Die Finanzverwaltung geht in einem aktuellen Schreiben, das für die
Finanzämter verbindlich ist, auf die aktuelle Rechtsprechung des
Bundesfinanzhofs (BFH) zur unentgeltlichen Betriebsübertragung unter
Nießbrauchsvorbehalt bei Fortführung des Betriebs durch den
Vorbehaltsnießbraucher und bisherigen Betriebsinhaber ein. Die Finanzverwaltung
akzeptiert zwar die neue Rechtsprechung, nach der die stillen Reserven vom
bisherigen Betriebsinhaber aufgedeckt und versteuert werden müssen, räumt den
Steuerpflichtigen aber bei Betriebsübertragungen, die vor dem 17.4.2025 erfolgt
sind, ein Wahlrecht ein, das Unternehmen zum Buchwert zu
übertragen.
Hintergrund: Nach dem Gesetz
kann ein Betrieb unentgeltlich zum Buchwert übertragen werden. Es müssen also
keine stillen Reserven, d.h. die Differenz zwischen dem Verkaufswert und dem in
der Buchführung ausgewiesenen Wert, versteuert werden. Jedoch hat der BFH
jüngst entschieden, dass diese Regelung voraussetzt, dass der
bisherige Betriebsinhaber seine Tätigkeit einstellt.
Anderenfalls müssen die stillen Reserven aufgedeckt und versteuert werden.
Daher ist eine Übertragung zum Buchwert nicht möglich, wenn z.B. der Vater
seinen Betrieb unentgeltlich auf seinen Sohn überträgt, sich dabei einen
Nießbrauch vorbehält und den Betrieb weiterführt.
Wesentlicher Inhalt des aktuellen Schreibens des
Bundesfinanzministeriums (BMF)
Das BMF akzeptiert die neue BFH-Rechtsprechung, so dass eine
steuerneutrale Buchwertübertragung nicht möglich ist, wenn der
Vorbehaltsnießbraucher (Vater) seine bisherige Tätigkeit fortführt. Dies gilt
sowohl für einen aktiven als auch für einen verpachteten
Gewerbebetrieb.
Die vom Vater auf den Sohn übertragenen Wirtschaftsgüter werden
somit vom Vater entnommen, und zwar zum Teilwert (Verkehrswert), so dass die
stillen Reserven versteuert werden müssen.
Das BMF lässt allerdings eine Buchwertübertragung zu, wenn der
Betrieb vor dem 17.4.2025 übertragen worden ist; der 17.4.2025 war der Tag der
Veröffentlichung des BFH-Urteils. Dabei sind die folgenden Voraussetzungen zu
erfüllen:
-
Die Veranlagung für das Jahr der Betriebsübertragung darf noch
nicht bestandskräftig sein. -
Der Vorbehaltsnießbraucher (bisherige Betriebsinhaber, also
Vater) und der Nießbrauchgeber (Betriebsübernehmer, also Sohn) müssen einen
gemeinsamen, unwiderruflichen Antrag auf Anwendung der Regelung über die
Buchwertfortführung stellen.Hinweis: Die zum Buchwert
übertragenen Wirtschaftsgüter des Betriebs bleiben beim Vorbehaltsnießbraucher
(Vater) „steuerverstrickt“, so dass die stillen Reserven etwa im
Fall der Veräußerung versteuert werden müssen.
Hinweise: Erlischt der
Nießbrauch durch Aufhebung oder durch Tod des Vorbehaltsnießbrauchers und führt
nun der Sohn den Betrieb fort, muss der Sohn – wenn die Übergangsregelung
des BMF nicht angewendet wurde – die auf ihn übertragenen
Wirtschaftsgüter zum Teilwert in sein Betriebsvermögen einlegen. Die
Wirtschaftsgüter, die der Vater seit der Betriebsübertragung erworben hat,
gehen hingegen zum Buchwert auf den Sohn über.
Das aktuelle Schreiben betrifft die unentgeltliche
Betriebsübertragung unter Vorbehaltsnießbrauch und Fortführung des Betriebs
durch den bisherigen Betriebsinhaber. Es gibt aber gleichwohl noch andere
Übertragungsfälle mit einem Vorbehaltsnießbrauch, in denen eine
Buchwertfortführung möglich ist, etwa bei der Übertragung land- und
forstwirtschaftlicher Betriebe oder bei der Übertragung eines gesamten
Mitunternehmeranteils unter Vorbehaltsnießbrauch, wenn der neue Gesellschafter
Mitunternehmer wird. Auf die einzelnen Fälle weist das BMF in seinem aktuellen
Schreiben hin.
Quelle: BMF-Schreiben vom 28.10.2025 – IV C 6 – S
2240/00044/019/033; NWB