Änderungen durch das Wachstumschancengesetz

Nach langem Hin und Her wurde das
sog. Wachstumschancengesetz nun doch noch Ende März 2024 verkündet. Nachfolgend
haben wir die wichtigsten Änderungen für Sie
zusammengefasst:

I. Änderungen für
Unternehmer

1. Befristete
Wiedereinführung der degressiven Abschreibung

Bisher war eine degressive
Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens nur dann
möglich, wenn das Wirtschaftsgut bis zum 31.12.2022 angeschafft oder
hergestellt worden ist. Die degressive Abschreibung beträgt das
Zweieinhalbfache der linearen Abschreibung, die auf der Nutzungsdauer beruht;
die degressive Abschreibung darf höchstens 25 % betragen.

Der Gesetzgeber lässt die
degressive Abschreibung nun auch für solche beweglichen Wirtschaftsgüter des
Anlagevermögens zu, die nach dem 31.3.2024 und vor dem
1.1.2025 angeschafft oder hergestellt
worden sind. In diesem
Fall beträgt die degressive Abschreibung maximal das Doppelte der sog. linearen
Abschreibung, die sich nach der Nutzungsdauer bemisst, und darf 20 % nicht
übersteigen.

Hinweis: Die degressive
Abschreibung ist nicht zulässig, wenn das Wirtschaftsgut nach dem 31.12.2022
und vor dem 1.4.2024 angeschafft oder hergestellt worden ist.

2.
Sonderabschreibung für kleine und mittlere
Unternehmen

Unternehmer, deren Gewinn 200.000
€ nicht übersteigt, können bislang unter bestimmten Voraussetzungen eine
einmalige Sonderabschreibung von 20 % auf abnutzbare bewegliche
Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wie z. B. Maschinen vornehmen, und zwar
zusätzlich zur regulären Abschreibung, die von der Nutzungsdauer des
Wirtschaftsguts abhängig ist. Für Wirtschaftsgüter, die nach
dem 31.12.2023 angeschafft oder hergestellt
werden, wird die
Sonderabschreibung von 20 % auf 40 % nun
verdoppelt.

Zu beachten ist ferner die
geänderte Abschreibung für neu gebaute
Mietwohnungen
, die auch für Unternehmer gilt, wenn sich die
Wohnungen im Betriebsvermögen befinden, weil sie z. B. an Arbeitnehmer
vermietet werden (zu den Einzelheiten s. unten unter
„Vermieter“).

3. Verbesserung
bei der sog. Thesaurierungsbesteuerung

Einzelunternehmen und
Personengesellschaften haben die Möglichkeit, eine sog.
Thesaurierungsbesteuerung zu wählen. Der nicht entnommene, also thesaurierte
Gewinn wird dann mit 28,25 % besteuert. Allerdings kommt es zu einer
Nachversteuerung mit einem Steuersatz von 25 %, sobald der Gewinn entnommen
wird.

Ab 2024 wird das begünstigt
besteuerte Thesaurierungsvolumen dadurch
erhöht, dass der begünstigungsfähige Gewinn um die steuerlich nicht als
Betriebsausgabe abziehbare Gewerbesteuer und um die nicht absetzbare
Einkommensteuer, die entnommen wird, damit die
„Thesaurierungssteuer“ an das Finanzamt gezahlt werden kann,
erhöht wird.

4. Änderung bei
der Dienstwagenbesteuerung

Werden
betriebliche Elektrofahrzeuge privat
genutzt, muss für die Privatnutzung eine Entnahme versteuert werden. Bei einer
betrieblichen Nutzung von mehr als 50 % kann die Entnahme mit 0,25 % des
Bruttolistenpreises (zzgl. Kosten der Sonderausstattung und einschließlich
Umsatzsteuer) monatlich bewertet werden.

Diese günstige Bewertung setzte
bislang voraus, dass der Bruttolistenpreis des Fahrzeugs 60.000 € nicht
übersteigt. Diese Grenze wird für reine Elektrofahrzeuge, die
nach dem 31.12.2023 angeschafft werden, auf
70.000 € erhöht (ursprünglich war eine Erhöhung auf 80.000 €
geplant).

Hinweis: Entscheidet sich
der Unternehmer für die Bewertung der Entnahme nach der sog.
Fahrtenbuchmethode, wirkt sich die Erhöhung
der zulässigen Anschaffungskosten bei reinen Elektrofahrzeugen ebenfalls
günstig aus, weil dann nur 25 % der Anschaffungskosten bei den Kfz-Kosten
berücksichtigt werden.

5.
Betriebsausgabenabzug für Geschenke

Geschenke an Geschäftsfreunde waren
bislang bis zur Höhe von 35 € / Empfänger im Wirtschaftsjahr abziehbar.
Diese Freigrenze wird ab 2024 auf 50 € angehoben. Wie bisher gilt: Ist
das Geschenk auch nur geringfügig teurer, sind die kompletten Ausgaben nicht
abziehbar.

6. Erhöhung der
Buchführungsgrenzen

Gewerbliche Unternehmer sowie Land-
und Forstwirte sind steuerrechtlich zur
Buchführung verpflichtet, wenn sie bestimmte Buchführungsgrenzen überschreiten.
Der Gesetzgeber erhöht für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2023 beginnen,
die bisherige Umsatzgrenze von 600.000 € auf 800.000 € und die
bisherige Gewinngrenze von 60.000 € auf 80.000 €.

In gleicher Höhe werden auch die
Grenzen für die handelsrechtliche
Buchführungspflicht von Einzelkaufleuten angepasst. Steuerpflichtige
Einzelkaufleute können dann unterhalb dieser Grenze auf eine
Einnahmen-Überschuss-Rechnung und vereinfachte Buchführung zurückgreifen. Diese
Änderungen greifen ebenfalls für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2023
beginnen.

7. Erweiterung der
umsatzsteuerlichen Ist-Versteuerung

Ab 2024 wird die Umsatzgrenze für
die Anwendbarkeit der sog. Ist-Versteuerung von 600.000 € um 200.000
€ auf 800.000 € erhöht.

8. Erleichterung
für Kleinunternehmer

Ab 2024 sind Kleinunternehmer
grundsätzlich nicht mehr zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung
verpflichtet. Sie können allerdings – wie bisher auch – vom
Finanzamt zur Abgabe einer Umsatzsteuer-Jahreserklärung aufgefordert werden.
Auch besteht die Abgabepflicht z. B. weiterhin bei innergemeinschaftlichen
Erwerben.

Hinweis: Kleinunternehmer
sind Unternehmer, deren Umsatz im Vorjahr 22.000 € nicht überstiegen hat
und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen
wird. Sie müssen keine Umsatzsteuer abführen, können dann aber auch keine
Vorsteuer gelten machen.

9. Option zur
Körperschaftsteuer

Personenhandelsgesellschaften wie
z. B. die OHG oder KG können auf Antrag zur Körperschaftsbesteuerung optieren
und unterliegen dann lediglich einem Körperschaftsteuersatz von 15 % zuzüglich
Gewerbesteuer, die bei Körperschaften grundsätzlich anfällt. Der Gesetzgeber
erstreckt ab dem 28.3.2024 den Anwendungsbereich dieser Option auf
alle Personengesellschaften, also
insbesondere auch auf Gesellschaften bürgerlichen Rechts, wenn diese in einem
Gesellschaftsregister eingetragen sind (sog. eGbR).

Die Option, die bis zum 30.11. für
das Folgejahr zu beantragen ist, ist ab dem 28.3.2024 auch für
neu gegründete Personengesellschaften
möglich, die den Antrag dann innerhalb eines Monats nach Abschluss des
Gesellschaftsvertrags stellen müssen, so dass die Option bereits für das
laufende Wirtschaftsjahr gilt. Gleiches gilt für Personengesellschaften, die
durch einen umwandlungsrechtlichen Formwechsel aus einer Körperschaft
hervorgegangen sind und die für die Option einen Monat Zeit nach Anmeldung des
Formwechsels beim Handelsregister haben, damit die Option bereits für das
laufende Wirtschaftsjahr gilt.

10. Befreiung von
der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen ab 2025

Nach bisheriger Rechtslage kann das
Finanzamt den Unternehmer von der Verpflichtung zur Abgabe der
Umsatzsteuervoranmeldungen und Entrichtung der Umsatzsteuervorauszahlungen
befreien, wenn die Steuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als
1.000 € betragen hat. Dieser Betrag wird ab dem
Besteuerungszeitraum 2025
auf 2.000 € erhöht.
Ursprünglich sollte diese Regelung bereits für das Jahr 2024 gelten.

11. Elektronische
Rechnung ab 2025

Der Gesetzgeber schreibt ab 2025
die Pflicht zur elektronischen Rechnung in einem sog. strukturiertem Format
innerhalb von sechs Monaten nach Leistungserbringung vor, wenn die Leistung an
einen anderen Unternehmer im Inland ausgeführt wird. Allerdings gibt es eine
Übergangsregelung für Umsätze, die nach dem 31.12.2024 und vor dem 1.1.2027
ausgeführt werden, so dass bis zum 31.12.2026 eine Rechnung auf Papier und
– bei Zustimmung des Rechnungsempfängers – auch in einem anderen
elektronischen Format ausgestellt werden kann. Unternehmer, deren Gesamtumsatz
im Jahr 2026 800.000 € nicht überschreitet, können sogar bis zum
31.12.2027 ihre Rechnungen auf Papier oder – mit Zustimmung des
Rechnungsempfängers – in einem anderen elektronischen Format
ausstellen.

II. Änderungen für
Arbeitnehmer

Zum 1.1.2024 wird der
Pauschbetrag für Berufskraftfahrer, die im
Fahrzeug übernachten, von 8 € auf 9 € pro Tag erhöht. Dieser
Betrag kann zusätzlich zur den Verpflegungspauschalen geltend gemacht
werden.

III. Änderungen
für Vermieter

Für Vermieter ergeben sich durch
das Wachstumschancengesetz folgende wichtige Änderungen:

1.
Sonderabschreibung für Mietwohnungsneubau

Der Anwendungsbereich der
Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau wurde verlängert. Danach können
die Sonderabschreibungen – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen
– in Anspruch genommen werden, wenn durch Baumaßnahmen aufgrund eines
nach dem 31.8.2018 und vor dem 1.1.2022 oder nach dem
31.12.2022 und vor dem 1.10.2029 (bisher 1.1.2027) gestellten
Bauantrags
oder einer in diesem Zeitraum getätigten
Bauanzeige neue, bisher nicht vorhandene Wohnungen hergestellt werden

Für aufgrund eines nach dem
31.12.2022 und vor dem 1.10.2029 gestellten Bauantrags oder einer in diesem
Zeitraum getätigten Bauanzeige hergestellte Wohnungen sind darüber hinaus auch
die Baukostenobergrenze und die maximale
Bemessungsgrundlage angehoben worden. Die
maximalen Anschaffungs- oder Herstellungskosten betragen nunmehr 5.200 €
(bislang 4.800 €) je qm Wohnfläche, die Bemessungsgrundlage beträgt
nunmehr maximal 4.000 € (bisher 2.500 €) je qm
Wohnfläche.

Hinweis: Die
Sonderabschreibung ist rückgängig zu machen, wenn die Wohnung nicht zehn Jahre
lang vermietet oder vorher verkauft oder die Baukostenobergrenze durch
nachträgliche Baumaßnahmen überschritten wird.

2. Befristete
Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude

Außerdem hat der Gesetzgeber mit
Wirkung zum 1.1.2023 eine degressive Abschreibung für
Wohngebäude
i. H. v. 5 % eingeführt. Dies gilt für
Wohngebäude in Deutschland oder in der EU bzw. im EWR (Island, Liechtenstein
und Norwegen). Voraussetzung ist, dass mit der Herstellung des Gebäudes
nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029
begonnen wird oder dass das Gebäude nach dem 30.9.2023 und vor dem 1.10.2029
gekauft wird und der Nutzen- und Lastenwechsel bis zum Ende des Jahres der
Fertigstellung erfolgt ist. Bei einem Kauf muss die Fertigstellung also im
selben Jahr wie der Nutzen- und Lastenwechsel erfolgen. Für den Beginn der
Herstellung kommt es auf die Anzeige des Baubeginns an.

IV. Alle
Steuerzahler

Mit Wirkung zum 1.1.2024 wird mit
dem Wachstumschancengesetz die Freigrenze für private
Veräußerungsgeschäfte
von bislang 600 € auf 1.000
€ angehoben. Bei zusammenveranlagten Ehegatten steht jedem Ehegatten die
Freigrenze einzeln zu, sofern jeder von ihnen Veräußerungsgewinne erzielt hat.
Bei einem auch nur geringfügig höheren Gewinn kommt die Freigrenze nicht zum
Ansatz.

Verbesserung des
Verlustausgleichs
: Trotz Verlustvortrags droht eine
Mindestbesteuerung, wenn ein Verlust von mehr als 1 Mio. € in ein
Folgejahr vorgetragen und dort mit positiven Einkünften von mehr als 1 Mio.
€ verrechnet werden soll. Der Gesetzgeber sieht bislang nämlich eine
Besteuerung von 40 % des Betrags, der 1 Mio. € übersteigt, vor. Dieser
Mindestbesteuerungssatz wird nun bei der Einkommen- und Körperschaftsteuer in
den Jahren 2024 bis 2027 auf 30 % gesenkt.

V. Nicht
umgesetzte Maßnahmen

U.a. die folgenden ursprünglich mit
dem Wachstumschancengesetz geplanten Änderungen wurden nicht
umgesetzt:

  • Erhöhung der
    Betragsgrenze für geringwertige
    Wirtschaftsgüter
    (GWG) von 800 € pro Wirtschaftsgut
    auf 1.000 €;

  • Abschaffung
    des Sammelpostens für GWG sowie –
    alternativ – die Abschreibung des Sammelpostens auf drei anstatt auf fünf
    Jahre;

  • Einführung einer
    Klimaschutzprämie, die gewährt werden
    sollte, wenn der Unternehmer bis zum 31.12.2029 Wirtschaftsgüter anschafft, die
    Teil eines sog. Einsparkonzepts sind und zur Verbesserung der Energieeffizienz
    dienen;

  • Erhöhung der Pauschalen für
    Verpflegungsmehraufwendungen;

  • Erhöhung des
    Freibetrags für Betriebsveranstaltungen auf
    150 €;

  • die Einführung einer
    Freigrenze von 1.000 € für
    Einnahmen aus Vermietung und
    Verpachtung
    ;

  • Anhebung des Höchstbetrags,
    der im Wege des Verlustrücktrags in einem
    Vorjahr abgezogen werden kann, auf 10 Mio. € (20 Mio. €. bei
    zusammenveranlagten Ehegatten).

Ebenfalls nicht umgesetzt wurde
eine ursprünglich geplante Meldepflicht für Steuergestaltungen
im Inland
sowie die Senkung des
Durchschnittssatzes auf landwirtschaftliche
Erzeugnisse
auf 8,4 %; hier bleibt es nach derzeitigem Stand
in diesem Jahr beim Durchschnittssatz von 9,0 %.

Quelle: Gesetz zur Stärkung von
Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und
Steuerfairness (Wachstumschancengesetz), BGBl. 2024 I Nr. 108;
NWB