Eine ausländische Konzertdirektion, die ausländische Künstler für
		Auftritte in Deutschland engagiert, ist gesetzlich zum Steuerabzug (im
		Streitjahr waren dies 25 %) verpflichtet und muss die Steuer vom Honorar
		einbehalten und abführen. Die Verpflichtung kann nicht mit der Begründung
		abgelehnt werden, dass das ausländische Künstlerensemble keine
		Gewinnerzielungsabsicht habe, weil es ohne Subventionen nicht tätig werden
		könne, und daher in Deutschland nicht steuerpflichtig sei. 
Hintergrund: Treten Künstler,
		die in Deutschland weder einen Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt haben, in
		Deutschland auf, sind sie aufgrund ihres Auftritts in Deutschland beschränkt
		steuerpflichtig. Der Auftraggeber, der sog. Vergütungsschuldner, ist gesetzlich
		verpflichtet, vom Honorar eine Steuer in Höhe von grundsätzlich 15 % zuzüglich
		Solidaritätszuschlag von 5,5 % auf die Steuer einzubehalten. 
Sachverhalt: Die Klägerin war
		eine in Österreich ansässige Konzertdirektion, die im Zeitraum 1996 bis 1999
		ausländische Künstler für Auftritte in Deutschland engagierte. Nachdem die
		Klägerin den Steuerabzug nicht vorgenommen hatte, erließ das Finanzamt im Jahr
		1999 Haftungsbescheide und schätzte den Steuerabzug. Die Klägerin machte
		anschließend Angaben zu den gezahlten Honoraren, die zu einer Reduzierung des
		Steuerabzugs führten. Sie klagte gleichwohl gegen den Haftungsbescheid mit der
		Begründung, die Künstler bzw. Künstlergruppen seien ohne
		Gewinnerzielungsabsicht aufgetreten. 
Entscheidung: Der
		Bundesfinanzhof (BFH) wies die Klage ab: 
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Der Haftungsbescheid ist grundsätzlich rechtmäßig, wenn der
Vergütungsschuldner (die Klägerin) keinen Steuerabzug im Zeitpunkt der Zahlung
des Honorars vornimmt. - 
Die Verpflichtung zum Steuerabzug besteht auch für einen
Vergütungsschuldner, der in Deutschland weder seinen Sitz noch eine
Betriebsstätte hat. Es genügt, wenn er Honorare an Künstler für einen Auftritt
in Deutschland zahlt. Der Inlandsbezug ergibt sich also aus der Tätigkeit des
Künstlers in Deutschland. - 
Die engagierten Künstler bzw. Ensembles waren aufgrund ihrer
Auftritte in Deutschland beschränkt steuerpflichtig, da sie mit
Gewinnerzielungsabsicht tätig waren. Die Gewinnerzielungsabsicht kann nicht
deshalb verneint werden, weil die Künstler staatliche Subventionen erhalten
haben könnten. Denn Subventionen führen grundsätzlich zu steuerpflichtigen
Einnahmen. - 
Es war auch ermessensfehlerfrei, die Klägerin in Anspruch zu
nehmen und nicht die Künstler; denn die Klägerin hatte die Künstler zunächst
nicht genannt, so dass das Finanzamt deren Identität nicht feststellen konnte. - 
Die fünfjährige Zahlungsverjährung war noch nicht eingetreten.
Denn das Finanzamt hatte auf Antrag der Klägerin bereits unmittelbar nach
Erlass der Haftungsbescheide im Jahr 1999 eine Aussetzung der Vollziehung
gewährt, die die Verjährung unterbricht und die erst mit Erlass der
Einspruchsentscheidung im Jahr 2019 endete. Damit begann mit Ablauf des
31.12.2019 erneut eine fünfjährige Zahlungsverjährung. 
Hinweise: Das Verfahren hat
		ungewöhnlich lange gedauert, hierfür gab es jedoch Gründe. So wartete das
		Finanzamt auf Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu der Frage,
		ob die Haftung des Vergütungsschuldners mit dem europäischen Recht vereinbar
		ist. Der EuGH hat dies im Jahr 2006 bejaht, und der BFH hält in der aktuellen
		Entscheidung die Haftung ebenfalls für vereinbar mit der europäischen
		Dienstleistungsfreiheit sowie mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des
		Grundgesetzes. In der Folgezeit wollte die Klägerin auch noch abwarten, bis die
		Finanzverwaltung zur Rechtsprechung des EuGH Stellung nimmt, und so erging die
		Einspruchsentscheidung erst im Jahr 2019. 
Der Steuerabzug ist auch dann vorzunehmen, wenn die Einkünfte des
		Künstlers nach einem sog. Doppelbesteuerungsabkommen steuerfrei sind. Der
		Künstler kann aber eine Freistellungsbescheinigung beim Bundeszentralamt
		beantragen und sich die ggf. einbehaltene und abgeführte Steuer erstatten
		lassen. 
Von der Bemessungsgrundlage (Honorar) können unter bestimmten
		Voraussetzungen die Betriebsausgaben des Künstlers, die dieser nachweist,
		abgezogen werden. In diesem Fall beläuft sich der Steuerabzug auf 30 %, wenn
		der Künstler eine natürliche Person, anderenfalls auf 15 %, wenn der Künstler
		eine Kapital- oder Personengesellschaft ist.
Quelle: BFH, Urteil vom 25.10.2023 – I R 35/21;
		NWB