen Vorschrift des mit der Schweiz geschlossenen
Doppelbesteuerungsabkommens (DBA-Schweiz) sind Gewinne aus eigener Tätigkeit
einer Betriebsstätte, die in der Schweiz besteuert werden können, von der
Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer unter Progressionsvorbehalt
auszunehmen, soweit sie nachweislich ‑ u.a. ‑ durch Erbringung
von Dienstleistungen unter Teilnahme am allgemeinen Wirtschaftsverkehr erzielt
wurden. Gewinne eines deutschen Unternehmens können in der Schweiz besteuert
werden, wenn das Unternehmen seine Tätigkeit durch eine dort gelegene
Betriebsstätte ausübt und soweit die Gewinne des Unternehmens dieser
Betriebsstätte zugerechnet werden können.

Sachverhalt: Im Grundfall hatte
der in Deutschland lebende Kläger, ein Taxiunternehmer, aufgrund seiner
Mitgliedschaft in einer Schweizerischen Taxifunkzentrale Zugang zu deren
Büroraum in der Schweiz. Dieser Raum war mit drei Arbeitsplätzen eingerichtet
und stand insgesamt drei Taxiunternehmern zur Verfügung. Der Kläger nutzte den
Büroraum (einschließlich eines abschließbaren Standcontainers) für
geschäftsleitende Tätigkeiten sowie für die Personalverwaltung seiner
angestellten Taxifahrer, die Vorbereitung der laufenden Buchführung, das
Rechnungswesen, die Finanzkontrolle sowie die Kontrolle der Einhaltung
behördlicher Auflagen. Das Finanzamt unterwarf die gewerblichen Einkünfte des
Klägers aus seinem Taxiunternehmen der inländischen Besteuerung.

Entscheidung: Der BFH gab der
hiergegen gerichteten Klage statt:

  • Die gesamten gewerblichen Einkünfte des Klägers sind in
    Deutschland steuerfrei zu stellen und dürfen lediglich im Rahmen des
    Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden, da in der Schweiz die
    Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte erfüllt
    sind.

  • Hierfür ist die „Verwurzelung“ des Unternehmens mit dem im
    Ausland belegenen der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit maßgebend. Diese
    Verwurzelung folgt aus einer Gesamtwürdigung der in Wechselwirkung zueinander
    stehenden Merkmale der zeitlichen und örtlichen Festigkeit der Ort
    Geschäftseinrichtung sowie der dauerhaften Verfügungsmacht des Unternehmens
    über diese Geschäftseinrichtung.

  • Der persönliche Standcontainer ist insoweit ein Indiz für die
    dauerhafte Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung (hier: den Büroraum).
    Darüber hinaus sind in dem Büroraum nicht nur Hilfstätigkeiten ausgeübt worden.

  • Die Haupttätigkeit eines Taxiunternehmers mit mehreren
    angestellten Taxifahrern erschöpft sich nicht allein im Fahren von Taxis zum
    Zwecke der Personenbeförderung. Vielmehr gehören hierzu auch die
    geschäftsleitenden und zentralen unternehmerisch-administrativen Tätigkeiten,
    die der Taxiunternehmer in dem Büroraum in der Schweiz ausgeübt
    hat.

Hinweis: Im zweiten Verfahren
ging es um die zeitlichen Voraussetzungen einer
abkommensrechtlichen Betriebsstätte
. Sowohl für das Innehaben
der Geschäftseinrichtung als auch für die unternehmerische Tätigkeit, die in
der Geschäftseinrichtung ausgeübt wird, hat der BFH eine
Mindestdauer von sechs Monaten festgelegt.
Ein Unternehmen, das nur für weniger als sechs Monate existiert, rechtfertigt
selbst dann keine Ausnahme, wenn die Tätigkeit dieses Unternehmens vollständig
in der ausländischen Geschäftseinrichtung ausgeübt worden ist.

Quellen: BFH, Urteile vom 18.12.2024 – I R 47/21
(Betriebsstätte eines Taxiunternehmens in den Räumen einer Taxizentrale) und I
R 39/21 (zeitliche Voraussetzungen einer abkommensrechtlichen Betriebsstätte);
NWB